© 2019 Deutscher Bundestag WD 7 - 3000 - 098/19 Ausstellung von Geburtsurkunden ausländischer Kinder Rechtsrahmen und Rechtspraxis bei unklarer Beurkundungsgrundlage Sachstand Wissenschaftliche Dienste Die Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestages unterstützen die Mitglieder des Deutschen Bundestages bei ihrer mandatsbezogenen Tätigkeit. Ihre Arbeiten geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Arbeiten der Wissenschaftlichen Dienste geben nur den zum Zeitpunkt der Erstellung des Textes aktuellen Stand wieder und stellen eine individuelle Auftragsarbeit für einen Abgeordneten des Bundestages dar. Die Arbeiten können der Geheimschutzordnung des Bundestages unterliegende, geschützte oder andere nicht zur Veröffentlichung geeignete Informationen enthalten. Eine beabsichtigte Weitergabe oder Veröffentlichung ist vorab dem jeweiligen Fachbereich anzuzeigen und nur mit Angabe der Quelle zulässig. Der Fachbereich berät über die dabei zu berücksichtigenden Fragen. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 7 - 3000 - 098/19 Seite 2 Ausstellung von Geburtsurkunden ausländischer Kinder Rechtsrahmen und Rechtspraxis bei unklarer Beurkundungsgrundlage Aktenzeichen: WD 7 - 3000 - 098/19 Abschluss der Arbeit: 13. Juni 2019 Fachbereich: WD 7: Zivil-, Straf- und Verfahrensrecht, Bau und Stadtentwicklung Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 7 - 3000 - 098/19 Seite 3 Inhaltsverzeichnis 1. Einleitung 4 2. Kompetenzverteilung im Personenstandsrecht 4 3. Verfahren bei unklarer Beurkundungsgrundlage 5 3.1. Zurückstellung der Beurkundung 5 3.2. Beurkundung durch das Standesamt 5 3.3. Behördliche Bestimmung des Personenstandes 6 3.4. Beweiswirkung von Personenstandsregistereinträgen 6 3.5. Berichtigung der Personenstandsregister durch das Standesamt 6 4. Rechtsprechung zu Verfahren mit unklarer Beurkundungsgrundlage 6 4.1. Richterliche Überzeugung 7 4.2. Anforderungen an die Beurkundungsgrundlage 7 4.3. Zusammenhang mit dem Namensrecht 8 4.4. Verfahren nach § 25 PStG 8 5. Fazit 9 Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 7 - 3000 - 098/19 Seite 4 1. Einleitung Die Geburt eines Kindes in Deutschland ist ein anzeigepflichtiger Vorgang, §§ 18 ff. PStG1. Die Geburt wird sodann im Geburtenregister vermerkt (§ 21 PStG). Das Geburtenregister gehört neben dem Ehe-, Lebenspartnerschafts- und Sterberegister zu den Personenstandsregistern, § 3 PStG. Aus dem Geburtenregister werden dann Geburtsurkunden ausgestellt, welche dieselbe Beweiskraft haben wie der Registereintrag, § 54 Abs. 2 PStG. Die zutreffende Erfassung des Kindes im Geburtenregister bereitet im Regelfall keine Schwierigkeiten , da die Identität der Eltern ihrerseits durch Personenstandsurkunden und Eintragungen in Personenstandsregistern nachgewiesen werden kann, § 9 Abs. 1 PStG. Schwierigkeiten können sich insbesondere bei ausländischen Kindern ergeben, deren Eltern selbst keine Personenstandsurkunden vorlegen können. 2. Kompetenzverteilung im Personenstandsrecht Das Personenstandswesen ist gemäß Art. 74 Abs. 1 Nr. 2 GG2 Teil der konkurrierenden Gesetzgebungskompetenz des Bundes. Der Bundesgesetzgeber hat von seinem Kompetenztitel mit dem Erlass des PStG, des NamÄndG3 sowie dem TSG4 Gebrauch gemacht. Das PStG wird aufgrund der Verordnungsermächtigung in § 73 PStG durch weitere Regelungen in der PStV5 ergänzt. 1 Personenstandsgesetz vom 19.02.2007 (BGBl. I S. 122), zuletzt geändert durch Art. 4 des Gesetzes vom 18.12.2018 (BGBl. I S. 2639); abrufbar unter: https://www.gesetze-im-internet.de/pstg/BJNR012210007.html (Stand dieser und aller nachfolgender Onlinequellen: 13.06.2019). 2 Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland in der im Bundesgesetzblatt Teil III, Gliederungsnummer 100- 1, veröffentlichten bereinigten Fassung, zuletzt geändert durch Art. 1 des Gesetzes vom 28.03.2019 (BGBl. I S. 404); abrufbar unter: https://www.gesetze-im-internet.de/gg/BJNR000010949.html. 3 Gesetz über die Änderung von Familiennamen und Vornamen in der im Bundesgesetzblatt Teil III, Gliederungsnummer 401-1, veröffentlichten bereinigten Fassung, zuletzt geändert durch Art. 54 des Gesetzes vom 17.12.2008 (BGBl. I S. 2586); abrufbar unter: https://www.gesetze-im-internet .de/nam_ndg/BJNR000090938.html. 4 Transsexuellengesetz vom 10.09.1980 (BGBl. I S. 1654), zuletzt geändert durch Art. 2 Absatz 3 des Gesetzes vom 20.07.2017 (BGBl. I S. 2787); abrufbar unter: https://www.gesetze-im-internet.de/tsg/BJNR016540980.html. 5 Personenstandsverordnung vom 22.11.2008 (BGBl. I S. 2263), zuletzt geändert durch Art. 5 des Gesetzes vom 18.12.2018 (BGBl. I S. 2639); abrufbar unter: https://www.gesetze-im-internet .de/pstv/BJNR226300008.html#BJNR226300008BJNG000700000. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 7 - 3000 - 098/19 Seite 5 § 74 PStG enthält eine Verordnungsermächtigung zugunsten der Länder. Diese betreffen allerdings allgemeine Fragen organisatorischer und technischer Natur sowie Zuständigkeitsfragen. Beispielsweise hat das Land Berlin eine Ausführungsverordnung erlassen.6 Die Verwaltungskompetenz liegt gemäß Art. 83 GG bei den Ländern, welche die personenstandsrechtlichen Vorschriften als eigene Angelegenheit ausführen. Die Länder bestimmen auch die zuständigen Behörden, § 1 Abs. 2 PStG. Die Stellung der Kommunen bestimmt sich nach dem jeweiligen Landesrecht. 3. Verfahren bei unklarer Beurkundungsgrundlage 3.1. Zurückstellung der Beurkundung Das Standesamt hat die Möglichkeit, die Beurkundung wegen fehlender Angaben oder Nachweise zunächst zurückzustellen, § 7 Abs. 1 PStV. Dem Anzeigenden ist auf Antrag eine Bescheinigung darüber auszustellen, dass der Personenstandsfall angezeigt wurde, aber noch nicht beurkundet werden konnte, § 7 Abs. 2 PStV. 3.2. Beurkundung durch das Standesamt Kann die Beurkundung aufgrund eigener Ermittlungen des Standesamtes und insbesondere durch andere Personenstandsurkunden und Eintragungen in Personenstandsregistern erfolgen, § 9 Abs. 1 PStG, so kann die Beurkundung auch aufgrund nicht-öffentlicher Urkunden erfolgen, § 9 Abs. 2 Satz 1 PStG. Dem ist der Fall gleichgestellt, dass die Beschaffung öffentlicher Urkunden zwar möglich, aber nur mit erheblichen Schwierigkeiten oder unverhältnismäßig hohen Kosten möglich ist. Sind auch die nicht-öffentlichen Urkunden nicht einfacher zu beschaffen oder ist der Nachweis der zu beurkundenden Tatsache weder durch öffentlich noch nicht-öffentliche Urkunden möglich, kann als ultima ratio auch der Nachweis durch Versicherung an Eides statt erfolgen , § 9 Abs. 2 Satz 2 PStG. Bei der Anzeige der Geburt soll das Standesamt von den Eltern geeignete Unterlagen verlangen, namentlich die Eheurkunden, Geburtsurkunden sowie ein Personalausweis, Reisepass oder Passersatzpapier , § 33 PStV. Liegen keine geeigneten Nachweise zu Angaben über die Eltern vor, kann ein erläuternder Zusatz in den Registereintrag vorgenommen werden, § 35 Abs. 1 Satz 1 PStV. Als Personenstandsurkunde darf bis zur Eintragung einer ergänzenden Folgebeurkundung zu den Angaben über die Eltern nur ein beglaubigter Registerausdruck ausgestellt werden, § 35 Abs. 1 Satz 2 PStV. 6 Verordnung zur Ausführung des Personenstandsgesetzes im Land Berlin vom 26.03.2013, verkündet als Art. 1 der Verordnung zur Einrichtung eines zentralen elektronischen Personenstandsregisters vom 26.03.2013 (GVBl. S. 107); abrufbar unter: http://gesetze.berlin.de/jportal/portal/t/12g2/page/bsbeprod.psml?pid=Dokumentanzeige &showdoccase=1&js_peid=Trefferliste&fromdoctodoc=yes&doc.id=jlr-PStGA- VBE2013pP1&doc.part=X&doc.price=0.0&doc.hl=0#focuspoint. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 7 - 3000 - 098/19 Seite 6 3.3. Behördliche Bestimmung des Personenstandes § 25 PStG ermöglicht schließlich auch die Bestimmung der Eintragungen durch die zuständige Verwaltungsbehörde bei Personen mit ungewissem Personenstand, wenn der Personenstand nicht festgestellt werden kann. § 24 PStG enthält ein solches behördliches Bestimmungsrecht für Findelkinder. 3.4. Beweiswirkung von Personenstandsregistereinträgen Die Eintragungen in den Personenstandsregistern besitzen Beweiskraft, § 54 Abs. 1 Satz 1 PStG. Es handelt sich bei einer solchen Eintragung um eine Vermutung für die Richtigkeit der Tatsache, § 54 Abs. 3 PStG. Der Beweiskraft der Personenstandsregister steht nur der positive Nachweis der Unrichtigkeit entgegen. Bloße Zweifel reichen nicht aus.7 Ein erläuternder Zusatz gemäß § 35 Abs. 1 Satz 1 PStV unterliegt hingegen nicht der Beweiswirkung des § 54 PStG.8 Steht also gemäß § 54 PStG die Identität einer Person durch einen Registereintrag fest, kann auf dieser Grundlage – sofern ein positiver Nachweis der Unrichtigkeit unterbleibt – die Streichung eines erläuternden Zusatzes („Identität nicht nachgewiesen“) in einem anderen Registereintrag verlangt werden.9 Zulässig ist daher auch die Ersetzung durch einen neuen Eintrag, der ebenfalls mit einem erläuternden Zusatz versehen ist.10 3.5. Berichtigung der Personenstandsregister durch das Standesamt Nach Abschluss der Beurkundung kann eine Berichtigung gemäß § 47 PStG erfolgen. Dies ist bei offenkundigen Schreibfehlern aufgrund öffentlicher Urkunden, eigener Ermittlungen sowie anderer Personenstandsurkunden möglich. Im Übrigen ist eine Berichtigung nur auf Anordnung des Gerichts zulässig, § 48 PStG. 4. Rechtsprechung zu Verfahren mit unklarer Beurkundungsgrundlage Nach § 48 PStG kann das Gericht die Berichtigung veranlassen. Lehnt das Standesamt die Vornahme einer Amtshandlung ab, so kann es auf Antrag der Beteiligten oder der Aufsichtsbehörde durch das Gericht dazu angewiesen werden, § 49 Abs. 1 PStG. Die Vornahme einer Amtshandlung kann nach § 49 Abs. 1 PStG dann angeordnet werden, wenn das Gericht zur Überzeugung gelangt ist, das Standesamt sei zur Vornahme der Amtshandlung verpflichtet.11 7 OLG Hamm, Beschluss vom 25.05.2018, Aktenzeichen: 15 W 119/18, BeckRS 2018, 40294. 8 OLG Hamm, Beschluss vom 25.05.2018, Aktenzeichen: 15 W 119/18, BeckRS 2018, 40294; KG, Beschluss vom 16.05.2017, Aktenzeichen: 1 W 338/16, BeckRS 2017, 110643. 9 OLG Hamm, Beschluss vom 25.05.2018, Aktenzeichen: 15 W 119/18, BeckRS 2018, 40294. 10 KG, Beschluss vom 16.05.2017, Aktenzeichen: 1 W 338/16, BeckRS 2017, 110643. 11 KG, Beschluss vom 03.05.2018, Aktenzeichen: 1 W 192-119/16, BeckRS 2018, 9859. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 7 - 3000 - 098/19 Seite 7 4.1. Richterliche Überzeugung Die Anordnung der Berichtigung erfordert die Überzeugung des Gerichts nicht nur von der Unrichtigkeit der vorhandenen, sondern auch der Richtigkeit der beantragten Eintragung. An den Nachweis dieser Richtigkeit sind strenge Anforderungen zu stellen; es ist der volle Beweis erforderlich , eine bloße Glaubhaftmachung genügt nicht.12 Eine Bindungswirkung von Feststellungen der Ausländerbehörde besteht nicht.13 Dabei gilt der Grundsatz umfassender Amtsermittlung.14 Die für die Berichtigung gemäß § 48 PStG zu treffenden Feststellungen sind nur der eingeschränkten Kontrolle durch das Rechtsbeschwerdegericht unterworfen.15 Hätte aus formalrechtlichen Gründen eine andere Eintragung (z.B. ein anderer Name) erfolgen müssen, so kann eine Berichtigung gleichwohl nicht verlangt werden, wenn weiterhin Zweifel bestehen, z. B. der wahre Name weiterhin nicht feststeht. § 1310 Abs. 3 Nr. 2 BGB16 verändert die Beweislast nicht.17 4.2. Anforderungen an die Beurkundungsgrundlage Ausländische öffentliche Urkunden reichen zur vollen Überzeugung des Gerichts nichts aus, wenn bereits grundsätzliche Bedenken gegen die Beweiskraft von Urkunden eines Staates bestehen und zudem zusätzliche Zweifel an der Richtigkeit der Eintragungen bestehen.18 Dem Reiseausweis für Ausländer, der ohne Einschränkung ausgestellt wurde, kommt ebenso wie dem Reiseausweis für Flüchtlinge eine (widerlegbare) Identifikationsfunktion zu. Es widerspräche aber der fehlenden Bindungswirkung von ausländerrechtlichen Feststellungen, wenn sich das Gericht alleine auf einen von der Ausländerbehörde ausgestellten Reiseausweis für Ausländer stützt; ein 12 OLG Düsseldorf, Beschluss vom 20.03.2018, Aktenzeichen: I-3 Wx 143/17, BeckRS 2018, 13310; OLG Düsseldorf , Beschluss vom 23.01.2018, Aktenzeichen: 3 Wx 129/17, BeckRS 2018, 3986. 13 BGH, Beschluss vom 17.05.2017, Aktenzeichen: XII ZB 126/15, Neue Juristische Wocheneschrift (NJW) 2017, 3152. 14 BGH, Beschluss vom 17.05.2017, Aktenzeichen: XII ZB 126/15, Neue Juristische Wocheneschrift (NJW) 2017, 3152. 15 BGH, Beschluss vom 17.05.2017, Aktenzeichen: XII ZB 126/15, Neue Juristische Wocheneschrift (NJW) 2017, 3152. 16 Bürgerliches Gesetzbuch in der Fassung der Bekanntmachung vom 02.02.2002 (BGBl. I S. 42, 2909; 2003 I S. 738), zuletzt geändert durch Art. 7 des Gesetzes vom 31.012019 (BGBl. I S. 54); abrufbar unter: https://www.gesetze -im-internet.de/bgb/BJNR001950896.html. 17 OLG Düsseldorf, Beschluss vom 20.03.2018, Aktenzeichen: I-3 Wx 143/17, BeckRS 2018, 13310. 18 So OLG Düsseldorf, Beschluss vom 23.01.2018, Aktenzeichen: 3 Wx 129/17, BeckRS 2018, 3986 zu irakischen Urkunden. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 7 - 3000 - 098/19 Seite 8 solcher Verstoß gegen den Grundsatz der Amtsaufklärung hält auch dem eingeschränkten Kontrollmaßstab der Rechtsbeschwerde nicht stand.19 Die Vorlage einer ausländischen Geburtsurkunde sowie des ausländischen Personalausweises reichen nicht aus, wenn kein Registerauszug aus dem ausländischen Familienregister vorgelegt wird.20 Eine als ultima ratio gemäß § 9 Abs. 2 Satz 2 mögliche Vereidigung an Eides statt wird vom OLG Düsseldorf für den Fall erwogen, dass eine Legalisation ausländischer Urkunden durch die deutsche Auslandsvertretung nicht mehr stattfindet.21 Die Vorschrift erlaubt es aber nicht, zur sicheren Feststellung von anderen aussagekräftigen Beweismitteln abzusehen. Andere Beweismittel sind vor oder wenigstens gleichzeitig mit der Entgegennahme der eidesstattlichen Versicherung beizuziehen. Dass einem Rückgriff auf Urkunden nach § 9 Abs. 2 Satz 1 erhebliche Schwierigkeiten oder unverhältnismäßige Kosten entgegenstehen, bedarf eines Nachweises.22 4.3. Zusammenhang mit dem Namensrecht Die materiell rechtlich bestehende Wahlmöglichkeit der Eltern hinsichtlich des Namens ihres Kindes bei gemeinsamer Sorge, wird nicht durch den fehlenden Nachweis des für das Kind bestimmten Namens eines Elternteils eigeschränkt. Der fehlende Nachweis ist durch einen erläuternden Zusatz nach § 35 Abs. 1 Satz 1 PStV kenntlich zu machen („Namensführung nicht nachgewiesen “). Dies gilt sowohl für den Fall, dass die elterliche Sorge von Anfang an beiden Eltern zustand (§ 1617 BGB), als auch den Fall nachträglicher Begründung gemeinsamer elterlicher Sorge durch Abgabe einer Sorgeerklärung (§§ 1617, 1617b Abs. 1 BGB).23 4.4. Verfahren nach § 25 PStG § 25 PStG setzt voraus, dass die Person, deren Personenstand durch die Behörde bestimmt werden soll, im Inland „angetroffen wird“. Dies ist in erster Linie auf Menschen zugeschnitten, welche infolge körperlicher oder geistiger Hilflosigkeit außerstande sind, Angaben zu ihrem Personenstand zu machen. Darüber hinaus ist die Norm aber auch auf Personen anwendbar, die, ohne hilflos zu sein, zutreffenden Angaben zu ihrem Personenstand nicht machen können.24 19 BGH, Beschluss vom 17.05.2017, Aktenzeichen: XII ZB 126/15, Neue Juristische Wocheneschrift (NJW) 2017, 3152. 20 So AG Essen, Beschluss vom 02.03.2018, Aktenzeichen: 73 III 79/17, BeckRS 2018, 40293 für syrische Papiere. 21 OLG Düsseldorf, Beschluss vom 23.01.2018, Aktenzeichen: 3 Wx 129/17, BeckRS 2018, 3986. 22 OLG Brandenburg, Beschluss vom 30.01.2013, Aktenzeichen: 7 Wx 4/12, BeckRS 2013, 3290. 23 KG, Beschluss vom 08.08.2017, Aktenzeichen: 1 W 187/17, BeckRS 2017, 123054. 24 VG Würzburg, Urteil vom 20.02.2018, Aktenzeichen: 1 K 17.101, BeckRS 2018, 6599. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 7 - 3000 - 098/19 Seite 9 Weitere Voraussetzung ist jedoch, dass der Personenstand nicht festgestellt werden kann, d.h. nicht zu ermitteln ist. Dies kann auch nur einzelne Personenstandsmerkmale betreffen.25 Dazu müssen sämtliche Nachforschungen ohne sicheres Ergebnis geblieben sein. Insbesondere muss der Betroffene alles in seinen Kräften stehende zur Aufklärung getan haben. Dies schließt die Beschaffung von Urkunden, ihre Ersatzbeurkundung oder Wiederherstellung ein. Steht der Heimatstaat des Betroffenen fest, ist es diesem zu überlassen, den Personenstand festzustellen. Eine Feststellung gemäß § 25 PStG kommt demnach nur in Betracht, wenn feststeht, dass der Betroffene nicht Deutscher ist, sein Heimatstaat aber nicht zu ermitteln ist. Dies ist erforderlich, weil anderenfalls das Verfahren nach § 25 PStG dazu missbraucht werden könnte, unter Verheimlichung der wahren Identität einen amtlich festgelegten „Ersatz-Personenstand“ zu erlangen. Das Standesamt darf aber nicht dazu verpflichtet werden, der Verschleierung des wahren Personenstandes Vorschub zu leisten. Derjenige, der seinen wahren Personenstand kennt, und eine Bestimmung seines Personenstandes nach § 25 PStG verlangt, verletzt zudem den auch das öffentliche Recht beherrschenden Grundsatz von Treu und Glauben.26 Kann eine Person Angaben zu ihrem Personenstand machen, liegt auch dann kein Fall des § 25 PStG vor, wenn sie diese nicht ausreichend nachweisen kann. Die Nichtanwendbarkeit des § 25 PStG schließt die Abweisung eines Antrags gemäß § 49 PStG nicht aus. So kann eine ausländische Mutter, welche die Geburt ihrer Kinder im Zuständigkeitsbereich eines Standesamtes nicht nachweisen kann, darauf verwiesen werden, sich in ihrem Heimatstaat um die Beurkundung zu bemühen.27 Stehen bei einer Nachbeurkundung einer Auslandsgeburt alle Personenstandsmerkmale bis auf das Geburtsdatum fest, darf die Beurkundung nicht allein wegen des nicht sicher feststehenden Geburtsdatums abgelehnt werden. Vielmehr ist sich eines erläuternden Zusatzes gemäß § 35 Abs. 1 Satz 1 PStG zu bedienen. Ein Verfahren nach § 25 PStG hat insoweit keinen Vorrang.28 5. Fazit Das Personenstandsrecht ist von dem Grundsatz beherrscht, ein hohes Maß an Rechtssicherheit herzustellen. Hieraus folgt ein strenger Maßstab sowohl für die Eintragung als auch die Berichtigung von Einträgen hinsichtlich ihres Wahrheitsgehalts. Dies steht in einem Spannungsverhältnis zum Bedürfnis des Betroffenen wie der Allgemeinheit, überhaupt einen Personenstand feststellen zu können. Eine Zurückstellung der Beurkundung von Geburten ist daher nur vorläufig möglich. In Fällen mit unklarer Beurkundungsgrundlage, insbesondere bei Fehlen von Personenstandsurkunden der Eltern, kommt eine Eintragung aufgrund abgesenkter Beweisstandards, namentlich durch eidesstattliche Aussagen, in Betracht. Dies wird eher zurückhaltend angewendet. Möglich ist auch eine Bestimmung des Personenstandes durch die Behörde. Dieser Fall kommt 25 BGH, Beschluss vom 23.01.2019, Aktenzeichen: XII ZB 265/17, Neue Juristische Wochenschrift (NJW) 2019, 933. 26 VG Würzburg, Urteil vom 20.02.2018, Aktenzeichen: 1 K 17.101, BeckRS 2018, 6599. 27 KG, Beschluss vom 03.05.2018, Aktenzeichen: 1 W 192-119/16, BeckRS 2018, 9859. 28 BGH, Beschluss vom 23.01.2019, Aktenzeichen: XII ZB 265/17, Neue Juristische Wochenschrift (NJW) 2019, 933. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 7 - 3000 - 098/19 Seite 10 aber dann nicht in Betracht, wenn der Verdacht besteht, dass der Betroffene Angaben zu seinem wahren Personenstand zurückhält bzw. nicht das zur Aufklärung Erforderliche beiträgt. Vielfach wird daher auf die Möglichkeit zurückgegriffen, keine mit Beweiskraft ausgestattete Beurkundung vorzunehmen, sondern nur eine solche mit einem erläuternden Zusatz, der auf den fehlenden Nachweis hinweist. ***