Internationales Urheberrecht Überblick und Zukunftsthemen - Ausarbeitung - © 2009 Deutscher Bundestag WD 7 - 3000 - 119/09 Wissenschaftliche Dienste des Deutschen Bundestages Verfasser: Internationales Urheberrecht Überblick und Zukunftsthemen Ausarbeitung WD 7 - 3000 - 119/09 Abschluss der Arbeit: 4. August 2009 Fachbereich WD 7: Zivil-, Straf- und Verfahrensrecht, Umweltschutzrecht, Verkehr, Bau und Stadtentwicklung Telefon: Ausarbeitungen und andere Informationsangebote der Wissenschaftlichen Dienste geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Die Arbeiten der Wissenschaftlichen Dienste sind dazu bestimmt, Mitglieder des Deutschen Bundestages bei der Wahrnehmung des Mandats zu unterstützen. Der Deutsche Bundestag behält sich die Rechte der Veröffentlichung und Verbreitung vor. Beides bedarf der Zustimmung der Leitung der Abteilung W. Inhalt 1. Einleitung 4 2. Die anwendbare Rechtsordnung 4 3. Internationale Regelungen 6 4. Zukünftige Themen 7 4.1. Universalitätsprinzip 7 4.2. Kollisionsrechtliche Anknüpfung 7 4.2.1. Ursprungslandprinzip 8 4.2.2. Vermittelnde Lösung 9 4.2.3. Ursprung der Dienstleistung 9 4.3. Umsetzung WCT 9 4.4. Rolle der kollektiven Rechtewahrnehmung im digitalen Umfeld 10 5. Literaturverzeichnis 11 - 4 - 1. Einleitung Der Begriff „internationales Urheberrecht“ kann in unterschiedlicher Weise verstanden werden: - Zum einen wird mit ihm das einzelstaatliche Urheberkollisionsrecht bezeichnet, also derjenige Teil des jeweiligen staatlichen Internationalen Privatrechts (IPR), der bei Sachverhalten mit Auslandsberührung bestimmt, welchen Staates Urheberrecht Anwendung finden soll.1 - Zum anderen wird als internationales Urheberrecht sämtliches international geltende bzw. basierte Urheberrecht bezeichnet, das sowohl materielle urheberrechtliche als auch kollisionsrechtliche Regelungen enthalten kann.2 - Schließlich kann zum internationalen Urheberrecht auch die Summe der oben genannten Bereiche gezählt werden – ausgehend von der Frage, welche urheberrechtlichen Regelungen bei Fällen mit internationalem Bezug gelten. Da eine strikte Abgrenzung des einzelstaatlichen Urheberkollisionsrechts vom staatsvertraglich vereinbarten Urheberrecht bereits insofern wenig Erkenntnisgewinn verspricht, als ersteres in weiten Teilen auf letzterem basiert, wird im Folgenden das letztgenannte, weitestgehende Begriffsverständnis zugrunde gelegt. Unter internationalem Urheberrecht wird mithin im vorliegenden Zusammenhang sämtliches international geltendes bzw. normiertes Urheberrecht sowie derjenige Teil des jeweiligen staatlichen IPR verstanden , der bei Sachverhalten mit Auslandsberührung bestimmt, welchen Staates Urheberrecht Anwendung finden soll.3 Aus der Perspektive eines betroffenen deutschen, international tätig werdenden Urhebers stellen sich in Bezug auf das so verstandene internationale Urheberrecht zwei grundsätzliche Fragen: Diejenige nach der anwendbaren staatlichen Rechtsordnung sowie die nach den Auswirkungen relevanter internationaler Regelungen. Beide Fragestellungen werden nachfolgend summarisch behandelt, wobei ein Augenmerk auf mögliche zukünftigen Entwicklungen in diesem Rechtsgebiet gelegt wird.4 2. Die anwendbare Rechtsordnung Es gibt im internationalen Recht kein einheitlich geltendes Urheberrecht. Stattdessen gilt – wie grundsätzlich bei Immaterialgüterrechten – das Territorialitätsprinzip: Jeder 1 Hartmann, in: Möhring/Nicolini (2000), Fünfter Teil, Vorbemerkungen Int. Urheberrecht, Rdn. 1. 2 Hartmann (wie Fußn. 1). 3 Eine gute, allgemeinverständliche Übersicht bietet das Dossier „Urheberrecht“ der Bundeszentrale für Politische Bildung, http://www.bpb.de/themen/QLYR2Q,0,Urheberrecht_weltweit.html (Stand: 3. August 2009). 4 Eine solche Übersicht ist notgedrungen lückenhaft und kursorisch, da ein Gesamtüberblick über das internationale Urheberrecht ebenso wie eine Analyse sämtlicher möglicher Entwicklungen den vorliegenden Rahmen sprengen würde - 5 - Staat hat sein eigenes Urheberrecht, dessen Wirkung sich auf sein Territorium erstreckt und beschränkt.5 Dies führt dazu, dass ein- und dasselbe Werk, wenn es international verbreitet wird, gleichzeitig einem so genannten „Bündel“ an Urheberrechtsordnungen unterfällt und je nach deren Gehalt unterschiedlich beurteilt werden kann (Bündeltheorie ).6 Die internationalen Bestimmungen – namentlich die revidierte Berner Übereinkunft (RBÜ)7, das Welturheberrechtsabkommen (WUA)8, das TRIPS-Übereinkommen9 und das EG-Recht10 – enthalten neben allgemeinen Begriffsbestimmungen lediglich gewisse Mindestrechte sowie den Grundsatz der Inländergleichbehandlung.11 Ziel der internationalen Bestimmungen ist grundsätzlich eine Harmonisierung der einzelstaatlichen Urheberrechtsordnungen, ohne ihren Geltungsbereich selbst einzuschränken.12 Das autonome deutsche IPR enthält keine ausdrückliche Kollisionsnorm für das Urheberrecht .13 Allerdings legt seit Anfang 2009 Art. 8 der Rom-II-Verordnung der EG mit unmittelbarer Wirkung auch für Deutschland fest, dass auf außervertragliche Schuldverhältnisse aus einer Verletzung von Rechten des geistigen Eigentums das Recht des Staates anzuwenden ist, für dessen Gebiet der Schutz beansprucht wird (Schutzlandrecht , lex loci protectionis).14 Mit dieser Festlegung für einen Teilaspekt des Urheberrechts stimmt die Rom-II- Verordnung überein mit der ständigen deutschen Rechtsprechung, die das Urheberrecht insgesamt der lex loci protectionis unterstellt.15 Das Schutzlandrecht bestimmt danach sowohl über das Entstehen als auch über Inhalt und Bestand des Urheberrechts.16 Eben- 5 v. Welser, in: Wandtke/Bullinger (2009), Vor §§ 120 ff Rdn. 5. 6 v. Welser (wie Fußn. 5). 7 Berner Übereinkunft zum Schutz von Werken der Literatur und Kunst vom 9. September 1886 (BGBl. 1973 II S. 1071), zuletzt geändert durch Änderungsbeschluss vom 2. Oktober 1979 (BGBl. 1985 II S. 81). 8 Welturheberrechtsabkommen vom 6. September 1952 (BGBl. 1955 II S. 102), revidiert in Paris am 24. Juli 1971 (BGBl. 1973 II S. 1111). 9 Übereinkommen über handelsbezogene Aspekte der Rechte des geistigen Eigentums vom 15. April 1994 (BGBl. II S. 1730), zuletzt geändert durch Änderung vom 6. Dezember 2005 (Amtsblatt der Europäischen Union 2007 Nr. L 311 S. 37). 10 Insbesondere die „Rom-II-Verordnung“ (Verordnung (EG) Nr. 864/2007 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. Juli 2007 über das auf außervertragliche Schuldverhältnisse anzuwendende Recht, ABl. Nr. L 199 S. 40). 11 Bollacher (2005), S. 10. 12 Bollacher (wie Fußn. 11). 13 v. Welser, in: Wandtke/Bullinger (2009), Vor §§ 120 ff Rdn. 3. 14 v. Welser (wie Fußn. 13). 15 BGH, Wettbewerb in Recht und Praxis (WRP) 2007, 1219, 1222 Rdn. 24; BGH, Gewerblicher Rechtsschutz und Urheberrecht (GRUR) 2007, 691, 692; BGH, GRUR 2004, 421, 422; BGHZ 126, 252, 255; BGHZ 136, 380. 16 v. Welser, in: Wandtke/Bullinger(2009), Vor §§ 120 ff Rdn. 4. - 6 - so werden die erste Inhaberschaft und die Übertragbarkeit des Urheberrechts nach diesem Recht beurteilt.17 Für den international tätigen bzw. seine Werke international verbreitenden Urheber bedeutet dies, dass er sich bei der Geltendmachung seines Rechts jeweils auf die Rechtsordnung des Landes stützen muss, für dessen Gebiet er Schutz beansprucht. Aufgrunddessen kann er sich insbesondere auch hinsichtlich eines von ihm in seinem Heimatland erschaffenen Werks gegenüber im Ausland befindlichen Verletzern nicht auf sein Heimat -Urheberrecht berufen. 3. Internationale Regelungen Das oben geschilderte Nebeneinander der unterschiedlichen staatlichen Urheberrechtsordnungen und die Anwendung des Schutzlandsrechts können sich für den international tätigen Urheber insbesondere dann unvorteilhaft auswirken, wenn die jeweiligen Staaten ganz erheblich abweichende Urheberrechts-Regelungen vorhalten bzw. wenn Staaten Schutz suchende Urheber aus anderen Ländern gegenüber den eigenen Staatsangehörigen diskriminieren. An dieser Stelle setzen deshalb bereits seit dem 19. Jahrhundert internationale urheberrechtliche Abkommen an: Diese haben zum zentralen Ziel, den Angehörigen der unterzeichnenden Staaten zuzusichern, im Falle einer Urheberrechtsstreitigkeit genauso gestellt zu werden, wie die jeweiligen eigenen Staatsangehörigen – so genanntes „Prinzip der Inländerbehandlung“.18 Darüber hinaus enthalten einige völkerrechtliche Verträge so genannte Mindestrechte, die die jeweiligen Mitgliedstaaten auffordern, ihr nationales Urheberrecht einem international einheitlichen Standard anzugleichen.19 Mindestrechte sind insofern ein Ansatz für ein international materiell harmonisiertes Urheberrecht.20 Ein Urheber kann sich unter Umständen sogar unmittelbar auf die RBÜ berufen, soweit sie nach Inhalt und Form als privatrechtlicher Rechtssatz anwendbar ist.21 Da die RBÜ so ausgestaltet ist, dass in den Genuss der dortigen Zusicherungen nur Angehörige jener Staaten kommen, die ebenfalls Vertragsstaat sind, geht von ihr ein starker Druck auf Staaten aus, sich ebenfalls der Konvention anzuschließen. Dem entspre- 17 v. Welser (wie Fußn. 16). 18 Wandtke, in: Wandtke/Bullinger (2009), Einleitung Rdn. 82 f. Konkret ist dieses Prinzip in Art. 5 Abs. 1 RBÜ, Art. II Abs. 1 WUA sowie Art. 3 Abs. 1 TRIPS enthalten. 19 Wandtke, in: Wandtke/Bullinger (2009), Einleitung Rdn. 84. 20 Wandtke (wie Fußn. 19). 21 RGZ 124, 204, 206; BGHZ 11, 135, 138. - 7 - chend haben derzeit 164 Staaten die RBÜ unterzeichnet.22 Die Bedeutung der RBÜ wurde durch das TRIPS-Übereinkommen der Welthandelsorganisation (WTO) abermals deutlich gestärkt: Da nach Art. 9.1 TRIPS die Mitgliedstaaten die wesentlichen Elemente der RBÜ gewährleisten müssen, sind sämtliche 153 WTO-Mitgliedstaaten23 auf diesem Wege auch in wesentlichem Umfang an die RBÜ gebunden.24 4. Zukünftige Themen 4.1. Universalitätsprinzip Gerade angesichts der fortschreitenden Globalisierung sowie des Einsatzes moderner Kommunikationstechnologien insbesondere im Internet wird in der Wissenschaft grundlegend erörtert, ob das überkommene Territorialitätsprinzip im Urheberrecht noch zeitgemäß sei. Überwiegend wird hierbei die Auffassung vertreten, dass dies nicht der Fall ist, sondern dass das Territorialitätsprinzip „überholt“ sei.25 Ein wesentlicher Rechtfertigungsgrund für das Territorialitätsprinzip bei geistigen Eigentumsrechten – der staatliche Verleihungsakt26 – liege beim Urheberrecht ohnehin nicht vor.27 Vor allem aber wird in diesem Zusammenhang angeführt, dass die Bündeltheorie in Zeiten globaler Verbreitung von Werken nicht mehr zeitgemäß sei und die Verbreitung von urheberrechtlich relevanten Inhalten unsachgemäß erschwere. Die ökonomische Vernunft gebiete unter dem Aspekt der Freiheit des Warenverkehrs und der globalen Vermarktung urheberrechtlich relevanter Werke die Ausgestaltung eines einheitlichen Welturheberrechts , das neben den vermögensrechtlichen Befugnissen der Urheber, Künstler und Produzenten auch die Urheberpersönlichkeitsrechte der ausübenden Künstler gebührend beachte.28 4.2. Kollisionsrechtliche Anknüpfung Auch die kollisionsrechtliche Behandlung des Urheberrechts gerät angesichts der Globalisierung und der immer stärkeren Bedeutung des Internets verstärkt in den Fokus der wissenschaftlichen und rechtspolitischen Diskussion.29 Insbesondere die WIPO als die für Fragen des geistigen Eigentums fachlich zuständige internationale Organisation 22 Mitgliederzahl laut http://www.wipo.int/treaties/en/ShowResults.jsp?lang=en&treaty_id=15 (Stand: 24. Juli 2009). 23 Mitgliederzahl laut http://www.wto.org/english/theWTO_e/whatis_e/tif_e/org6_e.htm (Stand: 24. Juli 2009). 24 WTO, http://www.wto.org/english/tratop_e/trips_e/intel2_e.htm (Stand: 24. Juli 2009). 25 Wandtke, in: Wandtke/Bullinger (2009), Einleitung Rdn. 81; v. Welser, in: Wandtke/Bullinger (2009), Vor §§ 120 ff Rdn. 5. 26 Also etwa die Patenterteilung oder die Eintragung einer Marke. 27 Wandtke, in: Wandtke/Bullinger (2009), Einleitung Rdn. 81. 28 Wandtke (wie Fußn. 27). 29 Vgl. etwa Klass (2008) m. w. N. - 8 - misst dem kollisionsrechtlichen Aspekt bei geistigen Eigentumsrechten und damit auch beim Urheberrecht eine große und steigende Bedeutung zu:30 „Questions of private international law have assumed increasing importance in the field of intellectual property as markets have become increasingly global. With the advent of the Internet, these questions have become both more pressing and complex. Because of the global nature of the Internet, it has become increasingly difficult to apply territorial connecting factors, and to determine, with reasonable certainty, which court will have jurisdiction and which laws will apply.“31 In der wissenschaftlichen Diskussion herrscht im Bereich des Urheberkollisionsrechts die kritische Auseinandersetzung mit der überkommenen Anknüpfung an die lex loci protectionis vor.32 Verbunden mit der Kritik sind unter anderem die folgenden alternativen Vorschläge für die Anknüpfung des anwendbaren Urheberrechts: 4.2.1. Ursprungslandprinzip Wohl am häufigsten wird schon seit längerer Zeit von einigen Autoren das Ursprungslandprinzip – in unterschiedlicher Ausgestaltung – befürwortet.33 Vorgeschlagen wird hierbei, ein einmal im Ursprungsland entstandenes Urheberrecht anzuerkennen und nur für Einzelfragen des Schutzes nach dem Schutzlandrecht zu beurteilen.34 Der Urheber würde hiernach kein Bündel von nationalen Rechten erwerben, sondern ein einziges, weltweit geltendes Urheberrecht nach dem Recht des Landes der Erstveröffentlichung bzw. seinem Heimatrecht bei einem unveröffentlichten Werk.35 Am Schutzlandprinzip kritisieren die Vertreter des Ursprungslandprinzips unter anderem, dass es einseitig den Verletzer begünstige, der sich mit dem Eingriffsort zugleich das anwendbare Recht aussuchen könne.36 Die Wahrscheinlichkeit, dass sich das Ursprungsprinzip in Zukunft in praxi durchsetzt, wird zurückhaltend beurteilt.37 30 Vgl. etwa Thum (2001). 31 WIPO Forum on Private International Law and Intellectual Property, Background Paper WIPO/PIL/01/9, 2001, S. 2, abrufbar unter http://www.wipo.int/search/cs.html?charset=utf- 8&url=http%3A//www.wipo.int/edocs/mdocs/mdocs/en/wipo_pil_01/wipo_pil_01_9.doc&qt=prime r+electronic+commerce+private+international+law&col=meetings&n=2&la=en (Stand: 29. Juli 2009). 32 v. Welser, in: Wandtke/Bullinger (2009), Vor §§ 120 ff Rdn. 5 m. w. N. 33 Nachweise bei v. Welser, in: Wandtke/Bullinger (2009), Vor §§ 120 ff Rdn. 6 ff. 34 v. Welser, in: Wandtke/Bullinger (2009), Vor §§ 120 ff Rdn. 6 m.w.N. 35 Hoeren, in: Hoeren/Sieber (2000), Teil 7.8 Rdn. 36. 36 v. Welser (wie Fußn. 34). 37 Vgl. Hoeren, in: Hoeren/Sieber (2000), Teil 7.8 Rdn. 38. - 9 - 4.2.2. Vermittelnde Lösung Mitunter werden auch zwischen Ursprungs- und Schutzlandprinzip vermittelnde Lösungen vertreten.38 So wird empfohlen, zwischen dem Urheberrecht der ersten Inhaberschaft und dem auf Urheberrechtsverletzungen anwendbaren Recht zu unterscheiden.39 Bei Verletzungen bestimme schon die Rom-II-Verordnung die Geltung des Schutzlandprinzips . Damit sei aber noch nichts gesagt über das für die Entstehung und die damit verbundene erste Inhaberschaft des Urheberrechts maßgebliche Rechtsordnung.40 Diese könne und sollte deshalb der Rechtsordnung des Ursprungslands unterstellt werden – schon weil der Inhaber im In- und Ausland derselbe sein müsse.41 4.2.3. Ursprung der Dienstleistung Eine weitere Möglichkeit besteht darin, die Rechtsordnung des Landes zur Anwendung zu berufen, in dem eine Dienstleistung ihren Ursprung hat. Eine solche Anknüpfung, die auch die EU-Kommission zeitweilig verfolgt hat42, wird als Möglichkeit gesehen, gerade für den Fall der Internet-Verbreitung von Werken statt eines Bündels eine einzige Rechtsordnung zu berufen, da hierbei auf das „Uploading“ der Inhalte ins Internet abzustellen wäre.43 Kritisch wird hierzu angemerkt, dass eine solche Anknüpfung gerade im Fall des Internets der Manipulation insofern Tür und Tor geöffnet würde, als durch das schlichte Aufstellen des „uploadenden“ Computers in einem „Urheberrechtsparadies “ geringste urheberrechtliche Schutzstandards zur Anwendung gebracht werden könnten.44 4.3. Umsetzung WCT 1996 hat die WIPO als Ergänzung zur RBÜ den WIPO-Urheberrechtsvertrag (WCT) verabschiedet.45 Er soll den Rahmen für die Anpassung der nationalen Urheberrechtsgesetze an die Anforderungen „digitaler Netzmedien“ darstellen. So wird etwa der Schutz von Computerprogrammen dem Schutz literarischer Werke nach der RBÜ gleichgestellt. Die Richtlinie 2001/29/EG zur Harmonisierung bestimmter Aspekte des 38 v. Welser, in: Wandtke/Bullinger (2009), Vor §§ 120 ff Rdn. 11. 39 Vgl. etwa Schack (1985), S. 525. 40 v. Welser (wie Fußn. 38). 41 v. Welser (wie Fußn. 38). 42 Nämlich im 1995 veröffentlichten Grünbuch der Kommission der EG „Urheberrecht und verwandte Schutzrechte in der Informationsgesellschaft“ (KOM (95) 382 endg.), S. 41 f. (vgl. Hoeren, in: Hoeren /Sieber (2000), Teil 7.8 Rdn. 39.) 43 Hoeren (wie Fußn. 42). 44 Hoeren, in: Hoeren/Sieber (2000), Teil 7.8 Rdn. 41. 45 Amtsblatt der Europäischen Union L 89/8 vom 11. April 2000. - 10 - Urheberrechts und der verwandten Schutzrechte in der Informationsgesellschaft diente der Umsetzung des WCT im Gebiet der EU.46 In diesem Zusammenhang erachtet die WIPO als ein Zukunftsthema die in digitalen Netzmedien zur Anwendung gelangenden technischen Schutzmaßnahmen.47 Zum einen wird die positive Wirkung derselben betont, indem sie es den Rechteinhabern ermöglichen, ihre Werke vor dem unberechtigten Zugriff zu schützen. Zum anderen aber wird kritisch betrachtet, dass solche Schutzmechanismen Rechteinhabern auch die Möglichkeit bieten können, den Zugang zu ihren Werken über die vom Urheberrecht vorgesehenen Grenzen hinaus einzuschränken und hierdurch das öffentliche Interesse am Zugang zu beeinträchtigen.48 Zwischen diesen beiden Polen müsse ein sinnvoller Mittelweg etabliert werden.49 4.4. Rolle der kollektiven Rechtewahrnehmung im digitalen Umfeld Ein weiteres Themenfeld, das die WIPO bereits seit 1997 als Zukunftsthema identifiziert , ist die Frage der kollektiven Rechtewahrnehmung im digitalen Umfeld. Konkret stellt sich insbesondere angesichts der globalen digitalen Netzwerke die Frage, wie die klassischen Verwertungsgesellschaften mit den veränderten Rahmenbedingungen umgehen sollen. Nicht zuletzt die aktuelle Diskussion um Google Books verdeutlicht die Aktualität dieser Thematik.50 46 Vgl. Erwägungsgrund 15 der Richtlinie. 47 WIPO, Standing Committee on Copyright and Related Rights, Eighth Session 2002, Short Description of Possible Subjects for Future Review by the Standing Committee (SCCR/8/2), S. 5 f. (http://www.wipo.int/edocs/mdocs/copyright/en/sccr_8/sccr_8_2.pdf , Stand: 31. Juli 2009). 48 WIPO (o. Fußn. 47), S. 6 Ziff. 21. 49 WIPO (o. Fußn. 47), S. 6 Ziff. 21. 50 Vgl. hierzu etwa (2009), S. 12. - 11 - 5. Literaturverzeichnis Bollacher, Philipp (2005). Internationales Privatrecht, Urheberrecht und Internet: Das auf länderübergreifende Sachverhalte anwendbare Recht. Frankfurt am Main: Lang, 2005. Europäische Hochschulschriften. Zugl.: Tübingen, Univ., Diss., 2004. (2009). Das Für und Wider der urheberrechtlichen Diskussion im Zusammenhang mit dem „Heidelberger Appell“ – Google Buchsuche und Open Access. Deutscher Bundestag, Wissenschaftliche Dienste. Infobrief WD 10 – 3000 - 068/09. Im Intranet abrufbar unter http://www.bundestag.btg/ButagVerw/Abteilungen/W/Ausarbeitungen/Einzelpublika tionen/Ablage/2009/Das_Fuer_und_Wid_1248785377.pdf. Gerlach, Tilo (2008). Ausübende Künstler als Kreative 2. Klasse? Teilhabe der ausübenden Künstler an den Schutznormen des UrhG und des UrhWahrnG. In: Zeitschrift für Urheber- und Medienrecht (ZUM) 2008, Heft 5, S. 372 Hoeren/Sieber (2000). Handbuch Multimedia-Recht: Rechtsfragen des elektronischen Geschäftsverkehrs. Hrsg. von Thomas Hoeren. München: Beck. Losebl.-Ausg. [Hauptbd.] 2000. Klass, Nadine (2007). Das Urheberkollisionsrecht der ersten Inhaberschaft – Plädoyer für einen universalen Ansatz. In: Gewerblicher Rechtsschutz und Urheberrecht, Internationaler Teil (GRUR Int) 2007, Heft 5, S. 373. Möhring/Nicolini (2000). Urheberrechtsgesetz: Kommentar. Hrsg. von Käte Nicolini. 2. Aufl. München: Vahlen. Schack, Haimo (1985). Urheberrechtsverletzung im internationalen Privatrecht aus der Sicht des Kollisionsrechts. In: GRUR int 1985, Heft 8-9, S. 523 ff. Thum, Dorothee (2001). Internationalprivatrechtliche Aspekte der Verwertung urheberrechtlich geschützter Werke im Internet – Zugleich Bericht über eine WIPO- Expertensitzung in Genf. In: GRUR Int 2001, Heft 1, S. 9 Wandtke-Bullinger (2009). Praxiskommentar zum Urheberrecht. Hrsg. von Artur-Axel Wandtke. 3., neu bearb. Aufl. – München: Beck. Zitiert.: „Wandtke-Bullinger“.