WD 7 - 3000 - 098/16 (7. Juni 2016) © 2016 Deutscher Bundestag Die Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestages unterstützen die Mitglieder des Deutschen Bundestages bei ihrer mandatsbezogenen Tätigkeit. Ihre Arbeiten geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Arbeiten der Wissenschaftlichen Dienste geben nur den zum Zeitpunkt der Erstellung des Textes aktuellen Stand wieder und stellen eine individuelle Auftragsarbeit für einen Abgeordneten des Bundestages dar. Die Arbeiten können der Geheimschutzordnung des Bundestages unterliegende, geschützte oder andere nicht zur Veröffentlichung geeignete Informationen enthalten. Eine beabsichtigte Weitergabe oder Veröffentlichung ist vorab dem jeweiligen Fachbereich anzuzeigen und nur mit Angabe der Quelle zulässig. Der Fachbereich berät über die dabei zu berücksichtigenden Fragen. Im Zusammenhang mit den Sachständen zu dem Thema „Schutzgutabwägung bei Verkehrsprojekten “ (WD 7 – 30000 – 285/15 und 090/16) könnte sich die Frage stellen, ob nach europarechtlichen Vorgaben und deren Umsetzung in nationales Recht dem Naturschutz ein höherer Stellenwert beizumessen ist als dem Schutz der durch ein Infrastrukturprojekt betroffenen Menschen. In diesen Sachständen wurde eine Güterabwägung zwischen dem Naturschutz und anderen Belangen am Beispiel von sogenannten Natura 2000-Gebieten vorgestellt, die von einem Verkehrsinfrastrukturprojekt tangiert werden. Die hierzu getroffenen Feststellungen lassen sich bei einer generalisierenden Betrachtungsweise in mehr oder weniger modifizierter Weise auf sämtliche umweltrelevanten Vorhaben oder Infrastrukturprojekte übertragen. Auch nach dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit kann eine Alternativprüfung dazu führen, dass beispielsweise eine Trassenführung nicht durch ein Naturschutzgebiet, sondern über landwirtschaftlich genutzte Flächen geführt wird. Denkbar wäre es auch, dass eine Trasse näher an Wohngebiete herangeführt wird und Maßnahmen ergriffen werden, die sich an den Lärmschutzbestimmungen des Bundesimmissionsschutzgesetzes orientieren. Mit anderen Worten: Kann ein Vorhaben rechtlich zulässig an anderer Stelle als beispielsweise in einem Naturschutzgebiet durchgeführt werden, dürfte dem Naturschutz ein Vorrang vor den Belangen beispielsweise der Wohnbevölkerung beizumessen sein. Dem Gesetzgeber dürfte ein weiter Gestaltungsspielraum zustehen, wie er im Einzelnen den Schutz der Wohnbevölkerung bei Infrastrukturprojekten sicherstellt wird, beispielsweise durch eine Anhebung der Lärmschutzgrenzwerte nach dem Bundesimmissionsschutzgesetz. Wie unterschiedlich dieser gesetzgeberische Gestaltungsspielraum ausgestaltet werden kann, zeigt sich in den Ländern unter anderem an den Abstandsregelungen für Windkraftanlagen zur Wohnbebauung . Im Übrigen kann ausnahmsweise aus zwingenden Gründen des öffentlichen Interesses und unter besonderen Voraussetzungen ein Infrastrukturprojekt auch durch naturschutzrechtlich geschützte Gebiete geführt werden. Ob die Voraussetzungen im Einzelnen vorliegen, bestimmt sich nach den Umständen des Einzelfalles. Ende der Bearbeitung Wissenschaftliche Dienste Kurzinformation Naturschutz versus Menschenschutz