WD 7 - 3000 - 138/19 (13. September 2019) © 2019 Deutscher Bundestag Die Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestages unterstützen die Mitglieder des Deutschen Bundestages bei ihrer mandatsbezogenen Tätigkeit. Ihre Arbeiten geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Arbeiten der Wissenschaftlichen Dienste geben nur den zum Zeitpunkt der Erstellung des Textes aktuellen Stand wieder und stellen eine individuelle Auftragsarbeit für einen Abgeordneten des Bundestages dar. Die Arbeiten können der Geheimschutzordnung des Bundestages unterliegende, geschützte oder andere nicht zur Veröffentlichung geeignete Informationen enthalten. Eine beabsichtigte Weitergabe oder Veröffentlichung ist vorab dem jeweiligen Fachbereich anzuzeigen und nur mit Angabe der Quelle zulässig. Der Fachbereich berät über die dabei zu berücksichtigenden Fragen. Grundsätzlich hat die Staatsanwaltschaft, sobald sie durch eine Anzeige oder auf anderem Wege von dem Verdacht einer Straftat Kenntnis erhält, zu ihrer Entschließung darüber, ob die öffentliche Klage zu erheben ist, den Sachverhalt zu erforschen (§ 160 Absatz 1 StPO – Strafprozeßordnung in der Fassung der Bekanntmachung vom 7. April 1987 [BGBl. I S. 1074, 1319], die zuletzt durch Artikel 3 des Gesetzes vom 11. Juli 2019 [BGBl. I S. 1066] geändert worden ist). Ein solches Ermittlungsverfahren setzt voraus, dass zureichende tatsächliche Anhaltspunkte für eine Straftat vorliegen – so genannter „Anfangsverdacht“ (Diemer, in: Karlsruher Kommentar zur StPO, 8. Auflage 2019, § 152 Rn. 6). Während hierbei auch entfernte Indizien genügen können, reichen vage Anhaltspunkte und bloße Vermutungen nicht aus (Schmitt, in: Meyer-Goßner/Schmitt , StPO, 62. Auflage 2019, § 152 Rn. 4; Diemer a.a.O.). Die rechtliche Prüfung des Bestehens eines Anfangsverdachts erfordert die Subsumtion unter den Tatbestand einer potentiell einschlägigen Strafnorm (Peters, in: Münchener Kommentar zur StPO, 1. Auflage 2016, § 152 Rn. 67). Im Falle von Auslandstaten beinhaltet dies die Prüfung, ob die Tat überhaupt der innerstaatlichen Strafgewalt unterliegt (Fischer, StGB, 66. Auflage 2019, Vor §§ 3-7 Rn. 1). Dies setzt voraus, dass die betreffende deutsche Strafnorm nach den einschlägigen Regelungen des internationalen Strafrechts in den §§ 3-7 StGB (Strafgesetzbuch in der Fassung der Bekanntmachung vom 13. November 1998 [BGBl. I S. 3322], das zuletzt durch Artikel 2 des Gesetzes vom 19. Juni 2019 [BGBl. I S. 844] geändert worden ist) anwendbar ist. Bei Handlungen von deutschen Amtsträgern im Ausland kann sich die Anwendbarkeit deutschen Strafrechts grundsätzlich insbesondere aus den folgenden Normen des internationalen Strafrechts des Strafgesetzbuchs ergeben: § 4 Geltung für Taten auf deutschen Schiffen und Luftfahrzeugen Das deutsche Strafrecht gilt, unabhängig vom Recht des Tatorts, für Taten, die auf einem Schiff oder in einem Luftfahrzeug begangen werden, das berechtigt ist, die Bundesflagge oder das Staatszugehörigkeitszeichen der Bundesrepublik Deutschland zu führen. § 5 Auslandstaten mit besonderem Inlandsbezug Wissenschaftliche Dienste Kurzinformation Zur möglichen Strafbarkeit deutscher Amtsträger bei dienstlicher Tätigkeit im Ausland Kurzinformation Zur möglichen Strafbarkeit deutscher Amtsträger bei dienstlicher Tätigkeit im Ausland Fachbereich WD 7 (Zivil-, Straf- und Verfahrensrecht, Bau und Stadtentwicklung) Wissenschaftliche Dienste Seite 2 Das deutsche Strafrecht gilt, unabhängig vom Recht des Tatorts, für folgende Taten, die im Ausland begangen werden : (…) 12. Taten, die ein deutscher Amtsträger oder für den öffentlichen Dienst besonders Verpflichteter während eines dienstlichen Aufenthalts oder in Beziehung auf den Dienst begeht; 13. Taten, die ein Ausländer als Amtsträger oder für den öffentlichen Dienst besonders Verpflichteter begeht; 14. Taten, die jemand gegen einen Amtsträger, einen für den öffentlichen Dienst besonders Verpflichteten oder einen Soldaten der Bundeswehr während der Ausübung ihres Dienstes oder in Beziehung auf ihren Dienst begeht; 15. Straftaten im Amt nach den §§ 331 bis 337, wenn a) der Täter zur Zeit der Tat Deutscher ist, b) der Täter zur Zeit der Tat Europäischer Amtsträger ist und seine Dienststelle ihren Sitz im Inland hat, c) die Tat gegenüber einem Amtsträger, einem für den öffentlichen Dienst besonders Verpflichteten oder einem Soldaten der Bundeswehr begangen wird oder d) die Tat gegenüber einem Europäischen Amtsträger oder Schiedsrichter, der zur Zeit der Tat Deutscher ist, oder einer nach § 335a gleichgestellten Person begangen wird, die zur Zeit der Tat Deutsche ist; § 7 Geltung für Auslandstaten in anderen Fällen (…) (2) Für andere Taten, die im Ausland begangen werden, gilt das deutsche Strafrecht, wenn die Tat am Tatort mit Strafe bedroht ist oder der Tatort keiner Strafgewalt unterliegt und wenn der Täter 1. zur Zeit der Tat Deutscher war oder es nach der Tat geworden ist oder (…) Ob eine Strafbarkeit nach einer oder mehrerer dieser Strafanwendungsbestimmungen in Verbindung mit einem Straftatbestand des materiellen Strafrechts vorliegt, kann nur im jeweiligen Einzelfall unter Einbeziehung sämtlicher relevanter Umstände durch die zuständigen Strafermittlungsbehörden beurteilt werden. Abweichend vom grundsätzlichen Verfolgungszwang bei Straftaten – so genanntes Legalitätsprinzip (vgl. Diemer, in: Karlsruher Kommentar zur Strafprozessordnung, 8. Auflage 2019, § 152 Rn. 3 f.) – eröffnet § 153c StPO bei Auslandstaten der Staatsanwaltschaftlich in beträchtlichem Maß ein Ermessen darüber, ob sie eine Strafverfolgung vornehmen oder aber von dieser Absehen will – so genanntes Opportunitätsprinzip: § 153c Absehen von der Verfolgung bei Auslandstaten (1) Die Staatsanwaltschaft kann von der Verfolgung von Straftaten absehen, 1. die außerhalb des räumlichen Geltungsbereichs dieses Gesetzes begangen sind oder die ein Teilnehmer an einer außerhalb des räumlichen Geltungsbereichs dieses Gesetzes begangenen Handlung in diesem Bereich begangen hat, (…) (3) Die Staatsanwaltschaft kann auch von der Verfolgung von Straftaten absehen, die im räumlichen Geltungsbereich dieses Gesetzes durch eine außerhalb dieses Bereichs ausgeübte Tätigkeit begangen sind, wenn die Durchführung des Verfahrens die Gefahr eines schweren Nachteils für die Bundesrepublik Deutschland herbeiführen würde oder wenn der Verfolgung sonstige überwiegende öffentliche Interessen entgegenstehen. (…) * * *