Zulässigkeit von Bebauungsplänen in Bezug auf die Festschreibung und den Nutzungszwang bestimmter Heizenergiearten - Ausarbeitung - © 2009 Deutscher Bundestag WD 7 - 3000 - 130/09 Wissenschaftliche Dienste des Deutschen Bundestages Verfasser: Zulässigkeit von Bebauungsplänen in Bezug auf die Festschreibung und den Nutzungszwang bestimmter Heizenergiearten Ausarbeitung WD 7 - 3000 - 130/09 Abschluss der Arbeit: 20. August 2009 Fachbereich WD 7: Zivil-, Straf- und Verfahrensrecht, Umweltschutzrecht, Verkehr, Bau und Stadtentwicklung Telefon: Ausarbeitungen und andere Informationsangebote der Wissenschaftlichen Dienste geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Die Arbeiten der Wissenschaftlichen Dienste sind dazu bestimmt, Mitglieder des Deutschen Bundestages bei der Wahrnehmung des Mandats zu unterstützen. Der Deutsche Bundestag behält sich die Rechte der Veröffentlichung und Verbreitung vor. Beides bedarf der Zustimmung der Leitung der Abteilung W. Inhalt 1. Einleitung 4 2. Die Bestimmung einer bestimmten Beheizungsart im Bebauungsplan 4 2.1. Zulässigkeit 4 2.2. Überblick über die Rechtsprechung 5 2.3. Auswirkungen technischer Weiterentwicklungen 7 3. Auswirkungen der neuen EnEV 7 3.1. Anwendungsbereich 7 3.2. Verhältnis zwischen EnEV und Bebauungsplanung – Ausnahmetatbestände 7 3.3. Auswirkungen der EnEV auf bestehende Bebauungsplanung 8 4. Wettbewerbsrechtliche Problematik 9 5. Auswirkungen etwaiger Änderungen des Bebauungsplans 10 6. Fazit 11 - 4 - 1. Einleitung Nach dem ab dem 1. Oktober 2009 geltenden § 10a EnEV1 sollen in Wohngebäuden „elektrische Speicherheizsysteme“, auch unter dem Begriff „Nachtspeicherheizungen“ bekannt, unter bestimmten Bedingungen bis Ende 2019 außer Betrieb gehen. Vereinzelt gibt es jedoch Bebauungspläne, die die Nutzung dieser Heizsysteme vorschreiben und andere Beheizungsarten ausdrücklich verbieten. Die vorliegende Ausarbeitung befasst sich mit der Zulässigkeit solcher Regelungen und der Frage, inwieweit sich die Neuregelung der EnEV auf solche Bebauungspläne auswirkt . 2. Die Bestimmung einer bestimmten Beheizungsart im Bebauungsplan 2.1. Zulässigkeit Ein Bebauungsplan, der eine bestimmte Beheizungsart für Wohngebäude vorschreibt bzw. einzelne Heizenergiearten ausschließt, ist nicht per se unzulässig. Im Gegenteil enthält das BauGB2 in dessen § 9 Abs. 1 Nr. 23 lit. a die Bestimmung, dass im Bebauungsplan aus städtebaulichen Gründen Gebiete festgesetzt werden können, in denen zum Schutz vor schädlichen Umwelteinwirkungen im Sinne des BImSchG3 bestimmte luftverunreinigende Stoffe nicht oder nur beschränkt verwendet werden können. Mit dem BauROG 19984 wurde das Erfordernis „besondere städtebauliche Gründe“ des § 9 Abs. 1 Nr. 23 BauGB a.F. aufgegeben, womit nunmehr jedwede städtebauliche Rechtfertigung im Sinne des § 1 Abs. 3 BauGB ausreicht. Somit ist die Gemeinde berechtigt, im Rahmen der Bauleitplanung Umweltvorsorge zu betreiben und damit in ihrem Gemeindegebiet durch planungsrechtliche Festsetzungen vermeidbare Luftbelastungen zu minimieren, wenn nur hinreichender städtebaulicher Anlass hierfür besteht.5 Allerdings sind an die Festsetzungen im Bebauungsplan gewisse Anforderungen zu stellen. Da § 9 1 Verordnung über energiesparenden Wärmeschutz und energiesparende Anlagentechnik bei Gebäuden (Energieeinsparverordnung - EnEV) vom 24. Juli 2007 (BGBl. I S. 1519), zuletzt geändert durch Art. 1 ÄndVO vom 29. April 2009 (BGBl. I S. 954). 2 Baugesetzbuch (BauGB) in der Fassung der Bekanntmachung vom 23. September 2004 (BGBl. I S. 2414), zuletzt geändert durch Artikel 4 des ErbschaftsteuerreformG vom 24. Dezember 2008 (BGBl. I S. 3018). 3 Bundes-Immissionsschutzgesetz (BImSchG) in der Fassung der Bekanntmachung vom 26. September 2002 (BGBl. I S. 3830), zuletzt geändert durch Artikel 2 des Gesetz zur Regelung des Schutzes vor nichtionisierender Strahlung vom 29. Juli 2009 (BGBl. I S. 2433). 4 Gesetz zur Änderung des Baugesetzbuchs und zur Neuregelung des Rechts der Raumordnung (Bauund Raumordnungsgesetz 1998 - BauROG) vom 18. August 1997 (BGBl. I S. 2081). 5 Niedersächsisches OVG, Urteil vom 14. Januar 2002, AZ: 1 KN 468/01, NVwZ-RR 2003, S. 174, 175. - 5 - Abs. 1 Nr. 23 BauGB speziell dem städtebaulichen Immissionsschutz auf örtlicher Ebene dient, nicht jedoch dem Umweltschutz allgemein, darf die Festsetzung beispielsweise nicht getroffen werden, um die Absatzmöglichkeiten eines gemeindeeigenen Energieversorgungsunternehmens zu verbessern.6 Eingriffe in die Wettbewerbssituation können zwar Nebenwirkungen von Bebauungsplänen, dürfen aber nicht der eigentliche Regelungszweck sein.7 2.2. Überblick über die Rechtsprechung Der Rechtsprechung kann entnommen werden, dass die Festlegung im Bebauungsplan auf nur eine Art der Beheizung und das damit korrespondierende Verbot anderer Heizarten nur bei Vorliegen besonderer Voraussetzungen zulässig ist. Das VG Ansbach8 hat 2007 entschieden, dass eine Festsetzung, nach der „feste oder flüssige Stoffe für die Beheizung der Wohnhäuser nicht verwendet werden“ dürfen, unwirksam ist. Das Gericht konnte eine „städtebauliche Erforderlichkeit nicht erkennen“, obwohl der Bebauungsplan das Ziel anführte, „eine Verschlechterung der Immissionslage im südöstlichen Stadtgebiet zu verhindern“, zur Beheizung der Gebäude Fernwärme zur Verfügung stand und eine Energiegewinnung über Sonnenkollektoren zulässig war. Die Kammer beanstandete jedoch, dass diese Ausführungen lediglich „das ökologische Ziel“ umschrieben , „eine vorhandene (gute) lufthygienische Situation zu erhalten“, dem Bebauungsplan aber keine Anhaltspunkte entnommen werden könnten, „dass für das Plangebiet (…) von einer starken lufthygienischen Vorbelastung auszugehen ist, noch überhaupt eine verbesserungswürdige Vorbelastung gegeben ist“. Das OVG Nordrhein-Westfalen9 hat im Jahre 2000 die Festsetzung in einem Bebauungsplan , dass „zusätzliche Rauchquellen an den Gebäuden, wie Schornsteine, Kachelöfen , Kamine etc.“ ausgeschlossen sind, ebenfalls als rechtswidrig bezeichnet. Dabei wurde ebenfalls das Fehlen konkreter örtlicher Gegebenheiten beanstandet, die das Verbot zusätzlicher Immissionen erforderlich machten. 1997 hat der VGH Baden-Württemberg10 ein Verbot der „Verwendung fester und flüssiger Brennstoffe“ als zulässig erachtet. In diesem Fall lag die Besonderheit vor, dass die topographische Situation dazu führte, dass sich die Wohngeschosse der höher liegenden Gebäude in der Regel auf der Höhe der Schornsteine der tiefer liegenden Ge- 6 Löhr, in Battis/Krautzberger/Löhr (2009), Baugesetzbuch, § 9 Rn. 81a. 7 Löhr (wie Fußn. 6). 8 VG Ansbach, Urteil vom 28. März 2007, AZ: AN 3 K 06.01890, juris. 9 OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 24. Juli 2000, AZ 7a D 179/98.NE, BauR 2001, 62 ff. 10 VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 2. Dezember 1997, AZ: 8 S 1477/97, NVwZ-RR 1998, S. 554 ff. - 6 - bäude befanden. Diese Gegebenheiten sah das Gericht als ausschlaggebenden Grund an, von der Rechtmäßigkeit der Festsetzung bezüglich der Heizart auszugehen. Die zitierten Entscheidungen zeigen, dass die Zulässigkeit einer Regelung in einem Bebauungsplan , welche nur eine Art der Beheizung vorschreibt, nicht abstrakt beurteilt werden kann. Vielmehr bedarf es immer einer Einzelfallentscheidung. Der Bebauungsplan der Gemeinde Memmelsdorf im Landkreis Bamberg aus dem Jahre 197211 enthält z.B. folgende Begründung: „Auf Grund der konzentrierten Bebauung und der bestehenden Waldnähe ist eine Beheizung mit festen oder flüssigen Brennstoffen nicht zugelassen. Für das ausgewiesene Gebiet ist eine Elektrospeicherheizung vorgesehen, und auch vom Stromnetz her versorgungsmäßig gesichert. Ausnahmen können nicht zugelassen werden.“ Gemessen an den Vorgaben der o.a. Rechtsprechung, nach der eine verbesserungswürdige Vorbelastung12 und konkrete örtliche Gegebenheiten vorliegen müssen, die ein Verbot zusätzlicher Immissionen erforderlich machen,13 erscheint es hinterfragbar, ob das Gebot zur ausnahmslosen Benutzung von Elektrospeicherheizungen in dem Bebauungsplan rechtmäßig ist. Zudem würde sich die Rechtmäßigkeit dieser Satzung grundsätzlich nach dem – mittlerweile aufgehobenen – BBauG14 beurteilen, da sie bereits im Jahre 1972 erlassen worden ist. Dieses beinhaltete jedoch gerade keine dem § 9 Abs. 1 Nr. 23 lit. a BauGB entsprechende Regelung. Zwar beträgt die Frist für die Einleitung eines Normenkontrollverfahrens gegen Satzungen nach dem Baugesetzbuch gemäß § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO15 mittlerweile ein Jahr nach Bekanntmachung, womit dieser Bebauungsplan in einem solchen Verfahren nicht mehr angegriffen werden könnte,16 jedoch gilt diese Frist 11 www.memmelsdorf.de/rathaus_und_gemeinderat/bau_und_gewerbe/allgemeines/aktuelle _bebauungsplaene/Begruendung_zum_Baugebiet__2Memmelsdorf-Sued_2.pdf. 12 VG Ansbach, Fußn. 8. 13 OVG Nordrhein-Westfalen, Fußn. 9. 14 Bundesbaugesetz (BBauG) vom 23. Juni 1960 (BGBl. I S. 341). 15 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) in der Fassung der Bekanntmachung vom 19. März 1991, zuletzt geändert durch Artikel 5 des Gesetzes zur Modernisierung von Verfahren im anwaltlichen und notariellen Beruf, zur Errichtung einer Schlichtungsstelle der Rechtsanwaltschaft sowie zur Änderung sonstiger Vorschriften vom 30. Juli 2009 (BGBl. I S. 2449). 16 Aufgrund der Übergangsregelung in § 195 Abs. 7 VwGO wäre im vorliegenden Fall zwar § 47 Abs. 2 VwGO in der bis zum 31. Dezember 2006 geltenden Fassung anwendbar, welcher noch eine Frist von zwei Jahren beinhaltete; diese ist jedoch ebenfalls abgelaufen. - 7 - nicht für eine Inzidentprüfung durch ein Gericht im Rahmen einer Anfechtungsklage gegen einen etwaigen Abbruchs- oder Nutzungsuntersagungsbescheid.17 2.3. Auswirkungen technischer Weiterentwicklungen Technische Weiterentwicklungen, beispielsweise bezüglich der Luftreinhaltung, der Lärmminderung oder bei bewährten Maßnahmen zum Brandschutz haben grundsätzlich keine Auswirkungen auf bestehende Bebauungspläne. Sie können jedoch für die Beurteilung der Leistungspflichten bei Werkverträgen (Neu-, Aus- oder Umbau von Gebäuden ) bedeutsam sein.18 3. Auswirkungen der neuen EnEV 3.1. Anwendungsbereich § 10a Abs. 1 EnEV umschreibt den Anwendungsbereich für die Pflicht zur Außerbetriebnahme elektrischer Speicherheizsysteme, wenn die Raumwärme in den Gebäuden ausschließlich durch solche Systeme erzeugt wird. In Satz 1 sind „Wohngebäude mit mehr als fünf Wohneinheiten“ genannt, während Satz 2 von „Nichtwohngebäuden“ spricht. Der Begriffsbestimmung des § 2 Nr. 1 EnEV zufolge sind Wohngebäude im Sinne dieser Verordnung Gebäude, die nach ihrer Zweckbestimmung überwiegend dem Wohnen dienen, alles andere sind Nichtwohngebäude (vgl. § 2 Nr. 2 EnEV). Auf den konkreten Baustil (Reihenhaus, freistehendes Haus etc.) kommt es dementsprechend nicht an, sodass beispielsweise auch Reihenhäuser als Wohngebäude im Sinne von § 10a Abs. 1 EnEV anzusehen sind. Als Frist für die Außerbetriebnahme nennt § 10a Abs. 2 EnEV den 31. Dezember 2019 bzw. den Ablauf von 30 Jahren ab Einbau. 3.2. Verhältnis zwischen EnEV und Bebauungsplanung – Ausnahmetatbestände Die Bundesregierung hat mit dem Erlass der EnEV von Ihrer Ermächtigung gemäß § 4 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 EnEG19 Gebrauch gemacht.20 Daher stellt die EnEV eine Rechtsverordnung dar und steht als solche in der Normenhierarchie auf höherer Ebene als ein Bebauungsplan . Letzterer wird von der Gemeinde gemäß § 10 Abs. 1 BauGB als Satzung 17 Vgl. die Begründung des Gesetzesentwurfes zur erstmaligen Einführung einer Frist für die Normenkontrolle in BT-Drucks. 13/1433, S. 10; VG München, Beschluss vom 8. Juni 2000, AZ: M 9 S 00.2022, juris. 18 Vgl. zu den Auswirkungen geänderter DIN-Normen auf Werkverträge: OLG Köln, Urteil vom 26. März 2003, AZ: 13 U 65/02, juris; OLG Zweibrücken, Urteil vom 21.12.2006, AZ: 4 U 12/06, juris. 19 Gesetz zur Einsparung von Energie in Gebäuden (Energieeinsparungsgesetz - EnEG) in der Fassung der Bekanntmachung vom 1. September 2005 (BGBl. I S. 2684), zuletzt geändert durch Art. 1 Drittes ÄndG vom 28. März 2009 (BGBl. I S. 643). 20 Vgl. BR-Drucks. 569/08, S. 89. - 8 - beschlossen, ist aber im Verhältnis zu einer Verordnung des Bundes als nachrangig anzusehen . § 10a Abs. 3 Nr. 1 EnEV durchbricht jedoch dieses Verhältnis zugunsten der Satzung. Die Pflicht zur Außerbetriebnahme elektrischer Speicherheizsysteme gilt als ausdrücklich normierte Ausnahme dann nicht, wenn „andere öffentlich-rechtliche Pflichten entgegenstehen “. Eine solche Pflicht kann zumindest durch einen bestehenden Bebauungsplan begründet worden sein.21 Daneben lässt der zusätzliche Ausnahmetatbestand des § 10a Abs. 3 EnEV die weitere Beheizung mit elektrischen Speicherheizsystemen für den Fall zu, dass die Aufwendungen für eine neue Heizungsanlage trotz Fördermittel nicht angemessen wären (Nr. 2). 3.3. Auswirkungen der EnEV auf bestehende Bebauungsplanung Grundsätzlich schuldet der Bauunternehmer seine Arbeit nach den zum Zeitpunkt der Beauftragung geltenden Bestimmungen.22 Dies geht nunmehr auch explizit aus § 28 EnEV hervor, der die Anwendung der EnEV detailliert regelt. Demgemäß ist die Verordnung auf Vorhaben, welche die Errichtung, Änderung, Erweiterung oder den Ausbau von Gebäuden zu Gegenstand haben, in der zum Zeitpunkt der Bauantragstellung oder der Bauanzeige geltenden Fassung anzuwenden. Daraus folgt, dass auch § 10a Abs. 3 Nr. 1 EnEV anwendbar ist. Die darin normierte Ausnahme führt wiederum dazu, dass die die Neuregelung der EnEV bzgl. der Außerbetriebnahme elektrischer Speicherheizsysteme für Gebiete, in denen bereits eine bestimmte Beheizungsart vorgeschrieben ist, zunächst keinerlei Auswirkungen auf die Bebauungsplanung hat. Ferner können die Gemeinden nicht veranlasst werden, aufgrund der Neufassung ihre Bebauungspläne zu ändern bzw. zu ergänzen. Etwaige Beanstandungen bestehender Bebauungspläne können lediglich als Anregung ohne rechtliche Bindungswirkung verstanden werden. 21 So auch der Bundesminister für Wirtschaft und Technologie in seinem Brief vom 21. Juli 2009 an den Sprecher der Interessensgemeinschaft Memmelsdorf Süd. Der Homepage des Bundesministeriums für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung ist ebenfalls zu entnehmen, dass Bebauungspläne in den Anwendungsbereich des § 10a Abs. 3 Nr. 1 EnEV fallen (www.bmvbs.de/dokumente/- ,302.7567/Artikel/dokument.htm). 22 Vgl. OLG Düsseldorf, Urteil vom 23.12.2005, AZ: I-22 U 32/04, juris, das über die Anwendbarkeit der Wärmeschutzverordnung zu entscheiden hatte. - 9 - 4. Wettbewerbsrechtliche Problematik Die Festsetzung von Elektrospeicherheizungen hat vereinzelt dazu geführt, dass in den betroffenen Gebieten lediglich ein – meist größerer – Stromanbieter Strom zu einem günstigen Nachttarif anbietet. Infolgedessen sind die Bürger de facto gezwungen, den Strom von diesem Versorger zu beziehen, da die theoretische Möglichkeit des Anbieterwechsels wegen des hohen Gesamtverbrauchs an Strom zu keinerlei Preisersparungen führt, sondern im Gegenteil meist höhere Kosten verursachen würde. Es stellt sich daher die Frage, ob die Verbraucher durch die Festsetzungen im Bebauungsplan nicht in ihrer Wahlfreiheit ausgeschlossen werden bzw. ob die Festsetzungen wettbewerbsrechtlich zu beanstanden sind. Generell ist die Problematik des fehlenden Wettbewerbs auf dem deutschen Energiemarkt durchaus bekannt. Die Monopolkommission hat hierzu am 4. August 2009 ein Sondergutachten gemäß § 62 Abs. 1 EnWG23 veröffentlicht, in welchem sie zu dem Ergebnis gekommen ist, dass „auf den Märkten der leistungsgebundenen Energieversorgung weiterhin kein funktionsfähiger Wettbewerb herrscht“.24 Allerdings muss bei der Beurteilung von Bebauungsplänen die sog. Planungshoheit der Gemeinde beachtet werden. Obwohl sie bei ihrer Planung an § 1 BauGB gebunden ist, ist es weitgehend ihrer Selbstverwaltung überlassen, wie die Gemeinde ihre Planungshoheit handhabt und welche Konzeption sie ihr zugrunde legt.25 Dass sich nunmehr trotz der Liberalisierung des Strommarktes offenbar die Situation ergeben hat, dass in einzelnen Versorgungsgebieten de facto doch keine Möglichkeit besteht, den Stromanbieter zu wechseln, hat für sich genommen jedoch keine Auswirkungen auf den Bebauungsplan . Der Gesetzgeber verfolgte mit der Neuregelung des Energie- und Wirtschaftrechts das Ziel, durch die Schaffung eines Wettbewerbs möglichst günstige Strom- und Gaspreise zu erreichen, die letztlich allen Kunden zugute kommen sollten.26 Für den Fall, dass 23 Gesetz über die Elektrizitäts- und Gasversorgung (Energiewirtschaftsgesetz - EnWG) vom 7. Juli 2005 (BGBl. I s. 1970, bereinigt S. 3621), zuletzt geändert durch Art. 2 des Gesetzes zur Förderung der Kraft-Wärme-Kopplung vom 25. Oktober 2008 (BGBl. I S. 2101). 24 Vgl. Pressemitteilung der Monopolkommission vom 4. Juli 2009, S. 1 (www.monopolkommission .de/sg_54/presse_s54.pdf) und das Sondergutachten „Strom und Gas 2009: Energiemärkte im Spannungsfeld von Politik und Wettbewerb“ (http://www.monopolkommission.de/ sg_54/s54_volltext.pdf). 25 BVerwG, Urteil vom 29. April 1964, AZ: I C 30.62, NJW 1964, S. 1973, 1976. 26 BT-Drucks. 13/7274, S. 14. - 10 - dennoch eine monopolartige Stellung eines Stromanbieters entstehen sollte, können sich die Verbraucher an die zuständige Kartellbehörde wenden.27 5. Auswirkungen etwaiger Änderungen des Bebauungsplans Nicht selten ist mit der Festsetzung einer bestimmten Heizenergieart in einem Bebauungsplan eine vertragliche Regelung in den notariellen Kaufverträgen über die Grundstücke bzw. Wohnungen verbunden. Die Kaufverträge in der Gemeinde Memmelsdorf enthalten z.B. folgenden Passus: „Zum Zwecke der Luftreinhaltung dürfen auf dem Hausgrundstück nur Elektroheizanlagen betrieben werden. Die Errichtung und der Betrieb anderer Beheizungsanlagen ist ausgeschlossen.“ Würde der Bebauungsplan dahingehend geändert, dass nunmehr auch andere Arten der Beheizung zulässig würden, führt dies nicht automatisch zum Wegfall der o.g. Bestimmung , da der Bebauungsplan und die notariellen Kaufverträge grundsätzlich voneinander unabhängig sind. Würde man der Klausel einen verpflichtenden Charakter beimessen , wären aber die Grundsätze über die Störung der Geschäftsgrundlage nach § 313 BGB28 anwendbar. Nach dessen Absatz 1 kann die Anpassung des Vertrages verlangt werden, wenn sich die Umstände, die zur Grundlage des Vertrages geworden sind, nach Vertragsschluss schwerwiegend verändert haben und die Parteien den Vertrag nicht oder mit anderem Inhalt geschlossen hätten, wenn sie diese Änderung vorausgesehen hätten und einem Teil das Festhalten am unveränderten Vertrag nicht zugemutet werden kann. Demzufolge könnten die Verträge nachträglich angepasst werden, was letztlich die ersatzlose Streichung der Klausel zur Folge hätte. Gerade das Fehlen etwaiger Sanktionen im Falle eines Verstoßes gegen das vereinbarte Nutzungsverbot anderen Heizanlagen zeigt aber, dass der Vertragstext eher dahingehend zu verstehen ist, dass hierdurch keine selbständige Verpflichtung begründet, sondern in den Vertrag lediglich ein Verweis auf die aktuelle Rechtslage z. Zt. der Beurkundung übernommen werden sollte. In einem solchen Fall könnte zwar ebenfalls der Vertrag nach § 313 Abs. 1 BGB angepasst werden; dies wäre jedoch nicht zwingend erforderlich, da die Änderung der zugrundeliegenden Rechtslage die Bestimmung obso- 27 So auch der Bundesminister für Wirtschaft und Technologie in seinem Brief vom 21. Juli 2009 (s. Fußn. 21). Für eine bayerische Gemeinde wäre dies beispielsweise die Bayerische Landesregulierungsbehörde bzw. die Bundesnetzagentur. 28 Bürgerliches Gesetzbuch in (BGB) der Fassung der Bekanntmachung vom 2. Januar 2002 (BGBl. I S. 42, 2909; 2003 I S. 738), zuletzt geändert durch Artikel 4 des Gesetzes über die Internetversteigerung in der Zwangsvollstreckung und zur Änderung anderer Gesetze vom 30. Juli 2009 (BGBl. I S. 2474). - 11 - let werden lässt. Zwar würde der Vertragstext weiterhin einen „Zwang“ zur Nutzung von Elektroheizungen enthalten; wie bereits erörtert, wäre eine solche Bestimmung aber keinesfalls durchsetzbar. Es bleibt also festzuhalten, dass die kaufvertraglichen Klauseln der „Öffnung“ des Bebauungsplans für andere Heizungsarten als strombetriebene letzten Endes nicht entgegenstehen können. Für den Fall, dass die bisherigen Eigentümer ihre Grundstücke bzw. Wohnungen verkaufen möchten, sind jeweils neue notarielle Kaufverträge erforderlich. Wäre bei den Vertragsabschlüssen der Bebauungsplan bereits geändert oder dessen Rechtswidrigkeit gerichtlich festgestellt, besteht kein Grund, warum Klauseln in die Kaufverträge übernommen werden sollten, nach denen der Betrieb von Elektroheizanlagen vorgeschrieben wird. 6. Fazit Die Festschreibung und der Nutzungszwang bestimmter Heizenergiearten in Bebauungsplänen sind nicht per se unzulässig, müssen jedoch im jeweiligen Fall notwendig sein. Falls die Frist für ein Normenkontrollverfahren betreffend den Bebauungsplan bereits verstrichen ist, kann das Verwaltungsgericht die Rechtmäßigkeit inzident im Verfahren gegen einen Bescheid überprüfen, mit dem die Nutzung anderweitiger Heizungsanlagen untersagt worden ist. Die Gemeinden sind aufgrund der Ausnahmeregelung des § 10a Abs. 3 Nr. 1 EnEV insoweit nicht zur Änderung ihrer Bebauungspläne verpflichtet. In den Fällen, in denen die Bebauungspläne wegen des Benutzungszwangs nicht rechtswidrig sind, bleibt es ihnen unbenommen, ihre Regelungen im Sinne der Ratio der EnEV zu ändern.