© 2017 Deutscher Bundestag WD 7 - 3000 - 123/17 Untersuchungen über die Auswirkungen der Festsetzung von Milieuschutzgebieten Dokumentation Wissenschaftliche Dienste Die Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestages unterstützen die Mitglieder des Deutschen Bundestages bei ihrer mandatsbezogenen Tätigkeit. Ihre Arbeiten geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Arbeiten der Wissenschaftlichen Dienste geben nur den zum Zeitpunkt der Erstellung des Textes aktuellen Stand wieder und stellen eine individuelle Auftragsarbeit für einen Abgeordneten des Bundestages dar. Die Arbeiten können der Geheimschutzordnung des Bundestages unterliegende, geschützte oder andere nicht zur Veröffentlichung geeignete Informationen enthalten. Eine beabsichtigte Weitergabe oder Veröffentlichung ist vorab dem jeweiligen Fachbereich anzuzeigen und nur mit Angabe der Quelle zulässig. Der Fachbereich berät über die dabei zu berücksichtigenden Fragen. Wissenschaftliche Dienste Dokumentation WD 7 - 3000 - 123/17 Seite 2 Untersuchungen über die Auswirkungen der Festsetzung von Milieuschutzgebieten Aktenzeichen: WD 7 - 3000 - 123/17 Abschluss der Arbeit: 19. Oktober 2017 Fachbereich: WD 7: Zivil-, Straf- und Verfahrensrecht, Umweltschutzrecht, Bau und Stadtentwicklung Wissenschaftliche Dienste Dokumentation WD 7 - 3000 - 123/17 Seite 3 Inhaltsverzeichnis 1. Einleitung 4 2. Festlegung von Milieuschutzgebieten 4 3. Auswirkungen von Erhaltungssatzungen 5 4. Fazit 6 Wissenschaftliche Dienste Dokumentation WD 7 - 3000 - 123/17 Seite 4 1. Einleitung Auch in der Vergangenheit wurde versucht, städtebauliche und wohnungswirtschaftliche Fehlentwicklungen mit Erhaltungssatzungen und insbesondere durch die Festlegung von Milieuschutzgebieten zu begegnen. Aktuell wird dieses Instrument unter anderem zur Erhaltung bezahlbaren Wohnraums und der Begrenzung des Mietenanstiegs in bestimmten Bereichen von Ballungsräumen favorisiert. Es stellt sich deshalb die Frage, welche Rechtsfolgen die Festlegung von Milieuschutzgebieten entfaltet und welche Auswirkungen sie vor Ort in der Praxis hatte. Die Verwirklichung der Ziele, die mit einer Erhaltungssatzung verfolgt werden, sind bereits vor geraumer Zeit durch diverse Vorschriften des Baugesetzbuches (BauGB) angestrebt worden. Die aktuelle Rechtslage wird deshalb in der vorliegenden Dokumentation nochmals in gedrängter Form vorgestellt (Ziffer 2.). Im Anschluss daran werden die praktischen Auswirkungen der Ausweisung von Milieuschutzgebieten in der Vergangenheit beleuchtet (Ziffer 3.). 2. Festlegung von Milieuschutzgebieten Erhaltungssatzungen werden auf der Grundlage des Besonderen Städtebaurechts erlassen. Rechtsgrundlage dafür sind die §§ 172 ff. des Baugesetzbuchs (BauGB). Hiernach kann eine Gemeinde in einem Bebauungsplan oder auch durch eine sonstige Satzung Gebiete bezeichnen, die - der Erhaltung der städtebaulichen Eigenart eines Gebiets auf Grund seiner städtebaulichen Gestalt dienen, - den sogenannten Milieuschutz, also den Erhalt der Zusammensetzung der Wohnbevölkerung sichern oder - städtebauliche Umstrukturierungen fördern. Im Geltungsbereich einer derartigen Erhaltungssatzung bedürfen der Abbruch („Rückbau“), die Änderung oder die Nutzungsänderung einer (zusätzlichen) Genehmigung durch die Gemeinde. Dabei wird am Maßstab der Erhaltungsziele, beispielsweise Milieuschutz der jeweiligen Satzung geprüft, ob die Maßnahme zulässig ist. In Milieuschutzgebieten kann beispielsweise die Umwandlung von Miet- in Eigentumswohnungen genehmigungspflichtig sein und nur unter bestimmten Voraussetzungen zulässig. Einen aktuellen Überblick über Erhaltungssatzungen und insbesondere die Festlegung von Milieuschutzgebieten vermittelt die Veröffentlichung von, Mitschang, Erhaltungssatzungen – planerische Möglichkeiten zur Erhaltung und Sicherung von Wohnraum, Zeitschrift für Umwelt- und Planungsrecht (UPR) 2017, Seite 321 bis 331, Anlage 1, auf die zur Vermeidung von Wiederholungen verwiesen wird. Wissenschaftliche Dienste Dokumentation WD 7 - 3000 - 123/17 Seite 5 Aktuell wird besonders in Berlin angestrebt, wohnungswirtschaftliche Fehlentwicklungen mit dem städtebaulichen Instrument der Festlegung von Milieuschutzgebieten entgegen zu wirken. Hierzu wurde beispielsweise für Berlin Neukölln analog zur Berliner Genehmigungspraxis ein Katalog mit Genehmigungskriterien erarbeitet und vom Bezirksamt beschlossen, um das Verfahren möglichst transparent und einheitlich zu gestalten, vgl. im Einzelnen hierzu die Internetseiten des Bezirksamtes Neukölln, zuletzt aufgerufen am 29.09.2017: https://www.berlin.de/ba-neukoelln/politik-und-verwaltung/aemter/stadtentwicklungsamt /stadtplanung/milieuschutz/artikel.294102.php , vgl. auch allgemeinen Stellungsnahmen zum Thema Milieuschutzgebiete durch das Bezirksamt Berlin – Mitte, zuletzt aufgerufen am 12.10.2017:https://www.berlin.de/bamitte /politik-und-verwaltung/aemter/stadtentwicklungsamt/stadtplanung/staedtebaufoerderung /erhaltungsgebiete/milieuschutzgebiete-492487.php. Die Funktion oder die Zielverwirklichung von Erhaltungssatzungen in den einzelnen Städten und Gemeinden der 16 Bundesländer, mit ihren jeweiligen kulturellen, sozialen und wirtschaftlichen Eigenarten und Gegebenheiten vor Ort, vollzieht sich naturgemäß sehr unterschiedlich. 3. Auswirkungen von Erhaltungssatzungen Eine aktuelle flächendeckende Gesetzesevaluation zu den §§ 172 ff. BauGB ist für das Bundesgebiet - soweit ersichtlich - bisher nicht durchgeführt worden, vgl. die Ergebnisse einer Literaturrecherche durch die Bibliothek des Deutschen Bundestages , Literaturliste „Milieuschutzgebiete“, Anlage 2. Auch eine aktuelle interdisziplinäre Veröffentlichung gibt keine Antwort, wie sich konkret die Ausweisung von Milieuschutzgebieten auf wohnungswirtschaftliche - und städtebauliche Fehlentwicklungen auswirken, vgl. Schöning/Kadi/Schipper (Hrsg.), Wohnraum für alle ?! Perspektiven auf Planung, Politik und Architektur, Bielefeld 2017 (Bibliothek des Deutschen Bundestages, Signatur: P5152839). Unter anderem werden „Architektonische Strategien für bezahlbaren Wohnraum“, die Gemeinnützigkeit im Wohnungswesen und „Alternativen jenseits von Markt und Staat“ vorgestellt. Zu kommunalen Strategien enthält die Veröffentlichung Beiträge von Metzger/Schipper; Postneoliberale Strategien für bezahlbaren Wohnraum? Aktuelle wohnungspolitische Ansätze in Frankfurt am Main und Hamburg, Seite 181 ff. Reinprecht, Kommunale Strategien für bezahlbaren Wohnraum. Das Wiener Modell oder die Entzauberung einer Legende, Seite 213 ff. Schade, Das Berliner Modell der kooperativen Baulandentwicklung, Seite 243 ff. Wissenschaftliche Dienste Dokumentation WD 7 - 3000 - 123/17 Seite 6 Diese Veröffentlichung beruht auf einer Konferenz zu der Thematik „Wohnen für alle?! Wissenschaftliche Perspektiven auf Architektur, Planung“, die im Mai 2016 durchgeführt wurde vom Institut für Europäische Urbanistik an der Fakultät Architektur und Urbanistik der Bauhaus-Universität Weimar in Kooperation mit der Hermann Henselmann Stiftung. Gefördert wurden sowohl die Konferenz als auch die vorgestellte Publikation durch die Rosa-Luxemburg-Stiftung. Im Rahmen eines Projekts der städtebaulichen Begleitforschung durch das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit (BMUB) ist allerdings eine aktuelle Studie vorgelegt worden, in der auch Erhaltungssatzungen untersucht worden sind, vgl. Bundesinstitut für Bau-, Stadt- und Raumforschung im Bundesamt für Bauwesen (Hrsg.), Gemeinsame Evaluierung der Programme Stadtumbau Ost und Stadtumbau West, Sonderveröffentlichung Juni 2017, insbesondere die Seiten 70/71, 152/153, 157; zuletzt abgerufen am 29.09.2017: http://www.bbsr.bund.de/BBSR/DE/Veroeffentlichungen/Sonderveroeffentlichungen /2017/evaluierung-stadtumbau-ost-west-dl.pdf?__blob=publicationFile&v=3. Eine aktuelle, systematische und empirische Evaluation der Auswirkungen von Milieuschutzgebieten in der Praxis lässt sich allerdings auch dieser Studie nicht ohne weiteres entnehmen. 4. Fazit Das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit (BMUB) ist für die Gesetzgebung auf dem Gebiet des Bauplanungsrechts und Städtebaurechts zuständig. Der Vollzug des Bauplanungsrechts obliegt nach der Kompetenzordnung den Ländern und Gemeinden. Im BMUB und in dem ihm nachgeordnete Bereich – insbesondere dem Bundesinstitut für Bau-, Stadt- und Raumforschung (BBSR) im Bundesamt für Bauwesen und Raumordnung (BBR) – konnten keine zitierfähigen Studien über die Auswirkungen der Ausweisung von Milieuschutzgebieten recherchiert werden. ***