© 2016 Deutscher Bundestag WD 7 – 3000 – 102/16 Gesetzgebung zu unternehmerischen Sorgfaltspflichten in Frankreich Dokumentation Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitungen und andere Informationsangebote der Wissenschaftlichen Dienste geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Der Deutsche Bundestag behält sich die Rechte der Veröffentlichung und Verbreitung vor. Beides bedarf der Zustimmung der Leitung der Abteilung W, Platz der Republik 1, 11011 Berlin. Wissenschaftliche Dienste Dokumentation WD 7 – 3000 – 102/16 Seite 2 Gesetzgebung zu unternehmerischen Sorgfaltspflichten in Frankreich Aktenzeichen: WD 7 – 3000 – 102/16 Abschluss der Arbeit: 15. Juni 2016 Fachbereich: WD 7: Zivil-, Straf- und Verfahrensrecht, Umweltschutzrecht, Verkehr, Bau und Stadtentwicklung Wissenschaftliche Dienste Dokumentation WD 7 – 3000 – 102/16 Seite 3 Die Französische Nationalversammlung (Assemblée nationale) hat am 23. März 2016 in zweiter Lesung den Entwurf für ein Gesetz über unternehmerische Sorgfaltspflichten ("Loi relative au devoir de vigilance des sociétés mères et des entreprises donneuses d'ordre") Proposition de loi de M. Bruno LE ROUX et plusieurs de ses collègues relative au devoir de vigilance des sociétés mères et des entreprises donneuses d'ordre, n° 2578, déposée le 11 février 2015 http://www.assemblee-nationale.fr/14/pdf/propositions/pion2578.pdf - Anlage 1 - mit Änderungen angenommen. Der Gesetzentwurf liegt derzeit dem Senat zur Beratung in zweiter Lesung vor.1 Entsprechend den weltweiten Bestrebungen für eine gesellschaftliche Verantwortung von Unternehmen im Sinne eines nachhaltigen Wirtschaftens2 sieht er im Wesentlichen Folgendes vor: Aktiengesellschaften („Sociétéa anonymes“) einer bestimmten Größenordnung (5.000 Beschäftigte in Frankreich oder 10.000 Beschäftigten weltweit) werden verpflichtet, einen sog. Sorgfaltsplan („plan de vigilance“) zu erstellen und anzuwenden. Der Plan soll Maßnahmen enthalten, die geeignet sind, die Gefahr des Eintritts von Menschenrechts- und Grundrechtsverletzungen, von schweren körperlichen Schäden und Umweltschäden oder von Gesundheitsgefahren zu identifizieren, die aufgrund von Aktivitäten der Gesellschaft selbst oder von Gesellschaften entstehen, welche sie kontrollieren, bzw. aufgrund von Tätigkeiten ihrer Subunternehmer und Zulieferer, auf die sie bestimmenden Einfluss haben, und ihnen vorzubeugen. Der Plan ist zu veröffentlichen und in den jährlichen Geschäftsbericht von Verwaltungsrat bzw. Vorstand an die Aktionärsversammlung der Gesellschaft einzustellen. Die Einhaltung dieser Verpflichtungen ist mit Bußgeld bis zu 10 Millionen Euro bewehrt. Zur französischen Diskussion siehe die Interviews der Zeitung “Libération” mit dem Abgeordneten Dominique Potier (PS), Berichterstatter des Rechtsausschusses der Nationalversammlung zum Gesetzentwurf, und Pierre Pringuet, dem Präsidenten des französischen Unternehmerverbandes AFEP (Association française des entreprises privées): 1 Zum Verlauf der parlamentarischen Beratung in beiden Häusern siehe: http://www.assemblee-nationale .fr/14/dossiers/devoir_vigilance_entreprises_donneuses_ordre.asp bzw. https://www.senat.fr/dossier-legislatif /ppl14-376.html . 2 Siehe dazu: http://www.csr-in-deutschland.de/DE/Was-ist-CSR/Grundlagen/Internationale-Rahmenwerke/international -rahmenwerke-artikel.html Wissenschaftliche Dienste Dokumentation WD 7 – 3000 – 102/16 Seite 4 Nathalie Raulin, Sous Traitance – Dominique Potier: «L’éthique est plus que jamais un impératif politique», in: Libération.fr vom 22.3.2016 http://www.liberation.fr/france/2016/03/22/dominique-potier-l-ethique-est-plus-que-jamais-unimperatif -politique_1441330 - Anlage 3 -; Nathalie Raulin, Sous-traitance – Pierre Pringuet: «Cette loi va pénaliser les multinationales françaises», in: Libération.fr vom 22.3.2016 http://www.liberation.fr/france/2016/03/22/pierre-pringuet-cette-loi-va-penaliser-les-multinationales -francaises_1441329 - Anlage 4 -. Zum Gesetzgebungsvorhaben siehe auch die Erläuterungen auf der Homepage von Germany Trade and Invest - Gesellschaft für Außenwirtschaft und Standortmarketing mbH (GTAI) von: Armin Kampf, Frankreich: Gesetz zu unternehmerischen Sorgfaltspflichten, in: GTAI.de vom 20.5.2015 http://www.gtai.de/GTAI/Navigation/DE/Trade/Recht-Zoll/Wirtschafts-und-steuerrecht/suche ,t=frankreich-gesetz-zu-unternehmerischen-sorgfaltspflichten,did=1244012.html - Anlage 5 -. Die vorgeschlagenen Vorschriften sollen in die Regelungen des französischen Handelsgesetzbuchs über die Berichterstattung des Verwaltungsrates bzw. Vorstandes an die Aktionärsversammlung (Art. 225-100 ff. Code de commerce)3 eingefügt werden. Hier würden sie bereits bestehende Berichterstattungspflichten nichtfinanzieller Natur ergänzen, welche Unternehmen von Art. L 225-102-1 Code de commerce im Hinblick auf soziale, umweltbezogene und gesellschaftliche Kriterien auferlegt werden. Nach Absatz 5 der Vorschrift hat der Geschäftsbericht an die Aktionärsversammlung Informationen zu enthalten über die Art und Weise, in welcher das Unternehmen die sozialen und umweltbezogenen Folgen seiner Tätigkeit – einschließlich der Folgen seiner Tätigkeit und des Gebrauchs der von ihm produzierten Waren und Dienstleistungen für den Klimawandel – berücksichtigt , sowie über die gesellschaftlichen Anstrengungen des Unternehmens zu Gunsten der nachhaltigen Entwicklung, der Kreislaufwirtschaft, des Kampfes gegen die Nahrungsmittelverschwendung und für den Kampf gegen Diskriminierungen und die Förderung der Vielfalt. 3 Siehe https://www.legifrance.gouv.fr/affichCode.do;jsessionid=114FC2E60A65C2F6024CA76DEE- ADF84D.tpdila13v_2?idSectionTA=LEGISCTA000006161273&cidTexte=LEGITEXT000005634379&date- Texte=20160614. Wissenschaftliche Dienste Dokumentation WD 7 – 3000 – 102/16 Seite 5 Article L225-102-1 Code commerce, modifié par Loi n° 2016-138 du 11 février 2016 - art. 4, https://www.legifrance.gouv.fr/affichCodeArticle.do;jsessionid =6D632DE14B2E1018225829E5C5902DCC.tpdila13v_2?idArticle=LE- GIARTI000032045264&cidTexte=LEGITEXT000005634379&dateTexte=20160614 - Anlage 5 -. Die Anforderungen an die geschuldete Berichterstattung werden im Einzelnen spezifiziert durch die Bestimmungen der Verordnung vom 24. April 2012 über die Verpflichtungen von Unternehmen zur Transparenz im Bereich Soziales und Umwelt: Décret n°2012-557 du 24 avril 2012 relatif aux obligations de transparence des entreprises en matière sociale http://www.developpement-durable.gouv.fr/IMG/pdf/le_decret_du_24_avril_2012_relatif_aux_obligations _de_transparence_des_entreprises_en_matiere_sociale_et_environnementale _en_cours_de_revision_.pdf - Anlage 6 -. Mit Blick auf Subunternehmer und Zulieferer beispielsweise sind danach im Rahmen der Berichterstattung zu gesellschaftsbezogenen Anstrengungen zu Gunsten nachhaltiger Entwicklung Angaben darüber in den Geschäftsbericht aufzunehmen, wie das Unternehmen die sozialen und umweltbezogenen Herausforderungen im Rahmen seiner Einkaufspolitik berücksichtigt (Art. R.225-105-1 Code de commerce unter I. 3° c), bzw. Angaben darüber, wie das Unternehmen in den Beziehungen zu Subunternehmern und Zulieferern deren soziale und umweltbezogene Verantwortlichkeit berücksichtigt (Art. R.225-105-1 Code de commerce unter II. 3°c). Ende der Bearbeitung