Kinder und Spielen - Kinderlärm - Ausarbeitung - © 2007 Deutscher Bundestag WD 7 - 126/07 Wissenschaftliche Dienste des Deutschen Bundestages Verfasser/in: Kinder und Spielen - Kinderlärm Ausarbeitung WD 7 - 126/07 Abschluss der Arbeit: 14.06.2007 Fachbereich WD 7: Zivil-, Straf- und Verfahrensrecht, Umweltschutzrecht, Verkehr, Bau und Stadtentwicklung Telefon: Ausarbeitungen und andere Informationsangebote der Wissenschaftlichen Dienste geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Die Arbeiten der Wissenschaftlichen Dienste sind dazu bestimmt, Mitglieder des Deutschen Bundestages bei der Wahrnehmung des Mandats zu unterstützen. Der Deutsche Bundestag behält sich die Rechte der Veröffentlichung und Verbreitung vor. Diese bedürfen der Zustimmung des Direktors beim Deutschen Bundestag. Inhalt 1. Einleitung 3 2. Überblick über die Rechtsprechung 3 2.1. Zusammenfassung 3 2.2. Einzelne Entscheidungen im Überblick 4 3. Gesetzliche Vorgaben zu Geräuschen von Kindern auf Spielplätzen 8 4. Gesetzgebungszuständigkeit 9 - 3 - 1. Einleitung Kinder haben einen ausgeprägten Spieldrang durch den sie ihre Umwelt entdecken und ihre Fantasie ausleben. Dabei verursachen sie naturgemäß Geräusche, welche von manchen Menschen als Lärm angesehen werden. In der Vergangenheit scheinen sich Prozesse gegen Eltern gehäuft zu haben, deren Kinder zu laut gespielt haben sollen. Es stellt sich die Frage, ob Geräusche von spielenden Kindern zunehmend an Akzeptanz verlieren. Diese Ausarbeitung soll zeigen, welche richtungweisenden Entscheidungen in der Vergangenheit ergangen sind und ob sich dabei eine bestimmte Tendenz erkennen lässt. Dabei wird dargestellt, was Eltern tun müssen, um den Geräuschpegel zu minimieren , ob spielende Kinder einen Anlass zur Mietminderung geben und was passiert wenn dB-Grenzwerte aus Regelwerken für andere Bereiche durch Kinder überschritten werden. Zudem soll dargestellt werden welche Regelungen es für Geräusche von Kindern auf Spielplätzen gibt und wo die Gesetzgebungszuständigkeit für derartige Regelungen liegt. 2. Überblick über die Rechtsprechung 2.1. Zusammenfassung In der bisherigen Rechtsprechung bei Streitigkeiten unter Nachbarn wegen des Spiellärms der Kinder ist eine eindeutige Tendenz zur kinderfreundlichen Rechtsprechung zu erkennen. Zwar müssen Nachbarn nicht grenzenlos alles ertragen, aber gerade die Spielgeräusche, die von den Kindern selbst ausgehen und nicht mittels lauten Spielgeräten - wie etwa luftgefüllte Bälle - produziert werden, sind in der Regel hinzunehmen. Geräusche spielender Kinder gelten als sozialadäquat und stellen im Mietrecht den vertragsgemäßen Gebrauch der Mietsache dar. Auch wenn die Lärmpegel der Geräusche die Werte aus gesetzlichen Regelwerken übersteigen, müssen diese dadurch nicht für Nachbarn unzumutbar werden. In der Regel begründet Kinderlärm daher auch keinen Mietminderungsgrund. Das LG München hat eine Mietminderung ebenfalls für den Fall ausgeschlossen, dass regelmäßig in den frühen Morgenstunden ein Kleinkind beim Verlassen der Wohnung im Treppenhaus schreit. Bei der Beurteilung der Beeinträchtigung kommt es auch darauf an, ob beim Einzug erkennbar war, dass hier Kinder spielen. Eine fristlose Kündigung der betreffenden Familie wegen des Kinderlärms ist grundsätzlich nicht rechtmäßig. Allerdings müssen Nachbarn nicht grenzenlos alles hinnehmen. So hat das LG Berlin einem Nachbarn einen Anspruch gegen den Vermieter auf Kündigung der Lärm verursachenden Familie zugesprochen. Jedoch lag hier die Lärmbelästigung nicht allein im lauten Spiel der Kinder, und ein Unterlassungsurteil gegen die betreffende Familie selbst zeigte auch keinen Erfolg. Es traten auch andere Lärmbelästigungen wie das Einschalten der Waschmaschine am Sonntag, sowie tägliches Erschüttern der - 4 - Decke durch das Fallenlassen irgendwelcher Gegenstände zu Tages- und Nachtzeiten hinzu. Diese Entscheidung steht auch in keinem Widerspruch zu den anderen hier zitierten Entscheidungen. Kinderlärm muss nämlich nach den Leitsätzen der Gerichte dann hingenommen werden, wenn er ein übliches Maß umfasst. Was üblich ist hängt von den einzelnen Umständen vor Ort ab. So kann mitunter der Lärm auf mangelnde Sorgfalt der Eltern zurückzuführen sein. Eltern sollten ihre Kinder nicht von Stühlen springen oder Möbel umwerfen lassen. Unter Umständen kann die Lärmeinwirkung auf untere Wohnungen durch Verlegen von Teppichböden in der Wohnung eingeschränkt werden. Auf der anderen Seite hat das LG Essen einen Anfechtungsgrund darin angenommen, dass eine als „kinderfreundlich“ angepriesene Wohnung wegen eines sich über Kinderlärm beklagenden Nachbarn tatsächlich nicht „kinderfreundlich“ ist. Im Ergebnis lässt sich festhalten, dass nach der Rechtsprechung Nachbarn eine „normale“ Geräuschentwicklung durch Kinder hinzunehmen haben, Eltern mit Kindern ihren Nachbarn jedoch nicht rücksichtslos alles zumuten dürfen. 2.2. Einzelne Entscheidungen im Überblick 1991: AG Kassel1 Üblicher Kinderlärm im Mehrparteienmiethaus ist hinzunehmen . Die Üblichkeit bestimmt sich nicht nach den Ruhe- und Ordnungsvorstellungen Dritter, sondern nach den Wohn- und Lebensbedingungen sowie den Bedürfnissen der Kinder und ihrer pflegenden und erziehenden Eltern . (Leitsatz der Entscheidung) In dem der Entscheidung zugrunde liegenden Sachverhalt begehrte die Klägerin von ihren Nachbarn diverse Lärmverursachungen zu unterlassen. Die Klägerin lebt in der Wohnung über den Beklagten, welche Eltern von drei Kindern sind. Die Familie bewohnt eine Drei-Zimmer-Wohnung, wodurch die drei Kinder im Alter von 11 Monaten, zwei und sechs Jahren gemeinsam in einem Zimmer untergebracht sind. Die Klägerin bemängelte Kindergeschrei in der Nacht und Türenschlagen, dumpfe Schläge sowie Herumrennen tagsüber durch die Kinder. Das Gericht wies die Klage zum einen ab, weil das Mietshaus sehr hellhörig sei und daher eine Beeinträchtigung hinzunehmen sei. Außerdem sei die Mutter in der Woche alleine für die Kinder verantwortlich, wodurch sie sich bei nächtlichem Geschrei der Kinder nicht um alle gleichzeitig kümmern könne. Das Gericht hält es zum anderen insbesondere in den Wintermonaten für unumgänglich, dass die Kinder in der Wohnung auch mit Gegenständen spielten und dadurch Geräusche verursacht werden würden. Eine Versorgung der Kinder ohne Öffnen und Schließen von Türen sei nicht möglich. Auch ein Zuziehen der Etagentür bei Verlassen der Wohnung zum 1 AG Kassel, WuM 1991, 558 - 559. - 5 - draußen Spielen durch den sechsjährigen Sohn sei nicht zu vermeiden. „Dass dieses 6jährige Kind mehrfach am Tag das Bedürfnis hat, von seiner Mutter etwas zu wünschen, vielleicht auch nur mit seiner Mutter Kontakt aufzunehmen , ist ein natürlicher Vorgang, so dass nicht vermieden werden kann, dass immer dann, wenn der Junge die Wohnung wieder verlässt, das Zuziehen der Etagentür Lärm verursacht.“ Das AG Braunschweig hat sich mit seiner Entscheidung vom 11. Juni 1999 der Auffassung des AG Kassel angeschlossen.2 1992: AG Starnberg3 Der Mieter im Mehrfamilienhaus hat die Geräusche, die naturgemäß dem Bewegungs- und Spieldrang auch der kleinen Kinder des Wohnungsnachbarn entsprechen, hinzunehmen. (Leitsatz der Entscheidung) Bei dieser Entscheidung ging es um ein Unterlassungsbegehren einer unter der Wohnung der Beklagten lebenden Nachbarin. Diese wünschte, dass die Eltern von zwei Kindern im Alter von fünf und acht Jahren dafür Sorge trügen, dass keine Trampel- und Stampfgeräusche mit einer Lautstärke von 40 db (A) oder mehr in ihre Wohnung drängen. Das Gericht führt aus, dass die Eltern durch Verlegen von Teppichböden in der Wohnung das ihnen Zumutbare getan haben , um die Geräuscheinwirkung auf die untere Wohnung zu minimieren. Im Übrigen seien die Spielgeräusche der Kinder von der Klägerin hinzunehmen, weil sich anders als bei Haushaltsmaschinen „die Geräusche, die von kleinen Kindern ausgehen, eben nicht quasi per Knopfdruck ‚abstellen’ oder auf bestimmte Zeiten verlegen (lassen), in denen sie als nicht störend empfunden werden. […] Vielmehr ist der Bewegungs- und Spieldrang von kleinen Kindern diesen immanent, mit der Folge, dass den Kindern der Beklagten nicht verwehrt werden kann, dass sie in der Mietwohnung gehen, spielen oder laufen etc.“ 1993: LG Berlin4 1. Bei der Prüfung der Sozialverträglichkeit bzw. Zumutbarkeit der durch spielende Kinder verursachten Geräusche sind DIN- Normen und objektive Messergebnisse nur bedingt als Beurteilungsgrundlage heranzuziehen. 2. Das Interesse der Mieter an einer ruhigen und ungestörten Wohnung ist gegenüber dem Bedürfnis der in dem Wohnhaus aufhältlichen Kinder, sich kindgemäß und entsprechend lärmintensiv zu verhalten, nachrangig, wenn bei 2 Siehe S. 7. 3 AG Starnberg, WuM 1992, 471 - 472. 4 LG Berlin, Grundeigentum 1993, 423 - 425. - 6 - Mietvertragsabschluss erkennbar war, dass die Wohnung Kinderlärm ausgesetzt sein würde. (Leitsätze der Entscheidung) 1993: AG Köln5 Die von einem Spielplatz in der Wohnanlage ausgehenden Geräusche spielender Kinder und Jugendlicher sind hinzunehmen und mindern nicht die Miete. (Leitsatz der Entscheidung) 1995: AG Schöneberg6 1. Das Spielen von Kindern auf dem Hof - außerhalb der Ruhezeiten - muss von den übrigen Bewohnern des Hauses hingenommen werden, solange sich das Spielen in einem sozialadäquaten Rahmen hält. 2. Das Spielen der Kinder mit luftgefüllten Bällen und die Benutzung von anderen , Lärm verursachenden Spielgeräten auf dem Hof braucht von den Mitbewohnern nicht geduldet zu werden. (Leitsätze der Entscheidung) 1995: OLG Düsseldorf7 1. […] 2. Der Grundstückseigentümer hat spielbedingten Kinderlärm in der Regel hinzunehmen. (Leitsätze der Entscheidung) In dieser Entscheidung ging es um das Spielen von Kindern mit Bällen im Freien. „Als gerichtsbekannt kann jedoch vorausgesetzt werden, dass der Lärm spielender Kinder durch schreien, lachen und toben die Immissionsrichtwerte der gesetzlichen Regelungen (z.B. TA Lärm und VDI 2058 Bl. 1) zum Teil auch erheblich überschreiten kann. Allein die Überschreitung von Lärmgrenzwerten lässt Kinderlärm indessen nicht zu wesentlichen Beeinträchtigungen im Sinne des § 906 Abs. 1 BGB werden. […] ist zu berücksichtigen, dass Kinderlärm eine notwendige Ausdrucksform und Begleiterscheinung des kindlichen Spielens darstellt, die nicht generell unterdrückt oder auch nur beschränkt werden kann. […] Wer - wie die Kläger - sich für das Wohnen in einer kinderfreundlichen und das Spiel der Kinder fördernden Umgebung entscheidet , hat die hierdurch bedingten Nachteile wie insbesondere spielbedingten Kinderlärm in Kauf zu nehmen.“ 1996: LG Heidelberg8 Soweit die Hausordnung der Wohnungseigentümer, die auch Bestandteil der Mietverträge über in der Wohnanlage vermietete Eigentumswohnungen ist, keine andere Regelung trifft, stehen die gemeinschaftlichen Grundstücksflächen offen für das Spielen der Kinder der Hausbewohner auch mit ihren Freunden. Damit gegebene ortsübliche Geräusche können nicht 5 AG Köln, WuM 1993, 606 - 607. 6 AG Schöneberg, MM 1995, 397 - 400. 7 OLG Düsseldorf, NJW-RR 1996, 211 - 212. 8 LG Heidelberg, WuM 1997, 38 - 39. - 7 - unterbunden werden. Eine allgemein durch die Hausordnung beachtliche Ruhe und Ordnung und Sauberkeit verkürzt nicht das Toleranzgebot gegenüber der Beurteilung der Wesentlichkeit von Kinderlärm. (Leitsatz der Entscheidung ) 1999: AG Braunschweig9 Grundsätzlich können auch Lärmbelästigungen eine Mietminderung rechtfertigen. Allerdings müssen Geräusche, die naturgemäß dem Bewegungs- und Spieldrang von kleinen Kindern entsprechen, von den übrigen Mietern eines Mehrfamilienhauses als vertragsgemäßer Gebrauch hingenommen werden. Selbst häufige und über das übliche Maß hinausgehende Lauf und Spielgeräusche müssen grundsätzlich als sozialadäquat hingenommen werden. Handelt es sich bei dem Mietobjekt um ein älteres, vor dem Krieg erbautes Haus, muss die Toleranzgrenze der Hausgemeinschaft für Geräusche ohnehin hoch angesetzt werden. (Leitsatz der Entscheidung) (Anschluss an AG Kassel 1991) 1999: LG Berlin10 Wenn andere Abhilfeversuche erfolglos geblieben sind, kann der Mieter vom Vermieter die fristlose Kündigung eines Mitmieters wegen ständiger Lärmbelästigung verlangen. (Leitsatz der Entscheidung) In dieser Entscheidung klagten Nachbarn gegen den Vermieter auf Kündigung der störenden Mitmieter. Das Gericht geht hier davon aus, dass Kinderlärm auch außerhalb der Ruhezeiten nicht ausnahmslos hinzunehmen sei. Kinder müssten auch in frühem Alter lernen Rücksicht zu nehmen, weshalb nicht jeder Lärm von Kindern hinzunehmen sei. Besonders am späten Abend stets wiederkehrender Lärm, der „die Klägerin trotz Ohropax und Schlaftabletten nach 22 Uhr fast allabendlich“ weckt, sei nicht hinzunehmen. Außerdem beziehe sich die Störung der Kläger nicht auf die übliche Geräuschentwicklung, insbesondere das Kinderspiel tagsüber, sondern auf darüber hinausgehende Geräusche. Auch ein bereits gegen die Mitmieter erwirkter Unterlassungstitel hat der Störung nicht abhelfen können. 2001: LG Bad Kreuznach11 Kinderlärm im Rahmen normaler Wohnnutzung begründet keine fristlose Kündigung des Mietvertrages wegen Störung des Hausfriedens. (Leitsatz der Entscheidung) 9 AG Braunschweig, WuM 2002, 50 - 51. 10 LG Berlin, WuM 1999, 329. 11 LG Bad Kreuznach, WuM 2003, 328 - 329. - 8 - 2002: LG Halle12 […] 2. Hinsichtlich des Kinderlärms ist zunächst davon auszugehen, dass nach einhelliger Auffassung in der Rechtsprechung solche durch altersgerechtes kindliches Verhalten ausgelösten Störungen nicht die Kündigung des Mietvertrags rechtfertigen (vgl. etwa AG Nürnberg, DWW 1996, 87; AG Dortmund, DWW 1990, 55; AG Beckum, WuM 1989, 626; LG Lübeck, WuM 1989, 627; AG Bergisch Gladbach, WuM 1983, 236). […] (Auszug aus den Entscheidungsgründen) 2004: LG Essen13 Wird eine Wohnung ausdrücklich als kinderfreundliche Wohnung verhandelt und vermietet, ist die Wohnung tatsächlich aber nicht kinderfreundlich, kann der Mieter den Mietvertrag anfechten. (Leitsatz der Entscheidung) 2005: LG München 14 Kleinkindgeschrei, das kurzfristig mit dem Verlassen der Mietwohnung im Treppenhaus einhergeht, ist auch in den frühen Morgenstunden sozialadäquat und gibt dem Mitmieter kein Recht zur Mietminderung. (Leitsatz der Entscheidung) 2005: AG Frankfurt15 Kinderlärm in der Mietwohnung des Mehrfamilienhauses ist von den Nachbarn grundsätzlich hinzunehmen. Etwaige Erwartungen an die Wohnsituation, die an kinderfreies Wohnen anknüpfen, sind nicht vorrangig . (Leitsatz der Entscheidung) Das Gericht folgt der Auffassung des OLG Düsseldorf und des AG Braunschweig durch teilweise fast wörtliche Übernahme derer Entscheidungsgründe . 3. Gesetzliche Vorgaben zu Geräuschen von Kindern auf Spielplätzen Auf dem Gebiet des Lärmschutzes gibt es auf Bundesebene zunächst das Bundesimmissionsschutzgesetz 16 (BImSchG). Dieses Gesetz dient gemäß § 1 BImSchG dem Schutz vor schädlichen Umwelteinwirkungen. Gemäß § 3 BImSchG gehören hierzu auch Geräusche (Abs. 2), die nach Art, Ausmaß oder Dauer geeignet sind, Gefahren, erhebliche Nachteile oder erhebliche Belästigungen für die Allgemeinheit oder die Nachbarschaft herbeizuführen (Abs. 1). Anwendbar ist das BImSchG nur auf Anlagen im Sinne von 12 LG Halle, NZM 2003, 309. 13 LG Essen, WuM 2005, 47 - 48. 14 LG München, NJW-RR 2005, 598. 15 AG Frankfurt, WuM 2005, 764. 16 In der Fassung der Bekanntmachung vom 26. September 2002, zuletzt geändert durch Art. 3 Biokraftstoffquoten G vom 18.12.2006 (BGBl. I S. 3180). - 9 - § 3 Abs. 5 BImSchG. Unterschieden wird hierbei zwischen genehmigungsbedürftigen und nicht genehmigungsbedürftigen Anlagen. Die Genehmigungsbedürftigkeit richtet sich nach § 4 BImSchG. Kinderspielplätze zählen dabei regelmäßig nicht zu den genehmigungsbedürftigen Anlagen. Maßstäbe für nicht genehmigungsbedürftige Anlagen ergeben sich aus den §§ 22 ff. BImSchG. Ergänzende Regelungen enthält die Sportanlagenlärmschutzverordnung 17 (18. BImSchV), welche für nicht genehmigungsbedürftige Sportanlagen u. a. Immissionsrichtwerte nennt. Daneben gelten die Regelwerke Technische Anleitung zum Schutz gegen Lärm18 (TA Lärm), die VDI-Richtlinie 205819 sowie die Schalltechnischen Orientierungswerte aus der DIN 18005 zum Schallschutz im Städtebau. Bei der „TA-Lärm“ handelt es sich um Verwaltungsvorschriften, welche einen Anlagenbetreiber nicht direkt verpflichten. Bei der DIN 18005 handelt es sich um Orientierungswerte für die Bauplanung. Die 18. BImSchV entfaltet auf Kinderspielplätze keine direkte Wirkung, weil sie sich gemäß § 1 der 18. BImSchV nur auf Anlagen erstreckt, welche der Sportausübung dienen. Eine vergleichbare Regelung für Kinderspielplätze gibt es nicht. Die 18. BImSchV kann jedoch ebenso wie die anderen hier vorgestellten Regelwerke zu Immissionsrichtwerten bei der Beurteilung von Kinderspielplätzen in Abwägungsfragen herangezogen werden. Welches der genannten Regelwerke herangezogen werden kann, ergibt sich jeweils aus den Umständen im Einzelfall . Jedenfalls werden von den Gerichten Geräusche von spielenden Kindern im Wesentlichen als sozialadäquat angesehen.20 Einer Schließung gehen weniger einschneidende Maßnahmen immer vor. Wenn diese nicht erfolgversprechend sind, ist die Schließung des Spielplatzes gleichwohl nicht immer geboten. Auch eine Überschreitung von herangezogenen Richtwerten bedeutet nicht, dass der Spielplatzlärm unzumutbar wird.21 4. Gesetzgebungszuständigkeit Gemäß Art. 74 Abs. 1, Nr. 24 Grundgesetz22 (GG) unterliegt die Lärmbekämpfung ohne den Schutz vor verhaltensbezogenem Lärm der konkurrierenden Gesetzgebung. Die Länder haben daher gemäß Art. 72 Abs. 1 GG die Befugnis zur Gesetzgebung für die Bekämpfung von nicht verhaltensbezogenem Lärm nur solange und soweit der Bund von seiner Gesetzgebungszuständigkeit nicht durch Gesetz Gebrauch gemacht hat. Für verhaltensbezogenen Lärm liegt die Gesetzgebungskompetenz durch den Ausschluss in 17 Achzehnte Verordnung zur Durchführung des BImSchG in der Fassung vom 18. Juli 1991, zuletzt geändert durch Art. 1 Erste ÄndVO vom 9.2.2006 (BGBl. I S. 324). 18 Sechste Allgemeine Verwaltungsvorschrift zum BImSchG vom 26. August 1998 (GMBI Nr. 26/1998 S. 503). 19 Beurteilung von Arbeitslärm in der Nachbarschaft. 20 Vgl.: BverwG NJW 1992, 1779 - 1780; BVerwG NVwZ 2003, 751 - 753; BVerwG NVwZ 1992, 884 - 885. 21 Vgl.: VGH Baden-Württemberg NVwZ 1990, 988 – 990. 22 Vom 23. Mai 1949, zuletzt geändert durch Art 1 ÄndG vom 28.08.2006 (BGBl I, S. 2034). - 10 - Art. 74 GG gemäß Art. 70 Abs. 1 GG ausschließlich bei den Ländern. Mit dem Bundesimmissionsschutzgesetz hat der Bund von seiner Kompetenz zur Regelung der Lärmbekämpfung gebrauch gemacht. Somit haben die Länder allenfalls noch die Befugnis zum Erlass von konkreteren Regelungen zum Lärmschutz bei nicht verhaltensbezogenen Lärm, soweit diese nicht vom BImSchG abweichen.23 Geräusche von Kindern stellen verhaltensbezogenen Lärm dar. Gehen diese Geräusche von Kindern auf Spielplätzen aus, gehören diese zur Spielplatzanlage und stellen damit nicht verhaltensbezogenen, sondern anlagenbezogenen Lärm dar. Dieser wird vom BImSchG geregelt. Da Spielplätze regelmäßig nicht genehmigungsbedürftig sind, richtet sich der von Spielplätzen ausgehende Lärm nach den §§ 22 ff. BImSchG. Für den Erlass einer mit der Sportanlagenlärmschutzverordnung vergleichbaren Rechtsverordnung zur Regelung von Spielplatzlärm ist grundsätzlich die Bundesregierung nach § 23 Abs. 1 BImSchG ermächtigt. Soweit die Bundesregierung hievon keinen Gebrauch gemacht hat, werden durch Absatz 2 die Landesregierungen zum Erlass entsprechender Rechtsverordnungen ermächtigt. Weder die Bundesregierung noch die Landesregierungen haben bisher von dieser Ermächtigung für die Regelung von Spielplatzlärm Gebrauch gemacht. 23 Das Berliner Landesimmissionsschutzgesetz (LImSchG Bln) beispielweise trifft neben Regelungen zu verhaltenbezogenem Lärm auch Regelungen für die Errichtung, den Betrieb, die Änderung, die Stilllegung und die Beseitigung von nicht genehmigungsbedürftigen Anlagen im Sinne des § 22 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes. Hier werden jedoch gemessen an § 22 BImSchG nur weitergehende Regelungen im Sinne des § 22 Abs. 2 BImSchG getroffen.