© 2017 Deutscher Bundestag WD 7 - 3000 - 105/17 Übertragung von bundeseigenen Wasserstraßenabschnitten Sachstand Wissenschaftliche Dienste Die Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestages unterstützen die Mitglieder des Deutschen Bundestages bei ihrer mandatsbezogenen Tätigkeit. Ihre Arbeiten geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Arbeiten der Wissenschaftlichen Dienste geben nur den zum Zeitpunkt der Erstellung des Textes aktuellen Stand wieder und stellen eine individuelle Auftragsarbeit für einen Abgeordneten des Bundestages dar. Die Arbeiten können der Geheimschutzordnung des Bundestages unterliegende, geschützte oder andere nicht zur Veröffentlichung geeignete Informationen enthalten. Eine beabsichtigte Weitergabe oder Veröffentlichung ist vorab dem jeweiligen Fachbereich anzuzeigen und nur mit Angabe der Quelle zulässig. Der Fachbereich berät über die dabei zu berücksichtigenden Fragen. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 7 - 3000 - 105/17 Seite 2 Übertragung von bundeseigenen Wasserstraßenabschnitten Aktenzeichen: WD 7 - 3000 - 105/17 Abschluss der Arbeit: 18. August 2017 Fachbereich: WD 7: Zivil-, Straf- und Verfahrensrecht, Umweltschutzrecht, Bau und Stadtentwicklung Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 7 - 3000 - 105/17 Seite 3 Inhaltsverzeichnis 1. Einleitung 4 2. Übertragung von Wasserstraßenabschnitten 4 3. Übertragung von Bundesstraßen, Bundesschienenwegen 5 Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 7 - 3000 - 105/17 Seite 4 1. Einleitung Nach einem Haushaltsvermerk Nr.12 auf Seite 55 des Haushaltskapitels 1203 des Bundeshaushalts sind „Ablösungen und Finanzierungsbeiträge“ (Ausgaben) anlässlich einer Abgabe und Übertragung von Wasserstraßenabschnitten des Bundes an andere Gebietskörperschaften oder sonstige Dritte zulässig. In diesem Zusammenhang können sich Fragen stellen, wie ein solches Verfahren rechtlich gestaltet werden kann und zu welchen Konditionen die Übertragung an Dritte erfolgt. Nach seinen Verfahrensgrundsätzen nimmt der Wissenschaftliche Dienst keine Einzelfallprüfungen vor. Die nachfolgenden Ausführungen stellen deshalb summarisch und in gedrängter Form das rechtliche Instrumentarium für die Übertragung von Verkehrswegen des Bundes an andere Gebietskörperschaften oder sonstige Dritte vor. 2. Übertragung von Wasserstraßenabschnitten Die Übertragung von Bundeswasserstraßenabschnitten an Länder, Kommunen oder Dritte setzt eine sogenannte Bestandsänderung nach § 2 des Bundeswasserstraßengesetzes (WaStrG)1 voraus. Die Vorschrift hat folgenden Wortlaut: „§ 2 Bestandsänderung (1) Soll ein Gewässer Bundeswasserstraße werden oder soll ein Gewässer die Eigenschaft als Bundeswasserstraße verlieren, bedarf es einer Vereinbarung zwischen dem Bund, dem Land und dem bisherigen oder dem künftigen Eigentümer. Den Übergang bewirkt ein Bundesgesetz ; das Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur wird ermächtigt, im Einvernehmen mit dem Bundesministerium der Finanzen den Übergang von Gewässern oder Gewässerstrecken mit nur örtlicher Bedeutung durch Rechtsverordnung zu bewirken. (2) In Rechtsvorschriften nach Absatz 1 ist die Anlage 1 zu ändern.“ Ausweislich des oben genannten Haushaltsvermerks kann der Bund Ablösungen und einmalige Finanzierungsbeiträge (Ausgaben) im Zuge der Bestandsänderung, Abgabe und Übertragung von bundeseigenen Wasserstraßenabschnitten an Länder, Landkreise, Kommunen oder sonstige (private ) Dritte leisten. Diese sollen durch die Bundeszuwendungen in die Lage versetzt werden, diese Gewässer für eine weitere Nutzung zu erhalten, bspw. für den Tourismus. Entsprechendes gilt für die Erhaltung denkmalwürdiger oder kulturhistorischer wertvoller Anlagen an diesen bisher als Bundeswasserstraße genutzten Gewässern. 1 Bundeswasserstraßengesetz in der Fassung der Bekanntmachung vom 23.05.2007 (BGBl. I S. 962; 2008 I S. 1980), zuletzt geändert durch Art. 2 Absatz 8 des Gesetzes vom 20.07.2017 (BGBl. I S. 2808). Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 7 - 3000 - 105/17 Seite 5 Als Beispiel für eine Kostenbeteiligung des Bundes nach einer Übertragung eines Bundeswasserstraßenabschnitts wird auf die Erhaltung der Schleuse Brienen in Kleve verwiesen.2 Die Übertragung von Bundeswasserstraßen an das Land Brandenburg war auch Gegenstand einer parlamentarischen Anfrage im Landtag. Zur Vermeidung von Wiederholungen wird auf die Drucksache 5/7097 des Landtages Brandenburg aus dem Jahre 2013 Bezug genommen.3 Analog zu der dargestellten Bundesbeteiligung können auch die Länder für die Sanierung bspw. bestimmter Schleusen einen Finanzierungsbeitrag an die jeweilige die Schleuse übernehmende Gebietskörperschaft leisten.4 3. Übertragung von Bundesstraßen, Bundesschienenwege Bundesstraßen können in ähnlicher Form an Länder, Gebietskörperschaften oder sonstige Dritte übertragen werden. Die Voraussetzungen ergeben sich im Wesentlichen aus § 2 des Bundesfernstraßengesetzes (FStrG)5. Die Vorschrift hat folgenden Wortlaut: § 2 Widmung, Umstufung, Einziehung (1) Eine Straße erhält die Eigenschaft einer Bundesfernstraße durch Widmung. (2) Voraussetzung für die Widmung ist, dass der Träger der Straßenbaulast Eigentümer des der Straße dienenden Grundstücks ist, oder der Eigentümer und ein sonst zur Nutzung dinglich Berechtigter der Widmung zugestimmt hat, oder der Träger der Straßenbaulast den Besitz durch Vertrag, durch Einweisung nach § 18f Abs. 1 oder in einem sonstigen gesetzlichen Verfahren erlangt hat. (3) Durch privatrechtliche Verfügungen oder durch Verfügungen im Wege der Zwangsvollstreckung über die der Straße dienenden Grundstücke oder Rechte an ihnen wird die Widmung nicht berührt. (3a) Eine öffentliche Straße, die die Voraussetzungen des § 1 Abs. 1 oder 3 erfüllt, ist zur Bundesautobahn oder Bundesstraße, eine Bundesstraße, die die Voraussetzungen des § 1 Abs. 3 erfüllt, zur Bundesautobahn aufzustufen. 2 Vgl. Schreiben der Bundesministerin für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit vom 04.07.2014 an die Stadt Kleve; zuletzt abgerufen am 17.08.2017: https://www.kleve.de/de/sehenswuerdigkeiten/schleuse-brienen /. 3 LT-Drucks. 5/7097, zuletzt abgerufen am 17.08.2017: https://www.parlamentsdokumentation.brandenburg .de/parladoku/w5/drs/ab_7000/7097.pdf. 4 Vgl. bspw. zur Stadtschleuse Kassel LT-Drucksache 19/4006 v. 10.11.2016; zuletzt abgerufen am 17.08.2017: http://starweb.hessen.de/cache/DRS/19/6/04006.pdf. 5 Bundesfernstraßengesetz in der Fassung der Bekanntmachung vom 28.06.2007 (BGBl. I S. 1206), zuletzt geändert durch Art. 2 Absatz 7 des Gesetzes vom 20.07.2017 (BGBl. I S. 2808). Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 7 - 3000 - 105/17 Seite 6 (4) Eine Bundesfernstraße, bei der sich die Verkehrsbedeutung geändert hat und bei der die Voraussetzungen des § 1 Abs. 1 weggefallen sind, ist entweder unverzüglich einzuziehen , wenn sie jede Verkehrsbedeutung verloren hat oder überwiegende Gründe des öffentlichen Wohls vorliegen (Einziehung), oder unverzüglich dem Träger der Straßenbaulast zu überlassen, der sich nach Landesrecht bestimmt (Abstufung). (5) Die Absicht der Einziehung ist drei Monate vorher in den Gemeinden, die die Straße berührt, öffentlich bekannt zu machen, um Gelegenheit zu Einwendungen zu geben. Von der Bekanntmachung kann abgesehen werden, wenn die zur Einziehung vorgesehenen Teilstrecken in den in einem Planfeststellungsverfahren ausgelegten Plänen als solche kenntlich gemacht worden sind oder Teilstrecken im Zusammenhang mit Änderungen von unwesentlicher Bedeutung (§ 74 Abs. 7 des Verwaltungsverfahrensgesetzes) eingezogen werden sollen. Die Abstufung soll nur zum Ende eines Rechnungsjahres ausgesprochen und drei Monate vorher angekündigt werden. (6) Über Widmung, Umstufung und Einziehung entscheidet die oberste Landesstraßenbaubehörde . Die Entscheidung kann auch in einem Planfeststellungsbeschluss nach § 17 mit der Maßgabe erfolgen, dass die Widmung mit der Verkehrsübergabe, die Umstufung mit der Ingebrauchnahme für den neuen Verkehrszweck und die Einziehung mit der Sperrung wirksam wird. Die oberste Landesstraßenbaubehörde hat vor einer Widmung oder Aufstufung das Einverständnis des Bundesministeriums für Verkehr und digitale Infrastruktur einzuholen. Die Entscheidung ist in einem vom Land zu bestimmenden Amtsblatt bekannt zu geben. Die Bekanntmachung nach Satz 4 ist entbehrlich, wenn die zur Widmung, Umstufung oder Einziehung vorgesehenen Straßen bereits in den im Planfeststellungsverfahren ausgelegten Plänen als solche kenntlich und die Entscheidung mit dem Planfeststellungsbeschluss bekannt gemacht worden ist. (6a) Wird eine Bundesfernstraße verbreitert, begradigt, unerheblich verlegt oder ergänzt, so gilt der neue Straßenteil durch die Verkehrsübergabe als gewidmet, sofern die Voraussetzungen des Absatzes 2 vorliegen. Wird im Zusammenhang mit einer Maßnahme nach Satz 1 der Teil einer Bundesfernstraße dem Verkehr auf Dauer entzogen, so gilt dieser Straßenteil durch die Sperrung als eingezogen. In diesen Fällen bedarf es keiner Ankündigung (Absatz 5) und keiner öffentlichen Bekanntmachung (Absatz 6). (7) Mit der Einziehung entfallen Gemeingebrauch (§ 7) und widerrufliche Sondernutzungen (§ 8). Bei Umstufung gilt § 6 Abs. 1. Dies erfolgt bei Bundestraßen durch eine sogenannte Herabstufung der Bundestraße zu einer Landes -, Kreis- oder Gemeindestraße. Wird eine Straße nicht mehr für den allgemeinen Verkehr benötigt , wird sie für einen solchen entwidmet und die Grundstückfläche gegebenenfalls veräußert. Denkbar ist, dass für Erhaltungsmaßnahmen an einer ehemaligen Bundesstraße der Bund an die jeweilige übernehmende Gebietskörperschaft oder sonstige Dritte Zuschüsse leistet. Entsprechendes gilt für Bundesschienenwege und damit in Verbindung stehenden Anlagen, wenn diese nicht mehr für den Schienenverkehr benötigt werden, wie beispielsweise Bahnhöfe Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 7 - 3000 - 105/17 Seite 7 und Stellwerke. Die Voraussetzungen hierfür ergeben sich aus § 11 des Allgemeinen Eisenbahngesetzes (AEG)6. Die Vorschrift hat folgenden Wortlaut: „§ 11 Abgabe und Stilllegung von Eisenbahninfrastruktureinrichtungen, Betriebspflicht (1) Betreiber von Schienenwegen und Betreiber von Serviceeinrichtungen sind zum Betrieb ihrer Eisenbahninfrastruktur verpflichtet. Beabsichtigt ein öffentliches Eisenbahninfrastrukturunternehmen die dauernde Einstellung des Betriebes einer Strecke oder einer Serviceeinrichtung , eines für die Betriebsabwicklung wichtigen Bahnhofs oder die mehr als geringfügige Verringerung der Kapazität einer Strecke, so hat es dies bei der zuständigen Aufsichtsbehörde zu beantragen. Dabei hat es darzulegen, daß ihm der Betrieb der Infrastruktureinrichtung nicht mehr zugemutet werden kann und Verhandlungen mit Dritten, denen ein Angebot für die Übernahme der Infrastruktureinrichtung durch Verkauf oder Verpachtung zu in diesem Bereich üblichen Bedingungen gemacht wurde, erfolglos geblieben sind. Bei den Übernahmeangeboten an Dritte sind Vorleistungen angemessen zu berücksichtigen . Die zuständige Aufsichtsbehörde kann bei einem Antrag auf dauernde Einstellung des Betriebes einer Serviceeinrichtung entscheiden, dass eine Bekanntgabe nach Absatz 1a entbehrlich ist, wenn die Serviceeinrichtung in den letzten 24 Monaten vor der geplanten Betriebseinstellung nicht zweckentsprechend genutzt wurde und kein Antrag auf Nutzung gestellt oder eine entsprechende Absicht dem Betreiber bekannt ist. (1a) Öffentliche Eisenbahninfrastrukturunternehmen haben ihre Absicht nach Absatz 1 Satz 1 entweder 1. im Bundesanzeiger zu veröffentlichen oder 2. im Internet zu veröffentlichen und die Adresse im Bundesanzeiger bekannt zu machen. In der Bekanntmachung sind Angaben für die betriebswirtschaftliche Bewertung dieser Infrastruktur aufzunehmen. Nach der Veröffentlichung können Dritte das öffentliche Eisenbahninfrastrukturunternehmen binnen einer Frist von drei Monaten zur Abgabe eines Angebotes auffordern. Im Angebot ist die Bestimmung der abzugebenden Grundstücke und Infrastruktureinrichtungen für Eisenbahnzwecke und deren Ertragswert bei der Preisbildung angemessen zu berücksichtigen. Bei der Bemessung des Pachtzinses ist maßgeblich der Ertragswert zu berücksichtigen. Das Angebot muss den Anschluss an die angrenzende Schieneninfrastruktur umfassen. (2) Die zuständige Aufsichtsbehörde hat über den Antrag unter Berücksichtigung verkehrlicher und wirtschaftlicher Kriterien innerhalb von drei Monaten zu entscheiden. Im Bereich der Eisenbahnen des Bundes entscheidet das Eisenbahn-Bundesamt im Benehmen mit der zuständigen Landesbehörde. Bis zur Entscheidung hat das Unternehmen den Betrieb der Schieneninfrastruktur aufrecht zu halten. 6 Allgemeines Eisenbahngesetz vom 27.12.1993 (BGBl. I S. 2378, 2396; 1994 I S. 2439), zuletzt geändert durch Art. 2 Abs. 1 des Gesetzes vom 20.07.2017 (BGBl. I S. 2808). Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 7 - 3000 - 105/17 Seite 8 (3) Die Genehmigung gilt als erteilt, wenn die zuständige Aufsichtsbehörde innerhalb der in Absatz 2 bestimmten Frist nicht entschieden hat. Versagt sie die Genehmigung nach Maßgabe des Absatzes 2, so hat sie dem Eisenbahninfrastrukturunternehmen die aus der Versagung entstehenden Kosten, einschließlich der kalkulatorischen Kosten zu ersetzen; die Zahlungsverpflichtung trifft das Land, wenn die von der Landesbehörde im Rahmen des Benehmens vorgetragenen Gründe für die Ablehnung maßgebend waren. (4) Liegen die Voraussetzungen des Absatzes 1 Satz 2 nicht vor, ist die Genehmigung zu versagen. (5) Eine Versagung nach Maßgabe des Absatzes 2 ist nur für einen Zeitraum von einem Jahr möglich; danach gilt die Genehmigung als erteilt.“ Derartige für den allgemeinen Schienenverkehr entwidmete Anlagen werden in der Regel frei veräußert. Denkbar ist auch hier, dass z.B. für denkmalschutzwürdige Belange an die übernehmenden Gebietskörperschaften Zuschüsse geleistet werden können, ähnlich wie bei „Ablösungen oder einmaligen Finanzierungsbeiträge“ für Anlagen an ehemaligen Binnenwasserstraßen. ***