© 2020 Deutscher Bundestag WD 7 - 3000 - 113/20 Einzelfragen zur Anwendbarkeit des Personenbeförderungsgesetzes auf Abschleppdienste Sachstand Wissenschaftliche Dienste Die Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestages unterstützen die Mitglieder des Deutschen Bundestages bei ihrer mandatsbezogenen Tätigkeit. Ihre Arbeiten geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Arbeiten der Wissenschaftlichen Dienste geben nur den zum Zeitpunkt der Erstellung des Textes aktuellen Stand wieder und stellen eine individuelle Auftragsarbeit für einen Abgeordneten des Bundestages dar. Die Arbeiten können der Geheimschutzordnung des Bundestages unterliegende, geschützte oder andere nicht zur Veröffentlichung geeignete Informationen enthalten. 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Einleitung Im Rahmen der Pannenhilfe kann es vorkommen, dass ein Abschleppdienst nicht nur ein liegengebliebenes Fahrzeug abschleppt, sondern auch dessen Insassen die Mitfahrt in der Fahrerkabine eines Abschleppfahrzeugs mit Tiefladefunktion ermöglicht. Hieraus ergibt sich die Rechtsfrage, inwieweit dies die grundsätzliche Genehmigungspflicht bei Personenbeförderung im Sinne von §§ 1 f. Personenbeförderungsgesetz (PBefG)1 auslösen kann. Neben der Notwendigkeit einer solchen Genehmigung bedeutete dies ebenfalls regelmäßig, dass die den Abschleppwagen führende Person neben ihrer regulären Fahrerlaubnis auch über eine Fahrerlaubnis zur Fahrgastbeförderung („Personenbeförderungsschein“) verfügen müsste.2 2. Anwendbarkeit des PBefG Der sachliche Geltungsbereich des PBefG ist in dessen § 1 festgeschrieben: „(1) Den Vorschriften dieses Gesetzes unterliegt die entgeltliche oder geschäftsmäßige Beförderung von Personen mit Straßenbahnen, mit Oberleitungsomnibussen (Obussen) und mit Kraftfahrzeugen. Als Entgelt sind auch wirtschaftliche Vorteile anzusehen, die mittelbar für die Wirtschaftlichkeit einer auf diese Weise geförderten Erwerbstätigkeit erstrebt werden.“ (2) Diesem Gesetz unterliegen nicht Beförderungen 1. mit Personenkraftwagen, wenn diese unentgeltlich sind oder das Gesamtentgelt die Betriebskosten der Fahrt nicht übersteigt; […] Satz 1 Nummer 1 gilt auch, wenn die Beförderungen geschäftsmäßig sind.“3 2.1. Entgeltliche oder geschäftsmäßige Personenbeförderung mit Kraftfahrzeugen (Kfz) Fraglich ist, ob die Mitnahme von Personen in Abschleppfahrzeugen vom Ort der Panne als entgeltliche oder geschäftsmäßige Personenbeförderung mit Kfz aufzufassen ist. Soweit ersichtlich, ist diese Frage bislang weder im Rahmen der gerichtlichen Praxis noch in der rechtswissenschaftlichen Literatur thematisiert worden. 1 Personenbeförderungsgesetz (PBefG) in der Fassung der Bekanntmachung vom 8. August 1990 (BGBl. 1990 I S. 1690), zuletzt geändert durch Art. 329 Elfte Zuständigkeitsanpassungsverordnung vom 19. Juni 2020 (BGBl. 2020 I S. 1328), abrufbar unter: https://www.gesetze-im-internet.de/pbefg/ (letzter Abruf dieser und aller weiteren Internetquellen: 16. Oktober 2020). 2 § 48 Abs. 1 Alternative 2, Abs. 2 ff. Verordnung über die Zulassung von Personen zum Straßenverkehr (Fahrerlaubnis -Verordnung – FeV) vom 13. Dezember 2010 (BGBl. 2010 I S. 1980), zuletzt geändert durch Art. 4 54. Verordnung zur Änderung straßenverkehrsrechtlicher Vorschriften vom 20. April 2020 (BGBl. 2020 I S. 814), abrufbar unter: https://www.gesetze-im-internet.de/fev_2010/. 3 § 1 PBefG [Hervorhebungen diesseits]. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 7 - 3000 - 113/20 Seite 5 Hierbei dürfte zunächst eine Beförderung von Personen mit Kfz im Sinne des PBefG vorliegen. Eine Personenbeförderung ist bereits „[…] das Fortbewegen mindestens eines Fahrgastes mit einem Fahrzeug von einem Ort zum anderen, unabhängig von dem damit verfolgten Zweck“.4 Hierunter dürfte die Mitfahrt der Insassen des liegengebliebenen Fahrzeugs im Abschleppfahrzeug fallen. Letzteres ist auch ein Kfz im Sinne des PBefG.5 Ob zugleich als Hauptzweck der Beauftragung eine Sache transportiert wird, wie hier wohl das abgeschleppte Fahrzeug, ist nach der Rechtsprechung unbeachtlich.6 Explizit wurde dies mehrmals zu Sachverhalten entschieden, bei denen neben der Beförderung von Haustieren auch die zusätzliche kostenlose Beförderung einer Begleitperson Vertragsbestandteil war („Tiertaxi“).7 Daneben müsste § 1 Abs. 1 PBefG zufolge die Personenbeförderung jedoch auch entgeltlich oder geschäftsmäßig erfolgen.8 Als Entgelt ist hierbei jede Gegenleistung durch Beförderte oder Dritte zu verstehen, die mit einer Beförderung angestrebt wird.9 Hierunter fallen auch mittelbare wirtschaftliche Vorteile.10 Der Begriff der Geschäftsmäßigkeit ist noch weiter und umfasst jede auf Dauer gerichtete, in Wiederholungsabsicht vorgenommene Beförderung.11 Eine entgeltliche oder geschäftsmäßige Personenbeförderung liegt gemäß der bisherigen Judikatur zu diesen Merkmalen jedenfalls nahe, soweit sich das Abschleppunternehmen zur Personenbeförderung im Rahmen des Abschleppverhältnisses vertraglich verpflichtet: In der Regel liegt einem Abschleppvorgang ein privatrechtliches Vertragsverhältnis zwischen dem Abschleppunternehmen und der Auftrag gebenden Person (etwa die Fahrzeugführenden oder ein zwischengeschalteter Automobilclub) zugrunde.12 Hierbei ist nach der bereits angesprochenen Rechtsprechung zu „Tiertaxis“ unbeachtlich, ob die Personenmitnahme gesondert zu zahlen oder lediglich 4 Kammergericht (KG) Berlin, Beschluss vom 30. Juli 1984 – 3 Ws (B) 218/84 –, zitiert nach Verkehrsrechts- Sammlung (VRS) 67, S. 276. 5 Nach der gesetzlichen Definition in § 4 Abs. 4 PBefG sind Kfz im Sinne des Gesetzes Straßenfahrzeuge, die durch eigene Maschinenkraft bewegt werden, ohne an Schienen oder eine Fahrleitung gebunden zu sein. 6 Bundesverwaltungsgericht (BVerwG), Beschluss vom 18. Februar 1993 – 7 B 16/93 –, Randnummer 3; Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg, Urteil vom 1. Dezember 1992 – 14 S 2038/91 –, Randnummer 17 (beide zitiert nach juris); KG Berlin (Fußnote 4), S. 277. 7 Ebenda. 8 § 1 Abs. 1 Satz 1 PBefG. 9 Zuletzt BVerwG, Urteil vom 8. Mai 2019 – 10 C 1/19 –, Randnummer 15 (zitiert nach juris). Vergleiche auch bereits die Begründung der Bundesregierung zum Entwurf eines Personenbeförderungsgesetzes vom 8. März 1958 (BT-Drs. 3/255), S. 24, abrufbar unter: http://dipbt.bundestag.de/doc/btd/03/002/0300255.pdf. 10 § 1 Abs. 1 Satz 2 PBefG. 11 BT-Drs. (Fußnote 9), S. 24; BVerwG (Fußnote 9), Randnummer 17. Vergleiche auch Bundesgerichtshof (BGH), Urteil vom 28. Mai 1991 – VI ZR 291/90 –, Randnummer 15 (zitiert nach juris). 12 Oberlandesgericht (OLG) Koblenz, Urteil vom 23. Februar 2006 – 12 U 230/05 –, Orientierungssatz 1 (zitiert nach juris). Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 7 - 3000 - 113/20 Seite 6 als zusätzlicher Service zur vertraglichen Hauptleistung des Gütertransports ausgestaltet ist.13 Denn nach den betreffenden Urteilen sei in solchen Konstellationen bereits die Entgeltlichkeit zu bejahen, da sich die bezahlte Beförderungsleistung nicht in einen entgeltlichen und unentgeltlichen Teil aufspalten lasse, sondern eine einheitliche entgeltliche Gesamtleistung darstelle.14 Falls somit in „Abschleppverträgen“ explizit – etwa in schriftlichen Vertragsbedingungen – die Personenmitnahme vereinbart ist, impliziert dies die Anwendbarkeit des PBefG. Zu beachten ist weiter, dass nach allgemeinen privatrechtlichen Regelungen vertragliche Verpflichtungen bereits durch schlüssiges Verhalten begründet werden können.15 Wann dies bei „Abschleppverträgen“ entsprechende Rechtsfolgen auslöst, kann allerdings nur im Einzelfall beurteilt werden. Unabhängig von der vertragsrechtlichen Situation kommt im Hinblick auf das weite Kriterium der Geschäftsmäßigkeit eine Eröffnung der Anwendbarkeit des PBefG in Betracht, sobald ein Abschleppunternehmen eine Personenmitnahme standardmäßig vornimmt. Eine tatsächliche Häufung von Beförderungen soll bereits auf geschäftsmäßiges Handeln im Sinne des PBefG hindeuten können.16 Bei Anwendung dieser Kriterien erschiene das Gesetz möglicherweise nur insoweit nicht anwendbar, als sich Abschleppdienste auf die gelegentliche, spontane Personenmitnahme in ihrem Ermessen beschränken – etwa in vereinzelten Notsituationen. Beförderungsdauer und -entfernung sind im Übrigen für die Anwendbarkeit des PBefG irrelevant.17 Dieses Ergebnis erscheint auch in Ansehung des Sinns und Zwecks des Genehmigungserfordernisses des PBefG stimmig: Das Personenbeförderungsrecht stellt spezielles Branchengewerberecht dar.18 Aufgabe des Gewerberechts allgemein und somit auch des Personenbeförderungsrechts ist neben seiner ordnungspolitischen Funktion die Gefahrenabwehr.19 In Bezug auf die Personenbeförderung entspricht dem vor allem die Förderung der Verkehrssicherheit.20 Besonders deutlich wird dieser Umstand auch unter Berücksichtigung der Notwendigkeit des Inneha- 13 Siehe bereits Fußnote 6. 14 Ebenda. 15 Ein Vertrag kommt allgemein durch Abgabe zweier übereinstimmender Willenserklärungen, Angebot und Annahme , zustande (§§ 145, 147 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB), abrufbar unter: https://www.gesetze-im-internet .de/bgb/). Hierbei ist allgemein anerkannt, dass schlüssige („konkludente“) Willenserklärungen ausdrücklichen Willenserklärungen rechtlich gleichgestellt sind (Armbrüster, in: Münchener Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch, 8. Auflage 2018, Band 1, vor § 116 BGB, Randnummern 6 ff.). 16 Winnes, in: Saxinger: Recht des öffentlichen Personenverkehrs, Stand: 1. Mai 2014, § 1 PBefG, Randnummer 22; Fromm/Sellmann/Zuck, Personenbeförderungsrecht, 4. Auflage 2013, § 1 PBefG, Randnummer 6. 17 Bidinger, Personenbeförderungsrecht, Stand: 1. Ergänzungslieferung 2020, B § 1 PBefG, Randnummer 103. 18 BGH, Urteil vom 4. Juni 1986 – VIII ZR 160/85 –, Randnummer 27 (zitiert nach juris); Eisenmenger, in: Landmann /Rohmer, Gewerbeordnung, 84. Ergänzungslieferung (Februar 2020), Einleitung, Randnummern 25, 29. 19 Pielow, in: Beck’scher Online-Kommentar zur Gewerbeordnung, 51. Edition (1. März 2020), Randnummern 1, 3 mit weiteren Nachweisen. 20 BGH (Fußnote 18), Randnummer 27; Heinze, in: Heinze/Fehling/Fiedler, Personenbeförderungsgesetz, 2. Auflage 2014, Vorbemerkungen (IV.), Randnummer 9. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 7 - 3000 - 113/20 Seite 7 bens eines Personenbeförderungsscheins, die sich unter anderem unmittelbar aus der Anwendbarkeit des PBefG ergibt (siehe bereits unter 1.). Dieser fordert – zum Wohle der Fahrgäste21 – den Nachweis bestimmter geistiger und körperlicher Voraussetzungen der Befördernden.22 Soweit Abschleppfahrzeugführende regulär Personen befördern, zumal im inhaltlichen Zusammenhang mit ihrer Berufsausübung, erscheint das grundsätzliche Unterfallen dieser Tätigkeit unter das Personenbeförderungsrecht gerechtfertigt. Zu betonen ist jedoch, dass stets die besonderen Einzelfallumstände zu berücksichtigen sind und dass zu der in Rede stehenden Konstellation bislang, soweit ersichtlich, noch keine Judikatur vorliegt. 2.2. Rückausnahmen Auch soweit die sachlichen Anwendungsvoraussetzungen des PBefG eigentlich erfüllt sind, sieht das Gesetz Rückausnahmen von seiner Anwendung und somit die prinzipielle Genehmigungsfreiheit für bestimmte Sachverhalte vor. Wie bereits zitiert, ist in § 1 Abs. 2 PBefG unter anderem geregelt, dass Beförderungen mit Personenkraftwagen (Pkw), wenn sie unentgeltlich erfolgen oder das Gesamtentgelt die Betriebskosten der Fahrt nicht übersteigen, in jedem Fall nicht dem PBefG unterliegen. Die Rückausnahme gilt somit nur für Pkw, im PBefG definiert als „Kraftfahrzeuge, die nach ihrer Bauart und Ausstattung zur Beförderung von nicht mehr als neun Personen (einschließlich Führer) geeignet und bestimmt sind“.23 Das Gesetz grenzt diese unter anderem von Lastkraftwagen (Lkw) ab. Dies sind hiernach „Kraftfahrzeuge, die nach ihrer Bauart und Einrichtung zur Beförderung von Gütern bestimmt sind“.24 Genau diese Eigenschaften dürften jedoch Abschleppfahrzeuge mit Fahrerkabine und Tiefladefunktion erfüllen und somit als Lkw gelten. Fraglich ist, ob die genannte Ausnahmeregelung entgegen ihres Wortlauts analog auf Lkw anwendbar ist. Bei einer Rechtsanalogie wird ein aus mehreren Bestimmungen abgeleiteter Grundgedanke auf andere Fälle erstreckt und somit der gesetzliche Tatbestand entgegen seines Wortlauts erweitert.25 Nach allgemeiner rechtlicher Dogmatik sind hierfür eine planwidrige gesetzliche Regelungslücke und eine vergleichbare Interessenlage des ungeregelten zum geregelten Fall vonnöten.26 Vorliegend dürfte es allerdings schon an einer planwidrigen Regelungslücke fehlen: Hieran könnte man zwar zunächst denken, wenn man sich vor Augen führt, dass die Ausnahme 21 Vergleiche näher zum Sinn und Zweck des Personenbeförderungsscheins Will/Quarch, Deregulierung des Personenbeförderungsrechts , Neue Zeitschrift für Verwaltungsrecht (NVwZ) 2018, S. 1610, 1611; Dauer, in: Beck’sche Kurz-Kommentare – Straßenverkehrsrecht, 44. Auflage 2017, § 48 FeV, Randnummer 17. 22 § 48 Abs. 4 FeV. 23 § 4 Abs. 4 Nr. 1 PBefG. 24 § 4 Abs. 4 Nr. 3 PBefG. 25 Groh, in: Creifelds, Rechtswörterbuch, 24. Auflage 2020, Stichwort: „Analogie“. 26 Ausführlich Larenz, Methodenlehre der Rechtswissenschaft, 4. Auflage 1979, S. 366 ff. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 7 - 3000 - 113/20 Seite 8 vor allem „Gefälligkeitsfahrten“ im Rahmen von Fahrgemeinschaften erfasst.27 Insofern könnte argumentiert werden, dass Gefälligkeitsfahrten durch Lkw im Alltag so ungewöhnlich sind, dass eine Regelungsbedürftigkeit für den Gesetzgeber nicht ersichtlich war, dieser sie aber von der Privilegierung nicht hätte ausnehmen wollen. Gleichwohl grenzt das Gesetz durch die in ihm vorgenommenen Definitionen den Pkw klar vom Lkw ab und sieht für beide Kfz an unterschiedlichen Stellen verschiedene Rechtsfolgen vor: Aus § 7 PBefG geht beispielsweise hervor, dass eine Personenbeförderung durch Lkw in der Regel nicht stattfinden soll, indem hierfür nur in Ausnahmefällen Genehmigungen nach dem PBefG zu erteilen sind. In diesem Sinne erscheint eine diesbezügliche Rechtsanalogie im Ergebnis nicht statthaft.28 Weiter sind Ausnahmeregelungen vom eigentlich eröffneten sachlichen Geltungsbereich des PBefG in der Freistellungsverordnung (FrStllgV)29 geregelt. Hierbei handelt es sich um eine Rechtsverordnung im Zuständigkeitsbereich des Bundesministeriums für Verkehr und digitale Infrastruktur (BMV) auf Grundlage des PBefG, „durch die für bestimmte im Rahmen des Gesamtverkehrs nicht besonders ins Gewicht fallende Beförderungsfälle allgemein Befreiung von den Vorschriften dieses Gesetzes erteilt wird“.30 Die vorliegende Konstellation lässt sich nach der rechtlichen Auslegungsmethodik unter keinen der in § 1 FrStllgV aufgezählten Sachverhalte fassen. Auch eine analoge Anwendung erscheint unter Berücksichtigung des Vorstehenden nur schwerlich begründbar. Im Übrigen hat auch jüngst das Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) zur Freistellungsverordnung die Auffassung geäußert , dass die Erweiterung von Freistellungstatbeständen grundsätzlich der Entscheidung des Verordnungsgebers obliege.31 27 Siehe bereits die Begründung des zugrundeliegenden Gesetzentwurfes, BT-Drs. (Fußnote 9), S. 42. Vergleiche ebenfalls aus der jüngsten Rechtsprechung BVerwG (Fußnote 9), Randnummer 20. 28 Selbst falls man eine Analogie befürwortete, stellte sich im Anschluss die bereits unter 2.1. diskutierte Frage, inwieweit eine solche Personenbeförderung nicht als entgeltlich im Sinne von § 1 Abs. 2 PBefG aufzufassen wäre. 29 Verordnung über die Befreiung bestimmter Beförderungsfälle von den Vorschriften des Personenbeförderungsgesetzes (Freistellungsverordnung) vom 30. August 1962 (BGBl. 1962 I S. 601), zuletzt geändert durch Art. 1 Zweite Änderungsverordnung vom 4. Mai 2012 (BGBl. 2012 I S. 1037), abrufbar unter: http://www.gesetze-iminternet .de/frstllgv/. 30 Vergleiche § 57 Abs. 1 Nr. 8 PBefG, worauf etwa die letzte Änderung der Freistellungsverordnung (BGBl. 2012 I S. 1037) explizit als Rechtsgrundlage Bezug nimmt. 31 BVerwG (Fußnote 9), Randnummer 29; siehe bereits auch das KG Berlin (Fußnote 4), S. 277 f. Vertiefend zum Diskussionsstand über Analogien im Rahmen der Freistellungsverordnung, Bidinger, Personenbeförderungsrecht , Stand: 1. Ergänzungslieferung 2020, Anhang B § 1 PBefG, Randnummern 11 ff. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 7 - 3000 - 113/20 Seite 9 3. Ausnahmen von der Genehmigungspflicht des PBefG Das PBefG sieht weitere Ausnahmen von der Genehmigungspflicht vor, etwa beim „vorübergehenden Einsatz von Kraftfahrzeugen bei Notständen oder Betriebsstörungen im Verkehr“.32 Fahrzeugpannen dürften jedoch nicht hierunter fallen. Die Norm will stattdessen nur Gesamtbetriebsstörungen und -notstände umfassen, bei denen es keiner zusätzlichen Genehmigung für den Einsatz weiterer Kfz neben den bereits genehmigten bedarf, da letztere situationsbedingt nicht eingesetzt werden können (etwa Schienenersatzverkehr).33 4. Fazit Soweit Abschleppunternehmen im Rahmen ihrer Abschleppdienstleistungen Personen in den Fahrerkabinen ihrer Abschleppwagen mitnehmen, kann eine Anwendbarkeit des PBefG nach geltender Rechtslage nicht ausgeschlossen werden. Maßgeblich für die Praxis bleibt allerdings die Entscheidung des Einzelfalls durch die hierzu berufenen Gerichte. * * * 32 § 2 Abs. 5 Satz 1 PBefG. 33 Umfassend Bidinger, Personenbeförderungsrecht, Stand: 1. Ergänzungslieferung 2020, B § 2 PBefG, Randnummern 431 ff.