Instrumente und rechtliche Möglichkeiten die Genehmigung von fossilen Kraftwerksanlagen unter der Maßgabe des Klimaschutzes zu beschränken, bzw. zu versagen Untersuchung, wie der Staat in die Kraftwerksplanung der Energiewirtschatf eingreifen kann, indem z.B. die brennstoffbezogenen Emissionen in die Berwertung einbezogen werden oder ein emissionsbezogener Stand der Technik vorgeschrieben wird - Ausarbeitung - © 2007 Deutscher Bundestag WD 7 - 134/07 Wissenschaftliche Dienste des Deutschen Bundestages Verfasser/in: Instrumente und rechtliche Möglichkeiten gegen die Genehmigung von Kraftwerksanlagen unter der Maßgabe des Klimaschutzes Untersuchung, wie der Staat in die Kraftwerksplanung der Energiewirtschatf eingreifen kann, indem z.B. di ebrennstoffbezogenen Emissionen in die Berwertung einbezogen werden oder ein emissionsbezogener Stand der Technik vorgeschrieben wird Ausarbeitung WD 7 - 134/07 Abschluss der Arbeit: 06.06. 2007 Fachbereich WD 7: Zivil-, Straf- und Verfahrensrecht, Umweltschutzrecht, Verkehr, Bau und Stadtentwicklung Telefon: Ausarbeitungen und andere Informationsangebote der Wissenschaftlichen Dienste geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Die Arbeiten der Wissenschaftlichen Dienste sind dazu bestimmt, Mitglieder des Deutschen Bundestages bei der Wahrnehmung des Mandats zu unterstützen. Der Deutsche Bundestag behält sich die Rechte der Veröffentlichung und Verbreitung vor. Diese bedürfen der Zustimmung des Direktors beim Deutschen Bundestag. - Zusammenfassung - Weder das BImSchG noch andere umweltrechtliche Sondervorschriften vermögen nach derzeitiger Rechtslage ein Instrument zu bieten, die Genehmigung von Kohlekraftwerksanlagen unter der Maßgabe des Klimaschutzes zu beschränken bzw. zu versagen. Insbesondere ein emissionsbezogener Stand der Technik kann nur brennstoffspezifisch in § 5 I Nr. 2 BImSchG hineingelesen werden. Inhalt 1. Einleitung 4 2. Ausgangslage: Dynamisierte Grundpflichten des Anlagenbetreibers nach dem Bundes-Immissionsschutzgesetz 4 2.1. Vorsorgepflicht im Sinne des § 5 I Nr. 2 BImSchG 4 2.2. Möglichkeiten der Befristung der Laufzeit von Kraftwerken 5 3. Instrumente und rechtliche Möglichkeiten anderer umweltrechtlicher Sondervorschriften 6 4. Ergebnis 7 - 4 - 1. Einleitung Energiebedingte Kohlendioxid-Emissionen sind die Hauptursache für den anthropogenen Klimawandel. In Deutschland sind fossile Kraftwerke Hauptemittenten. In den kommenden Jahren wollen in- und ausländische Stromversorger in Deutschland 26 große Kohlekraftwerke mit einer Gesamtleistung von bis zu 26.000 Megawatt errichten . Würden alle geplanten oder bereits beantragten Kraftwerksprojekte realisiert und dann über Jahrzehnte mit hohem Kohlendioxid-Ausstoß betrieben, könnte Deutschland seine angestrebten Minderungsziele nur schwer erreichen. Im Folgenden soll untersucht werden, nach welchen rechtlichen Maßgaben, solche Kraftwerksprojekte zu beurteilen sind. 2. Ausgangslage: Dynamisierte Grundpflichten des Anlagenbetreibers nach dem Bundes-Immissionsschutzgesetz Bei Kohlekraftwerken handelt es sich nach dem Gesetz zum Schutz vor schädlichen Umwelteinwirkungen durch Luftverunreinigungen, Geräusche, Erschütterungen und ähnliche Vorgänge (Bundes-Immissionsschutzgesetz BImSchG) in der Fassung der Bekanntmachung vom 26. September 2002 um genehmigungsbedürftige Anlagen (§ 1 I BImSchV iVm Nr. 1.1 Spalte 1 des Anhangs zur 4. BImSchV).1 Der Antrag ist jedoch zu genehmigen, sobald die Voraussetzungen des § 6 I BImSchG erfüllt sind; insofern besteht ein Rechtsanspruch des Antragsstellers. 2.1. Vorsorgepflicht im Sinne des § 5 I Nr. 2 BImSchG Nach § 6 I Nr. 1 BImSchG gehört zu den Genehmigungsvoraussetzungen, dass die Einhaltung der Grundpflichten nach § 5 BImSchG sichergestellt ist. Es handelt sich dabei um dynamisierte Dauerpflichten des Betreibers, die nicht nur für die Errichtung, sondern für den gesamten Betriebszeitraum gelten.2 Zu diesen Pflichten gehört die Vorsorgepflicht im Sinne des § 5 I 1 Nr. 2 BImSchG: Genehmigungsbedürftige Anlagen sind so zu errichten und zu betreiben, dass zur Gewährleistung eines hohen Schutzniveaus für die Umwelt insgesamt Vorsorge gegen schädliche Umwelteinwirkungen und sonstige Gefahren, erhebliche Nachteile und er- 1 OVG NRW, Beschluss vom 05.07.2006 – 8 B 212/06.AK, S. 1. 2 Sparwasser/Engel/Voßkuhle, Umweltrecht, 5. Auflage, C.F. Müllerverlag Heidelberg 2003, § 10 Rn 144. - 5 - hebliche Belästigungen getroffen wird, insbesondere durch die dem Stand der Technik entsprechenden Maßnahmen. Soweit der Betreiber seinen Grundpflichten nicht von sich aus nachkommt, ist sein Bestandsschutz eingeschränkt und die Behörde kann eine nachträgliche Anordnung nach § 17 BImSchG und ggf. weitere Maßnahmen gegen ihn erlassen.3 Das gilt insbesondere auch dann, wenn eine Fortentwicklung des Standes der Technik stattgefunden hat.4 Insofern können sich bereits aufgrund der dynamisierten Grundpflichten des geltenden Rechts aus Anlass einer Fortentwicklung des Standes der Technik neue Anforderungen für den Betreiber in Bezug auf die bestehende Anlage ergeben.5 2.2. Möglichkeiten der Befristung der Laufzeit von Kraftwerken Eine Initiative der Deutschen Umwelthilfe e.V. (DUH) soll verhindern, dass die unbefristete Genehmigung neuer Kohlekraftwerke die Ziele der Klimaschutzvereinbarungen und die Beschlüsse, die der Europäische Rat im März zum Klimaschutz gefasst hat, nicht untergraben werden.6 Nach dem Konzept der DUH sollen neu errichtete Braunund Steinkohlekraftwerke in Zukunft nur noch eine befristete Betriebsgenehmigung für einen Zeitraum von zehn Jahren erhalten. Nach deren Ablauf kann die Betriebserlaubnis auf Antrag verlängert werden, sofern zu diesem Zeitpunkt die dann besten verfügbaren Technologien zur Minderung der Kohlendioxid-Emissionen zum Einsatz kommen.7 Zwar besteht gemäß § 12 BImSchG grundsätzlich die Möglichkeit eine Genehmigung mit Nebenbestimmungen zu versehen. Darunter fällt auch die Befristung gemäß § 36 II Nr. 1 VwVfG.8 Weiterhin setzt der Vorschlag jedoch voraus, dass die geplanten Kohlekraftwerke nicht dem Stand der Technik entsprechen, wie es § 5 I Nr. 2 BImSchG voraussetzt. Der Stand der Technik definiert sich hinsichtlich seiner Fortschrittlichkeit und Betriebsweise jedoch brennstoffspezifisch,9 d.h. dass nur innerhalb des jeweiligen Kohlebrennstoffs die Co²-Emmissionen miteinander verglichen werden können. Der neueste Stand der Tech- 3 Sparwasser/Engel/Voßkuhle, Umweltrecht, 5. Auflage, C.F. Müllerverlag Heidelberg 2003, § 10 Rn 442. 4 Sparwasser/Engel/Voßkuhle, Umweltrecht, 5. Auflage, C.F. Müllerverlag Heidelberg 2003, § 10 Rn 384. 5 Dr. Klaus Hansmann, Bundes-Immissionsschutzgesetz, Textsammlung mit Einführung und Erläuterung , 24. Auflage 2006, Nomos Verlagsgesellschaft Baden-Baden, S 31. 6 DUH Pressemitteilung, S. 1. 7 DUH Pressemitteilung, aaO. 8 Hansmann, Bundesimmissionsschutzgesetz, Nomos 2005, Einführung 5.5, S. 28. 9 Jarass, Bundesimmissionsschutzgesetz, Beck 2005, § 3, Rn. 101, 98. - 6 - nik bei Gaskraftwerken ist demnach für die hier vorzunehmende Untersuchung ohne Belang10, so dass somit den Erfordernissen des § 5 I Nr. 2 BImSchG genüge getan ist. Weitere Möglichkeiten, die Genehmigung neuer Kohlekraftanlagen nach dem BImSchG zu beschränken oder zu verhindern, sind nicht ersichtlich. 3. Instrumente und rechtliche Möglichkeiten anderer umweltrechtlicher Sondervorschriften Weiterhin verbietet sich nach derzeitiger Rechtslage auch durch andere umweltrechtliche Sondervorschriften ein Vorgehen gegen geplante Kohlekraftwerke. Das neue Umweltgesetzbuch, auf das sich der Vorschlag der Laufzeiten-Befristung der DUH bezieht, ist noch nicht in Kraft. Das Gesetz über den Handel mit Berechtigungen zur Emission von Treibhausgasen in der Fassung vom 8. Juli 2004 (TEHG), das es gemäß § 5 I 2-4 BImSchG speziell bei auf Anlagen zu beachten gilt, die dem Anwendungsbereich des Treibhausgas- Emissionshandelsgesetzes unterliegen, regelt eben auch nur deren Handel. Das Gesetz für die Erhaltung, die Modernisierung und den Ausbau der Kraft-Wärme- Kopplung in der Fassung vom 19. März 2002 (KWKG) regelt gemäß § 2 nur die Abnahme und Vergütung von Kraft-Wärme-Kopplungsstrom aus Kraftwerken mit KWK- Anlagen. Das Gesetz über die Elektrizitäts- und Gasversorgung in der Fassung vom 7. Juli 2005 (EnWG) bezweckt gemäß § 1 zwar auch eine umweltverträgliche Versorgung der Allgemeinheit mit Elektrizität und Gas. Sie enthält aber insoweit keine Verbotsvorschriften , die eine quantitativ erhöhte brennstoffbezogene Emission durch Kohle verbieten könnte. Ebenso verhält es sich mit den weiteren umweltrechtlichen Sondergesetzen, u.a. dem Gesetz für den Vorrang Erneuerbarer Energien (EEG) in der Fassung vom 21. Juli 2004,11 dem Gesetz über den nationalen Zuteilungsplan für Treibhausgas- Emissionsberechtigungen in der Zuteilungsperiode 2005 bis 2007 (ZuG 2007) in der 10 Der Vorschlag der DUH zielt insofern auch nicht auf eine neue Lesart des derzeitigen BImSchG, sondern richtet sich an den Entwurf zu einem umfassenden Umweltgesetzbuch (UGB), das diesen Sommer beschlossen werden soll. 11 Das Ziel in § 1 II EEG „den Beitrag erneuerbarer Energien an der Stromversorgung deutlich zu erhöhen, um […] den Anteil erneuerbarer Energien am gesamten Energieverbrauch bis zum Jahr 2010 mindestens zu verdoppeln“, kann nicht als behördliche Verbotsbefugnis im Rahmen der Anlagengenehmigung zur Beschränkung neuer Kraftwerkanlagen mit traditioneller Energiegewinnung herangezogen werden. - 7 - Fassung vom 26. August 2004, bzw. dem Gesetz zur Einsparung von Energie in Gbäuden (EnEG) in der Fassung der Bekanntmachung vom 1. September 2005. 4. Ergebnis Die derzeitige Rechtslage bietet keine rechtliche Möglichkeit, die Genehmigung von Kraftwerksanlagen unter der Maßgabe des Klimaschutzes zu beschränken bzw. zu versagen . Anlage: - Pressemitteilung der DUH vom 12. März 2007 - Artikel aus DUH/Aktuell, S. 4.