© 2020 Deutscher Bundestag WD 7 - 3000 - 099/20 Die Folgen eines Verstoßes gegen § 21 des Gesetzes über den Wertpapierhandel Straf- und zivilrechtliche Implikationen Sachstand Wissenschaftliche Dienste Die Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestages unterstützen die Mitglieder des Deutschen Bundestages bei ihrer mandatsbezogenen Tätigkeit. Ihre Arbeiten geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Arbeiten der Wissenschaftlichen Dienste geben nur den zum Zeitpunkt der Erstellung des Textes aktuellen Stand wieder und stellen eine individuelle Auftragsarbeit für einen Abgeordneten des Bundestages dar. Die Arbeiten können der Geheimschutzordnung des Bundestages unterliegende, geschützte oder andere nicht zur Veröffentlichung geeignete Informationen enthalten. 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Art. 34 GG 8 3.2. § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 21 WpHG 9 Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 7 - 3000 - 099/20 Seite 4 1. Einleitung Nach § 21 Abs. 1 Satz 1 des Wertpapierhandelsgesetzes (WpHG)1 dürfen die bei der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) Beschäftigten und die nach § 4 Abs. 3 des Finanzdienstleistungsaufsichtsgesetzes (FinDAG)2 beauftragten Personen3 die ihnen bei ihrer Tätigkeit bekannt gewordenen Tatsachen, deren Geheimhaltung im Interesse eines nach dem WpHG Verpflichteten oder eines Dritten liegt, insbesondere Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse sowie personenbezogene Daten, nicht unbefugt offenbaren oder verwenden, auch dann wenn sie nicht mehr im Dienst sind oder ihre Tätigkeit beendet ist. Einen entsprechenden Verstoß gegen § 21 Abs. 1 Satz 1 WpHG unterstellt, soll nachstehend summarisch dargestellt werden, welche gesetzlichen Folgen ein solcher Verstoß nach sich ziehen kann. Neben der Verwirklichung von Straftatbeständen nach dem Strafgesetzbuch (StGB)4 (vgl. dazu nachfolgend Ziffer 1.), kommen insoweit auch zivilrechtliche Schadensersatzansprüche in Betracht (vgl. dazu nachfolgend unter Ziffer 2.). 2. Strafrechtliche Implikationen Die Verletzung der Verschwiegenheitspflicht nach § 21 Abs. 1 Satz 1 WpHG kann eine Strafbarkeit wegen der Verletzung von Privatgeheimnissen nach § 203 StGB, wegen der Verwertung fremder Geheimnisse nach § 204 StGB sowie wegen der Verletzung des Dienstgeheimnisses und einer besonderen Geheimhaltungspflicht nach § 353b StGB begründen.5 2.1. § 203 Abs. 2 Satz 1 StGB Im Falle eines Verstoßes gegen das in § 21 Abs. 1 Satz 1 WpHG enthaltene Offenbarungsverbot kommt eine Strafbarkeit wegen der Verletzung von Privatgeheimnissen nach § 203 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 Var. 1 bzw. Nr. 2 StGB in Betracht. Danach wird mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe bestraft, wer unbefugt ein fremdes Geheimnis, namentlich ein zum persönlichen Lebensbereich gehörendes Geheimnis oder ein Betriebs- oder Geschäftsgeheimnis, offenbart, das 1 Wertpapierhandelsgesetz in der Fassung der Bekanntmachung vom 9. September 1998 (BGBl. I S. 2708), das zuletzt durch Artikel 4 des Gesetzes vom 12. August 2020 (BGBl. I S. 1874) geändert worden ist, abrufbar unter: https://www.gesetze-im-internet.de/wphg/BJNR174910994.html (letzter Abruf dieses Links und aller weiteren am 4. September 2020). 2 Finanzdienstleistungsaufsichtsgesetz vom 22. April 2002 (BGBl. I S. 1310), das zuletzt durch Artikel 4 Absatz 8 des Gesetzes vom 10. Juli 2020 (BGBl. I S. 1633) geändert worden ist, abrufbar unter: http://www.gesetze-iminternet .de/findag/BJNR131010002.html. 3 Dies betrifft insbesondere Wirtschaftsprüfer, „die im Rahmen von Prüfungen gem. §§ 44 ff KWG, § 83 Abs. 1 Nr. 4 VAG für die BaFin tätig sind, und die (Prüfungs-)verbände der Sparkassen, Privatbanken und genossenschaftlichen Institute“, vgl. Laars, in: Nomos-BR, Laars FinDAG, 4. Auflage 2017, § 4 FinDAG, Rn. 5. 4 Strafgesetzbuch in der Fassung der Bekanntmachung vom 13. November 1998 (BGBl. I S. 3322), das zuletzt durch Artikel 5 des Gesetzes vom 10. Juli 2020 (BGBl. I S. 1648) geändert worden ist, abrufbar unter: https://www.gesetze-im-internet.de/stgb/BJNR001270871.html. 5 Vgl. v. Hein, in: Schwark/Zimmer, Kapitalmarktrechts-Kommentar, Börsengesetz mit Börsenzulassungsverordnung , Wertpapierprospektgesetz, Wertpapierhandelsgesetz, Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetz, Europäische Marktmissbrauchsverordnung, 5. Auflage 2020, § 21 WpHG, Rn. 41. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 7 - 3000 - 099/20 Seite 5 ihm als Amtsträger oder als für den öffentlichen Dienst besonders Verpflichteten anvertraut worden oder sonst bekannt geworden ist. Die objektiven Tatbestandsvoraussetzungen des § 203 Abs. 1 Satz 1 StGB sind im Falle einer Verletzung des Offenbarungsverbotes nach § 21 Abs. 1 Satz 1 WpHG regelmäßig erfüllt. Denn, wie nachstehend näher dargestellt, korrespondieren Tatgegenstand , Täterkreis und Tathandlung des § 203 StGB mit dem Regelungsinhalt des Offenbarungsverbotes im Sinne des WpHG. 2.1.1. Tatgegenstand Geheimnisse im Sinne des § 203 Abs. 2 Satz 1 StGB sind Tatsachen, die nur einem Einzelnen oder einem beschränkten Kreis von Personen bekannt oder zugänglich sind.6 Nach ganz überwiegender Auffassung ist darüber hinaus ein sachlich begründetes Geheimhaltungsinteresse des Betroffenen erforderlich.7 Diese Voraussetzungen erfüllen die von § 21 WpHG geschützten Tatsachen . Denn auch § 21 Abs. 1 Satz 1 WpHG setzt nach seinem Wortlaut voraus, dass die Geheimhaltung der Tatsache im Interesse eines nach dem WpHG Verpflichteten oder eines Dritten liegt. Demgegenüber fehlt es an einem schützenswerten Geheimhaltungsinteresse, wenn eine Tatsache bereits allgemein bekannt ist, durch öffentlich zugängliche Quellen in Erfahrung gebracht werden kann oder aufgrund kapitalmarktrechtlicher Veröffentlichungspflichten offengelegt werden muss.8 2.1.2. Täterkreis § 203 Abs. 2 Satz 1 StGB setzt voraus, dass die Tatsache dem Täter in seiner Eigenschaft als Amtsträger oder als für den öffentlichen Dienst besonders Verpflichteter und nicht als Privatperson anvertraut oder sonst bekannt geworden ist.9 Entsprechend erfasst die Verschwiegenheitspflicht nach § 21 Abs. 1 Satz 1 WpHG nur solche Tatsachen, die dem Verpflichteten bei oder im Zusammenhang mit seiner Aufsichtstätigkeit bekannt geworden sind.10 Die Angestellten und Arbeiter der BaFin sind in der Regel Amtsträger im Sinne des § 11 Abs. 1 Nr. 2 Buchstabe c StGB11 6 Vgl. Cierniak/Niehaus, in: Joecks/Miebach, Münchener Kommentar zum StGB, Band 4, 3. Auflage 2017, § 203 StGB, Rn. 12. 7 Vgl. Weidemann, in: v. Heintschel-Heinegg, Beck’scher Online-Kommentar StGB, 46. Edition, Stand: 01.05.2020, § 203 StGB, Rn. 5, m.w.N. 8 Vgl. v. Hein, in: Schwark/Zimmer, Kapitalmarktrechts-Kommentar, Börsengesetz mit Börsenzulassungsverordnung , Wertpapierprospektgesetz, Wertpapierhandelsgesetz, Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetz, Europäische Marktmissbrauchsverordnung, 5. Auflage 2020, § 21 WpHG, Rn. 14. 9 Vgl. Weidemann, in: v. Heintschel-Heinegg, Beck’scher Online-Kommentar StGB, 46. Edition, Stand: 01.05.2020, § 203 StGB, Rn. 14. 10 Vgl. Köhler, in: Park, Kapitalmarktstrafrecht, Straftaten, Ordnungswidrigkeiten, Finanzaufsicht, Compliance, Handkommentar, 5. Auflage 2019, Teil 2, Kapitel 1, Kap. 1.2., Rn. 115. 11 Vgl. Köhler, in: Park, Kapitalmarktstrafrecht, Straftaten, Ordnungswidrigkeiten, Finanzaufsicht, Compliance, Handkommentar, 5. Auflage 2019, Teil 2, Kapitel 1, Kap. 1.2., Rn. 134. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 7 - 3000 - 099/20 Seite 6 und unterfallen daher dem Tatbestand des § 203 Abs. 2 Satz 1 StGB.12 Soweit die nach § 21 Abs. 1 Satz 1 WpHG zur Verschwiegenheit Verpflichteten keine Amtsträger sind, dürften sie regelmäßig für den öffentlichen Dienst besonders Verpflichtete im Sinne des § 11 Abs. 1 Nr. 4 StGB und mithin auch als solche taugliche Täter des § 203 Abs. 2 Satz 1 StGB sein.13 2.1.3. Tathandlung Tathandlung des § 203 Abs. 2 Satz 1 StGB ist das unbefugte Offenbaren des fremden Geheimnisses , also die Mitteilung des Geheimnisses an einen Dritten.14 Ebensolche Handlungen verbietet das Offenbarungsverbot nach § 21 Abs. 1 Satz 1 WpHG.15 2.1.4. Vorsatz und Strafantrag Nach § 203 Abs. 2 StGB macht sich nur strafbar, wer die Merkmale des objektiven Tatbestandes zumindest bedingt vorsätzlich verwirklicht.16 Ob dies der Fall ist, ist in jedem Einzelfall zu prüfen . Für die Verfolgung einer Straftat gemäß § 203 StGB ist nach § 205 Abs. 1 Satz 1 StGB ein Strafantrag erforderlich. 2.2. § 204 Abs. 1 StGB Ein vorsätzlicher17 Verstoß gegen das Verwendungsverbot nach § 21 Abs. 1 Satz 1 WpHG kann eine Strafbarkeit wegen der Verwertung fremder Geheimnisse nach § 204 Abs. 1 StGB begründen. Danach wird mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft, wer unbefugt ein fremdes Geheimnis, namentlich ein Betriebs- oder Geschäftsgeheimnis, zu dessen Geheimhaltung er nach § 203 StGB verpflichtet ist, verwertet. Hinsichtlich des Tatgegenstandes und des Täterkreises des § 204 Abs. 1 StGB gelten die obigen Ausführungen zu § 203 Abs. 2 StGB entsprechend (vgl. Gliederungspunkte 2.1.1. und 2.1.2.).18 Tathandlung des § 204 Abs. 1 StGB ist das unbefugte Verwerten des Geheimnisses, also dessen 12 Vgl. Cierniak/Niehaus, in: Joecks/Miebach, Münchener Kommentar zum StGB, Band 4, 3. Auflage 2017, § 203 StGB, Rn. 99. 13 Vgl. Cierniak/Niehaus, in: Joecks/Miebach, Münchener Kommentar zum StGB, Band 4, 3. Auflage 2017, § 203 StGB, Rn. 100. 14 Vgl. Weidemann, in: v. Heintschel-Heinegg, Beck’scher Online-Kommentar StGB, 46. Edition, Stand: 01.05.2020, § 203 StGB, Rn. 32. 15 Vgl. Köhler, in: Park, Kapitalmarktstrafrecht, Straftaten, Ordnungswidrigkeiten, Finanzaufsicht, Compliance, Handkommentar, 5. Auflage 2019, Teil 2, Kapitel 1, Kap. 1.2., Rn. 118. 16 Vgl. Weidemann, in: v. Heintschel-Heinegg, Beck’scher Online-Kommentar StGB, 46. Edition, Stand: 01.05.2020, § 203 StGB, Rn. 48. 17 Vgl. Graf, in: Joecks/Miebach, Münchener Kommentar zum StGB, Band 4, 3. Auflage 2017, § 204 StGB, Rn. 18. 18 Vgl. Weidemann, in: v. Heintschel-Heinegg, Beck’scher Online-Kommentar StGB, 46. Edition, Stand: 01.05.2020, § 204 StGB, Rn. 3, 4, 7. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 7 - 3000 - 099/20 Seite 7 unbefugte wirtschaftliche Ausnutzung zur Gewinnerzielung.19 Als Tatgegenstand des § 204 Abs. 1 StGB kommen deshalb nur solche Geheimnisse in Betracht, die wirtschaftlich verwertbar sind.20 Im Gegensatz zu § 204 Abs. 1 StGB setzt § 21 Abs. 1 Satz 1 WpHG nicht voraus, dass das Geheimnis zur Gewinnerzielung wirtschaftlich ausgenutzt wird.21 Vielmehr genügt jede Verwendung bzw. Ausnutzung der Tatsache zu eigenen privaten, aber auch fremden privaten Zwecken.22 Daher sind nicht bei jedem Verstoß gegen das Verwendungsverbot nach § 21 Abs. 1 Satz 1 WpHG die Tatbestandsvoraussetzungen des § 204 Abs. 1 StGB erfüllt. Wenn das Geheimnis jedoch durch wirtschaftliche Ausnutzung mit Gewinnerzielungsabsicht verwendet wird, kommt eine Strafbarkeit nach § 204 Abs. 1 StGB in Betracht. Dies gilt aber nur, wenn die Verwendung nicht durch eine Offenbarung des Geheimnisses im Sinne des § 203 Abs. 2 Satz 1 StGB erfolgt.23 Denn in diesem Fall tritt § 204 StGB hinter § 203 StGB im Wege der Gesetzeskonkurrenz zurück.24 Eine Tat gemäß § 204 StGB wird nach § 205 Abs. 1 Satz 1 StGB nur auf Antrag verfolgt. 2.3. § 353b Abs. 1 StGB Daneben kommt eine Strafbarkeit wegen der Verletzung des Dienstgeheimnisses und einer besonderen Geheimhaltungspflicht nach § 353b Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 bzw. Nr. 2 StGB in Betracht. Danach wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft, wer ein Geheimnis, das ihm als Amtsträger oder als für den öffentlichen Dienst besonders Verpflichteten anvertraut worden oder sonst bekannt geworden ist, unbefugt offenbart und dadurch wichtige öffentliche Interessen gefährdet. Nach § 353b Abs. 1 Satz 2 StGB ist die Tat mit einer Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe bedroht, wenn der Täter die Gefährdung der wichtigen öffentlichen Interessen lediglich fahrlässig verursacht hat. Ein wesentlicher Unterschied zwischen § 203 Abs. 2 Satz 1 StGB und § 353b Abs. 1 StGB besteht darin, dass Letzterer die Gefährdung eines öffentlichen Interesses voraussetzt. Als wichtige öffentliche Interessen kommen grundsätzlich alle öffentlichen Belange von einigem Rang in Betracht .25 Es reicht jedoch nicht aus, dass als Folge der Tat das Vertrauen der Allgemeinheit in die 19 Vgl. Fischer, Strafgesetzbuch mit Nebengesetzen, 66. Auflage 2019, § 204 StGB Rn. 4. 20 Vgl. Fischer, Strafgesetzbuch mit Nebengesetzen, 66. Auflage 2019, § 204 StGB Rn. 3 f. 21 Vgl. Köhler, in: Park, Kapitalmarktstrafrecht, Straftaten, Ordnungswidrigkeiten, Finanzaufsicht, Compliance, Handkommentar, 5. Auflage 2019, Teil 2, Kapitel 1, Kap. 1.2., Rn. 119. 22 Vgl. Köhler, in: Park, Kapitalmarktstrafrecht, Straftaten, Ordnungswidrigkeiten, Finanzaufsicht, Compliance, Handkommentar, 5. Auflage 2019, Teil 2, Kapitel 1, Kap. 1.2., Rn. 119. 23 Vgl. Fischer, Strafgesetzbuch mit Nebengesetzen, 66. Auflage 2019, § 204 StGB Rn. 4. 24 Vgl. Graf, in: Joecks/Miebach, Münchener Kommentar zum StGB, Band 4, 3. Auflage 2017, § 204 StGB, Rn. 9. 25 Vgl. Perron/Hecker, in: Schönke/Schröder, Strafgesetzbuch, Kommentar, 30. Auflage 2019, § 353b StGB, Rn. 9. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 7 - 3000 - 099/20 Seite 8 Amtsverschwiegenheit erschüttert zu werden droht.26 Ob ein wichtiges öffentliches Interesse gefährdet wurde, ist in jedem Einzelfall von dem zuständigen Tatrichter zu prüfen.27 Die Verfolgung einer Straftat gemäß § 353b StGB setzt nach § 353b Abs. 4 Satz 1 StGB eine Ermächtigung durch die nach § 353b Abs. 4 Satz 2 StGB zuständige Stelle voraus. 3. Schadensersatzansprüche Als Rechtsgrundlagen für einen Anspruch auf den Ersatz eines durch die Verletzung der Verschwiegenheitspflicht entstandenen Schadens kommen insbesondere § 839 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB)28 in Verbindung mit Art. 34 des Grundgesetzes (GG)29 und § 823 Abs. 2 BGB in Verbindung mit § 21 WpHG in Betracht.30 3.1. § 839 BGB i.V.m. Art. 34 GG Bei der Verschwiegenheitspflicht gemäß § 21 Abs. 1 WpHG handelt es sich um eine drittbezogene Amtspflicht, deren Verletzung einen Schadensersatzanspruch nach § 839 BGB i.V.m. Art. 34 GG gegen die BaFin nach sich ziehen kann.31 Voraussetzung für einen solchen Anspruch ist, dass der zur Verschwiegenheit Verpflichtete rechtswidrig und schuldhaft gehandelt hat32 und dass dem Betroffenen durch die Pflichtverletzung ein Schaden entstanden ist. Ob dies der Fall ist, ist eine Frage des Einzelfalles. 26 Vgl. Hoyer, in: Wolter, Systematischer Kommentar zum Strafgesetzbuch, Band VI, 8. Auflage 2013, § 353b StGB Rn. 8. 27 Vgl. Puschke, in: Joecks/Miebach, Münchener Kommentar zum StGB, Band 5, 3. Auflage 2019, § 353b StGB, Rn. 40. 28 Bürgerliches Gesetzbuch in der Fassung der Bekanntmachung vom 2. Januar 2002 (BGBl. I S. 42, 2909; 2003 I S. 738), das zuletzt durch Artikel 1 des Gesetzes vom 12. Juni 2020 (BGBl. I S. 1245) geändert worden ist, abrufbar unter: http://www.gesetze-im-internet.de/bgb/BJNR001950896.html. 29 Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland in der im Bundesgesetzblatt Teil III, Gliederungsnummer 100- 1, veröffentlichten bereinigten Fassung, das zuletzt durch Artikel 1 des Gesetzes vom 15. November 2019 (BGBl. I S. 1546) geändert worden ist, abrufbar unter: https://www.gesetze-im-internet.de/gg/BJNR000010949.html. 30 Vgl. v. Hein, in: Schwark/Zimmer, Kapitalmarktrechts-Kommentar, Börsengesetz mit Börsenzulassungsverordnung , Wertpapierprospektgesetz, Wertpapierhandelsgesetz, Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetz, Europäische Marktmissbrauchsverordnung, 5. Auflage 2020, § 21 WpHG, Rn. 40; Köhler, in: Park, Kapitalmarktstrafrecht , Straftaten, Ordnungswidrigkeiten, Finanzaufsicht, Compliance, Handkommentar, 5. Auflage 2019, Teil 2, Kapitel 1, Kap. 1.2., Rn. 136. 31 Vgl. v. Hein, in: Schwark/Zimmer, Kapitalmarktrechts-Kommentar, Börsengesetz mit Börsenzulassungsverordnung , Wertpapierprospektgesetz, Wertpapierhandelsgesetz, Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetz, Europäische Marktmissbrauchsverordnung, 5. Auflage 2020, § 21 WpHG, Rn. 40. 32 Vgl. v. Hein, in: Schwark/Zimmer, Kapitalmarktrechts-Kommentar, Börsengesetz mit Börsenzulassungsverordnung , Wertpapierprospektgesetz, Wertpapierhandelsgesetz, Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetz, Europäische Marktmissbrauchsverordnung, 5. Auflage 2020, § 21 WpHG, Rn. 40. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 7 - 3000 - 099/20 Seite 9 3.2. § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 21 WpHG § 21 WpHG ist Schutzgesetz im Sinne des § 823 Abs. 2 BGB, sodass bei seiner Verletzung ein Schadensersatzanspruch auch nach dieser Vorschrift grundsätzlich bestehen kann.33 Die Haftung für Amtspflichtverletzungen ist jedoch in § 839 BGB abschließend geregelt.34 Das gilt jedenfalls für Beamte im staatsrechtlichen Sinne35, also solche, die in einem öffentlich-rechtlichen Dienst- und Treueverhältnis zum Staat oder zu einer anderen juristischen Person des öffentlichen Rechts stehen, in das sie unter Aushändigung der gesetzlich vorgeschriebenen Ernennungsurkunde berufen worden sind36. Eine Haftung nach § 823 Abs. 2 BGB kommt daher nur ausnahmsweise in Betracht, insbesondere dann, wenn der zur Verschwiegenheit Verpflichtete kein Beamter im staatsrechtlichen Sinne ist.37 Auch dann ist eine persönliche Haftung des zur Verschwiegenheit Verpflichteten unter den Voraussetzungen des Art. 34 GG aber ausgeschlossen .38 Haftungsadressatin ist auch dann die BaFin als Dienstherrin des zur Verschwiegenheit Verpflichteten . *** 33 Vgl. v. Hein, in: Schwark/Zimmer, Kapitalmarktrechts-Kommentar, Börsengesetz mit Börsenzulassungsverordnung , Wertpapierprospektgesetz, Wertpapierhandelsgesetz, Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetz, Europäische Marktmissbrauchsverordnung, 5. Auflage 2020, § 21 WpHG, Rn. 40; Köhler, in: Park, Kapitalmarktstrafrecht , Straftaten, Ordnungswidrigkeiten, Finanzaufsicht, Compliance, Handkommentar, 5. Auflage 2019, Teil 2, Kapitel 1, Kap. 1.2., Rn. 136. 34 Vgl. v. Hein, in: Schwark/Zimmer, Kapitalmarktrechts-Kommentar, Börsengesetz mit Börsenzulassungsverordnung , Wertpapierprospektgesetz, Wertpapierhandelsgesetz, Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetz, Europäische Marktmissbrauchsverordnung, 5. Auflage 2020, § 21 WpHG, Rn. 40. 35 Vgl. Sprau, in: Palandt, Bürgerliches Gesetzbuch mit Nebengesetzen, § 839 BGB, Rn. 3. 36 Vgl. Papier/Shirvani, in: Säcker/Rixecker/Oetker/Limperg, Münchener Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch , 7. Auflage 2017, § 839 BGB Rn. 130. 37 Vgl. v. Hein, in: Schwark/Zimmer, Kapitalmarktrechts-Kommentar, Börsengesetz mit Börsenzulassungsverordnung , Wertpapierprospektgesetz, Wertpapierhandelsgesetz, Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetz, Europäische Marktmissbrauchsverordnung, 5. Auflage 2020, § 21 WpHG, Rn. 40. 38 Vgl. Sprau, in: Palandt, Bürgerliches Gesetzbuch mit Nebengesetzen, § 839 BGB, Rn. 3.