WD 7 - 3000 - 124/20 (28. Oktober 2020) © 2020 Deutscher Bundestag Die Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestages unterstützen die Mitglieder des Deutschen Bundestages bei ihrer mandatsbezogenen Tätigkeit. Ihre Arbeiten geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Arbeiten der Wissenschaftlichen Dienste geben nur den zum Zeitpunkt der Erstellung des Textes aktuellen Stand wieder und stellen eine individuelle Auftragsarbeit für einen Abgeordneten des Bundestages dar. Die Arbeiten können der Geheimschutzordnung des Bundestages unterliegende, geschützte oder andere nicht zur Veröffentlichung geeignete Informationen enthalten. Eine beabsichtigte Weitergabe oder Veröffentlichung ist vorab dem jeweiligen Fachbereich anzuzeigen und nur mit Angabe der Quelle zulässig. Der Fachbereich berät über die dabei zu berücksichtigenden Fragen. Bei bestimmten Willenserklärungen von erheblicher Bedeutung soll durch die verpflichtende Hinzuziehung eines Notars eine sachkundige Beratung und Belehrung der Parteien erfolgen und zudem die Übereinstimmung von beabsichtigtem Willen und Erklärung sowie eine klare und unmissverständliche Formulierung der Vereinbarungen sichergestellt werden (vgl. Einsele sowie § 17 Abs. 1, 2 BeurkG). Das notarielle Beurkundungsverfahren, welches sich maßgeblich nach den Vorschriften des BeurkG richtet, sieht dabei in § 13 BeurkG insbesondere vor, dass die zu erstellende Niederschrift den Beteiligten in der Gegenwart des Notars vorgelesen (sog. „Mündlichkeitsgrundsatz “, vgl. etwa Bohrer, S. 1234), von ihnen genehmigt und eigenhändig unterschrieben werden muss. Gleichwohl entspricht es bei komplexeren Beurkundungen – beispielsweise Unternehmenstransaktionen, Bauträgerkaufverträgen oder sonstigen umfangreichen Vertragswerken – gängiger Praxis, dass nicht sämtliche Teilurkunden (wie etwa Vermögens- oder Inventarverzeichnisse , Leistungsverzeichnisse, grundstücksrechtliche Teilungserklärungen sowie Baubeschreibungen ) vollumfänglich vor den Parteien verlesen werden (vgl. etwa Bohrer, ebenda sowie OLG Düsseldorf). Vielmehr werden oftmals bereits im Vorfeld sogenannte Verweisungsurkunden (auch Bezugsurkunden genannt) erstellt, auf die dann im Verlauf der Hauptbeurkundung verwiesen werden kann, ohne diese erneut vor allen Vertragsparteien verlesen zu müssen. Die rechtlichen Voraussetzungen der Erstellung und Einbeziehung solcher Verweisungsurkunden sollen nachfolgend überblicksartig dargestellt werden. Wird in der Niederschrift (vgl. zu deren notwendigem Inhalt insbesondere § 37 BeurkG) auf eine andere notarielle Niederschrift verwiesen, die nach den Vorschriften über die Beurkundung von Willenserklärungen (vgl. §§ 6 ff. BeurkG) errichtet worden ist, so braucht diese nicht vorgelesen zu werden, wenn die Beteiligten erklären, dass ihnen der Inhalt der anderen Niederschrift bekannt ist, und sie auf das Vorlesen verzichten (§ 13a Abs. 1 Satz 1 BeurkG). Dies soll in der Niederschrift festgestellt werden (§ 13a Abs. 1 Satz 2 BeurkG). Eine Identität derjenigen Personen, die an der Verweisungsurkunde beteiligt waren und derjenigen Personen, die letztlich die zu beglaubigenden Erklärungen in der verweisenden Urkunde abgeben, ist dabei nicht erforderlich (vgl. OLG Düsseldorf sowie Lerch). Eine Teilverweisung ist zulässig, allerdings ist es insoweit erforderlich , dass der in Bezug genommene Teil dann genau in der späteren Urkunde bezeichnet wird, „und zwar in einem solchen Umfang, dass keine Zweifel zurückbleiben“ (zitiert nach Lerch). Wissenschaftliche Dienste Kurzinformation Die eingeschränkte Beifügungs- und Vorlesungspflicht im notariellen Beurkundungsverfahren Kurzinformation Die eingeschränkte Beifügungs- und Vorlesungspflicht im notariellen Beurkundungsverfahren Fachbereich WD 7 (Zivil-, Straf- und Verfahrensrecht, Bau und Stadtentwicklung) Wissenschaftliche Dienste Seite 2 Der Notar soll nur beurkunden, wenn den Beteiligten die andere Niederschrift zumindest in beglaubigter Abschrift bei der Beurkundung vorliegt (§ 13a Abs. 1 Satz 3 BeurkG). Die andere Niederschrift braucht der Niederschrift nicht beigefügt zu werden, wenn die Beteiligten darauf verzichten (§ 13a Abs. 2 Satz 1 BeurkG). In der Niederschrift soll in diesem Fall festgestellt werden, dass die Beteiligten auf das Beifügen verzichtet haben (§ 13a Abs. 1 Satz 1 BeurkG). Die vorstehend genannten Erleichterungen gelten nach § 13a Abs. 4 BeurkG auch für Karten und Zeichnungen , die von einer öffentlichen Behörde selbst gefertigt oder doch mindestens mit Unterschrift und Siegel oder Stempel versehen worden ist (vgl. dazu auch Litzenburger m.w.N.). Die Verlesung der Verweisungsurkunde darf mithin dann unterbleiben, wenn sämtliche Beteiligten erklären, dass ihnen der Inhalt der zuvor erstellten Bezugs- oder Verweisungsurkunde bekannt ist und sie auf deren (nochmalige) Verlesung verzichten. Auf die Wirksamkeit des Verweises hat es allerdings keine Auswirkungen, wenn die Kenntnisnahme- und Verzichtserklärung in der Niederschrift weder protokolliert noch festgestellt wurden (vgl. BGH). Der beurkundende Notar ist nicht dazu verpflichtet, Verweisungsurkunden zu nutzen. Vielmehr besteht insoweit notarielles Ermessen (vgl. Kindler). „Ob und inwieweit der Notar von dem vereinfachten Beurkundungsverfahren nach § 13a BeurkG Gebrauch macht, obliegt seiner Ermessensentscheidung. Der Notar hat unter Berücksichtigung der Anforderungen an ein Beurkundungsverfahren , das die Einhaltung der Pflichten nach § 17 Abs. 1, Abs. 2 BeurkG gewährleistet (…), den im Einzelfall sachgerechtesten Weg zu wählen. Wählt der Notar das Verfahren nach § 13a BeurkG, so obliegt ihm auch hinsichtlich der Verweisungsurkunde uneingeschränkt die gesetzliche Belehrungs- und Aufklärungspflicht. Der Weg der Verweisung nach § 13a BeurkG anstelle der vollständigen Beurkundung der Erklärung der Beteiligten wird dem Ziel einer möglichst klaren Beweissicherung weniger gerecht. Versteht ein Beteiligter die Verweisungsurkunde nicht richtig oder nimmt er von ihr nicht genau Kenntnis, so können zusätzliche Zweifel entstehen. Andererseits ist in vielen Fällen die Verweisung zweckmäßig, da eine Überfrachtung der Urkunde mit Nebensächlichkeiten vermieden wird und es gerade im Interesse der Aufklärung der Beteiligten liegen kann, sich bei der Beurkundung auf die wesentlichen Punkte zu konzentrieren“ (zitiert nach Kindler). Quellen: – BeurkG: Beurkundungsgesetz vom 28. August 1969 (BGBl. I S. 1513), das zuletzt durch Artikel 13 des Gesetzes vom 30. November 2019 (BGBl. I S. 1924) geändert worden ist. – Bohrer: „Form, Beurkundung und was einmal zur Verlesung gesagt sein muss“, Das deutsche Steuerrecht (DStR) 2012, S. 1232. – OLG Düsseldorf: Beschluss vom 22. November 2002, Az.: 3 Wx 321/02, Praxis der Freiwilligen Gerichtsbarkeit (FGPrax) 2003, S. 88. – Lerch, in: Lerch, Beurkundungsgesetz, Dienstordnung und Richtlinienempfehlungen der BNotK, 5. Auflage 2016, § 13a BeurkG, Rn. 8. – Einsele, in: Münchener Kommentar zum BGB, 8. Auflage 2018, § 128 BGB, Rn. 1. – BGH: Urteil vom 18. Juli 2003, Az.: V ZR 431/02, Deutsche Notar-Zeitschrift (DNotZ) 2004, S. 188 (189). – Litzenburger, in: Beck’scher Online-Kommentar zum BGB, 55. Edition, Stand: 1. August 2020, § 13a BeurkG, Rn. 5. – Kindler, in: Beck‘sches Notar-Handbuch, 7. Auflage 2019, § 31 (Beurkundung), Rn. 263, 264. ***