© 2017 Deutscher Bundestag WD 2-3000-093/17; WD 4-3000-083/17; WD 7-3000-125/17 Leistungen Deutschlands aufgrund des nationalsozialistischen Unrechts an Opfer in mittel- und osteuropäischen Staaten sowie an Opfer des SED-Regimes Gesetzliche Grundlagen, völkerrechtliche Verträge und Zahlen Dokumentation Wissenschaftliche Dienste Die Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestages unterstützen die Mitglieder des Deutschen Bundestages bei ihrer mandatsbezogenen Tätigkeit. Ihre Arbeiten geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Arbeiten der Wissenschaftlichen Dienste geben nur den zum Zeitpunkt der Erstellung des Textes aktuellen Stand wieder und stellen eine individuelle Auftragsarbeit für einen Abgeordneten des Bundestages dar. Die Arbeiten können der Geheimschutzordnung des Bundestages unterliegende, geschützte oder andere nicht zur Veröffentlichung geeignete Informationen enthalten. Eine beabsichtigte Weitergabe oder Veröffentlichung ist vorab dem jeweiligen Fachbereich anzuzeigen und nur mit Angabe der Quelle zulässig. Der Fachbereich berät über die dabei zu berücksichtigenden Fragen. Wissenschaftliche Dienste Dokumentation WD 2-3000-093/17; WD 4-3000-083/17; WD 7-3000-125/17 Seite 2 Leistungen Deutschlands aufgrund des nationalsozialistischen Unrechts an Opfer in mittel- und osteuropäischen Staaten sowie an Opfer des SED-Regimes Gesetzliche Grundlagen, völkerrechtliche Verträge und Zahlen Aktenzeichen: WD 2-3000-093/17; WD 4-3000-083/17; WD 7-3000-125/17 Abschluss der Arbeit: 10. Oktober 2017 Fachbereiche: WD 2: Auswärtiges, Völkerrecht, Wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung, Verteidigung, Menschenrechte und humanitäre Hilfe; WD 4: Haushalt und Finanzen; WD 7: Zivil-, Straf- und Verfahrensrecht, Umweltschutzrecht, Bau und Stadtentwicklung Wissenschaftliche Dienste Dokumentation WD 2-3000-093/17; WD 4-3000-083/17; WD 7-3000-125/17 Seite 3 Inhaltsverzeichnis 1. Einleitung 4 1.1. Begriffsklärungen 4 1.2. Auffassung der Bundesrepublik Deutschland zu Reparationsverpflichtungen gegenüber Polen und zu individuellen Entschädigungsansprüchen 5 2. Gesetzliche (innerstaatliche) Grundlagen für Leistungen an Opfer des nationalsozialistischen Unrechts 7 3. Völkerrechtliche Verträge in Bezug auf zwischenstaatliche Forderungen gegen Deutschland 11 3.1. Polen 11 3.2. Ungarn 13 4. Leistungen der Bundesrepublik aufgrund von völkerrechtlichen Verträgen zu Gunsten individueller Opfer des nationalsozialistischen Unrechts 13 4.1. Polen 13 4.2. Ungarn 15 5. Leistungen der öffentlichen Hand auf dem Gebiet der Wiedergutmachung - Zusammenstellung unter besonderer Berücksichtigung von Polen 16 6. Rehabilitierung von Opfern des SED-Regimes sowie die dafür gezahlten Leistungen 18 Wissenschaftliche Dienste Dokumentation WD 2-3000-093/17; WD 4-3000-083/17; WD 7-3000-125/17 Seite 4 1. Einleitung Die folgende Dokumentation gibt einen Überblick zu den innerstaatlichen gesetzlichen Grundlagen , völkerrechtlichen Verträgen und Zahlen über die Leistungen Deutschlands an Opfer des nationalsozialistischen Unrechts in mittel- und osteuropäischen Staaten (insbesondere Polen und Ungarn) sowie an Opfer des SED-Regimes. 1.1. Begriffsklärungen Die der Dokumentation zugrundeliegende Anfrage stellt auf Entschädigungen von Opfern ab. Das legt zunächst die Vermutung nahe, es gehe ausschließlich um Ansprüche individueller Opfer, die direkt gegen die Bundesrepublik Deutschland gerichtet würden. Die Anfrage erfolgte jedoch auch angesichts der in Polen im August 2017 angestoßenen öffentlichen Debatte über angeblich noch offene Reparationsforderungen gegen Deutschland1. Diese Debatte hat sich intensiviert angesichts eines Gutachtens des polnischen Sejm vom 6. September 2017, worin die Auffassung vertreten wird, Polen könne noch Reparationsforderungen gegen Deutschland geltend machen2. Es geht folglich nicht nur um Ansprüche einzelner Bürger aus mittel- und osteuropäischen Staaten gegen die Bundesrepublik Deutschland, sondern um auch um Reparationsleistungen Deutschlands gegenüber mittel- und osteuropäischen Staaten, die auf dem Zweiten Weltkrieg beruhen. Dabei folgt die Dokumentation dem neueren Reparationsbegriff für Kriegsfolgen, wie er in dem Sachstand der Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestages „Völkerrechtliche Grundlagen und Grenzen kriegsbedingter Reparationen unter besonderer Berücksichtigung der deutschpolnischen Situation“3 zugrunde gelegt wird4. Danach werden „auch im Kontext der Kriegsfolgen 1 Dazu siehe zum Beispiel folgende Pressemeldungen: Der Tagesspiegel „Polen prüft Forderungen auf Entschädigung “ (4. August 2017), S. 4. Der Spiegel „Reparationen. Gabriel weist Polen zurück.“ (16. September 2017). Ulrich, Stefan, Süddeutsche Zeitung „Reparationen. Deutschlands Schuld“ (15. September 2017). Fras, Damir, Frankfurter Rundschau „Warschau pocht auf Reparation. Gutachten des polnischen Parlaments sieht Deutschland in der Pflicht.“ (13. September 2017), S. 6. 2 SEJM, Ein Rechtsgutachten zu den Möglichkeiten einer Geltendmachung von Entschädigungsansprüchen Polens gegenüber Deutschland für die durch den Zweiten Weltkrieg verursachten Schäden vor dem Hintergrund völkerrechtlicher Verträge, 6. September 2017. Das Gutachten ist in deutscher Sprache abrufbar unter: http://www.sejm.gov.pl/media8.nsf/files/KKOI-AR4BP5/%24File/1455%20-%2017%20DE.pdf [letzter Abruf: 5. Oktober 2017]. 3 Wissenschaftliche Dienste des Deutschen Bundestages, Sachstand, Völkerrechtliche Grundlagen und Grenzen kriegsbedingter Reparationen unter besonderer Berücksichtigung der deutsch-polnischen Situation, WD 2 – 3000 – 071/17; abrufbar unter: https://www.bundestag .de/blob/525616/211fd144be8368672e98ecd6a834fe25/wd-2-071-17-pdf-data.pdf [letzter Abruf: 5 Oktober 2017. 4 Kellerhoff, Sven Felix setzt sich in seinem Artikel („Was ist das „Rechtsgutachten“ wert? – Mit einem 43-seitigen Papier will das Parlament in Warschau die Forderungen gegenüber Deutschland legitimieren. Eine Dekonstruktion .“) mit den Gutachten des polnischen Sejm und dem der Wissenschaftlichen Dienste auseinander und kommt zu dem Ergebnis, dass kein Argument des polnischen Gutachtens das Gutachten der Wissenschaftlichen Dienste in Frage stellen kann. Die Welt vom 14. September 2017, S. 8. Wissenschaftliche Dienste Dokumentation WD 2-3000-093/17; WD 4-3000-083/17; WD 7-3000-125/17 Seite 5 alle Zahlungen als Reparationen“ [bezeichnet], „die geleistet werden, um eine Völkerrechtsverletzung zu kompensieren, sei es eine Verletzung in Gestalt eines rechtswidrigen Angriffs oder durch ein Verbrechen im weiteren Kriegsverlauf“.5 1.2. Auffassung der Bundesrepublik Deutschland zu Reparationsverpflichtungen gegenüber Polen und zu individuellen Entschädigungsansprüchen Da Deutschland und seine ehemaligen Kriegsgegner unmittelbar nach dem Zweiten Weltkrieg keinen Friedensvertrag geschlossen haben, blieb die Frage der Reparationsansprüche zunächst offen. Die Bundesregierung hat der Regierungspressekonferenz vom 2. August 2017 erklärt6: „Die Frage der deutschen Reparationen für Polen ist in der Vergangenheit abschließend geregelt worden, rechtlich und politisch. Polen hat im August 1953 verbindlich und mit Wirkung für ganz Deutschland auf weitere Reparationsleistungen verzichtet und dies auch nachfolgend immer wieder bestätigt .“ Der oben zitierte Sachstand der Wissenschaftlichen Dienste kommt zu dem Ergebnis, dass die Haltung der Bundesregierung in Bezug auf das Nichtbestehen staatlicher Reparationsansprüche im Verhältnis Deutschland-Polen dem geltenden Völkerrecht entsprechen dürfte. Gehe man davon aus, dass die Reparationsansprüche im Völkerrecht bereits mit dem schadensstiftenden Ereignis begründet würden, so seien „etwaige Reparationsansprüche mit der 1953 abgegebenen (und 1970 bestätigten) ausdrücklichen Verzichtsklärung Polens untergegangen. Die Argumentation Polens, die Erklärung sei …. unwirksam,“ [sei] „hinreichend“ … „widerlegt worden“. Folge man dagegen der Auffassung, dass die Reparationsforderungen erst durch eine endgültige vertragliche Konkretisierung begründet werden konnten, dann sei festzuhalten, dass eine solche nach dem Zweiten Weltkrieg nicht existierte. „Weder das Pariser Abkommen von 1945 noch die Charta von Paris für ein neues Europa von 1990 oder der Deutsch-polnische Nachbarschaftsvertrag von 1991 haben die Regelung von zwischenstaatlichen Reparationsansprüchen zum Gegenstand . Vielmehr betrachteten die Parteien des Zwei-Plus-Vier-Vertrags von 1990 den Vertrag als Schlussstrich unter die Reparationsfrage.“ Deshalb sperre der Zwei-Plus-Vier-Vertrag bis heute jegliche Reparationsforderungen gegenüber Deutschland. Dies gelte auch im Verhältnis zu Polen, 5 WD 2-3000-071/17, S. 6. Der Sachstand ist abrufbar unter: https://www.bundestag .de/blob/525616/211fd144be8368672e98ecd6a834fe25/wd-2-071-17-pdf-data.pdf [letzter Abruf: 5. Oktober 2017]. 6 Abrufbar unter: https://www.bundesregierung.de/Content/DE/Mitschrift/Pressekonferenzen/2017/08/2017-08- 02-regpk.html [letzter Abruf: 5. Oktober 2017]. Wissenschaftliche Dienste Dokumentation WD 2-3000-093/17; WD 4-3000-083/17; WD 7-3000-125/17 Seite 6 „da Polen im Rahmen der Vertragsverhandlungen zumindest stillschweigend auf deren Geltendmachung verzichtet“ habe.7 Soweit Entschädigungsforderungen einzelner Opfer gegen die Bundesrepublik Deutschland geltend gemacht werden, so ist zunächst festzuhalten, dass die Bundesregierung „die Entschädigung individueller Opfer aus Polen als Teil der gesamten Reparationsfrage“ … [ansieht], „welche mit dem Abschluss des Zwei-Plus-Vier-Vertrags obsolet geworden ist“.8 Darüber hinaus ist zu beachten , dass das Völkerrecht bisher noch keinen Anspruch auf Schadensersatz oder Entschädigung von Einzelpersonen gegen Staaten kennt.9 In diesem Sinne hat sich auch das Bundesverfassungsgericht 2013 in einem Kammerbeschluss des 2. Senates entschieden.10 Ungeachtet dessen hat die Bundesrepublik Deutschland, wie die folgenden Tabellen verdeutlichen dürften, aufgrund von innerstaatlichen gesetzlichen Grundlagen und internationalen Verträgen auch an die mittel- und osteuropäischen Staaten und zu Gunsten derer Bürger umfangreiche Leistungen erbracht. Die Dokumentation ist wie folgt gegliedert: Im Gliederungspunkt 2 werden die gesetzlichen (innerstaatlichen) Grundlagen für Leistungen Deutschlands aufgrund des nationalsozialistischen Unrechts an Opfer in mittelund osteuropäischen Staaten genannt. In den Gliederungspunkten 3 und 4 geht es um die diesbezüglichen internationalen Verträge . Im Gliederungspunkt 5 werden die Zahlen zu den erfolgten Zahlungen aufgelistet. Im Gliederungspunkt 6 geht es um die Rehabilitierung von Opfern des SED-Regimes sowie die in diesem Zusammenhang erfolgten Leistungen. 7 Deutscher Bundestag, Wissenschaftliche Dienste, Völkerrechtliche Grundlagen und Grenzen kriegsbedingter Reparationen unter besonderer Berücksichtigung der deutsch-polnischen Situation, WD 2 – 3000 – 071 – 17, S. 26 f. 8 Deutscher Bundestag, Wissenschaftliche Dienste, Völkerrechtliche Grundlagen und Grenzen kriegsbedingter Reparationen unter besonderer Berücksichtigung der deutsch-polnischen Situation, WD 2 – 3000 – 071 – 17, S. 27. 9 Deutscher Bundestag, Wissenschaftliche Dienste, Völkerrechtliche Grundlagen und Grenzen kriegsbedingter Reparationen unter besonderer Berücksichtigung der deutsch-polnischen Situation, WD 2 – 3000 – 071 – 17, S. 27. 10 BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Zweiten Senates vom 13. August 2013, 2 BvR 2660/06, Rn. 41. Wissenschaftliche Dienste Dokumentation WD 2-3000-093/17; WD 4-3000-083/17; WD 7-3000-125/17 Seite 7 2. Gesetzliche (innerstaatliche) Grundlagen für Leistungen an Opfer des nationalsozialistischen Unrechts Die Bundesrepublik Deutschland hat eine Reihe von innerstaatlichen Gesetzen erlassen, um ihrer moralischen Verpflichtung den Opfern des Zweiten Weltkrieges und des NS-Regimes gegenüber nachzukommen, und zwar auch Opfern aus mittel- und osteuropäischen Staaten. Dazu gehören insbesondere die gesetzlichen Regelungen, die zur Wiedergutmachung nationalsozialistischen Unrechts erlassen worden sind. Diese sind im Wesentlichen in der nachfolgenden Tabelle aufgelistet .11 Wiedergutmachung nationalsozialistischen Unrechts Bundesentschädigungs - gesetz12 Die Weichen für die Entschädigungsfrage wurden schon in den Besatzungszonen gestellt. Darauf baute auch das erste bundeinheitliche Entschädigungsgesetz auf. Nach dem Bundesgesetz zur Entschädigung für Opfer der nationalsozialistischen Verfolgung (Bundesentschädigungsgesetz, BEG) wurden Personen entschädigt, die während der NS-Zeit aus politischen, rassischen, religiösen oder weltanschaulichen Gründen verfolgt wurden. Entschädigt wurden Schäden an Leben, Körper, Gesundheit, Freiheit, Eigentum oder Vermögen sowie im beruflichen oder wirtschaftlichen Fortkommen. Es handelt sich um eine Geldentschädigung. Entscheidende Voraussetzung für die Entschädigung ist eine Wohnsitzregelung in § 4 BEG für den Verfolgten. Danach besteht im Wesentlichen für einen Verfolgten eine Entschädigung, wenn er am 31. Dezember 1952 seinen Wohnsitz oder dauernden Aufenthalt im Geltungsbereich dieses Gesetzes gehabt hat; vor dem 31. Dezember 1952 verstorben ist und seinen letzten Wohnsitz oder dauernden Aufenthalt im Geltungsbereich dieses Gesetzes gehabt hat; vor dem 31. Dezember 1952 ausgewandert ist, deportiert oder ausgewiesen worden ist und seinen letzten Wohnsitz oder dauernden Aufenthalt im Reichsgebiet nach dem Stande vom 31. Dezember 1937 oder im Gebiet der Freien Stadt Danzig gehabt und diesen nicht erst nach Beendigung der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft in den unter fremder Verwaltung stehenden deutschen Ostgebieten oder im Gebiet der Freien Stadt Danzig begründet hat; 11 Eine umfangreiche Auflistung findet sich bei: Brodesser/Fehn/Franosch/Wirth, Wiedergutmachung und Kriegsfolgenliquidation : Geschichte – Regelungen – Zahlungen, München 2000, S. 120 ff. 12 Bundesentschädigungsgesetz in der im Bundesgesetzblatt Teil III, Gliederungsnummer 251-1, veröffentlichten bereinigten Fassung, zuletzt geändert durch Artikel 81 des Gesetzes vom 29. März 2017 (BGBl. I S. 626); abrufbar unter: https://www.gesetze-im-internet.de/beg/BJNR013870953.html [letzter Abruf: 9. Oktober 2017]. Wissenschaftliche Dienste Dokumentation WD 2-3000-093/17; WD 4-3000-083/17; WD 7-3000-125/17 Seite 8 Vertriebener im Sinne des § 1 des Gesetzes über die Angelegenheiten der Vertriebenen und Flüchtlinge (Bundesvertriebenengesetz) ist; als Sowjetzonenflüchtling im Sinne des § 3 des Bundesvertriebenengesetzes anerkannt ist; am 1. Januar 1947 sich in einem DP-Lager im Geltungsbereich dieses Gesetzes aufgehalten hat und nach dem 31. Dezember 1946 entweder während des Aufenthalts im DP-Lager verstorben ist oder aus dem Geltungsbereich dieses Gesetzes ausgewandert ist oder als heimatloser Ausländer in die Zuständigkeit der deutschen Behörden übergegangen ist oder die deutsche Staatsangehörigkeit erworben hat. § 4 BEG listet noch weitere Fälle auf. Darüber hinaus sind in den §§ 149 ff. BEG weitere Gruppen von Verfolgten genannt, die eine Entschädigung erhalten konnten. Gemäß § 169 Abs. 1 BEG waren die Ansprüche bis zum 31. Dezember 1969 geltend zu machen. Zahlungen nach dem BEG erhielten auch polnische Berechtige, die gemäß Artikel 6 des BEG-Schlussgesetzes den Flüchtlingsstatus der UN erhielten. Härteregelungen des Bundes außerhalb des BEG13 Außerhalb des BEG wurden aufgrund von Verwaltungsrichtlinien für Härtefälle Entschädigungsmöglichkeiten geschaffen. Die parlamentarische Kontrolle erfolgte jeweils über die Haushaltsgesetze. Die Regelungen ergingen teilweise aufgrund von internationalen Abkommen und betrafen auch Opfer aus mittelund osteuropäischen Staaten: Härteregelungen für jüdische und nichtjüdische Verfolgte, Der HNG-Fonds (für rassisch Verfolgte nichtjüdischen Glaubens), Härteregelung für Opfer pseudomedizinischer Versuche. Alliierte Rückerstattungsre - gelungen und Bundesrückerstattungsge - setz14 Nach dem Bundesrückerstattungsgesetz können gemäß § 2a Abs. 1 des Gesetzes Rückerstattungsansprüche geltend gemacht werden, wenn sich das Deutsche Reich und gleichgestellte Rechtsträger entgegen rechtsstaatlichen Grundsätzen das Eigentum, die Eigentümerstellung, den Besitz oder die Verfügungsmacht verschafft oder angemaßt hatten. 13 Dazu siehe die Ausführungen: Brodesser/Fehn/Franosch/Wirth, Wiedergutmachung und Kriegsfolgenliquidation , Wiedergutmachung und Kriegsfolgenliquidation: Geschichte – Regelungen – Zahlungen, S. 120 ff. 14 Bundesrückerstattungsgesetz in der im Bundesgesetzblatt Teil III, Gliederungsnummer 250-1, veröffentlichten bereinigten Fassung, zuletzt geändert durch Artikel 21 Absatz 1 des Gesetzes vom 29. Juni 2015 (BGBl. I S. 1042); abrufbar unter: http://www.gesetze-im-internet.de/br_g/BJNR007340957.html [letzter Abruf: 9. Oktober 2017]. Wissenschaftliche Dienste Dokumentation WD 2-3000-093/17; WD 4-3000-083/17; WD 7-3000-125/17 Seite 9 NS-Verfolgtenent - schädigungsgesetz 15 Entschädigungsleistungen, falls eine Rückgabe nach dem Gesetz zur Regelung offener Vermögensfragen (Vermögensgesetz)16 nicht möglich ist oder der Berechtigte Entschädigung gewählt hat. Das Vermögensgesetz gilt gemäß der Regelung in § 1 Absatz 6 ausdrücklich auch für nationalsozialistisches Unrecht. Entschädigungsrenten - gesetz (ERG)17 Anerkannte Verfolgte des Nazi-Regimes erhielten in der DDR eine sogenannte Ehrenpension. Durch das ERG wurde nach der Wiedervereinigung der Besitzstand für entsprechende Ansprüche gesichert. Gesetz zur Zahlbarmachung von Renten aus Beschäftigung in einem Ghetto (ZRBG)18 Auch für Polen wurden von der Deutschen Rentenversicherung (DRV) Renten aus der gesetzlichen Rentenversicherung (DRV) gezahlt, die ganz oder teilweise auf dem ZRBG und damit auf anerkannten Beitragszeiten aus einer Beschäftigung in einem Ghetto beruhen. Wiedergutmachung nationalsozialistischen Unrechts, insbesondere für nationalsozialistische Zwangsarbeit Eine besondere Bedeutung hat die Wiedergutmachung für die durch NS-Zwangsarbeit erlittenen Schäden erlangt. Hier gab es viele Opfer aus Polen. Der Bewältigung dieses Problems haben sich vor allem folgende Stiftungen angenommen: Stiftung, „Erinnerung, Verantwortung und Zukunft“ (EVZ), Stiftung Polnisch-Deutsche Aussöhnung. 15 NS-Verfolgtenentschädigungsgesetz in der Fassung der Bekanntmachung vom 13. Juli 2004 (BGBl. I S. 1671), zuletzt geändert durch Artikel 4 Absatz 42 des Gesetzes vom 22. September 2005 (BGBl. I S. 2809); abrufbar unter : https://www.gesetze-im-internet.de/ns-ventschg/BJNR263200994.html [letzter Abruf: 9. Oktober 2017]. 16 Vermögensgesetz in der Fassung der Bekanntmachung vom 9. Februar 2005 (BGBl. I S. 205), zuletzt geändert durch Artikel 17 des Gesetzes vom 21. November 2016 (BGBl. I S. 2591); abrufbar unter: https://www.gesetzeim -internet.de/vermg/BJNR211590990.html [9. Oktober 2017]. 17 Entschädigungsrentengesetz vom 22. April 1992 (BGBl. I S. 906), zuletzt geändert durch Artikel 14 des Gesetzes vom 22. Dezember 2011 (BGBl. I S. 3057); abrufbar unter: https://www.gesetze-im-internet.de/entschrg /BJNR109060992.html [letzter Abruf: 9. Oktober 2017]. 18 Gesetz zur Zahlbarmachung von Renten aus Beschäftigungen in einem Ghetto vom 20. Juni 2002 (BGBl. I S. 2074), das durch Artikel 1 des Gesetzes vom 15. Juli 2014 (BGBl. I S. 952) geändert worden ist; abrufbar unter: https://www.gesetze-im-internet.de/zrbg/BJNR207410002.html [letzter Abruf: 9. Oktober 2017]. Wissenschaftliche Dienste Dokumentation WD 2-3000-093/17; WD 4-3000-083/17; WD 7-3000-125/17 Seite 10 EVZ19 Die Stiftung EVZ wurde 2000 gegründet. Über sie sollten vor allem Zahlungen an ehemalige Zwangsarbeiter erfolgen. Sowohl der deutsche Staat als auch die deutsche Wirtschaft brachten das Gründungskapital auf. Die Stiftung ist Folge eines Deutsch-amerikanischen Regierungsabkommens und einer internationalen Vereinbarung unter Beteiligung Israels, der mittel- und osteuropäischen Staaten und der deutschen Wirtschaft vom 17. Juli 2000.20 Die Auszahlungen an die ehemaligen Zwangsarbeiter erfolgen nicht durch die EVZ selbst, sondern wurden über internationale Partner-Organisationen vorgenommen . Für Polen war das die Stiftung Polnisch-Deutsche Aussöhnung21. Stiftung Polnisch Deutsche Aussöhnung Im Rahmen des Deutsch-polnischen Nachbarschaftsvertrages vom 17. Juni 1991 wurde die Stiftung „Polnisch-Deutsche Aussöhnung“ gegründet. Es handelt sich um eine Stiftung nach polnischem Recht, über die deutsche Entschädigungsleistungen an polnische Opfer ausgezahlt worden sind. Mittlerweile finden über die Stiftung auch viele Begegnungsprojekte statt. Richtlinie der Bundesregierung über eine Anerkennungsleistung an Verfolgte für Arbeit in einem Ghetto22 Seit 2007 gibt es Einmalzahlungen für Arbeit in einem Ghetto, die keine Zwangsarbeit war. Die Zahlungen erfolgen nicht aufgrund eines Gesetzes, sondern aufgrund einer Richtlinie, die im Juli 2017 reformiert wurde. Auch Polen haben aufgrund dieser Richtlinie Zahlungen erhalten. Außerdem hat die Bundesrepublik Deutschland in großem Umfang Kriegsfolgenliquidation geleistet , etwa durch das Bundesvertriebenengesetz, das Lastenausgleichsgesetz, das Allgemeine Kriegsfolgengesetz, das Kriegsgefangenentschädigungsgesetz, das Bundesversorgungsgesetz und weiteren Regelungen. Diesen ist jedoch gemein, dass sie insbesondere Leistungen für Deutsche gewähren. 19 Gesetz zur Errichtung einer Stiftung "Erinnerung, Verantwortung und Zukunft" vom 2. August 2000 (BGBl. I S. 1263), zuletzt geändert durch Artikel 1 des Gesetzes vom 1. September 2008 (BGBl. I S. 1797) abrufbar unter: https://www.gesetze-im-internet.de/evzstiftg/BJNR126300000.html [letzter Abruf: 9. Oktober 2017]. 20 Geschichte der Stiftung EVZ, vgl. Homepage der Stiftung „Erinnerung, Verantwortung, Zukunft“; abrufbar unter : http://www.stiftung-evz.de/start.html [letzter Abruf: 9. Oktober 2017]. 21 Dazu siehe die Ausführungen auf der Homepage der Stiftung Polnisch-Deutsche Aussöhnung unter Auszahlungen der Bundesstiftung "Erinnerung, Verantwortung und Zukunft" an ehemalige Sklaven- und Zwangsarbeiter der Dritten Reiches, abrufbar unter: http://www.fpnp.pl/wyplaty/robotnicy_de.php [letzter Abruf: 9. Oktober 2017. 22 Abrufbar unter: http://www.badv.bund.de/DE/OffeneVermoegensfragen/AnerkennungsleistungenfuerGhettoarbeit /start.html [letzter Abruf: 9. Oktober 2017]. Wissenschaftliche Dienste Dokumentation WD 2-3000-093/17; WD 4-3000-083/17; WD 7-3000-125/17 Seite 11 Darüber hinaus sind, wie die nachfolgende Tabelle zeigt, aufgrund von völkerrechtlichen Abkommen verschiedene Arten von Leistungen und Zahlungen geflossen. 3. Völkerrechtliche Verträge in Bezug auf zwischenstaatliche Forderungen gegen Deutschland 3.1. Polen Völkerrechtlicher Vertrag Regelung Potsdamer Abkommen vom 2. August 194523 Das Potsdamer Abkommen war aus Sicht der beteiligten Verhandlungspartner kein abschließender Friedensvertrag, in welchem Reparationsforderungen geregelt werden sollten, sondern Teil der „vorbereitenden Arbeit zur friedlichen Regelung und zur Beratung anderer Fragen“ [Kapitel II Absatz 1 Potsdamer Abkommen]. Die alliierten Siegermächte verständigten sich darauf, das deutsche Staatsgebiet in verschiedene Besatzungszonen einzuteilen. Die Kriegsfolgen sollten seitens der UdSSR durch Entnahmen aus der von der UdSSR besetzten Zone in Deutschland liquidiert werden (Industriedemontagen , Produktionsentnahmen). Gleichzeitig sollte die UdSSR mit 10 Prozent an den Entnahmen aus den Westgebieten beteiligt werden. Etwaige Ansprüche Polens sollten wiederum aus dem Anteil der UdSSR befriedigt werden (Ziffer IV Nr. 2 Potsdamer Abkommen). Sowohl in den westlichen Besatzungszonen als auch in der sowjetischen Besatzungszone wurden zum Beispiel folgende Leistungen erbracht24: Ablieferung von Münzen und Barren aus Edelmetall sowie ausländischen Valuta; Restitution von Vermögensgegenständen; Dienstleistungen zur Wiederherstellung zerstörter Gegenstände und Beseitigung von Schäden; Entnahme von Industrieausrüstungen, anderen Ausrüstungsgütern und Handelsschiffen; 23 Mitteilung über die Dreimächtekonferenz von Berlin (Potsdamer Abkommen) vom 2. August 1945, verfügbar unter: http://www.documentarchiv.de/in/1945/potsdamer-abkommen.html (zuletzt aufgerufen am 24. August 2017). 24 Eine ausführliche Auflistung findet sich bei Brodesser/Fehn/Franosch/Wirth, Wiedergutmachung und Kriegsfolgenliquidation : Geschichte – Regelungen – Zahlungen, S. 248 ff. Wissenschaftliche Dienste Dokumentation WD 2-3000-093/17; WD 4-3000-083/17; WD 7-3000-125/17 Seite 12 Holz- und sonstige Zwangsexporte aus der laufenden Produktion; Urheberrechte; Beschlagnahme gewerblicher Schutzrechte sowie Herstellungsverfahren und Forschungsergebnisse im In- und Ausland; Reparationsschäden in den deutschen Ostgebieten, Umsiedlungsschäden ; Einsatz deutschen Auslandesvermögens; Unterstützung humanitärer Investitionen in den Republiken Estland, Lettland und Litauen; Verluste an Sach- und Kunstwerken durch Beuteaktionen; Verlust durch Demontagen. Zusage eines „Jumbokredits“ im Oktober 1975 Der „Jumbokredit“ umfasste 1 Mrd. DM mit einem Zinssatz von 2,5 Prozent, fünf tilgungsfreien Jahren und einer Laufzeit von 20 Jahren25. Zwei-plus-Vier- Vertrag vom 12. September 199026 Im Rahmen des Zwei-plus-Vier-Vertrages wurden Reparationsansprüche bewusst nicht geregelt. Nach dem Willen aller Vertragspartner sollte die Reparationsfrage in Bezug auf Deutschland nicht mehr vertraglich geregelt werden. Deutsch-polnischer Grenzvertrag vom 14. November 199027 Verzicht auf die deutschen Gebiete Ostpreußen, Westpreußen, Pommern und Schlesien und das dort belegene Eigentum. Nach Ansicht einiger Autoren28 muss der Verzicht als „wohl größte Reparationsleistung “ Deutschlands angesehen werden. Eine „Aufrechnung“ der entstandenen Schäden sollte jedoch vermieden werden , da jene weder praktikabel noch politisch zielführend ist. 25 Liesem, Die Reparationsverpflichtungen der Bundesrepublik Deutschland nach dem Zweiten Weltkrieg unter besonderer Berücksichtigung der Zwangsarbeiterentschädigung (Peter Lang, 2005), S. 73; Brodesser et al., Wiedergutmachung und Kriegsfolgenliquidation: Geschichte – Regelungen – Zahlungen, S. 242. 26 Vertrag über die abschließende Regelung in Bezug auf Deutschland vom 12. September 1990, BGBl. 1990, Teil II, S.1318; in Kraft seit dem 15. März 1991, BGBl. 1991, Teil II, S. 585. 27 Art. 2 und 3 des Vertrages zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Republik Polen über die Bestätigung der zwischen ihnen bestehenden Grenze vom 14. November 1990, BGBl. 1991, Teil II, S. 1329. 28 Doehring, „Reparationen für Kriegsschäden“, in Doehring, Fehn und Hockerts, Jahrhundertschuld, Jahrhundertsühne (Olzog, 2001), S. 9 (19 f.). Siehe auch Schöllgen, „Gefährliche Diskussion: Polen wirft die Reparationsfrage auf. Sie führt unversehens zurück ins Zeitalter der Weltkriege“, FAZ vom 10. September 2017, S. 7. Wissenschaftliche Dienste Dokumentation WD 2-3000-093/17; WD 4-3000-083/17; WD 7-3000-125/17 Seite 13 Deutsch-polnischer Nachbarschaftsvertrag vom 17. Juni 199129 Der Vertrag klammerte „Vermögensfragen“ explizit aus. Als freiwillige Leistungen Deutschlands wurde ein Fonds für die Entschädigung polnischer Opfer des Nationalsozialismus eingerichtet. Weiterhin wurde (ohne Anerkennung einer Rechtspflicht) die Stiftung „Polnisch -Deutsche Aussöhnung“ gegründet, an welche die Bundesrepublik 500 Mio. DM zahlte. 3.2. Ungarn Völkerrechtlicher Vertrag Regelung Friedensvertrag mit Ungarn vom 10. Februar 194730 Art. 30 Abs. 4 enthielt einen vollständigen Verzicht auf Reparationsforderungen gegenüber Deutschland31. 4. Leistungen der Bundesrepublik aufgrund von völkerrechtlichen Verträgen zu Gunsten individueller Opfer des nationalsozialistischen Unrechts 4.1. Polen Die Bundesrepublik Deutschland hat nach den vorliegenden Erkenntnissen keine individuellen Entschädigungszahlungen an polnische Opfer geleistet. Im Rahmen ihrer moralischen Verpflichtungen für die Gräueltaten während des nationalsozialistischen Regimes hat sie gleichwohl Zahlungen für individuelle polnische Opfer an den polnischen Staat oder Stiftungen geleistet. 29 Vertrag zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Republik Polen über gute Nach-barschaft und freundschaftliche Zusammenarbeit vom 17. Juni 1991, BGBl. 1991, Teil II, Nr. 33, S. 1315. 30 Treaty of Peace with Hungary vom 10. Februar 1947, UNTS 1949, Vol 41, S. 168. 31 „Without prejudice to these and to any other dispositions in favour of Hungary and Hungarian nationals by the Powers occupying Germany, Hungary waives on its own behalf and on behalf of Hungarian nationals all claims against Germany and German nationals outstanding on May 8, 1945, except those arising out of contracts and other obligations entered into, and rights acquired, before September 1, 1939. This waiver shall be deemed to include debts, all inter-governmental claims in respect of arrangements entered into in the course of the war and all claims for loss or damage arising during the war.” Wissenschaftliche Dienste Dokumentation WD 2-3000-093/17; WD 4-3000-083/17; WD 7-3000-125/17 Seite 14 Völkerrechtlicher Vertrag Regelung Globalabkommen mit Polen über die Entschädigung von Opfern pseudomedizinischer Versuche vom 16. November 197232 Im Rahmen eines Globalabkommens wurden für bis dahin noch nicht entschädigte Opfer pseudomedizinischer Versuche Leistungen an den polnischen Staat gezahlt. Die Verwendung der Mittel erfolgte in polnischer Verantwortung . 33 Abkommen über Rentenund Unfallversicherung vom 9. Oktober 197534 Vertragsparteien verpflichten sich, die Rentenansprüche gegenseitig anzuerkennen . Aufgrund der erwarteten stärkeren Belastung der polnischen Versicherungsträger zahlte die Bundesrepublik 1976 eine pauschale Abgeltung.35 Dadurch wurde die Volksrepublik Polen in die Lage versetzt, die sozialversicherungsrechtlichen Ansprüche auch von ehemaligen KZ-Häftlingen und Zwangsarbeitern nach innerstaatlichem polnischem Recht zu verbessern. Osteuropa- Fonds vom Januar 1998 Für die Entschädigung von jüdischen NS-Verfolgten im Sinne des § 1 Bundesentschädigungsgesetz (BEG), die Not leidend sind und bisher keine Entschädigung erhalten haben, wurde im Januar 1998 eine Vereinbarung zwischen der Bundesregierung und der Jewish Claims Conference über einen Finanzbeitrag der Bundesrepublik Deutschland zu einem von der Jewish Claims Conference (JCC) zu errichtenden Fonds zur Entschädigung von jüdischen NS-Verfolgten in mittel- und osteuropäischen Staaten geschlossen (Central-Eastern-and-Europe-Fund - CEEF). Bei der Verwendung der Fondsmittel werden dieselben Kriterien angewendet, die für die Durchführung des Artikel 2-Abkommens gelten. Der CEEF ist in die Neufassung des Artikel 2- Abkommens 2012 mit eingeflossen. Insgesamt wurden an ca. 1.500 polnische Antragsteller laufende Leistungen gezahlt. 32 Unveröffentlicht. 33 Liesem, Die Reparationsverpflichtungen der Bundesrepublik Deutschland nach dem Zweiten Weltkrieg unter besonderer Berücksichtigung der Zwangsarbeiterentschädigung (Peter Lang, 2005), S. 62. 34 Abkommen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Volksrepublik Polen über Renten- und Unfallversicherung vom 9. Oktober 1975, BGBl. 1976, Teil II, Nr. 15, S. 393. 35 Liesem (Fn. 33), S. 73. Wissenschaftliche Dienste Dokumentation WD 2-3000-093/17; WD 4-3000-083/17; WD 7-3000-125/17 Seite 15 Deutsch-amerikanisches Regierungsabkommen vom 17. Juli 2000 Als Folge des Regierungsabkommens verabschiedet der Deutsche Bundestag das Gesetz über die Errichtung der Stiftung „Erinnerung, Verantwortung und Zukunft“ (EVZ). Mit jeweils hälftiger finanzieller Beteiligung des Bundes und der deutschen Wirtschaft (Stiftungsvermögen von 10 Mrd. DM) wurde die Stiftung errichtet. Gezahlt wurde für ehemalige polnische Zwangsarbeiter sowie zum Ausgleich sonstiger Personenschäden und Vermögensverluste. Der überwiegende Teil der Gesamtentschädigungssumme kommt ehemaligen Zwangsarbeitern in Polen, Russland, Weißrussland und in der Ukraine zu Gute.36 4.2. Ungarn Völkerrechtlicher Vertrag Regelung Globalabkommen mit Ungarn über die Entschädigung von Opfern pseudomedizinischer Versuche vom 22. Januar 197137 Zahlung von Globalbeträgen i.H.v. 6,25 Mio. DM an Ungarn zu Gunsten ungarischer Opfern pseudomedizinischer Versuche 38 36 BMF, „Entschädigung für NS-Unrecht“ (2012), verfügbar unter: http://www.bundesfinanzministerium.de/Content /DE/Standardartikel/Themen/Oeffentliche_Finanzen/Vermoegensrecht_und_Entschaedigungen/Kriegsfolgen _Wiedergutmachung/2012-11-13-Entschaedigung-NS.pdf?__blob=publicationFile&v=4 (zuletzt aufgerufen am 6. Oktober 2017), S. 4. 37 Unveröffentlicht. 38 Rumpf, „Die deutsche Frage und die Reparationen“ (1973) Zeitschrift für ausländisches öffentliches Recht und Völkerrecht, Vol. 33, S. 344 (355). Wissenschaftliche Dienste Dokumentation WD 2-3000-093/17; WD 4-3000-083/17; WD 7-3000-125/17 Seite 16 5. Leistungen der öffentlichen Hand auf dem Gebiet der Wiedergutmachung - Zusammenstellung unter besonderer Berücksichtigung von Polen Die nachfolgenden Daten wurden auf Anfrage vom Bundesministerium der Finanzen und vom Bundesministerium für Arbeit und Soziales zusammengestellt und übermittelt. Leistungen der öffentlichen Hand auf dem Gebiet der Wiedergutmachung hier: alle Staaten Leistungen des Bundes in Mrd. Euro Stand 31.12.2016 Bundesentschädigungsgesetz (BEG) 47,958 Bundesrückerstattungsgesetz (BRüG) 2,023 Entschädigungsrentengesetz (ERG) 0,813 NS-Verfolgtenentschädigungsgesetz (NS-VEntschG) 2,637 Israelvertrag 1,764 Globalverträge (o.Ä.) 1,489 Sonstige Leistungen (Öffentlicher Dienst, Wapniarka, NGJ-Fonds Menschenversuchsopfer, Art. VI BEG-Schlussgesetz etc.) 6,339 Leistungen der Länder außerhalb des BEG 1,915 Härteregelungen (ohne Länder) 7,007 Stiftung „Erinnerung, Verantwortung und Zukunft“39 2,556 gesamt 74,513 Leistungen der öffentlichen Hand auf dem Gebiet der Wiedergutmachung hier: Polen Gesamtleistung Sonstige laufende und einmalige Leistungen Mehr als 1.350 polnische Opfer medizinischer Versuche haben ab 1960 über das internationale Rote Kreuz Entschädigungen erhalten. rd. 0,0205 Mrd. Euro Globalabkommen mit Polen über die Entschädigung von Opfern pseudomedizinischer Versuche vom 16. November 1972 0,0511 Mrd. Euro 1992 wurde mit deutschen Mitteln die Warschauer Stiftung „Deutsch-Polnische-Aussöhnung “ geschaffen. Die polnische Stiftungsver- 0,2556 Mrd. Euro 39 Das Stiftungsvermögen betrug ursprünglich ca. 5,2 Mrd. Euro; davon stammten 2,6 Mrd. Euro vom Bund und ca. 2,6 Mrd. Euro von rund 6.500 deutschen Unternehmen. Wissenschaftliche Dienste Dokumentation WD 2-3000-093/17; WD 4-3000-083/17; WD 7-3000-125/17 Seite 17 Leistungen der öffentlichen Hand auf dem Gebiet der Wiedergutmachung hier: Polen Gesamtleistung Sonstige laufende und einmalige Leistungen waltung hat die von Deutschland bereitgestellten Mittel zwischenzeitlich an über 1 Mio. Berechtigte verteilt. Osteuropa-Fonds k.A. laufende monatliche Beihilfe: 352 Euro Mit jeweils hälftiger finanzieller Beteiligung des Bundes und der deutschen Wirtschaft wurde im Jahr 2000 die Stiftung EVZ errichtet. Gezahlt wurde für ehemalige polnische Zwangsarbeiter sowie zum Ausgleich sonstiger Personenschäden und Vermögensverluste. rd. 0,974 Mrd. Euro Aufgrund von Artikel 6 BEG-Schlussgesetz konnten Polen, die den Flüchtlingsstatus der UN erhielten, Leistungen i.S.d. BEG erhalten. k.A. Von den rd. 30.000 Leistungsempfängern lebten Ende 2016 sieben Personen in Polen, die eine laufende monatliche Rente erhalten . Richtlinie von 2007 über eine Anerkennungsleistung an Verfolgte für Arbeit in einem Ghetto, die keine Zwangsarbeit war rd. 0,0022 Mrd. Euro Einmalig 2.000 Euro; rund 1.100 Anträge aus Polen konnten bisher bewilligt werden Wiedergutmachungs-Dispositions-Fonds (WDF/ Richtlinien der Bundesregierung für die Vergabe von Mitteln an Verfolgte nicht jüdischer Abstammung zur Abgeltung von Härten in Einzelfällen im Rahmen der Wiedergutmachung vom 26. August 1981 in der Fassung vom 7. März 1988). rd. 0,000.029 Mrd. Euro weitere Leistungen: Abkommen mit Polen über Renten- und Unfallversicherung vom 9. Oktober 1975 deutscher Beitrag 0,6647 Mrd. Euro Gesetz zur Zahlbarmachung von Renten aus Beschäftigung in einem Ghetto (ZRBG) bis zum 15. August 2017 rund 570 Renten Wissenschaftliche Dienste Dokumentation WD 2-3000-093/17; WD 4-3000-083/17; WD 7-3000-125/17 Seite 18 Wiedergutmachung durch die Länder außerhalb des Bundesentschädigungsgesetzes 1950 bis 2016 bis Ende 2016 in Mrd. Euro Baden-Württemberg 0,037 Bayern 0,210 Berlin 0,795 Bremen 0,013 Hamburg 0,078 Hessen 0,074 Niedersachsen 0,110 Nordrhein-Westfalen 0,508 Rheinland-Pfalz 0,077 Saarland 0,001 Schleswig-Holstein 0,025 Gesamt (Beträge gerundet) ~ 1,928 6. Rehabilitierung von Opfern des SED-Regimes sowie die dafür gezahlten Leistungen Gesetze zur Rehabilitierung nach den SED-Unrechtsbereinigungsgesetzen Strafrechtliches Rehabilitierungsgesetz (StrRehaG)40 Bei dem StrRehaG geht es um eine Rehabilitierung für rechtsstaatswidrige strafrechtliche Entscheidungen (zum Beispiel Verurteilungen zu Haft- oder Geldstrafen) von staatlichen deutschen Gerichten des Beitrittsgebietes (Gebiet der ehemaligen DDR) aus der Zeit vom 8. Mai 1945 bis zum 2. Oktober 1990. Diese strafrechtlichen Entscheidungen können nach dem StrRehaG aufgehoben werden. Außerdem können auch andere rechtsstaatswidrige, strafrechtliche Maßnahmen sowie außerhalb eines Strafverfahrens ergangene Entscheidungen , die eine Freiheitsentziehung angeordnet haben, beseitigt werden. Bei solchen freiheitsentziehenden Maßnahmen geht es um Einweisungen in psychiatrische Anstalten oder Anordnungen der Unterbringungen in Heime für Kinder und Jugendliche, die der politischen Verfolgung oder sonst sachfremden Zwecken gedient haben. Über die Anträge auf strafrechtliche Rehabilitierung entscheidet das jeweilige Landgericht, in dessen jetzigem Bereich die frühere Verurteilung oder die Anordnung der Unterbringung stattfand. Eine positive Rehabilitierungsentscheidung ist Voraussetzung für die Inanspruchnahme sozialer Ausgleichsleistungen nach dem StrRehaG sowie den anderen Rehabilitierungsgesetzen. 40 Strafrechtliches Rehabilitierungsgesetz in der Fassung der Bekanntmachung vom 17. Dezember 1999 (BGBl. I S. 2664), zuletzt geändert durch Artikel 1 des Gesetzes vom 22. Dezember 2014 (BGBl. I S. 2408), abrufbar unter: https://www.gesetze-im-internet.de/bvfg/BJNR002010953.html [letzter Abruf: 9. Oktober 2017]. Wissenschaftliche Dienste Dokumentation WD 2-3000-093/17; WD 4-3000-083/17; WD 7-3000-125/17 Seite 19 Anträge nach dem StrRehaG können nicht nur Deutsche, sondern alle stellen, die von entsprechenden rechtsstaatswidrigen Verurteilungen des SED-Regimes betroffen waren. Verwaltungsrechtliches Rehabilitierungs - gesetz - VwRehaG41 Das VwRehaG regelt die Aufhebung grob rechtsstaatswidriger Verwaltungsentscheidungen der DDR-Organe aus der Zeit vom 8. Mai 1945 bis zum 2. Oktober 1990 beziehungsweise die Feststellung der Rechtsstaatswidrigkeit dieser Akte. Haben solche grob rechtsstaatswidrigen Verwaltungsentscheidungen zu einer gesundheitlichen Schädigung, einem Eingriff in Vermögenswerte oder zu einer beruflichen Benachteiligung geführt und wirken deren Folgen noch heute unmittelbar schwer und unzumutbar fort, können diese durch soziale Ausgleichsmaßnahmen gemildert werden. Anträge nach dem VwRehaG können auch hier wieder nicht nur Deutsche, sondern alle Personen stellen, die von einer grob rechtsstaatswidrigen Verwaltungsentscheidung betroffen sind. Berufliches Rehabilitierungsgesetz - BerRehaG42 Mit dem BerRehaG sollen verfolgungsbedingter Eingriffe in Beruf oder Ausbildung ausgeglichen werden, sofern sich diese beruflichen Eingriffe noch heute spürbar auswirken. Einbezogen in die berufliche Rehabilitierung werden unter anderem auch Verfolgungsfälle im Bereich des Arbeitsrechts (zum Beispiel Maßnahmen von Betrieben oder DDR-Organen gegen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter). Anträge nach dem BerRehaG können ebenfalls nicht nur Deutsche, sondern alle Betroffenen stellen. 41 Verwaltungsrechtliches Rehabilitierungsgesetz in der Fassung der Bekanntmachung vom 1. Juli 1997 (BGBl. I S. 1620), zuletzt geändert durch Artikel 2 des Gesetzes vom 2. Dezember 2010 (BGBl. I S. 1744); https://www.gesetze -im-internet.de/vwrehag/BJNR131110994.html abrufbar unter: [letzter Abruf: 9. Oktober 2017]. 42 Berufliches Rehabilitierungsgesetz in der Fassung der Bekanntmachung vom 1. Juli 1997 (BGBl. I S. 1625), zuletzt geändert durch Artikel 11 des Gesetzes vom 20. November 2015 (BGBl. I S. 2010); abrufbar unter: https://www.gesetze-im-internet.de/berrehag/BJNR131400994.html [letzter Abruf: 9. Oktober 2017]. Wissenschaftliche Dienste Dokumentation WD 2-3000-093/17; WD 4-3000-083/17; WD 7-3000-125/17 Seite 20 Leistungen des Bundes und der Länder zur Entschädigung von SED- Opfern Stand 31.12.2016 Euro Leistungen nach dem Strafrechtlichen Rehabilitierungsgesetz 2.144.370.087,43 Leistungen nach dem Beruflichen Rehabilitierungsgesetz 57.470.454,18 gesamt43 2.201.840.541,61 *** 43 Antwort der Bundesregierung auf eine Kleine Anfrage der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Inanspruchnahme von Leistungen gemäß SED-Unrechtsbereinigungsgesetz, 16. August 2017, Bundestags-Drucksache 18/13332.