WD 7 - 3000 - 134/20 (15. Dezember 2020) © 2020 Deutscher Bundestag Die Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestages unterstützen die Mitglieder des Deutschen Bundestages bei ihrer mandatsbezogenen Tätigkeit. Ihre Arbeiten geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Arbeiten der Wissenschaftlichen Dienste geben nur den zum Zeitpunkt der Erstellung des Textes aktuellen Stand wieder und stellen eine individuelle Auftragsarbeit für einen Abgeordneten des Bundestages dar. Die Arbeiten können der Geheimschutzordnung des Bundestages unterliegende, geschützte oder andere nicht zur Veröffentlichung geeignete Informationen enthalten. Eine beabsichtigte Weitergabe oder Veröffentlichung ist vorab dem jeweiligen Fachbereich anzuzeigen und nur mit Angabe der Quelle zulässig. Der Fachbereich berät über die dabei zu berücksichtigenden Fragen. 1. Grundlagen Das Recht der Untersuchungshaft ist in der StPO geregelt. Die Untersuchungshaft kann nur durch Haftbefehl eines Richters angeordnet werden, § 114 Abs. 1 StPO. Dieser Richtervorbehalt ist bereits in der Verfassung begründet, Art. 104 Abs. 2 f. GG. Sofern nichts anderes bestimmt ist, sind in Strafsachen allgemein die Amtsgerichte zuständig, § 24 GVG. Die Landgerichte, deren Bezirke in aller Regel mehrere Amtsgerichtsbezirke umfassen, entscheiden in Strafsachen in zweiter Instanz über Berufungen gegen amtsgerichtliche Urteile sowie erstinstanzlich in den ihnen gesetzlich zugewiesenen Fällen, §§ 74, 24 GVG. Die Oberlandesgerichte , deren Bezirke in aller Regel mehrere Landgerichtsbezirke umfassen, entscheiden in Strafsachen als Revisionsgerichte drittinstanzlich über Berufungsurteile der Landgerichte, zweitinstanzlich über bestimmte amts- oder landgerichtliche Entscheidungen, die nicht Urteile sind, sowie erstinstanzlich bei der Anklage bestimmter, gesetzlich abschließend aufgezählter Straftaten , §§ 120 ff. GVG, 335 Abs. 2 StPO. Der für das gesamte Bundesgebiet zuständige Bundesgerichtshof entscheidet in Strafsachen zweitinstanzlich, insbesondere über Revisionen gegen erstinstanzliche Urteile der Land-, oder Oberlandesgerichte, § 135 GVG. 2. Zuständigkeit der Anordnung von Untersuchungshaft im Ermittlungsverfahren Die sachliche Zuständigkeit der Anordnung von Untersuchungshaft im Ermittlungsverfahren liegt grundsätzlich bei den Amtsgerichten auf Antrag der Staatsanwaltschaft. Wenn ein Staatsanwalt nicht erreichbar ist und Gefahr im Verzug besteht, kann das Gericht die Untersuchungshaft auch von Amts wegen anordnen, § 125 Abs. 1 StPO. Im Grundsatz ist dann das Amtsgericht zuständig , in dessen Bezirk ein Gerichtsstand begründet ist oder der Beschuldigte sich aufhält. Bei einigen Delikten, für die die Oberlandesgerichte erstinstanzlich zuständig sind – bestimmte Staatsschutzdelikte sowie die Bestechlichkeit und Bestechung von Mandatsträgern – können daneben auch Ermittlungsrichter bei einem Oberlandesgericht Untersuchungshaft anordnen, § 169 Abs. 1 Satz 1 StPO in Verbindung mit §§ 120, 120b GVG. In den Fällen, in denen der Generalbundesanwalt die staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen führt (§ 142a Abs. 1 GVG), sind Ermittlungsrichter des Bundesgerichtshofes für den Erlass eines Haftbefehls zuständig, § 169 Abs. 1 Satz 2 StPO. Wissenschaftliche Dienste Kurzinformation Einzelfragen zur Untersuchungshaft im Ermittlungsverfahren Kurzinformation Einzelfragen zur Untersuchungshaft im Ermittlungsverfahren Fachbereich WD 7 (Zivil-, Straf- und Verfahrensrecht, Bau und Stadtentwicklung) Wissenschaftliche Dienste Seite 2 3. Zuständigkeit über die Entscheidung der Fortdauer der Untersuchungshaft im Ermittlungsverfahren Die Untersuchungshaft dauert grundsätzlich so lange fort, wie die sie begründenden Voraussetzungen weiterhin vorliegen und die weitere Untersuchungshaft zu der Bedeutung der Sache und der zu erwartenden Rechtsfolge nicht außer Verhältnis steht, § 120 Abs. 1 Satz 1 StPO. Sobald dies nicht mehr der Fall ist, ist der Haftbefehl aufzuheben, unter Umständen kommt auch eine jederzeitige Aussetzung des Vollzuges des Haftbefehls in Betracht, §§ 116 f. StPO. Grundsätzlich zuständig ist jeweils das Gericht, das den Haftbefehl erlassen hat, § 126 Abs. 1 Satz 1 StPO. Im Übrigen darf generell vor Ergehen eines Urteils der Vollzug der Untersuchungshaft wegen derselben Tat über sechs Monate hinaus nur aufrechterhalten werden, wenn die besondere Schwierigkeit oder der besondere Umfang der Ermittlungen oder ein anderer wichtiger Grund das Urteil noch nicht zulassen und die Fortdauer der Haft rechtfertigen, § 121 Abs. 1 StPO. Über die Fortdauer entscheidet das Oberlandesgericht im Rahmen einer besonderen Haftprüfung durch Beschluss letztinstanzlich, wenn das ihm untergeordnete Amtsgericht, das den Haftbefehl erlassen hat, die Fortdauer der Untersuchungshaft für erforderlich hält oder die jeweilige Staatsanwaltschaft die Fortdauer beantragt (§§ 121 Abs. 2, 122, 126 Abs. 1 Satz 1, 304 Abs. 4 Satz 2 Halbsatz 1 StPO). Soweit Ermittlungsrichter der Oberlandesgerichte oder des Bundesgerichtshofes bereits den ursprünglichen Haftbefehl erlassen haben (siehe bereits unter 2.), entscheidet über die Fortdauer stattdessen der Bundesgerichtshof letztinstanzlich, §§ 121 Abs. 4 Satz 2, 122 Abs. 7, 169 Abs. 1, 304 Abs. 4 Satz 1 StPO. Soweit dementsprechend ein Oberlandesgericht oder der Bundesgerichtshof die Fortdauer der Untersuchungshaft beschlossen haben, haben sie die besondere Haftprüfung im Anschluss spätestens alle drei Monate zu wiederholen, § 122 Abs. 4, 7 StPO. Eine generelle, absolute Befristung der Dauer der Untersuchungshaft existiert nicht. Eine Ausnahme besteht lediglich, soweit der Haftbefehl alleine auf den Haftgrund der Wiederholungsgefahr gestützt ist. In diesen Fällen darf der Untersuchungshaftvollzug unter keinen Umständen länger als ein Jahr aufrechterhalten werden , §§ 122a, 112a StPO. Unberührt bleiben Rechtsbehelfe des Inhaftierten, etwa die Haftbeschwerde gegen den Erlass des ursprünglichen Haftbefehls (§§ 304 Abs. 1, 305 Satz 2 StPO) oder die jederzeitige Haftprüfung mit dem Ziel der Aufhebung des Haftbefehls oder der Außervollzugsetzung, §§ 117 ff. StPO. Quellen: – GG: Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland in der im Bundesgesetzblatt Teil III, Gliederungsnummer 100-1, veröffentlichten bereinigten Fassung, das zuletzt durch Artikel 1 u. 2 Satz 2 des Gesetzes vom 29. September 2020 (BGBl. 2020 I S. 2048) geändert worden ist, abrufbar in englischer Sprache unter: https://www.gesetzeim -internet.de/englisch_gg/index.html (letzter Abruf dieser und aller weiteren Internetquellen: 15. Dezember 2020). – GVG: Gerichtsverfassungsgesetz in der Fassung der Bekanntmachung vom 9. Mai 1975 (BGBl. 1975 I S. 1077), das zuletzt durch Artikel 4 des Gesetzes vom 16. Oktober 2020 (BGBl. 2020 I S. 2187) geändert worden ist, abrufbar in englischer Sprache unter: https://www.gesetze-im-internet.de/englisch_gvg/index.html. – StPO: Strafprozeßordnung in der Fassung der Bekanntmachung vom 7. April 1987 (BGBl. 1987 I S. 1074, 1319), die zuletzt durch Artikel 2 des Gesetzes vom 3. Dezember 2020 (BGBl. 2020 I S. 2678) geändert worden ist, abrufbar in englischer Sprache unter: https://www.gesetze-im-internet.de/englisch_stpo/index.html. * * *