© 2019 Deutscher Bundestag WD 7 - 3000 - 111/19 Rechtsdienstleistungsgesetz und Legal Tech Sachstand Wissenschaftliche Dienste Die Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestages unterstützen die Mitglieder des Deutschen Bundestages bei ihrer mandatsbezogenen Tätigkeit. Ihre Arbeiten geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Arbeiten der Wissenschaftlichen Dienste geben nur den zum Zeitpunkt der Erstellung des Textes aktuellen Stand wieder und stellen eine individuelle Auftragsarbeit für einen Abgeordneten des Bundestages dar. Die Arbeiten können der Geheimschutzordnung des Bundestages unterliegende, geschützte oder andere nicht zur Veröffentlichung geeignete Informationen enthalten. Eine beabsichtigte Weitergabe oder Veröffentlichung ist vorab dem jeweiligen Fachbereich anzuzeigen und nur mit Angabe der Quelle zulässig. Der Fachbereich berät über die dabei zu berücksichtigenden Fragen. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 7 - 3000 - 111/19 Seite 2 Rechtsdienstleistungsgesetz und Legal Tech Aktenzeichen: WD 7 - 3000 - 111/19 Abschluss der Arbeit: 09.07.2019 Fachbereich: WD 7: Zivil-, Straf- und Verfahrensrecht, Bau und Stadtentwicklung Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 7 - 3000 - 111/19 Seite 3 Inhaltsverzeichnis 1. Einleitung 4 2. Anwendbarkeit des Rechtsdienstleistungsgesetzes 4 3. Verstoß gegen das Rechtsdienstleistungsgesetz 5 3.1. Vorliegen einer außergerichtlichen Rechtsdienstleistung 5 3.2. Rechtsfolgen eines Verstoßes 7 4. Fazit 8 Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 7 - 3000 - 111/19 Seite 4 1. Einleitung Der digitale Fortschritt wirkt sich auch im Bereich der Rechtsdienstleistungen aus. Legal Tech- Anbieter nutzen meist künstliche Intelligenz, um ihr Angebot weiterzuentwickeln und zu vergrößern . Die Legal Tech-Angebote umfassen regelmäßig eine Software, durch die beispielsweise Verträge generiert oder Ansprüche geprüft werden. Es handelt sich also um Konzepte, die den menschlichen Rechtsdienstleister zu ersetzen scheinen.1 Durch den Bezug dieser Angebote zu juristischen Tätigkeiten und Dienstleistungen stellt sich die Frage nach einer Regulierung. Nach seinen Verfahrensgrundsätzen fertigt der Wissenschaftliche Dienst keine Gesetzesentwürfe oder politische Konzeptionen an. Auch eine Prüfung von Einzelfällen wird nicht vorgenommen. Es erfolgt deswegen allgemein die Prüfung der Zulässigkeit der Legal Tech-Angebote mit den einschlägigen Rechtsvorschriften, insbesondere dem Rechtsdienstleistungsgesetz (RDG)2. Die angebotenen Dienste der Legal Tech-Unternehmen könnten vom RDG erfasst sein. Sollte der Anwendungsbereich eröffnet sein (vgl. Ziffer 2), könnten die Angebote der Legal Tech-Anbieter einen Verstoß gegen dieses Gesetz darstellen (vgl. Ziffer 3). Die Konsequenzen eines solchen Verstoßes werden unter Ziffer 3.2 erläutert. 2. Anwendbarkeit des Rechtsdienstleistungsgesetzes Das RDG regelt „die Befugnis, in der Bundesrepublik Deutschland außergerichtliche Rechtsdienstleistungen zu erbringen“ (§ 1 Abs. 1 Satz 1 RDG). Es soll Rechtsuchende, den Rechtsverkehr und die Rechtsordnung vor unqualifizierten Rechtsdienstleistungen schützen (§ 1 Abs. 1 Satz 2 RDG). Auch der Fall einer Rechtsdienstleistung aus einem anderen Staat heraus ist vom RDG erfasst, wenn Gegenstand der Dienstleistung deutsches Recht ist (§ 1 Abs. 2 RDG). Erfolgt die Rechtsdienstleistung im Anwendungsbereich der E-Commerce-Richtlinie3 (also nur online und von einem EU-Mitgliedstaat aus), ist umstritten, ob das RDG durch § 3 Telemediengesetz (TMG)4 verdrängt wird. Nach der wohl herrschenden Meinung ist dies der Fall. Das betrifft besonders Legal Tech-Dienstleister der Europäischen Union. 1 Vgl. Kilian, „Die Regulierung von Legal Tech Risiken und Nebenwirkungen von Sonderregeln - Plädoyer für eine ganzheitliche Betrachtung“, Anwaltsblatt (AwBl) 1/19, S. 24. 2 Gesetz über außergerichtliche Rechtsdienstleistungen (Rechtsdienstleistungsgesetz - RDG) vom 12.12.2007 (BGBl. I S. 2840), zuletzt geändert durch Art. 6 des Gesetzes zur Umsetzung der Berufsanerkennungsrichtlinie und zur Änderung weiterer Vorschriften im Bereich der rechtsberatenden Berufe vom 12.05.2017 (BGBl. I S. 1121), abrufbar unter: https://www.gesetze-im-internet.de/rdg/ (letzter Abruf: 05.07.2019). 3 Richtlinie 2000/31/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 08.06.2000 über bestimmte rechtliche Aspekte der Dienste der Informationsgesellschaft, insbesondere des elektronischen Geschäftsverkehrs, im Binnenmarkt ("Richtlinie über den elektronischen Geschäftsverkehr") (ABl. EG NR. L 178 vom 17.07.2000), abrufbar unter: https://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/ALL/?uri=celex%3A32000L0031 (letzter Abruf: 05.07.2000). 4 Telemediengesetz (TMG) vom 26.02.2007 (BGBl. I S. 179), zuletzt geändert durch Art. 1 des Dritten Änderungsgesetzes vom 28.09.2017 (BGBl. I S. 3530), abrufbar unter: https://www.gesetze-im-internet.de/tmg/ (letzter Abruf : 05.07.2019). Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 7 - 3000 - 111/19 Seite 5 Allerdings ist in diesem Zusammenhang zu beachten, dass durch § 3 TMG nur vollständig online erbrachte Dienstleistungen erfasst werden. Schon durch ein Telefonat wäre diese Voraussetzung nicht mehr gegeben. Zudem ist das TMG nicht anwendbar, wenn entgegen des Zwecks der Richtlinie Verbraucherrechte beeinträchtigt oder umgangen werden sollen. Da das RDG unter anderem rechtsuchende Verbraucher schützen soll, würde eine Umgehung des Erlaubnisvorbehaltes für außergerichtliche Rechtsdienstleistungen (vgl. § 3 RDG) durch die Wahl des Unternehmenssitzes im EU-Ausland wohl zur Anwendbarkeit des RDG führen.5 Erbringt ein Ausländer eine Rechtsdienstleistung, die deutsches Recht betrifft, ist zudem § 15 RDG zu beachten. Der Dienstleister muss sich dann bei der nach § 19 RDG zuständigen Stelle anmelden und nachweisen, dass er nach dem Recht seines Herkunftsstaates Rechtsdienstleistungen erbringen darf.6 Nachfolgend wird für die weitere Prüfung von der Anwendbarkeit des RDG ausgegangen. 3. Verstoß gegen das Rechtsdienstleistungsgesetz Nach § 3 RDG ist eine selbstständige Erbringung außergerichtlicher Rechtsdienstleistungen nur in dem Umfang zulässig, in dem sie durch das RDG oder durch ein anderes Gesetz erlaubt wird. 3.1. Vorliegen einer außergerichtlichen Rechtsdienstleistung Eine Rechtsdienstleistung ist „jede Tätigkeit in konkreten fremden Angelegenheiten, sobald sie eine rechtliche Prüfung des Einzelfalls erfordert“ (§ 2 Abs. 1 RDG). Voraussetzung dafür ist eine besondere individuelle Prüfung der Rechtslage, die juristische Sachkunde erfordert. Allgemeine Rechtsauskünfte und Geschäftsbesorgungen ohne eine besondere juristische Prüfung sind nicht vom Begriff der Rechtsdienstleistung erfasst. Die Definition setzt eine Tätigkeit voraus, also eine aktive Handlung. Eine solche kann auch durch technische Mittel und ohne persönlichen Kontakt erbracht werden. Weiterhin muss sich die Rechtsprüfung auf einen konkreten, fremden Sachverhalt beziehen. Die bloße Heranziehung eines Einzelfalls in Zusammenhang mit allgemeinen, an die Öffentlichkeit oder an einen interessierten Personenkreis gerichteten Informationen ist nicht ausreichend für das Vorliegen einer Rechtsdienstleistung. Zudem werden Auskünfte im Zusammenhang mit nicht überprüften Angaben des Nachfragenden nicht als Rechtsdienstleistung klassifiziert.7 Inkassodienstleistungen sind durch den Gesetzgeber als Rechtsdienstleistung anerkannt worden (vgl. § 2 Abs. 2 Satz 1 RDG). Wird eine wirtschaftlich fremde Forderung durch ein eigenständiges 5 Zum Meinungsstand Remmertz, in: Krenzler, Rechtsdienstleistungsgesetz, 2. Auflage 2017, § 1 Rn. 98 - 101. 6 Overkamp/Overkamp, in: Henssler/Prütting, Bundesrechtsanwaltsordnung (BRAO), 5. Auflage 2019, RDG § 15 Rn. 13, 20a. 7 BT-Drucks. 16/3655, S. 35, 47 f., abrufbar unter: http://dip21.bundestag.de/dip21/btd/16/036/1603655.pdf (letzter Abruf: 03.07.2019); Overkamp/Overkamp, in: Henssler/Prütting, BRAO, RDG § 2 Rn. 17 ff. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 7 - 3000 - 111/19 Seite 6 Inkasso-Unternehmen eingetrieben und bleibt das Ausfallrisiko beim ursprünglichen Forderungsinhaber , steht diese Tätigkeit auch unter dem Erlaubnisvorbehalt des RDG. Die Inkasso-Unternehmen müssen ihre besondere Sachkunde nachweisen und sich registrieren lassen (§ 10 RDG). Auch Legal Tech-Unternehmen können eine solche Inkassoerlaubnis besitzen.8 Registrierte Unternehmen dürfen dann eine rechtliche Prüfung von Forderungen und die Beratung der Auftraggeber im Zusammenhang mit der Tätigkeit als Inkasso-Unternehmen vornehmen. Der Inkassounternehmer ist mit einer Registrierung auch zu außergerichtlichen Rechtsdienstleistungen mit Außenwirkung (z. B. gegenüber dem Schuldner) berechtigt. Dabei muss er die Darlegungs- und Informationspflichten nach § 11a RDG bei der Geltendmachung der Forderung beachten.9 Diese Pflicht hat auch ein Rechtsanwalt nach § 43d BRAO, wenn er Inkassodienstleistungen erbringt. Sie beinhalten beispielsweise die verständliche Übermittlung des Namens bzw. der Firma des Auftraggebers und den Forderungsgrund (§ 43d Abs. 1 Nr. 1, 2 BRAO/§ 11a Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, 2 RDG). Ob Legal Tech-Unternehmen eine rechtliche Dienstleistung im Sinne des § 2 Abs. 1 RDG erbringen (und das durch § 10 RDG zulässig sein kann), ist sowohl in der Rechtsprechung als auch in der Literatur umstritten. Weberstaedt10 lehnte 2016 die Anwendbarkeit des RDG auf Online-Rechts-Generatoren ab. Er ist der Ansicht, die Voraussetzungen des Subsumtionsvorgangs und die Tätigkeit eines „menschlichen Dienstleistenden“ würden durch solche Generatoren nicht erfüllt. Ein Subsumtionsvorgang könne nur beim Einsatz höchstentwickelter künstlicher Intelligenz vorliegen. Dann müsste nach seiner Ansicht aber noch das RDG geändert werden, sodass ein menschlicher „Dienstleistender“ keine Voraussetzung mehr ist. Zwar erkennt Weberstaedt an, dass beim Programmieren einer Rechtssoftware ein juristischer Subsumtionsvorgang stattfinden kann. Allerdings verweist er darauf , dass zum Zeitpunkt der Programmierung kein konkreter Einzelfall geprüft wird. Die 66. Zivilkammer des Landgericht (LG) Berlin11 sieht zwar eine Rechtsdienstleistung in der Anbietung der Berechnung eines Mietpreises und der Übernahme eines Auftrags zur außergerichtlichen Interessenübernahme gegenüber dem Vermieter. Sie erkennt darin aber keinen Verstoß gegen das RDG, weil das Unternehmen eine Inkassoerlaubnis nach § 10 RDG hatte. Die Zivilkammer sah in den angebotenen Rechtsdienstleistungen keine Überschreitung der Tätigkeitsgrenzen , die einem Inkassodienstleister nach dem RDG gesetzt sind. Der Zusammenhang zur Forderung sei gegeben. 8 Römermann/Günther, „Legal Tech als berufsrechtliche Herausforderung Zulässige Rechtsdurchsetzung mit Prozessfinanzierung und Erfolgshonorar“, Neue Juristische Wochenschrift (NJW) 2019, 551 (zum Anbieter „My- Right“). 9 Overkamp/Overkamp, in: Henssler/Prütting, BRAO, 5. Auflage 2019, RDG § 2 Rn. 42; D. Schmidt, in: Rechtsdienstleistungsgesetz , 2. Auflage 2017, § 10 Rn. 21 f. 10 Weberstaedt, „Online-Rechts-Generatoren als erlaubnispflichtige Rechtsdienstleistung? Legal-Tech-Innovationen : Kein Objekt der Regulierung für Rechtsdienstleistungsrecht“, AwBl 7/2016, S. 535. 11 LG Berlin, Urt. v. 13.08.2018 - Az. 66 S 18/18, BeckRS 2018, 18018 Rn. 30. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 7 - 3000 - 111/19 Seite 7 Degen und Krahmer12 gehen davon aus, dass eine Vertragsgenerierung eine Rechtsdienstleistung ist. Sie begründen dies unter anderem mit dem hohen Grad der Individualisierung der jeweiligen Verträge. Außerdem weisen sie auf die rechtliche Prüfung hin, die in die Software mit einfließen muss, damit diese die gewünschte Leistung erbringen kann. Zudem geben sie die vertragliche Verpflichtung des Anbieters gegenüber dem Kunden zu bedenken, nach der eine rechtliche Überprüfung jedes Vertrages erfolgen muss. Auch Krenzler ordnet das Anbieten einer Software als außergerichtliche Rechtsdienstleistung im Sinne des § 2 RDG ein, wenn sie eine individuelle, interaktive Kommunikation ermöglicht und den Eindruck einer juristischen Falllösung erweckt.13 Die 67. Zivilkammer des Landgerichts (LG) Berlin14 sieht in dem Angebot des „Mietpreisrechners “ eine Rechtsdienstleistung im Sinne des § 2 Abs. 1 RDG und beruft sich dabei auf den „unmissverständlichen Willen des Gesetzgebers“. Die Einordnung als Rechtsdienstleistung begründet die Kammer damit, dass es sich bei dem jeweiligen Nutzer um eine bestimmte, Rat suchende Person handelt und nicht um einen fingierten Sachverhalt. Die Zulässigkeit der Rechtsdienstleistung durch eine Inkassoerlaubnis lehnt die Kammer ab. Sie hält es für grundsätzlich ausgeschlossen , dass die Grundkenntnisse für den zu erbringenden Sachkundenachweis eines Inkassounternehmens für die Beratung bzgl. des Wohnraummietrechts ausreichend sind. Dabei verweist die Kammer ausdrücklich auf den Schutz des Rechtsuchenden, des Rechtsverkehrs und der Rechtsordnung vor unqualifizierten Rechtsdienstleistungen als Gesetzeszweck des RDG. Die Möglichkeit der Klassifizierung der Angebote der Legal Tech-Unternehmen als Rechtsdienstleistung im Sinne des § 2 Abs. 1 RDG besteht folglich. Ob sich die Unternehmen als Inkassounternehmen registrieren lassen und daraus die Zulässigkeit der jeweiligen außergerichtlichen Rechtsdienstleistungen folgt, wird von der Rechtsprechung unterschiedlich bewertet. 3.2. Rechtsfolgen eines Verstoßes Erbringt jemand eine Rechtsdienstleistung ohne die erforderliche Erlaubnis, hat dies verschiedene Konsequenzen. Zunächst ist der jeweilige Vertrag über die Rechtsdienstleistung und eine eventuell erteilte Vollmacht nach § 134 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB)15 nichtig. Weiterhin kann der Rechtsuchende aufgrund eines Beratungsfehlers Schadensersatzansprüche (§ 823 Abs. 2 BGB in Verbindung mit §§ 1, 3 RDG) gegen den Berater haben. Mitbewerber können zudem einen Unterlassungsanspruch nach §§ 3, 3a, 8 Abs. 1 des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb 12 Degen/Krahmer, „Legal Tech: Erbringt ein Generator für Vertragstexte eine Rechtsdienstleistung?“, Gewerblicher Rechtsschutz und Urheberrecht, Praxis im Immaterialgüter und Wettbewerbsrecht (GRUR-Prax) 2016, 363. 13 Krenzler, in: Krenzler, Rechtsdienstleistungsgesetz, 2. Auflage 2017, § 2 Rn. 43 - 45. 14 LG Berlin, Beschl. v. 26.07.2018 - Az. 67 S 157/18, NJW 2018, 2901 (2901 f.). 15 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) in der Fassung der Bekanntmachung vom 02.01.2002 (BGBl. I S. 42, ber. S. 2909 und 2003 I S. 738), zuletzt geändert durch Art. 7 des Gesetzes zur Förderung der Freizügigkeit von EU-Bürgerinnen und ‑Bürgern sowie zur Neuregelung verschiedener Aspekte des Internationalen Adoptionsrechts vom 31.01.2019 (BGBl. I S. 54), abrufbar unter: http://www.gesetze-im-internet.de/bgb/ (letzter Abruf: 05.07.2019). Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 7 - 3000 - 111/19 Seite 8 (UWG)16 geltend machen. Schließlich kann die unzulässige Rechtsdienstleistung unter den Voraussetzungen des § 20 RDG eine Ordnungswidrigkeit darstellen und mit einer Geldbuße geahndet werden. Nach § 15b RDG kann die zuständige Behörde die Fortsetzung des nicht registrierten Betriebs verhindern. Die Landesjustizverwaltungen sind für die Durchführung des RDG zuständig (§ 19 Abs. 1 RDG).17 Die Untersagung der Weiterführung des Unternehmens ist ein Verwaltungsakt mit Dauerwirkung, bei dem die Behörde Ermessen hat. Die Untersagung darf nur nach einer Abwägung der Verhältnismäßigkeit im Rahmen des behördlichen Ermessens erfolgen.18 Die genannten Folgen eines Verstoßes können nicht durch die Anstellung eines Rechtsanwaltes verhindert werden. Ein rein formales Mandatsverhältnis zwischen dem Kunden und dem Rechtsanwalt hat darauf keinen Einfluss. Ein angestellter Anwalt darf nur in dem Umfang rechtsdienstleistend tätig werden, in dem es auch dem Unternehmen gestattet ist. Rechtsanwälte dürfen nach § 3 Abs. 1 Bundesrechtsanwaltsordnung (BRAO)19 Rechtsdienstleistungen erbringen, sodass eine Nutzung von Legal Tech-Anwendungen möglich ist.20 Verstößt der Rechtsanwalt gegen die Informations - und Darlegungspflichten bei der Tätigkeit als Inkassodienstleister, kann dadurch im Verhältnis zum Schuldner der Forderung ein Schadensersatzanspruch nach § 823 Abs. 2 BGB in Verbindung mit § 43d BRAO entstehen.21 4. Fazit Eine Klassifizierung der Tätigkeit der Legal Tech-Anbieter als außergerichtliche Rechtsdienstleistung im Sinne des RDG erscheint möglich. Ob durch eine Registrierung als Inkasso-Unternehmen die Rechtsdienstleistungen zulässig werden, wird von der Rechtsprechung unterschiedlich bewertet . Eine höchstrichterliche Rechtsprechung liegt - soweit ersichtlich - noch nicht vor. 16 Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) in der Fassung der Bekanntmachung vom 03.03.2010 (BGBl. I S. 254), zuletzt geändert durch Art. 5 des Gesetzes zur Umsetzung der RL (EU) 2016/943 zum Schutz von Geschäftsgeheimnissen vor rechtswidrigem Erwerb sowie rechtswidriger Nutzung und Offenlegung vom 18.04.2019 (BGBl. I S. 466), abrufbar unter: https://www.gesetze-im-internet.de/uwg_2004/ (letzter Abruf: 05.07.2019). 17 Die Liste mit der jeweils zuständigen Behörde ist abrufbar unter: https://www.rechtsdienstleistungsregister .de/Zustaendigkeitsliste.pdf (letzter Abruf: 05.07.2019). 18 K.-M. Schmidt, in: Krenzler, Rechtsdienstleistungsgesetz, 2. Auflage 2017, § 15b Rn. 7 - 10. 19 Bundesrechtsanwaltsordnung (BRAO) vom 01.08.1959 (BGBl. I S. 565), zuletzt geändert durch Art. 3 des Gesetzes zur Neuregelung des Schutzes von Geheimnissen bei der Mitwirkung Dritter an der Berufsausübung schweigepflichtiger Personen vom 30.10.2017 ( BGBl. I S. 3618), abrufbar unter: https://www.gesetze-im-internet .de/brao/ (letzter Abruf: 05.07.2019). 20 Offermann-Burckart, in: Krenzler, Rechtsdienstleistungsgesetz, 2. Auflage 2017, § 3 Rn. 82 - 84. 21 Kilimann, in: Feuerich/Weyland, Bundesrechtsanwaltsordnung: BRAO, 9. Auflage 2016, § 43d Rn. 67. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 7 - 3000 - 111/19 Seite 9 Eine Umgehung des RDG durch die Verlegung des Sitzes in einen anderen EU-Mitgliedstaat wird wohl nicht möglich sein. Die entsprechende Richtlinie in Verbindung mit dem Zweck des Verbraucherschutzes würde dies wohl nicht zulassen. Sollte ein Verstoß gegen das RDG vorliegen, kann das zahlreiche Konsequenzen haben: Bußgelder , die Nichtigkeit der Verträge, Schadensersatz- und Unterlassungsansprüche können folgen. Außerdem steht es im Ermessen der jeweils zuständigen Behörde, ob die Fortsetzung der Tätigkeit untersagt wird. Wird ein Anwalt durch einen Legal Tech-Unternehmen beschäftigt, darf er seine Tätigkeit nur im Rahmen der zulässigen Dienste des Unternehmens ausüben. Nutzt dagegen eine Kanzlei einzelne Legal Tech-Anwendungen, ist das im Zusammenhang mit der Zulassung der Rechtsanwälte unbedenklich . Betätigt sich ein Rechtsanwalt auch als Inkassodienstleister, ist er verpflichtet, die Informationen nach § 43d BRAO zu übermitteln. Bei einem Verstoß gegen diese Verpflichtung kann ein Schadensersatzanspruch entstehen. ***