© 2016 Deutscher Bundestag WD 7 – 3000 – 122/16 Festlegung der wissenschaftlichen Kriterien für die Bestimmung endokriner Disruptoren in den Bereichen Pflanzenschutzmittel und Biozidprodukte Entwürfe der Kommission für EU-Rechtsakte Dokumentation Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitungen und andere Informationsangebote der Wissenschaftlichen Dienste geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Der Deutsche Bundestag behält sich die Rechte der Veröffentlichung und Verbreitung vor. Beides bedarf der Zustimmung der Leitung der Abteilung W, Platz der Republik 1, 11011 Berlin. Wissenschaftliche Dienste Dokumentation WD 7 – 3000 – 122/16 Seite 2 Festlegung der wissenschaftlichen Kriterien für die Bestimmung endokriner Disruptoren in den Bereichen Pflanzenschutzmittel und Biozidprodukte Entwürfe der Kommission für EU-Rechtsakte Aktenzeichen: WD 7 – 3000 – 122/16 Abschluss der Arbeit: 2. August 2016 Fachbereich: WD 7: Zivil-, Straf-, und Verfahrensrecht, Umweltschutzrecht, Verkehr, Bau und Stadtentwicklung Wissenschaftliche Dienste Dokumentation WD 7 – 3000 – 122/16 Seite 3 Inhaltsverzeichnis 1. Einführung 4 2. Entwürfe der Kommission 4 2.1. Vorgeschlagene Rechtsakte 4 2.2. Mitteilung der Kommission und Folgenabschätzung 6 3. Diskussion der Entwürfe 7 Wissenschaftliche Dienste Dokumentation WD 7 – 3000 – 122/16 Seite 4 1. Einführung Die Europäische Kommission hat am 15. Juni 2016 Entwürfe für Rechtsakte verabschiedet, welche die Festlegung wissenschaftlicher Kriterien für die Bestimmung endokrinschädigender Wirkstoffe (nachfolgend auch: endokrine Disruptoren) in Pflanzenschutzmitteln bzw. Biozidprodukten betreffen: Entwurf einer Verordnung (EU) der Kommission zur Festlegung wissenschaftlicher Kriterien für die Bestimmung endokrinschädigender Eigenschaften und zur Änderung von Anhang II der Verordnung (EG) Nr. 1107/2009 (Text von Bedeutung für den EWR), C(2016) 3751 projet http://ec.europa.eu/health/endocrine_disruptors/docs/2016_pppcriteria_de.pdf Entwurf einer delegierten Verordnung (EU) der Kommission zur Festlegung wissenschaftlicher Kriterien für die Bestimmung endokrinschädigender Eigenschaften gemäß Artikel 5 Absatz 3 der Verordnung (EU) Nr. 528/2012 (Text von Bedeutung für den EWR), C(2016) 3752 projet http://ec.europa.eu/health/endocrine_disruptors/docs/2016_bpcriteria_de.pdf Die von der Kommission dazu am selben Tage veröffentlichte Mitteilung: Mitteilung der Kommission an das Europäische Parlament und den Rat über endokrine Disruptoren und die Entwürfe der Kommissionsrechtsakte zur Festlegung der wissenschaftlichen Kriterien für ihre Bestimmung im Kontext der EURechtsvorschriften über Pflanzenschutzmittel und Biozidprodukte, KOM(2016) 350 endg. http://ec.europa.eu/health/endocrine_disruptors/docs/com_2016_350_de.pdf ist zwischenzeitlich gemäß § 93 der Geschäftsordnung des Deutschen Bundestages an die Ausschüsse überwiesen worden.1 Gegenstand der vorliegenden Dokumentation ist eine Zusammenstellung von Materialien zu Inhalt und Diskussion der vorgelegten Kommissionsentwürfe. 2. Entwürfe der Kommission 2.1. Vorgeschlagene Rechtsakte Gemäß den unionsrechtlichen Vorschriften über Biozidprodukte Verordnung (EU) Nr. 528/2012 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 22. Mai 2012 über die Bereitstellung auf dem Markt und die Verwendung von Biozidprodukten (Text von Bedeutung für den EWR) (ABl. L 167 vom 27.6.2012, S. 1) Letzte konsolidierte Fassung: 1 Siehe Unterrichtung vom 8.7.2016, Bundestagsdrucksache 18/1941, S. 7 (A.28). Wissenschaftliche Dienste Dokumentation WD 7 – 3000 – 122/16 Seite 5 http://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/TXT/PDF/?uri=CELEX:02012R0528- 20140425&qid=1470045208056&from=DE und Pflanzenschutzmittel Verordnung (EG) Nr. 1107/2009 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 21. Oktober 2009 über das Inverkehrbringen von Pflanzenschutzmitteln und zur Aufhebung der Richtlinien 79/117/EWG und 91/414/EWG des Rates (ABl. L 309 vom 24.11.2009, S. 1) Letzte konsolidierte Fassung: http://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/TXT/PDF/?uri=CELEX:02009R1107- 20140630&qid=1470045401336&from=de dürfen Wirkstoffe mit endokrinschädigenden Eigenschaften grundsätzlich nicht zugelassen werden 2. Ausnahmen davon sind bei Biozidprodukten lediglich in Fällen möglich, in denen das Risiko für Menschen, Tiere und Umwelt unter näher bestimmten Bedingungen vernachlässigbar ist3, bei Pflanzenschutzmitteln in Fällen, in denen die Exposition von Menschen und nicht zu bekämpfenden Organismen unter näher bestimmten Bedingungen vernachlässigbar ist4. Die Festlegung der wissenschaftlichen Kriterien für die Bestimmung der endokrinschädigenden Eigenschaften von Wirkstoffen obliegt gemäß Artikel 5 Absatz 3 der Verordnung (EU) Nr. 528/2012 bzw. Anhang II Nummer 3.6.5 zweiter Absatz der Verordnung (EG) Nr. 1107/2009 der Kommission.5 Dieser Verpflichtung kommt die Kommission nunmehr mit den hier in Rede stehenden Rechtsaktentwürfen nach. Der Inhalt der vorgeschlagenen wissenschaftlichen Kriterien wird in der Pressemitteilung „Kommission legt wissenschaftliche Kriterien für die Bestimmung endokriner Disruptoren in den Bereichen Pestizide und Biozide vor“, Pressemitteilung der Europäischen Kommissionvom 15. Juni 2016 (IP/16/2152) http://europa.eu/rapid/press-release_IP-16-2152_de.htm folgendermaßen zusammengefasst: 2 Artikel 5 Absatz 1 Buchstabe d) Verordnung (EU) Nr. 528/2012 und Anhang II Nummer 3.6.5 erster Absatz Verordnung (EG) Nr. 1107/2009. 3 Artikel 5 Absatz 2 Buchstabe a) Verordnung (EU) Nr. 528/2012. 4 Anhang II Nummer 3.6.5 erster Absatz und Nummer 3.8.2 Verordnung (EG) Nr. 1107/2009. 5 Wegen Versäumnis der nach Artikel 5 Absatz 3 der Verordnung (EU) Nr. 528/2012 dafür auferlegten Frist ist die Kommission vor dem Gericht der Europäischen Union (EuG) verurteilt worden (Rechtssache T-521/14, Königreich Schweden gegen Europäische Kommission); vgl. Pressemitteilung zur Entscheidung des Gerichts, abrufbar unter: http://curia.europa.eu/jcms/upload/docs/application/pdf/2015-12/cp150145de.pdf . Siehe dazu auch die Entschließung des Europäischen Parlaments vom 8. Juni 2016 (2016/2747(RSP), abrufbar unter: http://www.europarl.europa.eu/sides/getDoc.do?pubRef=-//EP//NONSGML+TA+P8-TA-2016- 0270+0+DOC+PDF+V0//DE . Wissenschaftliche Dienste Dokumentation WD 7 – 3000 – 122/16 Seite 6 „Die heute von der Kommission vorgeschlagenen wissenschaftlichen Kriterien stützen sich auf die Definition endokriner Disruptoren durch die Weltgesundheitsorganisation (WHO), über die ein breiter Konsens besteht. Die WHO definiert endokrine Disruptoren als von außen zugeführte Stoffe oder Gemische , die die Funktion des Hormonsystems verändern und dadurch gesundheitlich schädliche Wirkungen in einem intakten Organismus, bei den Nachkommen oder in (Teil-)Populationen verursachen. (…) In den heute vorgelegten Kriterien ist auch festgehalten, wie die Bestimmung eines endokrinen Disruptors erfolgen sollte, nämlich – unter Heranziehung aller relevanten wissenschaftlichen Erkenntnisse, – mit einer Gewichtung der Erkenntnisse nach ihrer Beweiskraft („Weight-of-evidence “-Ansatz) – und mit einer robusten systematischen Überprüfung.“ Zu Begründung und Formulierung der betreffenden Regelungen im Detail vgl. die Verordnungsentwürfe in den oben angeführten Kommissionsdokumenten C(2016) 3751 projet und C(2016) 3752 projet. 2.2. Mitteilung der Kommission und Folgenabschätzung Die oben angeführte Mitteilung KOM(2016) 350 endg. dient der Information über den wissenschaftlichen und rechtlichen Kontext der vorgeschlagenen Rechtsakte. Die Kommission geht dabei auf folgende Punkte ein: - Schlussfolgerungen der Kommission aus der wissenschaftlichen Debatte in Bezug auf die Kriterien zur Ermittlung endokriner Disruptoren (Abschnitt 2); - Implikationen der wissenschaftlichen Kriterien für den Regelungsbereich der Biozidprodukte und Pflanzenschutzmittel (Abschnitt 3); - Implikationen der wissenschaftlichen Kriterien in den genannten Regelungsbereichen für andere Teile des EU-Rechts (Abschnitt 4); - Andere laufende oder anstehende Maßnahmen der Kommission, die endokrine Disruptoren betreffen (Abschnitt 5). Für den Inhalt der Erläuterungen der Kommission im Einzelnen wird auf den Text der Mitteilung verwiesen. Siehe in diesem Zusammenhang auch das FAQ-Papier der Kommission „Häufig gestellte Fragen: endokrine Disruptoren“, Factsheet der Europäische Kommision vom 15. Juni 2016 (MEMO/16/2151) http://europa.eu/rapid/press-release_MEMO-16-2151_de.htm . Wissenschaftliche Dienste Dokumentation WD 7 – 3000 – 122/16 Seite 7 Der Mitteilung KOM(2016) 350 endg. sind ein Staff Working Document zur Folgenabschätzung, bestehend aus 16 Einzeldokumenten (in englischer Sprache), und als Begleitunterlage deren Zusammenfassung jeweils in den Amtssprachen beigefügt: Commission Staff Working Document: Impact Assessment – Defining criteria for identifying endocrine disruptors in the context of the implementation of the plant protection products regulation and biocidal products regulation Main report, accompanying the document ‘Communication from the Commission to the European Parliament and the Council on endocrine disruptors and the draft Commission acts setting out scientific criteria for their determination in the context of the EU legislation on plant protection products and biocidal products’, SWD(2016) 211 final http://eur-lex.europa.eu/legal-content/EN/TXT/PDF/?uri=CELEX:52016SC0211&rid=1 Arbeitsunterlage der Kommissionsdienststellen: Zusammenfassung der Folgenabschätzung - Begleitunterlage zur Folgenabschätzung zur Festlegung von Kriterien für die Identifizierung von endokrinen Disruptoren im Rahmen der Durchführung der Verordnung über Pflanzenschutzmittel und der Verordnung über Biozidprodukte, SWD(2016) 212 final http://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/TXT/PDF/?uri=CELEX:52016SC0212&rid=1 3. Diskussion der Entwürfe Die von der Kommission vorgelegten Rechtsakte sind zwischenzeitlich in den im Rahmen des weiteren Rechtssetzungsverfahrens beteiligten Gremien6, dem Ständigen Ausschuss für Pflanzen, Tiere, Lebensmittel und Futtermittel 7 und der Sachverständigengruppe der Mitgliedstaaten im Rahmen der Members States Competent Authorities for the implementation of Regulation (EU) No 528/20128, mit der Kommission erörtert worden. Vgl. dazu die Berichterstattung über deren jeweilige Sitzungen am 22. Juni 2016: Summary Report of the Standing Committee on Plants, Animals, Food and Feed held in Brussels on 22 June 2016 http://ec.europa.eu/food/plant/docs/sc_phyto_20160622_pppl_sum.pdf 6 Vgl. dazu KOM(2016) 350 endg., S. 2 Fußnote 7: „Im Fall der Pflanzenschutzmittel stimmt der Ständige Ausschuss über den Text ab (Regelungsverfahren mit Kontrolle). Der Entwurf des delegierten Rechtsaktes zu Biozidprodukten wird in einer Gruppe von Sachverständigen der Mitgliedstaaten erörtert. Bei beiden Maßnahmen sind das Parlament und der Rat einbezogen, wenn auch in unterschiedlichen verfahrenstechnischen Konstellationen (Maßnahmenentwurf im Regelungsverfahren mit Kontrolle und angenommener delegierter Rechtsakt). Um die Kohärenz der beiden Rechtsakte zu gewährleisten, legt die Kommission dem Parlament und dem Rat zwecks Wahrnehmung ihrer Kontrollfunktionen die beiden Texte parallel vor.“ 7 http://ec.europa.eu/food/plant/standing_committees/sc_phytopharmaceuticals/index_en.htm. 8 http://ec.europa.eu/transparency/regexpert/index.cfm?do=groupDetail.groupDetail&groupID=3125&Lang=DE Wissenschaftliche Dienste Dokumentation WD 7 – 3000 – 122/16 Seite 8 65th meeting of representatives of Members States Competent Authorities for the implementation of Regulation (EU) No 528/2012 concerning the making available on the market and use of biocidal products 22 June 2016, http://ec.europa.eu/health/endocrine_disruptors/docs/ev_20160622_mi_en.pdf Ebenso hat sich eine Ad-hoc-Arbeitsgruppe der Advisory Group on the Food Chain, Animal and Plant Health on criteria to identify endocrine disruptors mit den Vorschlägen der Kommission befasst. Vgl. dazu die Berichterstattung über deren Sitzung am 30. Juni 2016: Ad-hoc Working Group meeting of the Advisory Group on the Food Chain, Animal and Plant Health on criteria to identify endocrine disruptors, 30 June 16 http://ec.europa.eu/dgs/health_food-safety/dgs_consultations/docs/dgs-consultations _working-groups_20160630_sum.pdf . In den Gremien sind insbesondere folgende Punkte diskutiert worden: Einhaltung der ihr unionsrechtlich vorgegebenen Durchführungsbefugnisse durch die Kommission, Vereinbarkeit der vorgeschlagenen Bestimmungen mit dem in der EU anzuwendenden Vorsorgeprinzip9, Einfluß der vorgeschlagenen Bestimmungen auf das Schutzniveau in anderen Regelungsbereichen zu Gesundheit und Umwelt, Abweichung der Kommission in den Rechtsaktentwürfen von den Handlungsoptionen der Roadmap von Juni 201410. Die damit verbundenen unionsrechtlichen Fragestellungen sind Gegenstand eines Gutachtens, das die Sonderforschungsgruppe Institutionenanalyse an der Hochschule Darmstadt im Auftrag von Client Earth erstellt hat: Julian Schenten/Martin Führ, The European Commission Proposals and Legal Requirements Concerning the Determination of Scientific Criteria to Identify Endocrine Disruptive Properties of Active Substances, sofia-Studien 16-3, Darmstadt 2016 9 Zur Anwendbarkeit des Vorsorgeprinzips in der EU siehedie Mitteilung der Kommission vom 2.2.2000, KOM (2000) 1 endgültig, abrufbar unter: http://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/TXT/PDF/?uri=CELEX:52000DC0001&rid=1. 10 http://ec.europa.eu/smart-regulation/impact/planned_ia/docs/2014_env_009_endocrine_disruptors_en.pdf. Wissenschaftliche Dienste Dokumentation WD 7 – 3000 – 122/16 Seite 9 http://www.sofia-darmstadt.de/fileadmin/Dokumente/Studien/2016/Online_Schenten _and_Fuehr_Endocrine_disrupters_.pdf . Zu den Ergebnissen des Gutachtens siehe auch die Veröffentlichung der Auftraggeberin: Client Earth (Hrsg.), How will the EU identify EDCs and ban or approve their use?, Juli 2016 http://www.documents.clientearth.org/wp-content/uploads/library/2016-07-08-summaryof -analysis-of-european-commission-proposals-and-legal-requirements-concerning-thedetermination -of-scientific-criteria-to-identify-endocrine-disruptors-coll-en.pdf . Ende der Bearbeitung