© 2018 Deutscher Bundestag WD 7 - 3000 - 135/18 Begründung von Wohnungseigentum bei Mietwohnungen Sachstand Wissenschaftliche Dienste Die Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestages unterstützen die Mitglieder des Deutschen Bundestages bei ihrer mandatsbezogenen Tätigkeit. Ihre Arbeiten geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Arbeiten der Wissenschaftlichen Dienste geben nur den zum Zeitpunkt der Erstellung des Textes aktuellen Stand wieder und stellen eine individuelle Auftragsarbeit für einen Abgeordneten des Bundestages dar. Die Arbeiten können der Geheimschutzordnung des Bundestages unterliegende, geschützte oder andere nicht zur Veröffentlichung geeignete Informationen enthalten. Eine beabsichtigte Weitergabe oder Veröffentlichung ist vorab dem jeweiligen Fachbereich anzuzeigen und nur mit Angabe der Quelle zulässig. Der Fachbereich berät über die dabei zu berücksichtigenden Fragen. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 7 - 3000 - 135/18 Seite 2 Begründung von Wohneigentum bei Mietwohnungen Aktenzeichen: WD 7 - 3000 - 135/18 Abschluss der Arbeit: 14. Juni 2018 Fachbereich: WD 7: Zivil-, Straf- und Verfahrensrecht, Umweltschutzrecht, Bau und Stadtentwicklung Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 7 - 3000 - 135/18 Seite 3 Inhaltsverzeichnis 1. Die Rechtslage im Überblick 4 2. Besteht für Eigentümer von umgewandelten Eigentumswohnungen Vertrauensschutz im Hinblick auf die zum Zeitpunkt der Umwandlung in der Frage der Eigenbedarfskündigung bestehende Rechtslage? 5 3. Gilt dies auch für Gebiete, für die eine Satzung nach § 172 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BauGB erlassen wurde? 6 4. Welche Bundesländer haben Umwandlungsverordnungen nach § 172 Abs. 1 Satz 4 BauGB erlassen? 7 Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 7 - 3000 - 135/18 Seite 4 1. Die Rechtslage im Überblick Nach den Regelungen des BGB kann der Eigentümer eines Grundstücks, auf dem sich ein Gebäude mit mehreren Wohnungen befindet, die einzelnen Wohnungen zwar gesondert vermieten, aber nicht gesondert veräußern. Denn als sog. wesentlicher Bestandteil des Grundstücks kann das Gebäude nur zusammen mit diesem auf einen anderen Eigentümer übertragen werden.1 Das Wohnungseigentumsgesetz (WEG) ermöglicht es dem Grundstückseigentümer jedoch, durch Teilungserklärung gegenüber dem Grundbuchamt, Sondereigentum an den einzelnen Wohnungen, sog. Wohnungseigentum, zu begründen.2 Damit versetzt er sich in die Lage, die Wohnungen einzeln zu veräußern, und erschließt sich so eine weitere Möglichkeit zur wirtschaftlichen Verwertung des Grundstücks. Zur Kündigung der bestehenden Mietverhältnisse mit dem Ziel, die Wohnungen für ihre (künftigen ) Käufer „frei zu machen“, berechtigt ihn die Umwandlung in Wohnungseigentum jedoch nicht. Zwar ist der Vermieter grundsätzlich zur Kündigung berechtigt, wenn er „durch die Fortsetzung des Mietverhältnisses an einer angemessenen wirtschaftlichen Verwertung des Grundstücks gehindert und dadurch erhebliche Nachteile erleiden würde“ (§ 573 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Nr. 3 Satzteil 1 BGB). Darauf kann er sich aber gerade nicht „im Zusammenhang mit einer beabsichtigten oder nach Überlassung an den Mieter erfolgten Begründung von Wohnraum“ berufen (§ 573 Abs. 2 Nr. 3 Satzteil 3 BGB). Er kann die einzelnen Wohnungen also nur „mit dem Mieter“ veräußern, wobei dessen Mietverhältnis gemäß dem Grundsatz „Kauf bricht nicht Miete“ mit dem Erwerber als neuem Vermieter fortbesteht (§ 566 Abs. 1 BGB). Die Rechtsposition des Mieters verändert sich also durch die Begründung von Wohnungseigentum und dessen anschließende Veräußerung zunächst nicht. Was sich erhöht ist jedoch die Wahrscheinlichkeit, dass eine Situation entsteht, die den neuen Vermieter zu einer Eigenbedarfskündigung (§ 573 Abs. 2 Nr. 2 BGB) berechtigt und motiviert. Denn einzelne Wohnungen werden häufig nicht nur als Kapitalanlage erworben, sondern auch mit dem Ziel, sie in naher oder ferner Zukunft für sich, Familienangehörige oder Angehörige des eigenen Haushalts als Wohnung zu nutzen. Diesem Umstand trägt das BGB zugunsten des Mieters dadurch Rechnung, dass es die Eigenbedarfskündigung für einen Zeitraum „von drei Jahren seit der Veräußerung“ von in Sondereigentum umgewandelten Wohnungen ausschließt (§ 577a Abs. 1 BGB). Diese Wartefrist kann durch Rechtsverordnung der zuständigen Landesregierung sogar auf „bis zu zehn Jahre“ verlängert werden, wenn die ausreichende Versorgung der Bevölke- 1 Dies ergibt sich aus §§ 93, 94 Abs. 1 BGB, wonach Gebäude wesentliche Teile des Grundstücks sind und damit nicht Gegenstand besonderer Rechte sein können. 2 § 8 Abs. 1, § 1 Abs. 2 WEG. Wirksam wird die Teilung gemäß § 8 Abs. 2 Satz 2 WEG mit Anlegung der Wohnungsgrundbücher . Zum Wohnungseigentum gehört gemäß § 1 Abs. 2, 5 WEG neben dem Sondereigentum an der Wohnung auch ein Miteigentumsanteil am Grundstück sowie der Teile, Anlagen und Einrichtungen des Gebäudes, die nicht im Sondereigentum oder Eigentum eines Dritten stehen. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 7 - 3000 - 135/18 Seite 5 rung mit Mietwohnungen zu angemessenen Bedingungen in einer Gemeinde oder einem Teil einer Gemeinde besonders gefährdet ist (§ 577a Abs. 2 BGB). Dies ist zum Beispiel in Berlin geschehen .3 Die dargestellten Regelungen des BGB versuchen also, die nachteiligen Folgen, die sich für den Mieter aus einer Begründung und Veräußerung von Wohnungseigentum ergeben können, einzudämmen . Die Begründung und Veräußerung selbst schränken sie nicht ein. Diese Möglichkeit wird den Landesregierungen allerdings durch das Baugesetzbuch (BauGB) eingeräumt. Für Gebiete, in denen die Gemeinde eine sog. Milieuschutzsatzung, also eine Satzung „zur Erhaltung der Zusammensetzung der Bevölkerung“ (§ 172 Abs. 1 Nr. 2 BauGB), erlassen hat, kann die Landesregierung nämlich durch Rechtsverordnung bestimmen, dass die „Begründung von Wohnungseigentum “ einer behördlichen Genehmigung bedarf (§ 172 Abs. 2 Nr. 4 BauGB). Diese sog. Umwandlungsgenehmigung darf allerdings nur versagt werden, wenn die Zusammensetzung der Wohnbevölkerung aus besonderen „städtebaulichen Gründen“ erhalten werden soll (§ 172 Abs. 4 Satz 1 BauGB). In bestimmten, gesetzlich definierten Fällen muss sie sogar trotz Vorliegens solcher Gründe erteilt werden (§ 172 Abs. 4 Satz 2 und 3 BauGB). Ein Fall, in dem die Umwandlungsgenehmigung erteilt werden muss, ist der, dass der Eigentümer sich verpflichtet, innerhalb von sieben Jahren ab Begründung des Wohnungseigentums Wohnungen nur an die Mieter zu veräußern (§ 172 Abs. 4 Satz 3 Nr. 6 BauGB). Für den Erwerber entfällt in diesem Falle sogar das normale dreijährige Eigenbedarfskündigungsverbot des § 577a Abs. 1 BGB; sofern durch Rechtsverordnung nach § 577a Abs. 2 Satz 1 BGB eine längere Wartefrist für die Eigenbedarfskündigung angeordnet wurde, verkürzt sich diese um fünf Jahre (§ 172 Abs. 4 Satz 3 Nr. 6 BauGB). Dafür kann in der Umwandlungsgenehmigung bestimmt werden, dass auch die Veräußerung (nicht nur die Begründung) des Wohnungseigentums der Genehmigung bedarf, bis die Siebenjahresfrist des § 172 Abs. 4 Nr. 6 BauGB abgelaufen ist (§ 172 Abs. 4 Satz 4 BauGB). Dies dient der Kontrolle der vom Eigentümer eingegangen Verpflichtung, nur an die Mieter zu veräußern.4 2. Besteht für Eigentümer von umgewandelten Eigentumswohnungen Vertrauensschutz im Hinblick auf die zum Zeitpunkt der Umwandlung in der Frage der Eigenbedarfskündigung bestehende Rechtslage? Eigenbedarf ist stets eine auf die Person des aktuellen Vermieters bezogene Situation, die dadurch gekennzeichnet ist, dass „er“ die Räume als Wohnung für „sich“, für „seine“ Familienangehörigen oder für Angehörige „seines“ Haushalts benötigt (vgl. § 573 Abs. 2 Nr. 2 BGB). Liegt diese Situation tatsächlich vor, so wird das daraus resultierende Kündigungsrecht (§ 573 Abs. 2 Nr. 2 BGB) durch die Begründung von Sondereigentum an der fraglichen Wohnung nicht berührt. Ein Eigentümer, der die von ihm vermieteten Räume für sich als Wohnung benötigt, bleibt also 3 Durch die „Verordnung im Sinne des § 577a Absatz 2 BGB über den verlängerten Kündigungsschutz bei Umwandlung einer Mietwohnung in eine Eigentumswohnung (Kündigungsschutzklausel-Verordnung)“ vom 13. August 2013 (GVBl. 2013, 488; abrufbar unter: http://gesetze.berlin.de/jportal/?quelle=jlink&query=KSch- KlV+BE&psml=bsbeprod.psml&max=true, zuletzt abgerufen am 12. Juni 2018). 4 Stock, in: Ernst u.a., BauGB, § 172 Rn. 199d (Aug. 2017). Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 7 - 3000 - 135/18 Seite 6 zur Eigenbedarfskündigung auch dann berechtigt, wenn er die benötigten Räume in Wohnungseigentum umwandelt. Er unterliegt auch nicht den Wartefristen des § 577a Abs. 1, 3 BGB, da diese nur für den „Erwerber“ gelten. Allein wenn sich seine tatsächliche Bedarfssituation ändert, wenn der Eigenbedarf entfällt, verliert er die Berechtigung zur Kündigung. Veräußert der zur Eigenbedarfskündigung berechtigte Vermieter die in Wohnungseigentum umgewandelten Räume, so richtet sich die Frage des Vorliegens des Eigenbedarfs nunmehr nach der tatsächlichen Situation des neuen Eigentümers/Vermieters. Die Eigenbedarfssituation des alten Eigentümers/Vermieters wird also nicht etwa zusammen mit dem Wohneigentum auf den neuen Eigentümer/Vermieter übertragen. Der neue Eigentümer/Vermieter, bei dem eine Eigenbedarfssituation vorliegt, unterliegt aber zunächst gemäß § 577a Abs. 1 BGB einer Wartefrist von die drei Jahren, die sich durch eine Rechtsverordnung nach § 577a Abs. 3 BGB sogar auf bis zu zehn Jahr verlängern kann. Diese längere Wartefrist gilt nach Auffassung des Landgerichts Berlin auch dann, wenn die Rechtsverordnung, welche diese anordnet, erst nach Erwerb der Wohnung erlassen wird. Der Erwerber müsse wegen der im Zeitpunkt des Erwerbs bereits bestehenden gesetzlichen Verordnungsermächtigung in § 577a Abs. 3 BGB mit der Möglichkeit, dass von ihr auch Gebrauch gemacht werde, grundsätzlich rechnen. Schutzwürdiges, gegenüber den Belangen des Mieterschutzes vorrangiges Vertrauen auf das Fortbestehen der kürzeren Dreijahresfrist des § 577a Abs. 1 BGB bestehe daher nicht.5 3. Gilt dies auch für Gebiete, für die eine Satzung nach § 172 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BauGB erlassen wurde? Der Erlass einer Milieuschutzsatzung nach § 172 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BauGB wirkt sich nicht auf die Möglichkeit der Kündigung wegen Eigenbedarfs aus. Wenn der Vermieter – sei es der vor der Veräußerung des umgewandelten Wohnraums, sei es dessen Erwerber – tatsächlich Eigenbedarf an der Wohnung hat, darf er gemäß § 573 Abs. 2 Nr. 2 BGB kündigen – vorbehaltlich etwaiger Wartefristen nach § 577a Abs. 1 und 3 BGB, die aber unabhängig davon bestehen, ob eine Milieuschutzsatzung vorliegt oder nicht. Auch der Erlass einer Umwandlungsverordnung nach § 172 Abs. 1 Satz 4 BauGB beeinträchtigt das Eigenbedarfskündigungsrecht nicht. Sie führt lediglich dazu, dass die Begründung des Wohnungseigentums einer behördlichen Genehmigung bedarf. Auch diese wirkt sich nicht nachteilig auf das Eigenbedarfskündigungsrecht aus. Eine Umwandlungsgenehmigung nach § 172 Abs. 4 Satz 3 Nr. 6 BauGB erleichtert sogar die Eigenbedarfskündigung durch den Erwerber, da sie zum Wegfall bzw. zur Verkürzung der für diesen an sich geltenden Eigenbedarfskündigungs-Wartefristen nach § 577a Abs. 1 bzw. Abs. 3 BGB führt. 5 LG Berlin, NJOZ 2016, 795 (796). Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 7 - 3000 - 135/18 Seite 7 4. Welche Bundesländer haben Umwandlungsverordnungen nach § 172 Abs. 1 Satz 4 BauGB erlassen? Umwandlungsverordnungen gelten in – Bayern6 (gültig bis 28. Februar 2019), – Baden-Württemberg7 (gültig bis 18. November 2018), – Berlin8 (gültig bis 13. März 2020) – Hamburg9 (gültig bis 31. Dezember 2018) – Nordrhein-Westfalen10 (gültig bis 27. März 2020). *** 6 Durchführungsverordnung Wohnungsrecht (DVWoR) vom 8. Mai 2007 (GVBl. S. 326), zuletzt geändert durch Verordnung vom 9. Dezember 2016 (GVBl. S. 395), abrufbar unter: http://gesetze-bayern.de/Content /Document/BayDVWoR, zuletzt abgerufen am 12. Juni 2018. 7 Verordnung der Landesregierung über die Einführung einer Umwandlungsgenehmigung in Gebieten einer Erhaltungssatzung nach § 172 Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 Baugesetzbuch (Umwandlungsverordnung - Umwand VO) vom 5. November 2013 (GBl. 2013, 309), abrufbar unter: http://www.landesrecht-bw.de/jportal/portal /t/aab/page/bsbawueprod.psml?pid=Dokumentanzeige&showdoccase=1&js_peid=Trefferliste&documentnumber =2&numberofresults=5&fromdoctodoc=yes&doc.id=jlr-UmwVBWrahmen &doc.part=X&doc.price=0.0&doc.hl=1#focuspoint, zuletzt abgerufen am 12. Juni 2018. 8 Verordnung über einen Genehmigungsvorbehalt für die Begründung von Wohnungseigentum oder Teileigentum in Erhaltungsgebieten nach § 172 Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 des Baugesetzbuchs (Umwandlungsverordnung - UmwandV) vom 3. März 2015 (GVBl. 2015, 43), abrufbar unter: http://gesetze.berlin.de/jportal /?quelle=jlink&query=UmwV+BE+%C2%A7+1&psml=bsbeprod.psml&max=true, zuletzt abgerufen am 12. Juni 2018. 9 Verordnung über eine Umwandlungsgenehmigung in Gebieten zur Erhaltung der Zusammensetzung der Wohnbevölkerung (Umwandlungsverordnung - UmwandVO) vom 10. Dezember 2002 (HmbGVBl. 2002, S. 324), zuletzt geändert durch Verordnung vom 10. Dezember 2013 (HmbGVBl. S. 492), abrufbar unter: http://www.landesrecht -hamburg.de/jportal/portal/page/bshaprod.psml?showdoccase=1&st=lr&doc.id=jlr-WohnBZUmwGen VHArahmen&doc.part=X&doc.origin=bs, zuletzt abgerufen am 12. Juni 2018. 10 Verordnung über eine Umwandlungsgenehmigung in Gebieten zur Erhaltung der Zusammensetzung der Wohnbevölkerung (Umwandlungsverordnung – UmwandVO) vom 17. März 2015 (GV. NRW. 2015 S. 255), abrufbar unter: https://recht.nrw.de/lmi/owa/br_vbl_detail _text?anw_nr=6&vd_id=14944&ver=8&val=14944&sg=0&menu=1&vd_back=N, zuletzt abgerufen am 12. Juni 2018.