© 2016 Deutscher Bundestag WD 7 - 3000 - 111/16 Filmaufnahmen im Gerichtssaal Zur Rechtslage im Ausland Dokumentation Wissenschaftliche Dienste Die Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestages unterstützen die Mitglieder des Deutschen Bundestages bei ihrer mandatsbezogenen Tätigkeit. Ihre Arbeiten geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Arbeiten der Wissenschaftlichen Dienste geben nur den zum Zeitpunkt der Erstellung des Textes aktuellen Stand wieder und stellen eine individuelle Auftragsarbeit für einen Abgeordneten des Bundestages dar. Die Arbeiten können der Geheimschutzordnung des Bundestages unterliegende, geschützte oder andere nicht zur Veröffentlichung geeignete Informationen enthalten. Eine beabsichtigte Weitergabe oder Veröffentlichung ist vorab dem jeweiligen Fachbereich anzuzeigen und nur mit Angabe der Quelle zulässig. Der Fachbereich berät über die dabei zu berücksichtigenden Fragen. Wissenschaftliche Dienste Dokumentation WD 7 - 3000 - 111/16 Seite 2 Filmaufnahmen im Gerichtssaal Zur Rechtslage im Ausland Aktenzeichen: WD 7 - 3000 - 111/16 Abschluss der Arbeit: 8. Juli 2016 Fachbereich: WD 7: Zivil-, Straf-, und Verfahrensrecht, Umweltschutzrecht, Verkehr, Bau und Stadtentwicklung Wissenschaftliche Dienste Dokumentation WD 7 - 3000 - 111/16 Seite 3 1. Rechtslage und Reformüberlegungen in Deutschland 1.1. Rechtslage Die Öffentlichkeit von Gerichtsverhandlungen ist in § 169 Satz 1 GVG1 geregelt: „Die Verhandlung vor dem erkennenden Gericht einschließlich der Verkündung der Urteile und Beschlüsse ist öffentlich.“ § 169 Satz 2 GVG schränkt diesen Öffentlichkeitsgrundsatz dahingehend ein, dass er eine Aufzeichnung und Verbreitung des Strafverfahrens mittels Ton- und Fernseh-Rundfunkaufnahmen sowie Ton- und Filmaufnahmen für unzulässig erklärt. Dieses ausdrückliche Verbot wurde 1964 durch das Gesetz zur Änderung der Strafprozessordnung und des GVG eingefügt.2 Zuvor hatte es mangels gesetzlicher Regelung im Ermessen des Vorsitzenden des Gerichts gelegen, ob er entsprechende Aufnahmen zuließ.3 1.2. Reformüberlegungen Rechtmäßigkeit, Sinnhaftigkeit und Zeitgemäßheit des in § 169 Satz 2 GVG normierten Verbots werden in der rechtswissenschaftlichen Literatur bereits seit längerem kritisch diskutiert.4 So wird etwa darauf verwiesen, dass durch das Verbot wichtige Formen der mittelbaren Öffentlichkeit vom Zugang zur Verhandlung ausgeschlossen seien.5 Immer wieder wurden und werden einschlägige Reformvorschläge unterbreitet.6 In jüngster Vergangenheit hat das Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz (BMJV) einen Referentenentwurf7 zur Reform von § 169 1 Gerichtsverfassungsgesetz (GVG) in der Fassung der Bekanntmachung vom 9. Mai 1975 (BGBl. I S. 1077), zuletzt geändert durch Artikel 2 des Gesetzes vom 30. Mai 2016 (BGBl. I S. 1254). 2 BGBl. I 1067, 1080. 3 Kaulbach, ZRP 2009, 236 m.w.N. 4 Vgl. etwa Sorth, Rundfunkberichterstattung aus Gerichtsverfahren – Eine Untersuchung des Verbots von Fernseh - und Hörfunkaufnahmen während der Gerichtsverhandlung, 1999; Braun, Medienberichterstattung über Strafverfahren im deutschen und englischen Recht – Zugleich eine Erörterung der Fernsehöffentlichkeit der Hauptverhandlung, 1998; Britz, Fernsehaufnahmen im Gerichtssaal – Ein rechtsvergleichender Beitrag zum Öffentlichkeitsgrundsatz im Strafverfahren, 1999; Gündisch/Dany, NJW 1999, 256; Mitsch, ZRP 2014, 137; Kaulbach , ZRP 2009, 236; Finger/Baumanns, JA 2005, 717; Hanske/Lauber-Rönsberg, ZUM 2013, 264; Kutschaty/Gerhardt, ZRP 2013, 219. 5 Kaulbach, ZRP 2009, 236. 6 Vgl. etwa Kaulbach, ZRP 2009, 236; Altenhain, NJW-Beilage 2016, 37; Dieckmann, NJW 2001, 2451. 7 Referentenentwurf des Bundesministeriums der Justiz und für Verbraucherschutz, Entwurf eines Gesetzes zur Erweiterung der Medienöffentlichkeit in Gerichtsverfahren und zur Verbesserung der Kommunikationshilfen für Sprach- und Hörbehinderte (Gesetz über die Erweiterung der Medienöffentlichkeit – EMöGG), auf der BMJV- Internetpräsenz datiert vom 2. Juni 2016, abrufbar unter https://www.bmjv.de/SharedDocs/Gesetzgebungsverfahren /Dokumente/RefE_Erweiterung_Medienoeffentlichkeit_Gerichtsverfahren.html. Wissenschaftliche Dienste Dokumentation WD 7 - 3000 - 111/16 Seite 4 Satz 2 GVG mit dem Ziel einer „moderaten Lockerung des bisherigen Verbots der Medienübertragung aus der Gerichtsverhandlung“8 vorgelegt. 2. Zur Rechtslage im Ausland Vor dem o.g. Hintergrund ist von Interesse, welche Regelungen andere Staaten hinsichtlich der Medienöffentlichkeit im Gerichtsverfahren getroffen haben. Einschlägige Informationen aktuelleren Datums zur Rechtslage in zahlreichen EU-Mitgliedstaaten sowie in Norwegen und in der Schweiz können den Gliederungspunkten 3.2 und 3.3 des von der Großen Strafrechtskommission des Deutschen Richterbundes im Auftrag des BMJV erstellten und im März 2014 vorgelegten Gutachtens „Ist das 1964 geschaffene Verbot von Bild- und Tonübertragungen aus Gerichtsverhandlungen noch zeitgemäß?“9 entnommen werden, beigefügt als Anlage 1. Überblicksartige Informationen können auch Gliederungspunkt C, IV des zur 85. Konferenz der Justizministerinnen und Justizminister am 25. und 26. Juni 2014 in Binz auf Rügen vorgelegten Zwischenberichts10 der Bund-Länder-Arbeitsgruppe „Zeitgemäße Neufassung des § 169 GVG“ entnommen werden, beigefügt als Anlage 2. Ergänzend kann zur Situation in nichteuropäischen Staaten auf einen als Anlage 3 beigefügten aktuellen Beitrag11 zur Rechtslage in der Russischen Föderation sowie auf eine Veröffentlichung 12 verwiesen werden, die über Erfahrungen der Verfahrensbeteiligten mit Fernsehaufnahmen aus Gerichtsverhandlungen in den Vereinigten Staaten von Amerika berichtet und als Anlage 4 8 Referentenentwurf (siehe vorhergehende Fußnote), S. 1, Gliederungspunkt B. 9 Abrufbar unter http://www.bmjv.de/SharedDocs/Downloads/DE/StudienUntersuchungenFachbuecher/Gutachten _StrafrechtskommissionRichterbund_%C2%A7169.pdf?__blob=publicationFile&v=3. 10 Abrufbar unter http://www.bmjv.de/SharedDocs/Downloads/DE/PDF/Zwischenbericht_Bund_Laender_Arbeitsgruppe _169GVG.pdf?__blob=publicationFile&v=1. Der Abschlussbericht vom 26. Mai 2015 ist abrufbar unter http://www.bmjv.de/SharedDocs/Downloads/DE/PDF/Abschlussbericht_Bund_Laender_Arbeitsgruppe _169GVG.pdf?__blob=publicationFile&v=1. 11 Richter, in: Medien im Gerichtssaal, IRIS plus 2014-2, 7 (abrufbar unter http://www.obs.coe.int/documents/205595/264635/IRIS%2B_2014-2_DEcomplet.pdf/d7a5dd3f-e184-492c-80ff- 76761b64e41e). 12 Gehring, ZRP 2000, 197. Wissenschaftliche Dienste Dokumentation WD 7 - 3000 - 111/16 Seite 5 beigefügt ist. - Ende der Bearbeitung -