© 2017 Deutscher Bundestag WD 7 - 3000 - 099/17 Errichtung von Steganlagen an Bundeswasserstraßen Sachstand Wissenschaftliche Dienste Die Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestages unterstützen die Mitglieder des Deutschen Bundestages bei ihrer mandatsbezogenen Tätigkeit. Ihre Arbeiten geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Arbeiten der Wissenschaftlichen Dienste geben nur den zum Zeitpunkt der Erstellung des Textes aktuellen Stand wieder und stellen eine individuelle Auftragsarbeit für einen Abgeordneten des Bundestages dar. Die Arbeiten können der Geheimschutzordnung des Bundestages unterliegende, geschützte oder andere nicht zur Veröffentlichung geeignete Informationen enthalten. Eine beabsichtigte Weitergabe oder Veröffentlichung ist vorab dem jeweiligen Fachbereich anzuzeigen und nur mit Angabe der Quelle zulässig. Der Fachbereich berät über die dabei zu berücksichtigenden Fragen. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 7 - 3000 - 099/17 Seite 2 Errichtung von Steganlagen an Bundeswasserstraßen Aktenzeichen: WD 7 - 3000 - 099/17 Abschluss der Arbeit: 3. August 2017 Fachbereich: WD 7: Zivil-, Straf- und Verfahrensrecht, Umweltschutz, Bau und Stadtentwicklung Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 7 - 3000 - 099/17 Seite 3 Inhaltsverzeichnis 1. Einleitung 4 2. Bundeswasserstraßen 4 2.1. Zuständigkeit 4 2.2. Funktion und Zweck 5 2.3. Die schifffahrtspolizeiliche Genehmigung nach § 31 Abs. 1 WaStrG 5 3. Zuständigkeit der Länder 6 3.1. Zweck des Genehmigungsverfahrens nach § 62 Abs. 2 BWG 6 3.2. Die wasserbehördliche Genehmigung nach § 62 Abs. 2 BWG 7 4. Fazit 7 Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 7 - 3000 - 099/17 Seite 4 1. Einleitung Im vorliegenden Sachstand werden in einem ersten Schritt die Zuständigkeit sowie die Funktion und der Zweck von Bundeswasserstraßen behandelt. Dieser Abschnitt setzt sich des Weiteren mit der strom- und schifffahrtspolizeilichen Genehmigung nach § 31 WaStrG auseinander. Anschließend wird die Zuständigkeit der Länder für die Wasserwirtschaft erläutert und die Funktion und der Zweck des Genehmigungsverfahrens nach dem § 62 BWG vorgestellt. Schließlich wird auf die Auswirkungen einer befristeten Genehmigung nach § 62 BWG und einer unbefristeten Genehmigung nach § 31 WaStrG eingegangen. 2. Bundeswasserstraßen 2.1. Zuständigkeit Gemäß Art. 89 Abs. 1 Grundgesetz (GG)1 ist die Bundesrepublik Deutschland Eigentümer der Bundeswasserstraßen und verwaltet diese gemäß Art. 89 Abs. 2 GG durch eine eigene Behörde der Wasserstraßen- und Schifffahrtsverwaltung des Bundes (WSV). Diese gehört dem Geschäftsbereich des Bundesministeriums für Verkehr und digitale Infrastruktur an.2 Die Gesetzgebungs- und Verwaltungskompetenz für Bundeswasserstraßen steht dem Bund nur insoweit zu, als diese als Verkehrswege dienen. Bundeswasserstraßen können gleichzeitig auch Binnenwasserstraßen sein, sind jedoch von ihrer Begrifflichkeit stark zu unterscheiden von dem allgemeinen Verkehr dienenden Binnenwasserstraßen im Sinne von Art. 74 Abs. 1 Nr. 21 GG. Die in Art. 74 Abs. 1 Nr. 21 GG aufgeführten Gewässer müssen daher nicht zwangsläufig eine Bundeswasserstraße darstellen.3 Bundeswasserstraßen sind in § 1 Abs. 1 WaStrG legal definiert. Die Vorschrift hat folgenden Wortlaut: „Bundeswasserstraßen nach diesem Gesetz sind 1. die Binnenwasserstraßen des Bundes, die dem allgemeinen Verkehr dienen; als solche gelten die in der Anlage 1 aufgeführten Wasserstraßen; dazu gehören auch alle Gewässerteile , die 1 Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland in der im Bundesgesetzblatt Teil III, Gliederungsnummer 100- 1, veröffentlichten bereinigten Fassung, zuletzt geändert durch Art. 1 des Gesetzes vom 13. Juli 2017 (BGBl. I S. 2347). 2 Wasser und Schifffahrtsverwaltung des Bundes (WSV) im Geschäftsbereich des Bundesministeriums für Verkehr und digitale Infrastruktur: https://www.wsv.de/Wir_ueber_uns/index.html (zuletzt abgerufen am 01. August 2017). 3 BVerfG, Urteil vom 30. Oktober 1962 – 2 BvF 2/60 –, juris, Rn. 33ff. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 7 - 3000 - 099/17 Seite 5 a) mit der Bundeswasserstraße in ihrem Erscheinungsbild als natürliche Einheit anzusehen sind, b) mit der Bundeswasserstraße durch einen Wasserzu- oder -abfluss in Verbindung stehen, c) einen Schiffsverkehr mit der Bundeswasserstraße zulassen und d) im Eigentum des Bundes stehen, 2. die Seewasserstraßen.“ In der Anlage zu § 1 Abs. 1 Nr. 1 WaStrG sind die dem allgemeinen Verkehr dienenden Binnenwasserstraßen des Bundes abschließend geregelt.4 Der Gesetzgeber legt daher ausschließlich in der jeweils gültigen Fassung des WaStrG fest, welche Wasserstraßen Bundeswasserstraßen im Sinne dieses Gesetzes sind.5 2.2. Funktion und Zweck Der Gesetzgeber unterscheidet durch die Verwendung der Begrifflichkeit „Wasserwirtschaft“ mit dem Bezug auf die „Wasserstraßen“ in Art. 89 Abs. 3 GG zwischen der Verkehrsfunktion und der wasserwirtschaftlichen Funktion einer Bundeswasserstraße.6 Dies führt in der Regal dazu, dass die Bundeswasserstraßen nicht nur Verkehrszwecken dienen, sondern zeitgleich auch eine wasserwirtschaftliche Funktion als Wasserspender und Vorfluter besitzen.7 Art. 89 Abs. 3 GG hat folgenden Wortlaut: „(3) Bei der Verwaltung, dem Ausbau und dem Neubau von Wasserstraßen sind die Bedürfnisse der Landeskultur und der Wasserwirtschaft im Einvernehmen mit den Ländern zu wahren.“ 2.3. Die schifffahrtspolizeiliche Genehmigung nach § 31 Abs. 1 WaStrG Die Errichtung von Steganlagen in, über oder unter einer Bundeswasserstraße oder an ihrem Ufer, bedarf einer strom- und schifffahrtspolizeilichen Genehmigung nach § 31 Abs. 1 Nr. 2 WaStrG.8 Die Wasser- und Schifffahrtsverwaltung des Bundes prüft im Rahmen des Genehmigungsverfah- 4 Siehe Anlage zu § 1 Abs. 1 Nr. 1 WaStrG. 5 Wasser und Schifffahrtsverwaltung des Bundes (WSV) im Geschäftsbereich des Bundesministeriums für Verkehr und digitale Infrastruktur: https://www.wsv.de/service/karten_geoinformationen/verknet_bwastr/index .html (zuletzt abgerufen am 02. August. 2017). 6 BVerfG, Urteil vom 30. Oktober 1962 ─ 2 BvF 2/60 ─, juris, Rn. 40. 7 Leibholz/Rinck/Hesselberger, Grundgesetz, 73. Lieferung 03.2017, Art. 89 GG, Rn. 67. 8 Siehe § 31 Abs. 1 Nr. 2 WaStrG. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 7 - 3000 - 099/17 Seite 6 rens nach § 31 Abs. 1 WaStrG lediglich, ob die Sicherheit und die Funktionstüchtigkeit der Bundeswasserstraße als Verkehrsweg für die Schifffahrt durch die Errichtung der Steganlage beeinträchtigt werden. Das Genehmigungserfordernis nach § 31 Abs. 1 WaStrG verfolgt daher ausschließlich strom- und schifffahrtspolizeiliche Zwecke, wasserwirtliche Gesichtspunkte bleiben innerhalb des Genehmigungsverfahrens unberücksichtigt.9 3. Zuständigkeit der Länder Die Wasserwirtschaft fällt grundsätzlich nicht in die Gesetzgebungskompetenz des Bundes, sondern in die der Länder, Art. 70 GG. Im Rahmen der Wasserwirtschaft trifft die Länder auch die Verpflichtung zur Gewässerreinhaltung sowie zur Wassergüte.10 Die Bewirtschaftung der Gewässer wird in dem Bundesland Berlin durch das BWG und in den anderen Bundesländern durch das jeweilige Landeswasserrecht geregelt. 3.1. Zweck des Genehmigungsverfahrens nach § 62 Abs. 2 BWG Grundsätzlich bedarf es bei der Errichtung von Steganlagen in, über oder unter einer Bundeswasserstraße oder an ihrem Ufer nicht nur einer strom- und schifffahrtpolizeilichen Genehmigung nach § 31 Abs. 1 WaStrG, sondern zusätzlich bedarf es einer wasserbehördlichen Genehmigung nach § 62 Abs. 2 BWG oder nach jeweiligem Landeswasserrecht. Dies ergibt sich aufgrund der Regelung in § 31 Abs. 1 WaStrG. Denn innerhalb des Genehmigungsverfahren nach § 31 Abs. 1 WaStrG werden wasserwirtschaftliche Belange ─ wie bereits oben angeführt ─ nicht geprüft. Mit der Folge, dass das Bundesland Berlin und andere Bundesländer nicht daran gehindert sind, die Errichtung von Steganlagen an Bundeswasserstraßen einem gesonderten Genehmigungsverfahren nach dem BWG oder dem jeweiligen Landeswasserrecht zu unterziehen.11 Erst innerhalb des gesonderten Genehmigungsverfahren nach § 62 Abs. 2 BWG wird geprüft, ob durch die Errichtung einer Steganlage an einer Bundeswasserstraße die weitergehenden Belange des Gemeindewohls, wie unter anderem wasserwirtschaftliche Gesichtspunkte, gewahrt bleiben .12 Damit zielt das Genehmigungsverfahren nach § 62 Abs. 2 BWG auf einen unterschiedlichen Schutzzweck ab, als das Genehmigungsverfahren nach § 31 Abs. 1 WaStrG. 9 BVerwG, Beschluss vom 04. März 1993 ─ 7 B 110/92 ─, juris, Rn. 4. 10 Wasser und Schifffahrtsverwaltung des Bundes (WSV) im Geschäftsbereich des Bundesministeriums für Verkehr und digitale Infrastruktur: https://www.wsv.de/Wir_ueber_uns/gesetzliche_regelungen/index.html (zuletzt abgerufen am 01. August 2017). 11 BVerwG, Beschluss vom 04. März 1993 ─ 7 B 110/92 ─, juris, Rn. 4. 12 BVerwG, Beschluss vom 04. März 1993 ─ 7 B 110/92 ─, juris, Rn. 4. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 7 - 3000 - 099/17 Seite 7 3.2. Die wasserbehördliche Genehmigung nach § 62 Abs. 2 BWG Gemäß § 62 Abs. 2 BWG bedarf die Errichtung, der Betrieb oder die wesentliche Veränderung von Steganlagen in und an oberirdischen Gewässern einer wasserbehördlichen Genehmigung des örtlich zuständigen Bezirksamtes.13 Dem zuständigen Bezirksamt steht es durch den in § 62 Abs. 5 BWG eingeräumten Ermessensspielraum frei, die wasserbehördliche Genehmigung mit Nebenbestimmungen zu verbinden.14 In § 36 Abs. 2 Verwaltungsverfahrensgesetz (VwVfG)15 sind die unterschiedlichen Arten von Nebenbestimmungen abschließend aufgeführt. Nach § 36 Abs. 2 Nr. 1 VwVfG darf ein Verwaltungsakt nach pflichtgemäßen Ermessen mit einer Bestimmung, nach der eine Vergünstigung oder Belastung zu einem bestimmten Zeitpunkt beginnt , endet oder für einen bestimmten Zeitraum gilt (Befristung), erlassen werden.16 Im Rahmen ihres Ermessens steht dem zuständigen Bezirksamt frei, die Dauer der Befristung zu bestimmen. 4. Fazit Inwiefern sich eine unbefristete strom- und schifffahrtspolizeiliche Genehmigung nach dem § 31 Abs. 1 WaStrG auf eine befristete wasserbehördliche Genehmigung gemäß § 62 Abs. 2 BWG auswirkt , wird durch den Wortlaut des § 31 Abs. 6 WaStrG verdeutlicht. In § 31 Abs. 6 WaStrG heißt es: „Die Genehmigung ersetzt nicht die nach anderen Rechtsvorschriften erforderlichen Verwaltungsakte .“ Der Wortlaut des § 31 Abs. 6 WaStrG regelt ausdrücklich, dass die Genehmigung nach § 31 Abs. 1 WaStrG die wasserbehördliche Genehmigung nach § 62 Abs. 2 BWG oder dem jeweiligen Landeswasserrecht weder ersetzt oder verdrängt noch eine Konzentrationswirkung beinhaltet.17 Dem entspricht es, dass neben dem Genehmigungsverfahren des § 31 Abs. 1 WaStrG ein gesondertes Genehmigungsverfahren nach § 62 Abs. 2 BWG tritt. Mit Ablauf der Befristung, erlischt die wasserbehördliche Genehmigung, wenn nicht innerhalb der Frist mit der Errichtung der Steganlage begonnen worden ist.18 Der Ablauf der Befristung 13 Siehe § 62 Abs. 2 BWG; VG Berlin, Urteil vom 07. September 2012 – 10 K 46.10 –, juris, Rn. 34. 14 Siehe § 62 Abs. 5 BWG. 15 Verwaltungsverfahrensgesetz vom 23. Januar 2003 (BGBl. I S. 102), zuletzt geändert durch Art. 11 Absatz 2 des Gesetzes vom 18. Juli 2017 (BGBl. I S. 2745). 16 Siehe § 36 Abs. 2 Nr. 1 VwVfG. 17 Schleswig-Holsteinisches Verwaltungsgericht, Urteil vom 30. April 2012 – 8 A 45/11 –, juris, Rn. 29. 18 VG Berlin, Urteil vom 12. Februar 2010 – 10 K 4.10 –, juris, Rn. 16. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 7 - 3000 - 099/17 Seite 8 hätte auch zur Folge, dass die wasserbehördliche Genehmigung nach § 62 Abs. 2 BWG erneut beim örtlich zuständigen Bezirksamt beantragt werden müsste. ***