© 2016 Deutscher Bundestag WD 7 - 3000 - 130/16 Geruchsbelästigung durch Schweinemastanlagen – Messung der Emissionswerte, Konsequenzen bei Nichteinhaltung, Bestandsschutz für Altanlagen Sachstand Wissenschaftliche Dienste Die Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestages unterstützen die Mitglieder des Deutschen Bundestages bei ihrer mandatsbezogenen Tätigkeit. Ihre Arbeiten geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Arbeiten der Wissenschaftlichen Dienste geben nur den zum Zeitpunkt der Erstellung des Textes aktuellen Stand wieder und stellen eine individuelle Auftragsarbeit für einen Abgeordneten des Bundestages dar. Die Arbeiten können der Geheimschutzordnung des Bundestages unterliegende, geschützte oder andere nicht zur Veröffentlichung geeignete Informationen enthalten. Eine beabsichtigte Weitergabe oder Veröffentlichung ist vorab dem jeweiligen Fachbereich anzuzeigen und nur mit Angabe der Quelle zulässig. Der Fachbereich berät über die dabei zu berücksichtigenden Fragen. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 7 - 3000 - 130/16 Seite 2 Geruchsbelästigung durch Schweinemastanlagen – Messung der Emissionswerte, Konsequenzen bei Nichteinhaltung, Bestandsschutz für Altanlagen Aktenzeichen: WD 7 - 3000 - 130/16 Abschluss der Arbeit: 17. August 2016 Fachbereich: WD 7: Zivil-, Straf- und Verfahrensrecht, Umweltschutzrecht, Verkehr, Bau und Stadtentwicklung Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 7 - 3000 - 130/16 Seite 3 Inhaltsverzeichnis 1. Einleitung 4 2. Möglichkeiten zur objektiven Messung der Geruchsbelästigung 4 2.1. Allgemeine Anforderungen an das Verfahren 4 2.2. Messung der Geruchsbelästigung 5 2.2.1. Regelwerke 5 2.2.2. Ablauf der Messung 5 3. Grenzwerte für Emissionen 6 4. Konsequenzen bei Nichteinhaltung der Grenzwerte 6 4.1. Nachträgliche Anordnungen nach § 17 BImSchG 7 4.2. Verbot des Anlagenbetriebs nach § 20 BImSchG 7 4.3. Widerruf der Genehmigung nach § 21 BImSchG 7 4.4. Rücknahme der Genehmigung nach § 48 VwVfG 8 5. Bestandsschutz für Altanlagen 8 5.1. Präventive Bestandschutz 8 5.2. Passiver Bestandsschutz 8 5.3. Aktiver Bestandsschutz 9 5.4. Fazit 9 Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 7 - 3000 - 130/16 Seite 4 1. Einleitung Die industrielle Produktion von Schweinefleisch erfordert große Schweinemastanlagen, die durch ihre Emissionen zur erheblichen Geruchsbelästigung für die Allgemeinheit, insbesondere aber für die Nachbarschaft werden können. Aus diesem Grund sind solche Anlagen zum Betrieb einer Schweinemastanlage grundsätzlich genehmigungsbedürftig. Für das Genehmigungsverfahren im Einzelnen, wird zur Vermeidung von Wiederholungen auf den Sachstand Fachbereich WD 7 – 3000 – 118/15 verwiesen. Darin ist im Einzelnen das Genehmigungsverfahren für Schweinemastanlagen dargestellt. 2. Möglichkeiten zur objektiven Messung der Geruchsbelästigung Nach § 3 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes (BImSchG)1 fallen Gerüche bei Erfüllung bestimmter Kriterien unter die Kategorie der erheblichen Belästigungen. Um die Geruchsbelästigungen gerichtsverwertbar messen zu können, wurde es notwendig, ein objektives Verfahren zu entwickeln . 2.1. Allgemeine Anforderungen an das Verfahren Das angewendete Verfahren hat möglichst objektiv zu sein. Dies bedeutet, dass unterschiedliche Messinstitute und Gutachter unter den gleichen Rahmenbedingungen zu annähernd gleichen Ergebnissen kommen. Weiterhin müssen zufällige Fehler so weit wie möglich reduziert werden. Dies bedeutet die weitgehende Reproduzierbarkeit der Messungen. Das Ergebnis der Geruchserhebung muss mit Zahl und Maß belegbar sein. Die angewandte Methode muss in Bezug auf die der Entscheidung zu Grunde liegenden Fragestellung sachgerecht sein. Für den Fall der Geruchserhebung bedeutet dies, dass möglichst zutreffend und präzise das erfasst wird, was als Geruchsbelästigung verstanden wird.2 Erst danach kann eine eindeutig begründbare und gerichtsfeste Entscheidung getroffen werden. 1 Gesetz zum Schutz vor schädlichen Umwelteinwirkungen durch Luftverunreinigungen, Geräusche, Erschütterungen und ähnliche Vorgänge (Bundes-Immissionsschutzgesetz - BImSchG), in der Fassung der Bekanntmachung vom 17. Mai 2013 (BGBl. I S. 1274) zuletzt geändert durch Art. 3 G zur Änd. des UmweltstatistikG, des HochbaustatistikG sowie bestimmter immissionsschutz- und wasserrechtlicher Vorschriften vom 26. Juli 2016 (BGBl. I S. 1839). 2 Both, Bewertung von Geruchsimmissionen – Die Beurteilungspraxis in Deutschland, 1. Allgemeine Anforderungen an Geruchsbewertungskonzepte, abrufbar unter: https://sgdnord.rlp.de/fileadmin/sgdnord/Kreislaufwirtschaft /Eu-Rec/Both_-_Bewertung_von_Geruchsimmissionen_-_Beurteilungspraxis_in_Deutschland.pdf, (Stand: 15. August 2016). Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 7 - 3000 - 130/16 Seite 5 2.2. Messung der Geruchsbelästigung Um ein objektives, reproduzierbares, entscheidungsrelevantes und sachgerechtes Erhebungsverfahren zu ermöglichen wurden verschiedenen Regelwerke verfasst, um den Immissionsschutzbehörden Orientierungshilfen an die Hand zu geben. 2.2.1. Regelwerke Zum einen existiert die Technische Anleitung zur Reinhaltung der Luft (TA Luft)3 und zum anderen wurde die Geruchsimmissionsrichtlinie (GIRL)4, sowie die VDI-Richtlinie 3883 Blatt 2 erarbeitet . Die TA Luft stellt eine normkonkretisierende Verwaltungsvorschrift dar und ist, weil sie nach § 48 Abs. 1 BImSchG in einem quasi legislatorischen Verfahren erlassen wurde, für die Immissionsschutzbehörden bindend.5 Bei der GIRL und der VDI 3883 handelt es sich lediglich um Richtlinien. Die GIRL wurde allerdings in fast allen Bundesländern verpflichtend eingeführt. In Bayern, Bremen und Hamburg wird die Richtlinie lediglich als Erkenntnisquelle zur Beurteilung von Gerüchen genutzt.6 Der Freistaat Thüringen hat die Richtlinie im Jahre 2011 als Erkenntnisquelle eingeführt.7 Die VDI- Richtlinie stellt in allen Bundesländern lediglich eine Erkenntnisquelle dar, die keinen verbindlichen Charakter hat. 2.2.2. Ablauf der Messung Um Aussagen über die erheblichen Belästigungen machen zu können, dürfen nur deutlich wahrnehmbare Geruchsimmissionen herangezogen werden. Grundsätzlich ist vor einer Immissionsbeurteilung zu prüfen, ob die nach dem Stand der Technik gegebenen Möglichkeiten zur Vermeidung der Emissionen ausgeschöpft sind (Nr. 5 TA Luft) und die Ableitung der Restemissionen 3 Erste Allgemeine Verwaltungsvorschrift zum Bundes–Immissionsschutzgesetz (Technische Anleitung zur Reinhaltung der Luft – TA Luft) vom 24. Juli 2002, abrufbar unter: http://www.bmub.bund.de/fileadmin/bmu-import /files/pdfs/allgemein/application/pdf/taluft.pdf, (Stand 15. August 2016). 4 Feststellung und Beurteilung von Geruchsimmissionen (Geruchsimmissions-Richtlinie - GIRL - ) in der Fassung vom 29. Februar 2008 und einer Ergänzung vom 10. September 2008 mit Begründung und Auslegungshinweisen in der Fassung vom 29.Februar 2008,(zweite ergänzte und aktualisierte Fassung), abrufbar u.a. unter: http://www.gaa.baden-wuerttemberg.de/servlet/is/16507/6_1.pdf, http://www.lfu.brandenburg.de/cms/media .php/lbm1.a.3310.de/girl.pdf, (Stand 15. August 2016). 5 Hansmann, Die neue TA Luft, NVwZ 2003, 266f.. 6 Both, Bewertung von Geruchsimmissionen – Die Beurteilungspraxis in Deutschland, 2. Frühere Geruchsbewertungsverfahren , abrufbar unter: https://sgdnord.rlp.de/fileadmin/sgdnord/Kreislaufwirtschaft/Eu-Rec/Both_- _Bewertung_von_Geruchsimmissionen_-_Beurteilungspraxis_in_Deutschland.pdf, (Stand: 15. August 2016). 7 Freistaat Thüringen (Hrsg.), http://www.thueringen.de/th8/tlug/uw_bericht/2011/luft/geruchsimmissionen/, (Stand 15. August 2016). Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 7 - 3000 - 130/16 Seite 6 den Anforderungen der Nr. 5.5 TA Luft entspricht.8 Aufgeteilt ist die Messung in die Messmethode der sogenannten Rasterbegehung, die eine übergeordnete Rolle einnimmt. Dann folgt die Methode der Immissionsprognose. Danach kann sich in seltenen Fällen eine Betroffenenbefragung , die in der VDI 3883 Blatt 2 festgelegt ist, anschließen. Für den genauen Ablauf des Verfahrens der Messung, wird auf die GIRL, sowie auf die Veröffentlichung „Bewertung von Geruchsimmissionen – Die Beurteilungspraxis in Deutschland“ verwiesen.9 Im Anhang A der GIRL findet sich der Datenaufnahmebogen für Geruchsbegehungen, der bei einer Messung verwendet werden soll. 3. Grenzwerte für Emissionen In der GIRL sind unter Punkt 3.1 Immissionswerte für verschiedene Nutzungsgebiete festgesetzt. Es werden die verschiedenen Nutzungsgebieten der Baunutzungsverordnung (BauNVO)10 zu Grunde gelegt. Für die Emissionen existiert keine solche Tabelle. Letztendlich dürften sich die Emissionswerte allerdings an den einzuhaltenden Immissionswerten orientieren. 4. Konsequenzen bei Nichteinhaltung der Grenzwerte Primäres Instrument der staatlichen Kontrolle genehmigungspflichtiger Anlagen ist das Genehmigungsverfahren selbst. Es kann aber auch nach Erteilung der Genehmigung notwendig werden, Maßnahmen des Immissionsschutzes zu treffen. Hierfür kommen in Betracht: - nachträgliche Anordnung nach § 17 BImSchG, - das Verbot des Anlagenbetriebs nach § 20 BImSchG, - der Widerruf der Genehmigung nach § 21 BImSchG und - die Rücknahme der Genehmigung nach § 48 des Verwaltungsverfahrensgesetz (VwVfG)11. 8 Ministerium für Inneres und Kommunales NRW (Hrsg.), Feststellung und Beurteilung von Geruchsimmissionen , 2. Anforderungen an die Begrenzung und Ableitung der Geruchsemissionen, Abrufbar unter: https://recht.nrw.de/lmi/owa/br_text_anzeigen?v_id=10000000000000000350, (Stand 15. August 2016). 9 Both, Bewertung von Geruchsimmissionen – Die Beurteilungspraxis in Deutschland, abrufbar unter: https://sgdnord.rlp.de/fileadmin/sgdnord/Kreislaufwirtschaft/Eu-Rec/Both_-_Bewertung_von_Geruchsimmissionen _-_Beurteilungspraxis_in_Deutschland.pdf, (Stand: 15. August 2016); Feststellung und Beurteilung von Geruchsimmissionen (Geruchsimmissions-Richtlinie - GIRL - ) in der Fassung vom 29. Februar 2008 und einer Ergänzung vom 10. September 2008 mit Begründung und Auslegungshinweisen in der Fassung vom 29.Februar 2008,(zweite ergänzte und aktualisierte Fassung), Nr. 4 Ermittlung der Kenngrößen der Geruchimmissionen, abrufbar u.a. unter: http://www.gaa.baden-wuerttemberg.de/servlet/is/16507/6_1.pdf, http://www.lfu.brandenburg .de/cms/media.php/lbm1.a.3310.de/girl.pdf, (Stand 15. August 2016). 10 Verordnung über die bauliche Nutzung der Grundstücke, (Baunutzungsverordnung - BauNVO), in der Fassung der Bekanntmachung vom 23. Januar 1990, (BGBl. I S. 132), zuletzt geändert durch Art. 2 G zur Stärkung der Innenentwicklung in den Städten und Gemeinden und weiteren Fortentwicklung des Städtebaurechts vom 11. Juni 2013 (BGBl. I S. 1548) 11 Verwaltungsverfahrensgesetz (VwVfG), in der Fassung der Bekanntmachung vom 23. Januar 2003, (BGBl. I S. 102), zuletzt geändert durch Art. 20 G zur Modernisierung des Besteuerungsverfahrens vom 18. Juli 2016 (BGBl. I S. 1679). Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 7 - 3000 - 130/16 Seite 7 4.1. Nachträgliche Anordnungen nach § 17 BImSchG Voraussetzung ist, dass es sich bei der betroffenen Anlage um eine genehmigungsbedürftige Anlage handelt. Eine Anordnung darf nur nach Erteilung der Genehmigung erfolgen, § 17 Abs. 1 Satz 1 BImSchG. Für nicht genehmigungsbedürftige Anlage ist § 24 BImSchG einschlägig. Durch eine nachträgliche Anordnung nach § 17 BImSchG kann ein drohender Pflichtverstoß verhindert oder eine andauernder Verstoß beendet werden. Wichtig ist, dass die Anordnung den Anlagenbetrieb nicht objektiv unmöglich machen darf. Als Anordnungen sind Weisungen zur Beschaffenheit der Anlage, zur Art und Weise des Anlagenbetriebs oder zu sonstigen Handlungen denkbar. Alle nach § 12 BImSchG möglichen Auflagen können Inhalt einer Anordnung sein. Die Anordnung kann das Mittel oder auch nur das Ziel angeben. Wenn nur das Ziel angegeben wird, ist allerdings auf die Bestimmtheit zu achten. 12 4.2. Verbot des Anlagenbetriebs nach § 20 BImSchG Nach § 20 Abs. 1 BImSchG kann der Betrieb einer Anlage untersagt werden, wenn und solange der Betreiber den hinreichend konkretisierten Pflichten zur Beschaffenheit und Betriebsweise der Anlage nicht nachkommt. Die Untersagung dient der Durchsetzung und Sanktionierung dieser Pflichten. Die Untersagung stellt ein Verbot dar, die Anlage weiter zu betreiben. Die Genehmigung bleibt in ihrem Bestand allerdings unberührt. Die Untersagung stellt lediglich eine temporäre Maßnahme dar, die bis zur Erfüllung der Auflage, der Anordnung oder der Pflicht aus einer Rechtsverordnung aufrechterhalten bleibt. Die Behörde hat zwei Möglichkeiten eine Untersagung zu erlassen. Zum einen kann sie die Untersagung mit der auflösenden Bedingung der Erfüllung der Auflage oder Anordnung erlassen, oder sie kann die Untersagung unbedingt erlassen und muss sie dann aufheben, sobald die Auflage oder Anordnung erfüllt ist. § 20 Abs. 2 BImSchG regelt die Stilllegung bzw. Beseitigung der Anlage, welche ohne die erforderliche Genehmigung errichtet wurde.13 4.3. Widerruf der Genehmigung nach § 21 BImSchG § 21 BImSchG ermöglicht den Widerruf einer erteilten Genehmigung. Der Widerruf setzt voraus, dass die immissionsschutzrechtliche Genehmigung erteilt wurde und diese Genehmigung im Zeitpunkt der Erteilung rechtmäßig war. Der Widerruf kann ganz oder teilweise erfolgen. Die Genehmigung für die Anlage erlischt mit dem Zugang nach § 43 Abs. 1 VwVfG.14 12 Jarass, in: Jarass (Hrsg.) BImSchG, 11. Auflage 2015, § 17 Rn. 9, 10, 24 f., 28, 30. 13 Jarass, in: Jarass (Hrsg.) BImSchG, 11. Auflage 2015, § 20 Rn. 1, 16, 42. 14 Jarass, in: Jarass (Hrsg.) BImSchG, 11. Auflage 2015, § 21, Rn. 1, 5 f., 23 f. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 7 - 3000 - 130/16 Seite 8 4.4. Rücknahme der Genehmigung nach § 48 VwVfG Die Rücknahme nach § 48 VwVfG erfolgt, wenn die Genehmigung für die Anlage rechtswidrig erteilt wurde. Die Rücknahme entfaltet die gleichen Wirkungen wie der Widerruf der Genehmigung .15 5. Bestandsschutz für Altanlagen Der Bestandsschutz soll verhindern, dass durch die Änderung der Rechtslage, die bereits genehmigte Anlage rechtswidrig werden könnte. Im Immissionsschutzrecht sind dabei drei unterschiedliche Bestandsschutzarten denkbar. Zum einen der präventive Bestandsschutz, zum anderen der passive Bestandsschutz sowie der aktive Bestandschutz. 5.1. Präventive Bestandschutz Der präventive Bestandsschutz soll dann eingreifen, wenn sich die Umgebung der Anlage ändert und sich dadurch Gefahrensituationen entwickeln könnten, beispielsweise die Ausweisung eines Wohngebietes neben einer Schießanlage der Bundeswehr. Nicht unumstritten ist, ob dem Anlagenbetreiber ein Abwehranspruch gegen die Zulassung einer solchen empfindlichen Nutzung zusteht . Nach einer Ansicht16bezweckt das BImSchG nicht den Schutz des Anlagenbetreibers. Daher dürfte auch die immissionsschutzrechtliche Genehmigung keinen derartigen Anspruch vermitteln . Die Gegenmeinung17 hält dagegen den präventiven Bestandsschutz für möglich. Die immissionsschutzrechtliche Genehmigung vermittelt eine subjektiv öffentliche Rechtsposition, die mit Drittwirkung ausgestattet ist und damit klagefähig nach § 42 Abs. 2 der Verwaltungsgerichtsordnung 18 ist. 5.2. Passiver Bestandsschutz Ein gewisser genehmigungsunabhängiger Bestandsschutz ergibt sich für den Anlagenbetreiber daraus, dass das BImSchG nachträgliche Anordnungen, eine Untersagung des Betriebes oder einen Widerruf der Genehmigung nur unter zusätzlichen Voraussetzungen zulässt. Vor allem muss der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit i. V. m. Art. 14 des Grundgesetzes19 gewahrt bleiben, da 15 Jarass, in: Jarass (Hrsg.) BImSchG, 11. Auflage 2015, § 21, Rn. 6. 16 BVerwGE 88, 210/220; BVerwG, Nachbarschutz gegen Schießlärm, in: NVwZ 1991, 886ff.. 17 Spiegels, Klagebefugnis auf Grund einer immissionsschutzrechtlichen Genehmigung zum anlagenbezogenen Nachbarschutz, in: NVwZ 2003, 1091ff.. 18 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) in der Fassung der Bekanntmachung vom 19. März 1991 (BGBl. I S. 686) zuletzt geändert durch Art. 3 des Gesetzes zur Änderung von Bestimmungen des Rechts des Energieleitungsbaus vom 21. Dezember 2015 (BGBl. I S. 2490) 19 Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland vom 23. Mai 1949 (BGBl. S. 1), zuletzt geändert durch Art. 1 des Änderungsgesetzes (Art. 91b) vom 23. Dezember 2014 (BGBl. I S. 2438. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 7 - 3000 - 130/16 Seite 9 der Anlagenbetreiber im Vertrauen auf die Genehmigung Investitionen vorgenommen hat. Zu beachten ist, dass auch neuere Rechtsverordnungen nicht unbegrenzt auf bereits genehmigte Anlagen angewandt werden können.20 5.3. Aktiver Bestandsschutz Unter dem aktiven Bestandsschutz versteht man einen Anspruch auf Erteilung weiterer Genehmigungen . Im Immissionsschutzrecht gilt die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zum Bestandsschutz im Baurecht entsprechend. Für bestehende Anlagen wirkt sich die Einschränkung des Bestandsschutzes dahingehend aus, dass sie mit den Grundpflichten des § 5 Abs. 1 BImSchG und der Möglichkeit nachträglicher Anordnungen nach § 17 BImSchG belastet sind.21 5.4. Fazit Zusammenfassend ist festzuhalten, dass der Anlagenbetreiber keine Garantie dafür hat, dass er die Anlage immer so betreiben kann, wie sie genehmigt wurde. Der im Baurecht geltende Grundsatz , dass eine eingeräumte Rechtsposition im Allgemeinen zu belassen ist bzw. nur gegen Entschädigung entzogen werden kann, gilt nicht im Immissionsschutzgesetz.22 Ende der Bearbeitung 20 Jarass, in: Jarass (Hrsg.) BImSchG, 11. Auflage 2015, § 6, Rn. 51, § 7, Rn. 13. 21 Reidt/Schiller in: Landner/Rohmer (Hrsg.), Umweltrecht, § 16 BImSchG, Rn. 175; BVerfG, Haltung von Legehennen – Bestandsschutz für Altanlagen in: NVwZ 2010, 771 Rn. 31ff.. 22 Jarass, in: Jarass (Hrsg.) BImSchG, 11. Auflage 2015, § 6 Rn. 51.