Deutscher Bundestag Umgang mit DDR-Symbolen und -Emblemen Sachstand Wissenschaftliche Dienste WD 7 – 3000 - 121/12 Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 7 – 3000 - 121/12 Seite 2 Umgang mit DDR-Symbolen und -Emblemen Verfasser: Aktenzeichen: WD 7 – 3000 - 121/12 Abschluss der Arbeit: 4. Juni 2012 Fachbereich: WD 7: Zivil-, Straf- und Verfahrensrecht, Umweltschutzrecht, Verkehr, Bau und Stadtentwicklung Telefon: Ausarbeitungen und andere Informationsangebote der Wissenschaftlichen Dienste geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Der Deutsche Bundestag behält sich die Rechte der Veröffentlichung und Verbreitung vor. Beides bedarf der Zustimmung der Leitung der Abteilung W, Platz der Republik 1, 11011 Berlin. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 7 – 3000 - 121/12 Seite 3 Inhaltsverzeichnis 1. Einleitung 4 2. Verbreiten von Propagandamitteln verfassungswidriger Organisationen 4 3. Verwenden von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen 5 4. Volksverhetzung 6 5. Uniformverbot nach dem Versammlungsgesetz 8 Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 7 – 3000 - 121/12 Seite 4 1. Einleitung Der vorliegende Sachstand behandelt den Umgang mit DDR-Symbolen und -Emblemen unter rechtlichen Gesichtspunkten. Dabei werden auch die Regelungen angesprochen, die für das Tragen von Uniformen ehemaliger deutscher Streitkräfte wie der NVA, der Wehrmacht oder der Reichswehr maßgeblich sind. Es handelt sich dabei im Wesentlichen um Vorschriften des Strafrechts , aber auch um solche des Polizei- und Ordnungsrechts. Von strafrechtlicher Relevanz sind insbesondere die Tatbestände des Verbreitens von Propagandamitteln verfassungswidriger Organisationen (§ 86 Strafgesetzbuch [StGB]), des Verwendens von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen (§ 86a StGB) und der Volksverhetzung (§ 130 StGB). Eine Verletzung dieser Straftatbestände stellt grundsätzlich auch eine Verletzung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung dar, die nach den einschlägigen bundes- und landesrechtlichen Regelungen der Gefahrenabwehr untersagt und unterbunden werden kann. 2. Verbreiten von Propagandamitteln verfassungswidriger Organisationen Nach § 86 Abs. 1 StGB wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft, wer Propagandamittel einer vom Bundesverfassungsgericht (BVerfG) für verfassungswidrig erklärten Partei oder einer Partei oder Vereinigung, von der unanfechtbar festgestellt ist, dass sie Ersatzorganisation einer solchen Partei ist (§ 86 Abs. 1 Nr. 1 StGB), einer Vereinigung, die unanfechtbar verboten ist, weil sie sich gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder gegen den Gedanken der Völkerverständigung richtet, oder von der unanfechtbar festgestellt ist, dass sie Ersatzorganisation einer solchen verbotenen Vereinigung ist (§ 86 Abs. 1 Nr. 2 StGB), Propagandamittel, die nach ihrem Inhalt dazu bestimmt sind, Bestrebungen einer ehemaligen nationalsozialistischen Organisation fortzusetzen (§ 86 Abs. 1 Nr. 4 StGB), im Inland verbreitet oder zur Verbreitung im Inland oder Ausland herstellt, vorrätig hält, einführt oder ausführt oder in Datenspeichern öffentlich zugänglich macht. Nach § 86 Abs.2 StGB sind Propagandamittel im Sinne dieser Vorschrift nur Schriften (§ 11 Abs. 3 StGB), und zwar solche, deren Inhalt gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung oder den Gedanken der Völkerverständigung gerichtet sind. Als Schrift ist eine Zusammenstellung von Zeichen zu verstehen, die durch Augen oder Tastsinn wahrnehmbar sind und Gedankeninhalte verkörpern.1 Darunter fallen Druckschriften, Uroder Abschriften oder Einzelschriften.2 Durch § 11 Abs. 3 StGB sind Ton- und Bildträger, Datenspeicher , Abbildungen und andere Darstellungen gleichgestellt, wenn die betreffende Strafrechtsvorschrift auf diesen Absatz verweist. Diese Verweisungsvoraussetzung ist zwar in § 86 Abs.2 StGB erfüllt, so dass grundsätzlich auch Symbole und Embleme unter § 86 Abs.1 StGB fallen können. Doch ist der Tatbestand im Falle von DDR-Symbolen und –Emblemen nicht gegeben, weil das BVerfG die DDR als solche und die in ihr existierenden Parteien nicht für verfassungswidrig erklärt hat. 1 BGH, Urteil vom 22. Dezember 1954, BGHSt 13, 375. 2 Fischer, Strafgesetzbuch, 59. Auflage 2012, § 11 Rn. 34. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 7 – 3000 - 121/12 Seite 5 Demgegenüber fällt unter § 86 Abs. 1 Nr. 4 StGB eine Schrift zur Fortsetzung der Bestrebungen einer nationalsozialistischen Organisation – also bspw. der NSDAP, ihrer Gliederungen, Unterorganisationen und angeschlossener Verbände -, nicht aber der ehemaligen Wehrmacht3 und damit der Reichswehr erst recht nicht. Der Deliktsnatur nach ist § 86 Abs.1 StGB als abstraktes Gefährdungsdelikt und zugleich als mittelbare Organisationsstraftat ausgestaltet, da die Regelung sich auch auf rechtsstaatsgefährdende Propaganda bestimmter Organisationen bezieht. Sinn und Zweck von § 86 StGB ist es nicht, allgemein verfassungsfeindliche Meinungsäußerungen unter Strafe zu stellen, sondern verfassungskonform inhaltliche Werbung für die Ziele verfassungsfeindlicher Organisationen zu verhindern.4 3. Verwenden von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen Nach§ 86a Abs.1 Nr. 1 StGB wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft, wer im Inland Kennzeichen einer der in § 86 Abs. 1 Nr. 1, 2 und 4 StGB bezeichneten Parteien oder Vereinigungen verbreitet oder öffentlich, in einer Versammlung oder in von ihm verbreiteten Schriften (§ 11 Abs. 3 StGB) verwendet. Das Gleiche gilt nach § 86a Abs.1 Nr. 2 StGB für denjenigen, der Gegenstände, die derartige Kennzeichen darstellen oder enthalten, zur Verbreitung oder Verwendung im Inland oder Ausland in der in § 86a Abs.1 Nr. 1 StGB bezeichneten Art und Weise herstellt, vorrätig hält, einführt oder ausführt. Im Sinne einer Legaldefinition bezeichnet § 86a Abs. 2 Satz 1 StGB Kennzeichen als „namentlich Fahnen, Abzeichen, Uniformstücke, Parolen und Grußformen“. Den in § 86a Abs. 2 Satz 1 StGB genannten Kennzeichen stehen gemäß § 86a Abs. 2 Satz 2 StGB solche gleich, die ihnen zum Verwechseln ähnlich sind. Das sogenannte FDJ-Hemd erfüllt als Uniformhemd der vom Bundesverwaltungsgericht mit Urteil vom 16. Juli 19545 nach Art. 9 Abs. 2 Grundgesetz (GG) verbotenen Vereinigung „Freie Deutsche Jugend (FDJ) in Westdeutschland“ grundsätzlich die Voraussetzungen des § 86a Abs.1 Nr. 1 in Verbindung mit § 86 Abs.1 Nr. 2 StGB6, es sei denn, das entsprechende Emblem fehlte7. Das Verbot der FDJ und damit ihrer Kennzeichen besteht unabhängig von der Wiedervereinigung Deutschlands fort.8 Allerdings hat das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) bei der Anwendung der Straftatbestände der §§ 86 und 86a StGB die Freiheitsgarantie des Art. 5 Abs. 3 Satz 1 GG (Kunstfreiheit) als einen bei der Abwägung mit anderen Verfassungswerten zu 3 Bartels/Kollorz NStZ 2002, S. 297 (297 f.); Stegbauer JR 2002, S. 182 (184). Aufstellung der erfassten Organisationen : BfV, Symbole und Zeichen der Rechtsextremisten, 2008, S. 45–49. 4 Steinmetz, in: Münchener Kommentar zum StGB, 2. Auflage 2012, § 86 Rn. 2. 5 BVerwGE 1, 184. 6 Fischer, Strafgesetzbuch, 59. Auflage 2012, § 86a Rn. 7. 7 BayObLG, Urteil vom 20. Januar 1987, NJW 1987, S. 1778. 8 Paeffgen, in: Kindhäuser/Neumann/Paeffgen, Strafgesetzbuch, 3. Auflage 2010, § 86a Rn. 10. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 7 – 3000 - 121/12 Seite 6 berücksichtigenden Auslegungsmaßstab herangezogen und auch auf die Werbung für ein Kunstwerk unter Verwendung von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen erstreckt .9 Im konkreten Fall ging es um die Werbung für die Aufführung eines von Bertolt Brecht verfassten Stückes, das er der FDJ gewidmet hatte, durch Mitglieder des Theaterensembles im FDJ-Hemd. Festzuhalten bleibt, dass staatliche Hoheitszeichen nicht schon mangels Organisationsbezugs von vornherein aus dem Kennzeichenbegriff ausscheiden. Es ist auch anerkannt, dass die Kennzeicheneigenschaft grundsätzlich nicht dadurch verlorengeht, dass ein verbotenes Symbol mit einem staatlichen Hoheitszeichen verbunden wird (z. B. Anbringung eines Hakenkreuzes auf dem Rumpf eines mit dem Balkenkreuz versehenen Flugzeugs der Wehrmacht; Verbindung eines [anders als das Hoheitszeichen der NSDAP heraldisch nach rechts gewandten] Reichsadlers mit einem Hakenkreuz; Einfügung eines Hakenkreuzes in die Reichskriegsflagge von 1935).10 Die Bewertung von Einzelheiten ist Tatfrage und kann nicht pauschalisierend erfolgen. Somit lässt sich beispielsweise das öffentliche Feilbieten von NVA-Uniformen nicht per se als Verwendung von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen qualifizieren. 4. Volksverhetzung Unter Umständen kommt bei der Verwendung von DDR-Symbolen und –Emblemen auch der Tatbestand der Volksverhetzung in Betracht. Der Volksverhetzung11 nach § 130 Abs. 1 StGB macht sich strafbar, wer in einer Weise, die geeignet ist, den öffentlichen Frieden zu stören, gegen eine nationale, rassische, religiöse oder durch ihre ethnische Herkunft bestimmte Gruppe, gegen Teile der Bevölkerung oder gegen einen Einzelnen wegen seiner Zugehörigkeit zu einer vorbezeichneten Gruppe oder zu einem Teil der Bevölkerung zum Hass aufstachelt, zu Gewalt- oder Willkürmaßnahmen auffordert (Nr. 1). Strafbar macht sich ferner, wer in gleicher Weise die Menschenwürde anderer dadurch angreift, dass er eine vorbezeichnete Gruppe, Teile der Bevölkerung oder einen Einzelnen wegen seiner Zugehörigkeit zu einer vorbezeichneten Gruppe oder zu einem Teil der Bevölkerung beschimpft, böswillig verächtlich macht oder verleumdet (Nr. 2). Als Strafe droht eine Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren. Weiterhin wird nach § 130 Abs. 2 Nr. 1 StGB mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft, wer Schriften verbreitet oder herstellt, die zum Hass gegen eine vorbezeichnete Gruppe, Teile der Bevölkerung oder gegen einen Einzelnen wegen seiner Zugehörigkeit zu einer vorbezeichneten Gruppe oder zu einem Teil der Bevölkerung aufstacheln, zu Gewalt- oder Will- 9 Beschluss vom 3. November 1987, BVerfGE 77, 240 (253 ff.). 10 Steinmetz (Fn. 4), § 86a Rn. 13. 11 Die nachfolgenden Ausführungen geben in aktualisierter Form im Wesentlichen den Aktuellen Begriff Nr. 78/09 vom 09. Oktober 2009 der Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestages zum Thema Volksverhetzung (Verfasser: Trips-Hebert) wieder. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 7 – 3000 - 121/12 Seite 7 kürmaßnahmen gegen sie auffordern oder ihre Menschenwürde dadurch angreifen, dass sie beschimpft , böswillig verächtlich gemacht oder verleumdet werden. § 130 Abs. 1 Nr. 2 StGB stellt die Verbreitung einer derartigen Darbietung durch Rundfunk, Medien- oder Teledienste unter Strafe. Geschütztes Rechtsgut ist im Falle von § 130 Abs. 1 und 2 StGB nach allgemeiner Auffassung12 der öffentliche Frieden. Teilweise wird auch die Menschenwürde der Betroffenen hinzugezählt.13 Durch die Strafdrohung soll bereits im Vorfeld das Entstehen eines Meinungsklimas verhindert werden, in dem bestimmte Menschen aggressiv ausgegrenzt werden und dadurch die Gefahr geschaffen wird, dass sie auch zu Opfern physischer Gewaltanwendung werden könnten. Die Störung des öffentlichen Friedens muss nicht tatsächlich eintreten – als potenzielles Gefährdungsdelikt 14stellt § 130 StGB bereits eine Handlung unter Strafe, die zum Herbeiführen einer Störung des öffentlichen Friedens geeignet ist. Angriffsobjekt der Volksverhetzung sind Teile der Bevölkerung. Gemeint sind mit diesem Begriff alle im Inland lebenden Personenmehrheiten, die sich auf Grund gemeinsamer äußerer oder innerer Merkmale – z. B. Volkszugehörigkeit, Religion, politische oder weltanschauliche Überzeugung , soziale und wirtschaftliche Verhältnisse, Beruf, soziale Funktion – als eine von der übrigen Bevölkerung unterscheidbare Bevölkerungsgruppe darstellen und die zahlenmäßig von einiger Erheblichkeit, d. h. individuell nicht mehr überschaubar sind.15 Unerheblich ist in diesem Rahmen sowohl, ob es sich um Deutsche oder Ausländer handelt, als auch, ob die Gruppe besonders gefährdet ist – letzteres kann allerdings bei der Frage nach der Eignung zur Friedensstörung von Bedeutung sein. Bevölkerungsteile im Sinne des § 130 StGB sind der Rechtsprechung und Literatur zufolge etwa politische Gruppen, Arbeitgeber und Arbeitnehmer, Besitzende und Besitzlose, die Arbeitslosen, Punker, Behinderte, Bauern, Beamte oder einzelne hinreichend abgrenzbare Beamtengruppen, die Soldaten der Bundeswehr, ferner Einheimische und Vertriebene, Aus- und Übersiedler, Schwaben oder Preußen, Katholiken, Juden, die in der Bundesrepublik lebenden Ausländer, Gastarbeiter oder bestimmte Gastarbeitergruppen, Asylanten bzw. Asylbewerber, Sinti und Roma oder Menschen „anderer Hautfarbe“ 16 Keine Teile der Bevölkerung sind staatliche oder gesellschaftliche Institutionen wie etwa die Bundeswehr, die Kirchen etc.17. Aufstacheln zum Hass im Sinne des § 130 Abs. 1 Nr. 1 1. Alt. StGB ist das Einwirken auf einen Anderen, das objektiv geeignet und als zielgerichtetes Handeln dazu bestimmt ist, bei diesem eine gesteigerte, über die bloße Ablehnung und Verachtung hinausgehende feindselige Haltung gegen den betreffenden Bevölkerungsteil zu erzeugen oder zu steigern.18 Meist erfolgt das Aufsta- 12 Statt aller Kühl, in: Lackner/Kühl, StGB, 27. Auflage 2011, § 130 Rn. 1. 13 Vgl. Stegbauer, Rechtsextremistische Propaganda im Lichte des Strafrechts, 2000, S. 163, 246. 14 BGH, Urteil vom 12. Dezember 2000, BGHSt 46, 212 mit Bespr. Hörnle NStZ 01, S. 309. 15 Vgl. BGH, Urteil vom. 30. Januar 1979, GA 1979, S. 391; Beisel, NJW 1995, S.997 (998). 16 Miebach/Schäfer, in. Münchener Kommentar zum Strafgesetzbuch, Band 2/2, 2005, § 130 Rn. 25. 17 Miebach/Schäfer (Fn. 16), § 130 Rn.23. 18 Vgl. BGH, Urteil vom. 15. November 1967, BGHSt 21, 371 (372). Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 7 – 3000 - 121/12 Seite 8 cheln zum Hass durch Äußerungen, die zugleich ein Beschimpfen im Sinne des § 130 Abs. 1 Nr. 2 StGB sind. Ob mit Beschimpfungen zugleich zum Hass aufgestachelt wird, hängt wesentlich von den Adressaten ab: Sind dies ausschließlich die Angegriffenen selbst, so kommt allein § 130 Abs. 1 Nr. 2 StGB in Betracht, während der Tatbestand des § 130 Abs. 1 Nr. 1 1. Alt. StGB erfüllt ist, wenn damit zugleich bei anderen eine Feindschaft geweckt werden soll. Die Aufforderung zu Gewalt- oder Willkürmaßnahmen nach § 130 Abs. 1 Nr. 1 2. Alt. StGB bedeutet ein über bloßes Befürworten hinausgehendes, ausdrückliches oder konkludentes Einwirken auf andere mit dem Ziel, in ihnen den Entschluss zu Gewalttätigkeiten oder sonstigen diskriminierenden und im Widerspruch zu elementaren Geboten der Menschlichkeit stehenden Behandlungen aller Art hervorzurufen.19 Als Beschimpfen, böswilliges Verächtlichmachen oder Verleumden nach § 130 Abs. 1 Nr. 2 StGB ist das Diffamieren von Bevölkerungsgruppen sowohl durch Tatsachenbehauptungen als auch durch Werturteile erfasst. Erforderlich ist zusätzlich ein Angriff auf die Menschenwürde.20 Zur Erfüllung des Tatbestands ist deshalb grundsätzlich erforderlich, dass der Angriff gegen den Persönlichkeitskern des Opfers, gegen dessen Menschsein als solches gerichtet ist. Ob die Verwendung eines bestimmten DDR-Symbols oder –Emblems unter diese Tatbestände zu fassen ist, hängt vom Einzelfall ab und kann generalisierend nicht beantwortet werden. 5. Uniformverbot nach dem Versammlungsgesetz Nach § 3 Abs.1 Versammlungsgesetz (VersammlG)21 ist es verboten, öffentlich oder in einer Versammlung Uniformen, Uniformteile oder gleichartige Kleidungsstücke als Ausdruck einer gemeinsamen politischen Gesinnung zu tragen. Der Vorschrift liegt die empirische Erfahrung zugrunde , dass das Uniformtragen als Ausdruck politischer Gesinnung nicht nur geeignet ist, die Auswirkung kollektiver Äußerungen zu verstärken, sondern darüberhinaus suggestiv-militante Effekte in Richtung auf einschüchternde uniforme Militanz auszulösen.22 Die Gefährlichkeit des Uniformiertseins wird - wie bei allen der Gefahrenabwehr dienenden abstrakt-generellen Regelungen - unwiderlegbar vermutet, so dass es unerheblich ist, ob eine solche Wirkung im Einzelfall tatsächlich eintreten kann.23 Die Vorschrift verbietet das Tragen von Uniformen nicht nur bei Versammlungen und Aufzügen, sondern in der Öffentlichkeit allgemein.24 19 In diesem Sinne etwa Rackow, in: von Heintschel-Heinegg (Hrsg.), Beck'scher Online-Kommentar StGB, § 130 Rn. 18. 20 Ostendorf, in: Kindhäuser/Neumann/Paeffgen, Strafgesetzbuch, 3. Auflage 2010, § 130 Rn. 14. 21 Versammlungsgesetz in der Fassung der Bekanntmachung vom 15. November 1978 (BGBl. I S. 1789), das zuletzt durch Artikel 2 des Gesetzes vom 8. Dezember 2008 (BGBl. I S. 2366) geändert worden ist. 22 BVerfG (Vorprüfungsausschuss), Beschluss vom 27. April 1982, NJW 1982, S. 1803. 23 BGH, Urteil vom 29. November 1983, NStZ 1984, S. 123. 24 Wache, in: Erbs/Kohlhaas, Strafrechtliche Nebengesetze, Loseblatt, 188. Ergänzungslieferung 2012, § 3 Versamml G Rn. 1. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 7 – 3000 - 121/12 Seite 9 Als Uniformen gelten Kleidungsstücke, die nach Form, Farbe, Schnitt und sonstiger Aufmachung gleichartig sind und von der allgemein üblichen Kleidung abweichen.25 Erfasst werden daher nicht nur staatliche, sondern auch private, z. B. der politischen Verbände, Jugendverbände. Unter Uniformteilen versteht man Kleidungsstücke, die von jedem objektiven Betrachter ohne Schwierigkeiten wegen ihrer Gleichartigkeit als Bestandteil einer Uniform erkannt werden können.26 Gleichartige Kleidungsstücke i. S. des § 3 VersammlG können Kleidung und Bekleidungsbestandteile jeder Art sein, sofern sie Uniformen oder Uniformteilen gleichartig sind.27 Je eindeutiger dabei die Gleichartigkeit der zivilen Kleidungsstücke mit Uniformen in Erscheinung tritt, desto eher ist das Merkmal der Gleichartigkeit erfüllt.28 Mit dieser Einschränkung kann auch das Tragen einheitlicher Hemden, Jacken, Hosen, Röcke, Kopfbedeckungen, Gürtel oder Stiefel genügen, auch wenn sie gegenüber entsprechenden zivilen Kleidungsstücken unverändert geblieben sind. Zur Verwirklichung des Tatbestandes von § 3 Abs.1 VersammlG muss neben dem Tragen von Uniformen, Uniformteilen oder gleichartigen Kleidungsstücken hinzukommen, dass dies als Ausdruck einer gemeinsamen politischen Gesinnung geschieht. Das setzt zunächst eine gemeinsame politische Gesinnung der Uniformträger voraus, bedeutet allerdings nicht, dass mehrere Personen gemeinsam in Uniform auftreten müssen. Auch wer allein in Uniform erscheint und dadurch eine gemeinsame politische Gesinnung zum Ausdruck bringt, erfüllt den Tatbestand.29 Die gemeinsame Gesinnung muss allgemein politischer - nicht notwendig parteipolitischer - Art sein. Daher ist das Uniformtragen zu religiösen, beruflichen (z. B. bei Polizeibeamten), wirtschaftlichen , geselligen, kulturellen oder sportlichen Zwecken nicht untersagt. Entscheidende Voraussetzung des Uniformverbots ist, dass Gleichartigkeit der Kleidung eine die Träger verbindende Gemeinsamkeit in der politischen Grundhaltung zum Ausdruck bringt.30 Das BVerfG hat zum verbotenen Uniformtragen in der Öffentlichkeit aus verfassungsrechtlicher Sicht ausgeführt: „Wegen der damit verbundenen Beeinträchtigung des freien Meinungskampfes ist der Gesetzgeber von Verfassungs wegen nicht gehindert, die Meinungsäußerungsform des öffentlichen Uniformtragens schon in den Ansätzen und auch in ihren Umgehungsformen zu unterbinden . Zu solchen Umgehungsformen gehört insbesondere das gemeinsame Tragen solcher (ziviler) Kleidungsstücke, die im wesentlichen einheitlich aussehen und erkennbar Bezüge zur uniformen Bekleidung historisch bekannter militanter Gruppierungen aufweisen. Von ihrer Gleichartigkeit mit Uniformen kann dabei um so eher ausgegangen werden, wenn die Anlehnung durch zusätzliche Umstände (Abzeichen, Auftreten mit militärischem Gebaren) verstärkt wird. Je eindeutiger die Gleichartigkeit mit Uniformen in Erscheinung tritt, desto eher kann auch das 25 Dietel/Gintzel/Kniesel, Versammlungsgesetz, 16. Auflage 2011, § 3 Rn. 5. 26 Dietel/Gintzel/Kniesel (Fn. 5). 27 BVerfG, NJW 1982, S. 1803. 28 StA Konstanz, Verfügung vom 23.02.1984, NStZ 1984, S. 322. 29 OLG Köln, MDR 1978, S. 76. 30 BGH, Urteil vom 29.11.1983, NStZ 1984, S. 123. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 7 – 3000 - 121/12 Seite 10 scheinbar verstreute demonstrative Auftreten entsprechend gekleideter Gruppenmitglieder in der Öffentlichkeit als ein von § 3 VersammlG erfasster Tatbestand beurteilt werden.“31 31 BVerfG NJW 1982, S. 1803.