© 2018 Deutscher Bundestag WD 7 - 3000 - 104/18 Rechtsstellung und Aufgaben von Gerichtsvollziehern in Deutschland Sachstand Wissenschaftliche Dienste Die Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestages unterstützen die Mitglieder des Deutschen Bundestages bei ihrer mandatsbezogenen Tätigkeit. Ihre Arbeiten geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Arbeiten der Wissenschaftlichen Dienste geben nur den zum Zeitpunkt der Erstellung des Textes aktuellen Stand wieder und stellen eine individuelle Auftragsarbeit für einen Abgeordneten des Bundestages dar. Die Arbeiten können der Geheimschutzordnung des Bundestages unterliegende, geschützte oder andere nicht zur Veröffentlichung geeignete Informationen enthalten. Eine beabsichtigte Weitergabe oder Veröffentlichung ist vorab dem jeweiligen Fachbereich anzuzeigen und nur mit Angabe der Quelle zulässig. Der Fachbereich berät über die dabei zu berücksichtigenden Fragen. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 7 - 3000 - 104/18 Seite 2 Rechtsstellung und Aufgaben von Gerichtsvollziehern in Deutschland Aktenzeichen: WD 7 - 3000 - 104/18 Abschluss der Arbeit: 14. Mai 2018 Fachbereich: WD 7: Zivil-, Straf- und Verfahrensrecht, Umweltschutzrecht, Bau und Stadtentwicklung Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 7 - 3000 - 104/18 Seite 3 Inhaltsverzeichnis 1. Welche Rechtsstellung haben Gerichtsvollzieher und wo ist dies geregelt? 4 2. Welche Voraussetzungen muss eine Person erfüllen, um Gerichtsvollzieher werden zu können? 4 3. Welche Aufgaben/Kompetenzen haben Gerichtsvollzieher in Deutschland? 5 4. Ist Gerichtsvollziehern eine Nebentätigkeit oder die Mitgliedschaft in Organen von Unternehmen gestattet? 6 5. Gibt es ein Mindest- und ein Höchstalter für Gerichtsvollzieher? 6 6. Wie ist die Geschäftsverteilung geregelt? 6 Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 7 - 3000 - 104/18 Seite 4 1. Welche Rechtsstellung haben Gerichtsvollzieher und wo ist dies geregelt? Die Rechtsstellung von Gerichtsvollziehern ist in Deutschland geregelt in: – § 154 Gerichtsverfassungsgesetz (GVG)1 Demnach sind Gerichtsvollzieher diejenigen Beamten, die mit Zustellungen, Ladungen und Vollstreckungen zu betrauen sind. Zusätzliche Vorschriften zu Arbeit und Rechtsstellung von Gerichtsvollziehern sind nicht durch den Bund, sondern durch die einzelnen Bundesländer zu erlassen . Aus Gründen der Übersichtlichkeit wird für die weitere Bearbeitung auf die landesrechtlichen Bestimmungen des Landes Berlin Bezug genommen. Landesrechtliche Regelungen zu Gerichtsvollziehern finden sich in folgenden Vorschriften: – Gesetz zur Ausführung des Gerichtsverfassungsgesetzes (AGGVG) vom 23. März 1992 (GVBl. 1992, 73)2 – Gerichtsvollzieherordnung der Senatsverwaltung für Justiz und Verbraucherschutz (GVO)3 – Geschäftsanweisung für Gerichtsvollzieher (GVGA) Bei der ihm zugewiesenen Zwangsvollstreckung handelt der Gerichtsvollzieher selbstständig (§ 1 Satz 1 GVO). Die Dienstaufsicht über Handlungen des Gerichtsvollziehers übt nach § 1 Satz 3 GVO und §§ 14 f. AGGVG Berlin der aufsichtführende Richter des Amtsgerichts aus, dem er angehört. 2. Welche Voraussetzungen muss eine Person erfüllen, um Gerichtsvollzieher werden zu können? Um Gerichtsvollzieher werden zu können, muss eine Person die Ausbildung zum Gerichtsvollzieher durchlaufen haben. Die Zulassung zu dieser Ausbildung bestimmt sich nach den folgenden Vorschriften: – § 13 der Laufbahnverordnung Justiz und Justizvollzugsdienst (LVO-Just)4 1 Gerichtsverfassungsgesetz in der Fassung der Bekanntmachung vom 9. Mai 1975 (BGBl. I S. 1077), zuletzt geändert durch Artikel 10 Absatz 6 des Gesetzes vom 30. Oktober 2017 (BGBl. I S. 3618), englische Version abrufbar unter: https://www.gesetze-im-internet.de/englisch_gvg/index.html [letzter Abruf: 11. Mai 2018]. 2 Abrufbar unter: http://gesetze.berlin.de/jportal/?quelle=jlink&query=GVGAG+BE&psml=bsbeprod .psml&max=true [letzter Abruf: 11. Mai 2018]. 3 Stand: 1. September 2013, abrufbar unter: https://www.berlin.de/sen/justiz/vorschriften/vorschrift.450909.php [letzter Abruf: 11. Mai 2018]. 4 Verordnung über die Laufbahnen der Beamtinnen und Beamten der Laufbahnfachrichtung Justiz und Justizvollzugsdienst vom 18. Dezember 2012 (GVBl. 2012, 538). Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 7 - 3000 - 104/18 Seite 5 – § 2 der Verordnung über die Ausbildung und Prüfung der Gerichtsvollzieher (APOGV)5 Demnach kann ein Bewerber zur Ausbildung zum Gerichtsvollzieher zugelassen werden, wenn: – Er/sie die deutsche Staatsangehörigkeit nach § 7 Abs. 1, Abs. 2 Beamtenstatusgesetz (BeamtStG)6 besitzt und auch die weiteren allgemeinen beamtenrechtlichen Voraussetzungen erfüllt, – bereits ein Dienstverhältnis als Beamter bestimmter Laufbahnzweige (Justiz, Justizvollzugsdienst ) besteht oder die Berufsausbildung zum Justizfachangestellten abgeschlossen wurde, – er/sie nach der Persönlichkeit, den Fähigkeiten und den bisherigen fachlichen Leistungen für den Gerichtsvollzieherdienst als geeignet erscheint und in der Regel über eine mindestens dreijährige berufliche Erfahrung verfügt, – den besonderen körperlichen Anforderungen des Gerichtsvollzieherdienstes gewachsen ist (ärztliche Untersuchung erforderlich) und – er/sie in geordneten wirtschaftlichen Verhältnissen lebt. 3. Welche Aufgaben/Kompetenzen haben Gerichtsvollzieher in Deutschland? Nach § 3 Satz 1 GVO hat ein Gerichtsvollzieher das Amt persönlich auszuüben. Es ist ihm gemäß § 33 GVO gestattet, Büroangestellte zu beschäftigen, diese dürfen jedoch nur Büro- und Schreibarbeiten für diesen übernehmen. Die Übertragung von Diensthandlungen ist nicht gestattet. Ein Gerichtsvollzieher ist/ist nicht zur Vornahme der folgenden Handlungen berechtigt: – Durchsetzung/Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen: JA – Eintreiben von Schulden: NEIN (nur bei einer gerichtlichen Entscheidung diesbezüglich) – Zustellung von gerichtlichen und außergerichtlichen Dokumenten: JA – Zwangsversteigerungen: Bewegliche Sachen JA, unbewegliche Sachen NEIN – Freiwillige öffentliche Versteigerungen: JA (zumindest in Berlin) – Sequestration von beweglichen Sachen: NEIN 5 Verordnung vom 29. Juli 2013 (GVBl. 2013, 370), abrufbar unter: http://gesetze.berlin.de/jportal /?quelle=jlink&query=GVAPrV+BE&psml=bsbeprod.psml&max=true [letzter Abruf: 11. Mai 2018]. 6 Beamtenstatusgesetz vom 17. Juni 2008 (BGBl. I S. 1010), zuletzt geändert durch Artikel 2 des Gesetzes vom 8. Juni 2017 (BGBl. I S. 1570), abrufbar unter: https://www.gesetze-im-internet.de/beamtstg/ [letzter Abruf: 11. Mai 2018]. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 7 - 3000 - 104/18 Seite 6 – Rechtliche Beratung: NEIN – Mediation: NEIN – Aufsetzen von privaten Urkunden und Dokumenten: NEIN – Vertretung einer Partei vor Gericht: NEIN 4. Ist Gerichtsvollziehern eine Nebentätigkeit oder die Mitgliedschaft in Organen von Unternehmen gestattet? Es existiert keine gesonderte Vorschrift, die Nebentätigkeiten von Gerichtsvollziehern zum Gegenstand hat. Stattdessen gilt die allgemeine beamtenrechtliche Vorschrift des § 40 BeamtStG, der für Beamte des Landes Berlin um Regelungen des Landesbeamtengesetzes(LBG)7 ergänzt wird. § 62 LBG verbietet Nebentätigkeiten, wenn zu besorgen ist, dass durch die Nebentätigkeit dienstliche Interessen beeinträchtigt werden. Wenn diese Interessen nicht beeinträchtigt sind, ist eine Nebentätigkeit zwar grundsätzlich möglich, aber von einer Genehmigung abhängig. Also ist es nicht gänzlich ausgeschlossen, dass ein Gerichtsvollzieher eine Nebentätigkeit ausübt. 5. Gibt es ein Mindest- und ein Höchstalter für Gerichtsvollzieher? Ein Mindestalter ist für Gerichtsvollzieher nicht vorgeschrieben. Festgelegt ist hingegen eine Höchstgrenze für das Alter bei Ausbildungsbeginn in § 13 Abs. 4 LVO-Just. Justizfachangestellte dürfen zu diesem Zeitpunkt nicht älter als 40 Jahre, Schwerbehinderte nicht älter als 45 Jahre sein. Beamte sind von dieser Altersregelung bei Ausbildungsbeginn nicht erfasst. Das Höchstalter eines Gerichtsvollziehers ist darüber hinaus nicht gesondert geregelt. 6. Wie ist die Geschäftsverteilung geregelt? Die maßgebliche Vorschrift für Berlin ist der § 10 GVO, wonach der aufsichtführende Richter jedem Gerichtsvollzieher in einem Amtsgerichtsbezirk einen örtlich begrenzten Bezirk (Gerichtsvollzieherbezirk ) zuweist, für den er/sie zuständig ist. Ihr Zuschnitt soll auf eine gleichmäßige Verteilung der Arbeit und ein zweckmäßiges Maß an Reisen der einzelnen Gerichtsvollzieher hinwirken. Andere Methoden der Geschäftsverteilung sind möglich, stellen jedoch nicht den Regelfall dar. *** 7 Landesbeamtengesetz vom 19. März 2009 (GVBl. 2009, 70), zuletzt geändert durch Art. 2 des Gesetzes vom 9. April 2018 (GVBl. 2018, 202), abrufbar unter: http://gesetze.berlin.de/jportal /?quelle=jlink&query=BG+BE&psml=bsbeprod.psml&max=true [letzter Abruf: 11. Mai 2018].