© 2020 Deutscher Bundestag WD 7 - 3000 – 138/20 Strafbarkeitsrisiken im Rahmen der Ausstellung von nicht bundeseinheitlichen Presseausweisen Sachstand Wissenschaftliche Dienste Die Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestages unterstützen die Mitglieder des Deutschen Bundestages bei ihrer mandatsbezogenen Tätigkeit. Ihre Arbeiten geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Arbeiten der Wissenschaftlichen Dienste geben nur den zum Zeitpunkt der Erstellung des Textes aktuellen Stand wieder und stellen eine individuelle Auftragsarbeit für einen Abgeordneten des Bundestages dar. Die Arbeiten können der Geheimschutzordnung des Bundestages unterliegende, geschützte oder andere nicht zur Veröffentlichung geeignete Informationen enthalten. Eine beabsichtigte Weitergabe oder Veröffentlichung ist vorab dem jeweiligen Fachbereich anzuzeigen und nur mit Angabe der Quelle zulässig. Der Fachbereich berät über die dabei zu berücksichtigenden Fragen. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 7 - 3000 – 138/20 Seite 2 Strafbarkeitsrisiken im Rahmen der Ausstellung von nicht bundeseinheitlichen Presseausweisen Aktenzeichen: WD 7 - 3000 – 138/20 Abschluss der Arbeit: 10. Dezember 2020 Fachbereich: WD 7: Zivil-, Straf- und Verfahrensrecht, Bau und Stadtentwicklung Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 7 - 3000 – 138/20 Seite 3 Inhaltsverzeichnis 1. Fragestellung 4 2. Strafbarkeit der Ausstellung eines nicht bundeseinheitlichen Presseausweises 4 2.1. Urkundenfälschung (§ 267 Abs. 1 Variante 1 StGB) 4 2.1.1. Herstellen einer unechten Urkunde 4 2.1.2. Vorsatz 5 2.1.3. Zurechnungsfragen 6 2.2. Verschaffen von falschen amtlichen Ausweisen (§ 276 Abs. 1 Nr. 2 StGB) 6 2.3. Amtsanmaßung (§ 132 StGB) 7 2.4. Pressestrafrechtliche Spezialvorschriften 8 3. Strafbarkeit der Verwendung eines nicht bundeseinheitlichen Presseausweises 8 3.1. Urkundenfälschung (§ 267 Abs. 1 Variante 3 StGB) 8 3.2. Betrug (§ 263 StGB) 9 3.3. Hausfriedensbruch (§ 123 StGB) 10 4. Fazit 11 Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 7 - 3000 – 138/20 Seite 4 1. Fragestellung Fraglich sind Strafbarkeitsrisiken einer mindestens gelegentlich journalistisch tätigen Person im Zusammenhang mit der (Eigen-)Ausstellung von Presseausweisen, die nicht von einem – hierzu von der vom Deutschen Presserat eingerichteten Ständigen Kommission ermächtigten – Presseoder Verlegerverband ausgestellt wurde („bundeseinheitlicher Presseausweis“).1 2. Strafbarkeit der Ausstellung eines nicht bundeseinheitlichen Presseausweises Das deutsche Strafrecht knüpft hinsichtlich einer möglichen Strafbarkeit nicht an den eingetretenen Erfolg, sondern an jede einzelne begangene Handlung (oder Unterlassung) an, § 8 Strafgesetzbuch (StGB2). Dementsprechend ist für die Frage von Strafbarkeitsrisiken im Rahmen der Ausstellung nicht bundeseinheitlicher Presseausweise der vorgelagerte Herstellungsprozess getrennt vom späteren Verwenden zu betrachten. 2.1. Urkundenfälschung (§ 267 Abs. 1 Variante 1 StGB) 2.1.1. Herstellen einer unechten Urkunde In Betracht kommt die Verwirklichung einer Urkundenfälschung. Gemäß § 267 Abs. 1 Variante 1 StGB macht sich strafbar, wer zur Täuschung im Rechtsverkehr eine unechte Urkunde herstellt . Geschützt wird hierbei das Interesse des Rechtsverkehrs an der Echtheit der Urheberschaft von Urkunden, nicht die Wahrheit der in ihnen getroffenen inhaltlichen Aussagen.3 Strafbewehrt ist somit lediglich vermeintlichen geistigen Urhebern, in diesem Zusammenhang „Aussteller “ genannt, Erklärungen „unterzuschieben“ und sich so deren Leumund zu sichern. In diesem Sinne fehlt es bereits an einer Urkunde, soweit auf einem Presseausweis kein Aussteller ersichtlich ist, oder an der Unechtheit einer Urkunde, soweit diese keinen anderen als den tatsächlichen Aussteller erkennen lässt.4 Denn insoweit läge keine Beweiseignung im Rechtsverkehr 1 Vergleiche Vereinbarung zwischen dem Vorsitz der Ständigen Konferenz der Innenminister und –senatoren der Länder und dem Trägerverein des Deutschen Presserats e.V. über die Wiedereinführung eines bundeseinheitlichen Presseausweises vom 30. November/1. Dezember 2016 („Presseausweisvereinbarung“), abrufbar unter: https://www.presserat.de/files/presserat/dokumente/presseausweis/Vereinbarung_und_Selbstverpflichtung.pdf (letzter Abruf dieser und aller folgenden Internetquellen: 8. Dezember 2020). 2 Strafgesetzbuch (StGB) in der Fassung der Bekanntmachung vom 13. November 1998 (BGBl. 1998 I S. 3322), das zuletzt durch Artikel 1 des Gesetzes vom 30. November 2020 (BGBl. I S. 2600) geändert worden ist, abrufbar unter: https://www.gesetze-im-internet.de/stgb/. 3 Vergleiche statt vieler Weidemann, in: Beck’scher Online-Kommentar StGB, 48. Edition (Stand: 1. November 2020), § 267 StGB, Randnummern 21 ff. mit weiteren Nachweisen. 4 Eine Urkunde ist nach ständiger Rechtsprechung jede verkörperte menschliche Gedankenerklärung, die allgemein oder für Eingeweihte verständlich, zum Beweis im Rechtsverkehr geeignet und bestimmt ist und ihren Aussteller erkennen lässt (Siehe statt vieler Weidemann, in: Beck’scher Online-Kommentar StGB, 48. Edition (Stand: 1. November 2020), § 267 StGB, Randnummer 3 mit weiteren Nachweisen). Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 7 - 3000 – 138/20 Seite 5 vor und somit könnte das geschützte Vertrauen des Rechtsverkehrs hierin nicht hinreichend erschüttert werden.5 Hieran kann es insbesondere dann fehlen, soweit ein bloßer „Fantasieausweis “ ausgestellt wird, der durch seine grafische Gestaltung nicht den Eindruck erweckt, als bundeseinheitlicher Presseausweis von einem der hierzu befugten Verbände ausgestellt zu sein. Nach der bisherigen Rechtsprechung – entwickelt an Fantasieausweisen der „Reichsbürgerbewegung “ – muss der Grad der Verfremdung allerdings ein solches Maß erreichen, dass bereits auf den ersten Blick beziehungsweise nach oberflächlicher Betrachtung durch einen nicht näher kundigen Betrachter erkennbar ist, dass es sich hierbei nicht um den eigentlichen Ausweis handelt .6 Wann dies bei Presseausweisen der Fall ist, hängt von der konkreten Gestaltung des Ausweises im Einzelfall ab. 2.1.2. Vorsatz Im Übrigen muss eine Urkundenfälschung auch vorsätzlich begangen worden sein („subjektiver Tatbestand“). Bei der Urkundenfälschung besteht der subjektive Tatbestand aus zwei Teilen, dem „einfachen Vorsatz“ hinsichtlich der Herstellung der unechten Urkunde sowie einem speziellen Täuschungsvorsatz. Die unechte Urkunde müsste im Einzelfall somit zum einen mit einfachem Vorsatz hergestellt worden sein. Einfacher Vorsatz liegt nach der Rechtsprechung vor, wenn der Erfolg als möglich und nicht ganz fernliegend erkannt wird und dabei billigend in Kauf genommen beziehungsweise sich wenigstens mit der Tatbestandsverwirklichung abgefunden wird.7 Konkret müsste also erkannt und billigend in Kauf genommen werden, dass die Ausstellung eines Presseausweises in seiner Gestaltung dem bundeseinheitlichen mit dem notwendigen Maß ähnelt. Zum anderen müsste aus Tätersicht im Einzelfall die Herstellung der unechten Urkunde auch zur Täuschung im Rechtsverkehr hergestellt worden sein. Zur Täuschung im Rechtsverkehr handelt nach der Rechtsprechung, wer fest damit rechnet, dass ein anderer die Urkunde für echt hält und durch diese irrige Annahme zu einem rechtlich erheblichen Verhalten bestimmt wird.8 Dies bedeutete konkret, dass der Hersteller bei der Herstellung fest damit rechnen müsste, dass der hergestellte Presseausweis von ihm oder einem Dritten gebraucht werden wird, um etwa bei einer Einlasskontrolle die Vorstellung zu erzeugen, dass es sich hierbei um einen bundeseinheitlichen Presseausweis handelt, um gerade deswegen Zugang zu einer Versammlung, Veranstaltung oder ähnlichem zu erhalten. Hierbei wäre für eine Strafbarkeit auch prinzipiell irrelevant, falls 5 Fischer, Strafgesetzbuch mit Nebengesetzen, 66. Auflage 2019, § 267 StGB, Randnummern 11, 14. 6 Oberlandesgericht (OLG) Celle, Beschluss vom 19. Oktober 2007 – 32 Ss 90/07 –, Randnummer 38; OLG Nürnberg , Urteil vom 9. Dezember 2008 – 2 St OLG Ss 24/08 –, Randnummer 11; OLG München, Urteil vom 5. Januar 2010 – 5St RR 354/09 –, Randnummer 16; OLG Bamberg, Urteil vom 14. Mai 2014 – 3 Ss 50/14 –, Randnummer 15 (alle zitiert nach juris). 7 Vergleiche statt vieler BGH, Beschluss vom 5. März 2008 – 2 StR 50/08 –, Randnummer 4 mit weiteren Nachweisen (zitiert nach juris). 8 In der Rechtssprache auch Vorsatzform des „dolus directus 1. Grades“ genannt. Vergleiche insgesamt Wittig, in: Satzger/Schluckebier/Widmaier, Kommentar zum Strafgesetzbuch, 5. Auflage 2020, § 267 StGB, Randnummern 83 f. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 7 - 3000 – 138/20 Seite 6 der Täter fälschlicherweise davon ausgehen sollte, nur mit einem bundeseinheitlichen Presseausweis Zugang erlangen zu können. Es kommt nur auf seine subjektive Sicht an. Da beim Vorsatz die maßgeblichen Umstände dementsprechend der Vorstellungswelt des Handelnden entstammen, können diese jedoch oftmals nicht als solche festgestellt werden. Soweit die Person ihre Gedanken nicht mit der Außenwelt teilt, kann hierauf stattdessen nur aus äußeren Indizien geschlossen werden kann.9 In diesem Zusammenhang könnte beispielsweise die Frage zu stellen sein, ob der Täter tatsächlich später den Presseausweis benutzt hat, um sich Zugang zu etwas zu verschaffen, was nur Inhabern des bundeseinheitlichen Presseausweises vorbehalten bleibt. Denn dies wäre etwa ein Anhaltspunkt, dass er dies von Anfang an vorhatte. Eine definitive Beantwortung von Vorsatzfragen bliebe jedoch auch hier einer Prüfung anhand aller Umstände des jeweiligen Einzelfalles vorbehalten. 2.1.3. Zurechnungsfragen Falls alle bisherigen Prüfungspunkte im Einzelfall zu bejahen wären, wäre zusätzlich zu klären, ob die gelegentlich journalistisch tätige Person den „falschen“ Presseausweis selbst hergestellt hat oder von einem Dritten beschafft, ihn etwa im Internet bestellt hat. Falls letzteres der Fall wäre, müsste nach allgemeinen strafrechtlichen Regeln eine Zurechnung dieses Verhaltens erfolgen . Denn das Delikt der Urkundenfälschung stellt nach seinem Wortlaut in dieser Variante nur den Herstellungsakt an sich unter Strafe. Dies kann etwa im Wege der Mittäterschaft oder Anstiftung geschehen.10 In Einzelfällen im Zusammenhang mit der Bestellung von Fantasieausweisen durch „Reichsbürger“ haben Gerichte bei der Überlassung persönlicher Daten zur Bedruckung des Ausweises etwa eine Mittäterschaft der Besteller angenommen.11 Soweit der Besteller den nicht bundeseinheitlichen Presseausweis nach Erhalt in der beschriebenen vorsätzlichen Weise gebrauchte, könnte eine solche Zurechnungsprüfung allerdings dahinstehen , denn dann läge bereits eine Urkundenfälschung in einer anderen Variante vor. Denn gemäß § 267 Abs. 1 Variante 3 StGB ist in gleicher Weise der Gebrauch einer unechten oder verfälschten Urkunde zur Täuschung im Rechtsverkehr strafbar (hierzu noch unter 3.1.). 2.2. Verschaffen von falschen amtlichen Ausweisen (§ 276 Abs. 1 Nr. 2 StGB) Daneben wird nach § 276 Abs. 1 Nr. 2 StGB unter anderem derjenige bestraft, wer einen unechten oder verfälschten amtlichen Ausweis in der Absicht, dessen Gebrauch zur Täuschung im Rechtsverkehr zu ermöglichen, sich oder einem anderen verschafft, verwahrt oder einem anderen überlässt. 9 Kühl, in: Lackner/Kühl, StGB – Kommentar, 29. Auflage 2018, § 15 StGB, Randnummer 25. 10 §§ 25 Abs. 2, 26 StGB. 11 OLG Nürnberg, Urteil vom 9. Dezember 2008 – 2 St OLG Ss 24/08 –, Randnummer 8; zuletzt auch Landgericht (LG) Freiburg (Breisgau), Urteil vom 20. März 2019 – 2/19 7 Ns 92 Js 16087/17 –, Randnummer 26 (beide zitiert nach juris). Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 7 - 3000 – 138/20 Seite 7 Vorliegend dürfte der bundeseinheitliche Presseausweis allerdings bereits kein amtlicher Ausweis im Sinne der Vorschrift sein. Auch wenn – soweit ersichtlich – die strafgerichtliche Praxis die Anwendbarkeit dieses Tatbestandsmerkmals auf bundeseinheitliche Presseausweise noch nicht geprüft hat, legt dies eine Auslegung der Definition dieses Merkmals unter Berücksichtigung des presserechtlichen Hintergrundes nahe: Amtliche Ausweise werden gemeinhin als öffentliche Zeugnisurkunden, die die Identität einer Person zu öffentlichem Glauben beurkunden, definiert.12 Insbesondere müssen sie nach der Rechtsprechung von einer tatsächlich existierenden hoheitlichen Stelle ausgegeben werden.13 Bundeseinheitliche Presseausweise werden jedoch nicht durch hoheitlich agierende Stellen ausgegeben, sondern durch regelmäßig privatrechtlich organisierte Verbände.14 Die Presseausweisausgabe ist zudem nicht gesetzlich geregelt, sondern beruht auf einer „Vereinbarung“ zwischen der Innenministerkonferenz und dem Deutschen Presserat .15 Der Innenministerkonferenz ist auch weder in Gestalt einer eigenen Rechtspersönlichkeit noch als ein Organ des Bundes, der Länder beziehungsweise einer selbstständigen Körperschaft verfasst.16 Insofern stellt der Presseausweis kein amtliches Dokument dar.17 2.3. Amtsanmaßung (§ 132 StGB) In Konsequenz der Ausführungen unter 2.2. dürfte es mit der (Eigen-)Ausstellung nicht bundeseinheitlicher Presseausweise auch an einem öffentlichen Amt fehlen, dessen Ausübung sich angemaßt werden könnte, § 132 StGB.18 Denn als „öffentliches Amt“ in Bezug auf die Strafvor- 12 Puppe/Schumann, in: Kindhäuser/Neumann/Paeffgen, Strafgesetzbuch – Kommentar, § 275 StGB, Randnummer 4 in Anlehnung an Begründung des Gesetzentwurfes der Bundesregierung zur Änderung des Strafgesetzbuches der Strafprozeßordnung und anderer Gesetze (Verbrechensbekämpfungsgesetz) vom 18. Februar 1994 (BT-Drs. 12/6853), S. 29. 13 OLG Bamberg, Urteil vom 14. Mai 2014 – 3 Ss 50/14 –, Randnummer 11; OLG Nürnberg, Urteil vom 9. Dezember 2008 – 2 St OLG Ss 24/08 –, Randnummer 5 (beide zitiert nach juris). 14 § 11 der Presseausweisvereinbarung (Fußnote 1). Siehe Auflistung der aktuell ausgabeberechtigten Verbände auf der Internetseite des Deutschen Presserats (https://www.presserat.de/presseausweis.html). 15 Siehe bereits Fußnote 1. Vergleiche zur fehlenden einfachgesetzlichen Grundlage zur Erteilung von Presseausweisen auch Verwaltungsgericht (VG) Düsseldorf, Urteil vom 19. November 2018 – 1 K 18527/17 –, Randnummer 100 (zitiert nach juris). 16 VG Düsseldorf (Fußnote 15), Randnummern 107 f. mit weiteren Nachweisen. 17 So auch – wenngleich ohne strafrechtlichen Bezug – das VG Düsseldorf (Fußnote 15), Randnummer 124. In diesem Sinne auch zu einer vorherigen Rechtslage mit jedoch weiterhin aktuellen verfassungsrechtlichen Bezügen: Degenhart, Rechtsfragen der Ausstellung von Presseausweisen – Unter besonderer Berücksichtigung des Runderlasses des Innenministeriums des Landes Nordrhein-Westfalen vom 25.11.1993, Zeitschrift für das gesamte Medienrecht (AfP), S. 305, 308 f. 18 § 132 StGB lautet im Wortlaut: „Wer unbefugt sich mit der Ausübung eines öffentlichen Amtes befaßt oder eine Handlung vornimmt, welche nur kraft eines öffentlichen Amtes vorgenommen werden darf, wird mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.“ Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 7 - 3000 – 138/20 Seite 8 schrift werden Tätigkeiten verstanden, die auf einem bestimmten Amts-, Dienst- oder Auftragsverhältnis zu einer öffentlichen Stelle beruhen und deren Träger nach deutschem Bundes-, Landes oder Kommunalrecht zu ihren Aufgaben bestellt sind.19 2.4. Pressestrafrechtliche Spezialvorschriften Des Weiteren dürfte die (Eigen-)Ausstellung eines nicht bundeseinheitlichen Presseausweises auch keine Relevanz hinsichtlich des speziellen Pressestrafrechts besitzen. In den weitestgehend inhaltsgleichen Pressegesetzen der Länder finden sich in aller Regel auch Strafvorschriften, primär die „Strafbare Verletzung der Presseordnung“.20 Diese Straftatbestände beziehen sich jedoch auf die spezielle strafrechtliche Verantwortung von Verlegern und Redakteuren. Im Gegenteil betonen die Landespressegesetze die Zulassungsfreiheit der Pressetätigkeit.21 3. Strafbarkeit der Verwendung eines nicht bundeseinheitlichen Presseausweises 3.1. Urkundenfälschung (§ 267 Abs. 1 Variante 3 StGB) Neben dem Herstellen einer unechten Urkunde stellt § 267 Abs. 1 Variante 3 StGB das Gebrauchen einer unechten oder verfälschten Urkunde gleichsam unter Strafe. Diese Deliktsvariante erlangt in der Praxis vor allem dann eigenständige Bedeutung, soweit dem Täter eine Beteiligung am vorherigen Herstellungsprozess einer unechten Urkunde nicht nachgewiesen werden kann.22 Denn falls sowohl ein Herstellen als auch ein späteres Gebrauchen vorliegt und dies von einem gemeinsamen Vorsatz getragen ist, ist hierin lediglich eine einheitliche Urkundenfälschung zu sehen.23 In der Sache ergäben sich im Wesentlichen die gleichen Probleme wie unter 2.1. Lediglich im Rahmen des Merkmals „zur Täuschung im Rechtsverkehr“ müsste der entsprechende Vorsatz 19 OLG Stuttgart, Beschluss vom 25. April 2006 – 4 Ws 98/06 –, Randnummer 6 mit weiteren Nachweisen (zitiert nach juris). 20 Vergleiche exemplarisch § 20 Berliner Pressegesetz, abrufbar unter: http://gesetze.berlin.de/jportal/portal /t/173q/page/bsbeprod.psml?pid=Dokumentanzeige&showdoccase=1&js_peid=Trefferliste&documentnumber =1&numberofresults=28&fromdoctodoc=yes&doc.id=jlr-PresseGBErahmen &doc.part=X&doc.price=0.0&doc.hl=1; § 22 Landespressegesetz NRW, abrufbar unter: https://recht.nrw.de/lmi/owa/br_text_anzeigen?v_id=10000000000000000330. 21 Siehe beispielhaft § 2 Berliner Pressegesetz, § 2 Landespressegesetz NRW. Die Zulassungsfreiheit lässt sich aus der grundgesetzlich verbürgten Pressefreiheit ableiten (Grabenwarter, in: Maunz/Dürig, Grundgesetz-Kommentar , 91. Ergänzungslieferung (Stand: April 2020), Art. 5 Abs. 1 Satz 2 Grundgesetz (GG), Randnummern 470 f.). 22 Etwa, weil keine Zurechnung erfolgen kann (siehe bereits unter 2.1.3.). 23 Ständige Rechtsprechung (entsprechende Rechtsprechungsnachweise bei Weidemann, in: Beck’scher Online- Kommentar StGB, 48. Edition (Stand: 1. November 2020), § 267 StGB, Randnummer 37). Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 7 - 3000 – 138/20 Seite 9 nicht zum Herstellungszeitpunkt, sondern erst zum Gebrauchszeitpunkt vorliegen.24 Für ein vollendetes Gebrauchen ist darüber hinaus eine erfolgreiche Täuschung des Gegenübers nicht vonnöten , die Zugänglichmachung der Urkunde mit der Möglichkeit der Wahrnehmung reicht insoweit aus.25 3.2. Betrug (§ 263 StGB) Soweit der „falsche“ Presseausweis verwendet wird, um sich Vermögensvorteile zu verschaffen (z.B. Vergünstigungen, kostenloser Eintritt zu Veranstaltungen etc.), kommt auch die Begehung eines Betruges in Betracht, § 263 StGB. Das Delikt bestraft die Vornahme einer Täuschungshandlung über Tatsachen, die beim Gegenüber einen entsprechenden Irrtum erzeugt, der diesen zur Vornahme einer Vermögensverfügung an den Täuschenden oder Dritten veranlasst und beim Verfügenden einen korrespondierenden Vermögensschaden hinterlässt.26 Im subjektiven Tatbestand ist hinsichtlich der Tathandlung einfacher Vorsatz notwendig, der Täter muss zudem mit der Absicht handeln, sich oder einen Dritten unmittelbar hierdurch zu bereichern.27 Problematisch ist hierbei insbesondere die notwendige Täuschung über Tatsachen. Tatsachen werden als alle gegenwärtigen oder vergangenen Ereignisse oder Zustände definiert, die dem Beweis zugänglich sind.28 Eine Täuschung kann hierbei auch durch schlüssiges Verhalten („konkludent “) erfolgen, wenn dem Verhalten ein gewisser Erklärungswert beizumessen ist.29 Hinsichtlich der Fallkonstellation des Vorzeigens eines nicht bundeseinheitlichen Presseausweises wäre dementsprechend genau zu untersuchen, welche Aussage mit dem bloßen Vorzeigen des nicht bundeseinheitlichen Presseausweises verbunden werden soll. Wie bei der Urkundenfälschung30 dürften im Ergebnis speziell Täuschungen relevant sein, die sich formal auf die Identität des Kartenausstellers beziehen. So könnte es eine Täuschung sein, wenn der Vorzeigende den Eindruck zu erwecken versucht, dass es sich wahrheitswidrig um einen bundeseinheitlichen Presseausweis handelte.31 Anders könnte es jedoch zu beurteilen sein, soweit lediglich inhaltliche Aspekte der journalistischen Tätigkeit „vorgespiegelt“ werden sollen . Unterstellt, der Vorzeigende sei tatsächlich gelegentlich journalistisch tätig, kann insoweit 24 Aus § 16 StGB in Verbindung mit § 8 StGB ergibt sich, dass auch für die subjektiven Tatumstände der Zeitpunkt des Handelns (oder Unterlassens) maßgeblich ist. 25 Ständige Rechtsprechung (entsprechende Rechtsprechungsnachweise bei Weidemann, in: Beck’scher Online- Kommentar StGB, 48. Edition (Stand: 1. November 2020), § 267 StGB, Randnummer 29). 26 Perron, in: Schönke/Schröder, Strafgesetzbuch – Kommentar, 30. Auflage 2019, § 263 StGB, Randnummer 5. 27 Ebenda. 28 Vergleiche statt vieler Beukelmann, in: Beck’scher Online-Kommentar StGB, 48. Edition (Stand: 1. November 2020), § 263 StGB, Randnummer 3. 29 Ebenda, Randnummer 13. 30 Siehe bereits unter 2.1. und 3.1. 31 In diesem Sinne auch Rüppell, „Falsch geparkt“, Juristische Arbeitsblätter (JA) 2008, S. 133, 136. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 7 - 3000 – 138/20 Seite 10 hierüber bereits nicht getäuscht werden. Soweit darüber hinaus durch das Vorzeigen des „falschen “ Ausweises ein falscher Eindruck über den Umfang der journalistischen Tätigkeit erzeugt werden soll, stellte sich die Frage der Beweisbarkeit („Tatsache“). Denn dies bedingte, dass ein einheitliches, nachprüfbares Verständnis davon vorläge, ab wann eine journalistische Tätigkeit als „Hauptberuf“ ausgeübt wird.32 Noch weit weniger objektiv und somit dem Beweis zugänglich dürften weitere Umstände im Rahmen der journalistischen Tätigkeit sein, etwa dass eine „verantwortliche , im öffentlichen Interesse liegende journalistische Tätigkeit“ ausgeübt wird.33 Maßgeblich für eine Täuschung im Einzelfall bleiben letztlich jedoch die dortigen objektiven Umstände sowie die subjektive Vorstellungswelt des Vorzeigenden. Daneben müsste – im Unterschied zur Urkundenfälschung – die den Ausweis kontrollierende Person den vorgezeigten Ausweis tatsächlich einem Irrtum, vordergründig etwa den Ausweis für einen bundeseinheitlichen Presseausweis halten. Aufgrund dessen müsste sie zudem Zugang zu exklusiven Vermögensvorteilen gewähren, für die ansonsten eine Gegenleistung gefordert würde (Vermögensverfügung und Schaden). Der Vorzeigende müsste darüber hinaus subjektiv all dies erkannt und billigend in Kauf genommen haben und die hieraus folgende Bereicherung gerade beabsichtigt haben – jeweils jedenfalls in seiner juristischen Laiensphäre (subjektiver Tatbestand ). Sofern eine entsprechende Täuschung keinen Erfolg hat, weil sie beispielsweise bemerkt wird, kommt zudem eine Strafbarkeit wegen versuchten Betruges in Betracht.34 Dies setzt jedoch voraus , dass der Täter den notwendigen Vorsatz gefasst hat und zum Betrug unmittelbar angesetzt hat.35 3.3. Hausfriedensbruch (§ 123 StGB) Soweit man im Einzelfall von einer beachtlichen Täuschungshandlung im Rahmen des Vorzeigens des „falschen“ Presseausweises ausgehen kann (siehe bereits unter 3.2.), so kann in diesen Fällen fraglich sein, ob der somit „erschlichene“ Einlass zu einer Veranstaltung in geschlossenen Räumen oder ähnlichem einen Hausfriedensbruch darstellt. § 123 Abs. 1 StGB bestraft unter anderem das widerrechtliche Eindringen in die Wohnung, in die Geschäftsräume oder in das befriedete Besitztum eines anderen oder in abgeschlossene Räume, welche zum öffentlichen Dienst oder Verkehr bestimmt sind, gegen den Willen des Berechtigten. Hierbei ist in Rechtsprechung und rechtswissenschaftlicher Literatur nicht vollends geklärt, ob hierbei nur auf den wirklichen, natürlichen Willen des Berechtigten abzustellen ist, dessen Erzeugung durch Täuschung demgemäß unbeachtlich wäre. Die wohl überwiegende Meinung 32 Nach § 9 Abs. 1 der Presseausweisvereinbarung (Fußnote 1) wird etwa der bundeseinheitliche Presseausweis nur an hauptberufliche Journalisten vergeben. 33 Ebenda. 34 § 263 Abs. 2 StGB. 35 §§ 22 f. StGB. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 7 - 3000 – 138/20 Seite 11 spricht sich auch in diesen Fällen für ein wirksames Einverständnis aus, was konkret zu einer diesbezüglichen Straflosigkeit führte.36 4. Fazit Sowohl hinsichtlich der (Eigen-)Ausstellung als auch der hiervon strafrechtlich zu trennenden Verwendung von nicht bundeseinheitlichen Presseausweisen dürfte eine Strafbarkeit wohl nur in speziellen Sachverhaltskonstellationen in Betracht kommen. Vor allem dürfte es darum gehen, inwieweit der bundeseinheitliche Presseausweis optisch imitiert werden soll. Im Übrigen müsste nicht zuletzt im Hinblick auf den notwendigen Vorsatz eine entsprechende Motivation im stets maßgeblichen Einzelfall auch mit strafprozessualen Mitteln nachweisbar sein. * * * 36 OLG Hamm, Beschluss vom 3. Juni 2013 – II-2 UF 67/13 –, Randnummer 29 (zitiert nach juris). Weitere Nachweise bei Schäfer, in: Münchener Kommentar zum StGB, 3. Auflage 2017, Band 3, § 123 StGB, Randnummer 29. Anders etwa OLG München, Beschluss vom 10. März 1972 – 2 Ws 40/72 –, Sonstiger Orientierungssatz (zitiert nach juris).