© 2019 Deutscher Bundestag WD 7 - 3000 - 122/19 Maßnahmen gegen häusliche Gewalt Die aktuelle Lage in der Bundesrepublik Deutschland Sachstand Wissenschaftliche Dienste Die Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestages unterstützen die Mitglieder des Deutschen Bundestages bei ihrer mandatsbezogenen Tätigkeit. Ihre Arbeiten geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Arbeiten der Wissenschaftlichen Dienste geben nur den zum Zeitpunkt der Erstellung des Textes aktuellen Stand wieder und stellen eine individuelle Auftragsarbeit für einen Abgeordneten des Bundestages dar. Die Arbeiten können der Geheimschutzordnung des Bundestages unterliegende, geschützte oder andere nicht zur Veröffentlichung geeignete Informationen enthalten. Eine beabsichtigte Weitergabe oder Veröffentlichung ist vorab dem jeweiligen Fachbereich anzuzeigen und nur mit Angabe der Quelle zulässig. Der Fachbereich berät über die dabei zu berücksichtigenden Fragen. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 7 - 3000 - 122/19 Seite 2 Maßnahmen gegen häusliche Gewalt Die aktuelle Lage in der Bundesrepublik Deutschland Aktenzeichen: WD 7 - 3000 - 122/19 Abschluss der Arbeit: 12.08.2019 Fachbereich: WD 7: Zivil-, Straf- und Verfahrensrecht, Bau und Stadtentwicklung Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 7 - 3000 - 122/19 Seite 3 Inhaltsverzeichnis 1. Einleitung 4 2. Häusliche Gewalt 4 3. Strafbarkeit nach dem Strafgesetzbuch (StGB) 4 4. Regelungen nach dem Gewaltschutzgesetz (GewSchG) 5 5. Weitere Schutzmaßnahmen für das Opfer 5 Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 7 - 3000 - 122/19 Seite 4 1. Einleitung Opfer häuslicher Gewalt müssen geschützt werden. Nachfolgend soll ein kurzer Überblick über die in der Bundesrepublik Deutschland anwendbaren Maßnahmen und Sanktionsmöglichkeiten gegen häusliche Gewalt gegeben werden. 2. Häusliche Gewalt Für häusliche Gewalt existiert in der Bundesrepublik Deutschland keine Legaldefinition. Die polizeiliche Kriminalstatistik (PKS) 1 spricht insoweit zusammenfassend nur von „Partnerschaftsgewalt “. In der PKS wurden im Bereich Partnerschaftsgewalt im Berichtjahr 2017 unter den Straftaten (-gruppen) Mord und Totschlag, Körperverletzung, Vergewaltigung, sexuelle Nötigung, Bedrohung , Stalking, Nötigung, Freiheitsberaubung, Zuhälterei und Zwangsprostitution insgesamt 138.893 Opfer von vollendeten und versuchten Delikten registriert.2 Vor dem Hintergrund, dass es sich bei den Daten der PKS ausschließlich um sog. Hellfelddaten handelt, ist jedoch von einer erheblichen Dunkelziffer auszugehen. Nach der PKS für das Berichtsjahr 2017 waren die Opfer von Partnerschaftsgewalt zu über 82 % Frauen.3 3. Strafbarkeit nach dem Strafgesetzbuch (StGB) 4 Durch Kriminalität im häuslichen Umfeld können verschiedene Straftatbestände nach dem StGB erfüllt sein, wobei der bloßen Begehung im häuslichen bzw. familiären Umfeld kein strafschärfender Charakter zukommt.5 Anknüpfend an den oben unter 2 aufgezählten Katalog des Bundeskriminalamts kommt danach im häuslichen Umfeld zuvörderst eine Strafbarkeit wegen der Deliktgruppen Mord und Totschlag (§§ 211, 212 StGB), Körperverletzung (§§ 223 ff. StGB), Vergewaltigung und sexuelle Nötigung (§ 177 f. StGB), Nötigung und Bedrohung (§§ 240 f.), Nachstellung (§ 238 StGB), Freiheitsberaubung (§ 239 StGB), Zuhälterei (§ 181a StGB) und Zwangsprostitution (§ 232a StGB) in Betracht. Der jeweils einschlägige Strafrahmen reicht von Geldstrafe bis hin zu lebenslanger Haft. Sachlich zuständig ist jeweils das Strafgericht. 1 Kriminalstatistische Auswertung des Bundeskriminalamts zur Partnerschaftsgewalt (Berichtsjahr 2017), abrufbar unter: https://www.bka.de/DE/AktuelleInformationen/StatistikenLagebilder/Lagebilder/Partnerschaftsgewalt /partnerschaftsgewalt_node.html (letzter Abruf: 12.08.2019). 2 a.a.O., S. 4. 3 a.a.O., S. 5. 4 Strafgesetzbuch in der Fassung der Bekanntmachung vom 13.11.1998 (BGBl. I S. 3322), zuletzt geändert durch Art. 2 des Gesetzes zur Umsetzung der RL (EU) 2017/1371 vom 19.6.2019 (BGBl. I S. 844), abrufbar unter: https://www.gesetze-im-internet.de/stgb/ (letzter Abruf: 12.08.2019). 5 Wissenschaftliche Dienste des Deutschen Bundestages (Hrsg.), Aktenzeichen WD 7 – 3000 – 032/14, Sachstand, Häusliche Gewalt in der Gesetzgebung sowie Aktenzeichen WD 7 – 3000 – 073/19, Sachstand, Geschlechterspezifische Kriminalität und häusliche Gewalt. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 7 - 3000 - 122/19 Seite 5 4. Regelungen nach dem Gewaltschutzgesetz (GewSchG)6 Die oben unter 3 dargestellten strafrechtlichen Vorschriften flankierend, soll mit dem GewSchG der zivilrechtliche Schutz bei Gewalttaten und bei bestimmten unzumutbaren Belästigungen, insbesondere in Fällen häuslicher Gewalt, verbessert werden. Dies gilt vor allem für Gewalttaten, die sich im sozialen Umfeld des Opfers ereignen. 7 Das Gewaltschutzgesetz enthält dabei vornehmlich ergänzende Regelungen zur Durchsetzung bürgerlich-rechtlicher Schutzansprüche in Bezug auf Gewalttaten und bestimmte unzumutbare Belästigungen.8 Das aus insgesamt vier Paragraphen bestehende Gewaltschutzgesetz regelt in § 1 die Befugnis der Zivilgerichte, bei der vorsätzlichen und widerrechtlichen Verletzung des Körpers, der Gesundheit oder der Freiheit einer Person die zur Abwendung weiterer Verletzungen erforderlichen Maßnahmen (sog. „Schutzanordnungen“) zu treffen. § 2 schafft den Anspruch des Opfers auf Überlassung der mit dem Täter gemeinsam genutzten Wohnung, wenn es um Gewalttaten im häuslichen Bereich geht. § 4 sieht die Strafbewehrung des Verstoßes gegen eine gerichtliche Schutzanordnung nach § 1 GewSchG vor.9 Sachlich zuständig ist das Familiengericht das eine besondere Abteilung des Amtsgerichts ist. 5. Weitere Schutzmaßnahmen für das Opfer In der Bundesrepublik Deutschland gibt es darüber hinaus zahlreiche staatliche und nicht-staatliche Institutionen, die häuslicher Gewalt unter anderem durch die Einrichtung von Kooperationsund Interventionsprojekten entgegenwirken wollen.10 So wurde etwa auf Grundlage des Gesetzes zur Einrichtung und zum Betrieb eines bundesweiten Hilfetelefons (HilfetelefonG)11 ein Hilfetelefon für Opfer häuslicher Gewalt eingerichtet, welches kostenfrei und rund um die Uhr erreichbar ist. Das Hilfetelefon „Gewalt gegen Frauen“ startete im März 2013 und ist das erste 24-Stunden- 6 Gesetz zum zivilrechtlichen Schutz vor Gewalttaten und Nachstellungen in der Fassung vom 11.12.2001 (BGBl. I S. 3513), zuletzt geändert durch Art. 4 des Gesetzes zur Verbesserung des Schutzes gegen Nachstellungen vom 01.03.2017 (BGBl. I S. 386), abrufbar unter: https://www.gesetze-im-internet.de/gewschg/BJNR351310001.html (letzter Abruf: 12.08.2019). 7 Freytag, in: Erbs/Kohlhaas, Strafrechtliche Nebengesetze, 224. Ergänzungslieferung, Stand 02.2019, GewSchG, vor § 1, Rn. 1. 8 a.a.O., Rn. 5. 9 a.a.O., Rn. 4. 10 Bundeministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend, Hintergrundmeldung „Häusliche Gewalt – Frauen vor Gewalt schützen“ vom 21.11.2018, abrufbar unter: https://www.bmfsfj.de/bmfsfj/themen/gleichstellung /frauen-vor-gewalt-schuetzen/haeusliche-gewalt/haeusliche-gewalt/80642 (letzter Abruf: 12.08.2019). 11 Gesetz zur Einrichtung und zum Betrieb eines bundesweiten Hilfetelefons „Gewalt gegen Frauen” (Hilfetelefon G) vom 7. März 2012 (BGBl. I S. 448), abrufbar unter: https://www.gesetze-im-internet.de/hilfetelefong/Hilfetelefon G.pdf (letzter Abruf: 12.08.2019). Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 7 - 3000 - 122/19 Seite 6 Beratungsangebot für Deutschland, das telefonisch und per Online-Beratung vertraulich und kostenfrei Hilfe und Unterstützung bietet – an 365 Tagen, rund um die Uhr, anonym, mehrsprachig und barrierefrei.12 Darüber hinaus existieren in der Bundesrepublik Deutschland zudem zahlreiche sog. Frauenhäuser , also Einrichtungen die Frauen und ihren Kindern im Falle von häuslicher Gewalt Hilfe, Beratung und vorübergehend Unterkunft anbieten. Die aktuelle Anzahl der Frauenhäuser in Deutschland ist nicht offiziell erfasst. In dem Frauenhaus-Koordinierung e.V., welcher einen Großteil des nationalen Hilfe- und Unterstützungssystems vertritt, sind aber aktuell ca. 260 Frauenhäuser und 230 Fachberatungsstellen in Deutschland organisiert.13 *** 12 Bundesamt für Familie und zivilgesellschaftliche Aufgaben, abrufbar unter: https://www.hilfetelefon.de/dashilfetelefon /angebot-im-ueberblick.html (letzter Abruf: 12.08.2019). 13 Frauenhaus-Koordinierung e.V., abrufbar unter: https://www.frauenhauskoordinierung.de/ueber-uns/ (letzter Abruf: 12.08.2019).