© 2016 Deutscher Bundestag WD 7 - 3000 - 095/16 Lärmschutz auf Bundesstraßen Sachstand Wissenschaftliche Dienste Die Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestages unterstützen die Mitglieder des Deutschen Bundestages bei ihrer mandatsbezogenen Tätigkeit. Ihre Arbeiten geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Arbeiten der Wissenschaftlichen Dienste geben nur den zum Zeitpunkt der Erstellung des Textes aktuellen Stand wieder und stellen eine individuelle Auftragsarbeit für einen Abgeordneten des Bundestages dar. Die Arbeiten können der Geheimschutzordnung des Bundestages unterliegende, geschützte oder andere nicht zur Veröffentlichung geeignete Informationen enthalten. Eine beabsichtigte Weitergabe oder Veröffentlichung ist vorab dem jeweiligen Fachbereich anzuzeigen und nur mit Angabe der Quelle zulässig. Der Fachbereich berät über die dabei zu berücksichtigenden Fragen. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 7 - 3000 - 095/16 Seite 2 Lärmschutz auf Bundesstraßen Aktenzeichen: WD 7 - 3000 - 095/16 Abschluss der Arbeit: 8. Juni 2016 Fachbereich: WD 7: Zivil-, Straf- und Verfahrensrecht, Umweltschutz, Verkehr, Bau und Stadtentwicklung Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 7 - 3000 - 095/16 Seite 3 Inhaltsverzeichnis 1. Einleitung 4 2. Fahrverbote für LKW auf Bundestraßen 4 3. Rechtsprechung zum Lärmschutz auf Bundesstraßen 4 4. Befassung des Petitionsausschusses mit Lärmschutzfragen 5 5. Handhabung der Landesstraßenverwaltungen 6 Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 7 - 3000 - 095/16 Seite 4 1. Einleitung Gegenstand dieses Sachstands sind Fragen rund um den Lärmschutz auf Bundesstraßen. Zur Ergänzung dieser Arbeit und um Wiederholungen zu vermeiden, soll hier auf die Arbeit WD 7 – 3000 – 021/16 (Anlage 1) verwiesen werden, welche sich mit dem Verkehrslärmschutz an Bestandstraßen befasst. 2. Fahrverbote für LKW auf Bundestraßen Eine vom Fragensteller angesprochene Rechtsgrundlage für langfristige Fahrverbote für LKW auf Bundesstraßen bei Ortsdurchfahrten gibt es als solche nicht. Es besteht lediglich das allgemeine Sonn- und Feiertagsfahrverbot für LKW mit einer zulässigen Gesamtmasse über 7,5 t nach § 30 StVO.1 Grund hierfür ist, dass das Immissionsschutzrecht in Bezug auf Verkehrslärm vor allem vorsorgend ausgestaltet ist: Nach dem Vermeidungsgrundsatz sind Verkehrswege so zu planen , dass unzumutbare Lärmimmissionen gar nicht erst entstehen.2 Erst wenn auf Ebene der Planung kein hinreichender Lärmschutz verwirklicht werden kann, werden Maßnahmen des aktiven und passiven Lärmschutzes ergriffen, wobei ein Fahrverbot für bestimmte Fahrzeugklassen keines der hierfür vorgesehenen Instrumente ist. Abgesehen davon kann ein Fahrverbot unter Umständen auf § 45 Abs. 1 S. 2 Nr. 3 StVO gestützt werden (vgl. hierzu Anlage 1, 3.1). 3. Rechtsprechung zum Lärmschutz auf Bundesstraßen Die obergerichtliche und höchstrichterliche Rechtsprechung im Bereich der Vermeidung und Bekämpfung von Verkehrslärm befasst sich wegen des oben dargestellten Vermeidungsgrundsatzes vor allem mit Klagen gegen Planfeststellungen.3 Da § 45 Abs. 1 S. 2 Nr. 3 StVO Betroffenen zumindest einen Anspruch auf ermessensfehlerfreie Entscheidungen über die Ergreifung bestimmter Lärmschutzmaßnahmen gewährt, werden Klagen zuweilen auch auf diese Norm gestützt : In einer aktuellen Entscheidung Bayerischen VGH hatte die zuständige Behörde „aus Gründen der Sicherheit und Ordnung, zur Verhütung außerordentlicher Schäden an der Straße und zum Schutz der Wohnbevölkerung vor Lärm und Abgasen eine verkehrsrechtliche Anordnung zur Aufstellung des Verkehrszeichens 253 ‚Verbot für Kraftfahrzeuge über 3,5 t Gesamtgewicht außer PKW und Omnibusse‘ mit Zusatzzeichen 1026-39 ‚Betriebs- und Versorgungsdienst 1 Straßenverkehrs-Ordnung vom 6. März 2013 (BGBl. I S. 367), die zuletzt durch Artikel 2 der Verordnung vom 15. September 2015 (BGBl. I S. 1573) geändert worden ist; abrufbar unter http://www.gesetze-im-internet .de/stvo_2013/BJNR036710013.html (letzter Zugriff: 7. Juni 2016). 2 Reese in BeckOK Umweltrecht, § 41 BImSchG, Rn. 1. 3 So in jüngerer Zeit etwa OVG Lüneburg, Urteil vom 22. April 2016, Az. 7 KS 27/15; Bayerischer VGH, Urteil vom 15. April 2016, Az. 8 A 15.40003. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 7 - 3000 - 095/16 Seite 5 frei‘“ erlassen.4 Das Gericht hielt § 45 Abs. 1 S. 2 Nr. 3 StVO zwar für die einschlägige Ermächtigungsgrundlage , betonte jedoch, dass hierauf gestützte Fahrverbote nicht allein wegen bloß behaupteter und nicht näher dargelegter „Ortsunüblichkeit“ des Verkehrs verfügt werden dürften. Gegenstand des Verfahrens war keine Bundesstraße, sondern eine „Ortserschließungsstraße“. Jedoch ist dieser Fall auch für die vorliegende Frage von Interesse, da das Gericht bei seiner Abwägung auch einen Vergleich mit Bundesstraßen anstellte: „[…] Verkehrslärm, der von den Anliegern etwa einer Bundesfernstraße (einschließlich Ortsdurchfahrt) oder auch einer Staatsstraße bzw. einer Kreisstraße wegen ihrer der Widmung entsprechenden Verkehrsbedeutung ertragen werden muss, ist nicht ohne weiteres in gleicher Weise den Anliegern einer Ortserschließungsstraße zumutbar. Demgemäß haben die Straßenverkehrsbehörden u.a. darauf hinzuwirken, dass vom Durchgangsverkehr in erster Linie die dafür gewidmeten überörtlichen Straßen und nicht die örtlichen Erschließungsstraßen reiner Wohngebiete benutzt werden (siehe zum Ganzen: BVerwG, U.v. 15.2.2000 – 3 C 14.99 – NJW 2000, 2121 – juris Rn. 15; U.v. 4.6.1986 – 7 C 76.84 – BVerwGE 74, 234 – juris Rn. 26).“5 Das Gericht hält Anwohner von Bundesstraßen auch im Bereich von Ortsdurchfahrten also offenbar für weniger schutzwürdig als andere von übermäßigem Verkehrslärm Betroffene. 4. Befassung des Petitionsausschusses mit Lärmschutzfragen In der 18. Wahlperiode hat sich der Petitionsausschuss bereits 25 Mal mit Eingaben zum Lärmschutz befasst. Soweit aus der vom Petitionsausschuss zur Verfügung gestellten Aktenübersicht ersichtlich, war davon keine unmittelbar darauf gerichtet, ein Fahrverbot für LKW an einer bestimmten Stelle zu erwirken oder gar eine entsprechende allgemeine Ermächtigungsgrundlage für derartige Verbote zu schaffen. Im Folgenden soll eine Auswahl von Petitionen aufgelistet werden, die dem Gegenstand dieser Arbeit nahe kommen: Pet 1-18-12-912 vom 10. Februar 2014: Die Petentin fordert Lärmsanierung an bestehenden Straßen und die rechtliche Gleichstellung von Lärmvorsorge und Lärmsanierung an Straßen. Pet 1-18-12-912 vom 20. Februar 2014: Der Petent möchte erreichen, dass für das Wohngebiet Vietlipp der Stadt Grimmen eine Schallschutzwand entlang der A 20 Stettin- Lübeck errichtet wird. Pet 1-18-12-912 vom 10. März 2015: Mit der Petition wird gefordert, dass die Richtlinien für den Verkehrslärmschutz an Bundesfernstraßen in der Baulast des Bundes (Vlärmsch R 97) so zu ändern, dass auch "Erholungsgebiete" vor Lärm geschützt werden können . Pet 1-18-12-912 vom 25. August 2015: Mit der Eingabe fordert der Petent, dass Pkw und Motorräder einen Geräuschpegel von 70 dB nicht überschreiten dürfen. 4 Bayerischer VGH, Urteil vom 12. April 2016, Az. 11 B 15.2180. 5 Bayerischer VGH, Urteil vom 12. April 2016, Az. 11 B 15.2180, juris-Rn. 23. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 7 - 3000 - 095/16 Seite 6 Pet 1-18-12-912 vom 09. März 2016: Die Petentin begehrt Lärmschutz für die Anwohner des Wohnbereiches Frohe Zukunft/Halle Saale im Rahmen des geplanten Ausbaus der B 100. Darüber hinaus liegt diesem Sachstand als Anlage 2 ein Auszug aus dem Jahresbericht des Petitionsausschusses an, der über eine Petition zur Verringerung von Verkehrslärm an einer Bundesstraße berichtet. 5. Handhabung der Landesstraßenverwaltungen Wie aus Anlage 1 hervorgeht, handelt es sich bei § 45 Abs. 1 S. 2 Nr. 3 StVO um eine Ermessensvorschrift . Die zuständigen Behörden üben ihr Ermessen hinsichtlich eines etwaigen Fahrverbots für bestimmte Fahrzeuggruppen also jeweils einzelfallbezogen unter Abwägung der konkreten Umstände aus. Folglich kann davon ausgegangen werden, dass regionale Unterschiede beim Umgang mit Verboten nach dieser Vorschrift bestehen. - Ende der Bearbeitung -