WD 7 - 3000 – 135/19 (09.09.2019) © 2019 Deutscher Bundestag Die Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestages unterstützen die Mitglieder des Deutschen Bundestages bei ihrer mandatsbezogenen Tätigkeit. Ihre Arbeiten geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Arbeiten der Wissenschaftlichen Dienste geben nur den zum Zeitpunkt der Erstellung des Textes aktuellen Stand wieder und stellen eine individuelle Auftragsarbeit für einen Abgeordneten des Bundestages dar. Die Arbeiten können der Geheimschutzordnung des Bundestages unterliegende, geschützte oder andere nicht zur Veröffentlichung geeignete Informationen enthalten. Eine beabsichtigte Weitergabe oder Veröffentlichung ist vorab dem jeweiligen Fachbereich anzuzeigen und nur mit Angabe der Quelle zulässig. Der Fachbereich berät über die dabei zu berücksichtigenden Fragen. Das Gesetz über Hilfsmaßnahmen für Personen, die aus politischen Gründen außerhalb der Bundesrepublik Deutschland in Gewahrsam genommen wurden (Häftlingshilfegesetz – HHG) regelt finanzielle Ausgleichsleistungen für Personen deutscher Staatsangehörigkeit, die nach dem Zweiten Weltkrieg in der sowjetischen Besatzungszone (SBZ) oder im sowjetischen Sektor Berlins oder in den Staaten des Ostblocks aus politischen Gründen in Gewahrsam genommen wurden, sowie deren Angehörige und Hinterbliebene, vgl. § 1 HHG in der Fassung der Bekanntmachung vom 02.06.1993 (BGBl. I S. 838), zuletzt geändert durch Art. 1 des Gesetzes zur Änderung des Häftlingshilfegesetzes und zur Bereinigung des Bundesvertriebenengesetzes vom 07.11.2015 (BGBl. I S. 1922), abrufbar unter (Stand: 09.09.2019): https://www.gesetze-im-internet.de/hhg/. In entsprechender Anwendung erhält eine solche Person nach dem Bundesversorgungsgesetz Leistungen, wenn sie während des Gewahrsams eine Schädigung erlitt. Auch Hinterbliebene erhalten Leistungen, wenn der Gewahrsam zum Tod des Inhaftierten führte, vgl. auch § 86 Bundesversorgungsgesetz (BVG) in der Fassung der Bekanntmachung vom 22.01.1982 (BGBl. I S. 21), zuletzt geändert durch Art. 1 der Verordnung vom 13.06.2019 (BGBl. I S. 793), abrufbar unter (Stand: 09.09.2019): https://www.gesetze-im-internet .de/bvg/BVG.pdf. Sofern eine soziale Notlage vorlag, zahlte zudem die Stiftung für ehemalige politische Häftlinge bis zum 30. Juni 2016 an jeden außerhalb der DDR/SBZ in Gewahrsam Genommenen einen jährlichen Unterstützungsbetrag (vgl. § 18 HHG). Darüber hinaus kommen Leistungen nach dem Strafrechtlichen Rehabilitierungsgesetz in Betracht, vgl. §§ 17a, 18 Gesetz über die Rehabilitierung und Entschädigung von Opfern rechtsstaatswidriger Strafverfolgungsmaßnahmen im Beitrittsgebiet (Strafrechtliches Rehabilitierungsgesetz – StrRehaG) in der Fassung der Bekanntmachung vom 17.12.1999 (BGBl. I S. 2664), zuletzt geändert durch Art. 1 des Gesetzes vom 22.12.2014 (BGBl. I S. 2408); abrufbar unter (Stand: 09.09.2019): https://www.gesetze-im-inter- Wissenschaftliche Dienste Kurzinformation Fragen zum Häftlingshilfegesetz Kurzinformation Fragen zum Häftlingshilfegesetz Fachbereich WD 7 (Zivil-, Straf- und Verfahrensrecht, Bau und Stadtentwicklung) Wissenschaftliche Dienste Seite 2 net.de/strrehag/BJNR118140992.html. Vgl. hierzu auch Merkblatt des Bundesministeriums für Justiz und Verbraucherschutz (BMJV), Strafrechtliche Rehabilitierung (2015), abrufbar unter (Stand: 09.09.2019): http://www.bmjv.de/SharedDocs/Publikationen /DE/Strafrechtliche_Rehabilitierung.pdf?__blob=publicationFile&v=7. Personen, die Leistungen nach HHG, BVG oder StrRehaG erhalten haben, sind nicht verpflichtet, in diesem Zusammenhang stehende zivilrechtliche Schadenersatzleistungen oder -ansprüche an den Bund abzutreten. Wegen des ganz unterschiedlichen Rechtsgrundes und Regelungszwecks von staatlicher Wiedergutmachung und deliktischem Schadensausgleich scheidet eine Anrechnung staatlicher Entschädigungsleistungen auf Schadensersatzansprüche oder umgekehrt sowie ein Ausschluss der einen Ansprüche durch die anderen aus, vgl. Bundesgerichtshof (BGH), Urteil vom 11.10.1994 – VI ZR 234/93 (OLG Dresden), Zeitschrift für Vermögens- und Immobilienrecht (VIZ) 1995, S. 179 ff. - Anlage 1 -. Nach seinen Verfahrensgrundsätzen prüft der Wissenschaftliche Dienst keine Einzelfälle. Für welche Sachverhalte im Einzelnen die Rückforderung von staatlichen Leistungen bei bestehenden zivilrechtlichen Schadensersatzansprüchen gegen den Schädiger gesetzlich normiert ist, hängt von den Umständen des Einzelfalles ab. Die Frage, welche juristischen Hürden bei der zivilrechtlichen Inanspruchnahme der Täter durch die Opfer wegen des erlittenen Staatsunrechts bestehen, setzt ebenfalls eine Einzelfallprüfung voraus . Hierbei hat eine besondere Berücksichtigung etwaiger Rechtfertigungsgründe und der individuellen Schuld des Täters zu erfolgen. Der Einigungsvertrag beschränkt in neu eingeführten Vorschriften des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuch (EGBGB) die Anwendbarkeit der §§ 823 ff. BGB ausdrücklich auf Handlungen , die am Tage des Wirksamwerdens des Beitritts oder danach begangen worden sind, vgl. Art. 232 § 10 EGBGB in der Fassung der Bekanntmachung vom 21.09.1994 (BGBl. I S. 2494; 1997 I S. 1061), zuletzt geändert durch Art. 2 des Gesetzes vom 18.12.2018 (BGBl. I S. 2648), abrufbar unter (Stand: 09.09.2019): https://www.gesetze-im-internet .de/bgbeg/art_232__10.html. Für deliktische Handlungen vor dem 03.10.1990 verweist die Bestimmung auf das bisherige Recht. Soweit beispielsweise die Flucht an der innerdeutschen Grenze scheiterte, richten sich die Ansprüche nach dem Deliktsrecht der DDR. Der BGH hat besonders in seinen sogenannten Mauerschützenurteilen bestätigt, dass die Fälle, in denen zur Tatzeit angenommene Rechtfertigungsgründe als unbeachtlich zurückgewiesen werden, auf extreme Ausnahmen beschränkt bleiben. Zu methodischen Problemen bei der nachträglichen Anwendung von DDR-Recht, der Rechtswidrigkeit und den Rechtfertigungsgründen sowie der Kausalität zwischen Handlung und Schaden, insbesondere aber die Frage der Verjährung wird zur Vermeidung von Wiederholungen verwiesen auf Bultmann, Deliktsrechtliche Haftung des Denunzianten bei Vereitelung einer Republikflucht , VIZ 1995, S. 146 bis 155, - Anlage 2 -. ***