WD 7 - 3000 - 092/20 (11. August 2020) © 2020 Deutscher Bundestag Die Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestages unterstützen die Mitglieder des Deutschen Bundestages bei ihrer mandatsbezogenen Tätigkeit. Ihre Arbeiten geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Arbeiten der Wissenschaftlichen Dienste geben nur den zum Zeitpunkt der Erstellung des Textes aktuellen Stand wieder und stellen eine individuelle Auftragsarbeit für einen Abgeordneten des Bundestages dar. Die Arbeiten können der Geheimschutzordnung des Bundestages unterliegende, geschützte oder andere nicht zur Veröffentlichung geeignete Informationen enthalten. Eine beabsichtigte Weitergabe oder Veröffentlichung ist vorab dem jeweiligen Fachbereich anzuzeigen und nur mit Angabe der Quelle zulässig. Der Fachbereich berät über die dabei zu berücksichtigenden Fragen. Kapitalgesellschaften wie beispielsweise Gesellschaften mit beschränkter Haftung und Aktiengesellschaften sowie bestimmte andere Unternehmen sind verpflichtet, ihre Rechnungslegungsunterlagen offenzulegen oder unter gewissen Voraussetzungen im Unternehmensregister zu hinterlegen (vgl. insb. §§ 325 ff. HGB). Dies soll die Transparenz und Öffentlichkeit der buchhalterischen und finanziellen Situation der Unternehmen erhöhen, einen Ausgleich zur Haftungsbeschränkung von Kapitalgesellschaften darstellen und zugleich der Verwirklichung eines effektiven Gläubigerschutzes sowie eines wirksamen Schutzes des Geschäftsverkehrs dienen (vgl. Bundesamt für Justiz). Zur Einhaltung dieser gesetzlichen Verpflichtungen, insbesondere in Verbindung mit dem Jahresabschluss und dem Lagebericht bzw. dem Konzernabschluss und dem Konzernlagebericht (vgl. § 325 HGB) sowie von Rechnungslegungsunterlagen der Hauptniederlassung (vgl. § 325a HGB), können die Mitglieder des vertretungsberechtigten Organs einer Kapitalgesellschaft nach § 335 HGB durch ein Ordnungsgeld angehalten werden (vgl. Böcking/Gros/Rabenhorst, Rn. 1). Ein pflichtwidriges Unterlassen der rechtzeitigen Offenlegung wird dabei vom Bundesamt für Justiz von Amts wegen verfolgt (vgl. Böcking/Gros/Rabenhorst, Rn. 3). Nach § 335 Abs. 1 Satz 4 HGB beträgt das Ordnungsgeld mindestens 2.500 € und höchstens 25.000 €. Eingenommene Ordnungsgelder fließen dem Bundesamt für Justiz zu (vgl. § 335 Abs. 1 Satz 5 HGB). Eine wiederholte Festsetzung ist alle sechs Wochen möglich (vgl. § 335 Abs. 4 Satz 1 HGB). Die Tatsache, dass Mindest- und Höchstmaß erheblich von den allgemeinen Regeln abweichen (vgl etwa Art. 6 Abs. 1 Satz 1 EGStGB: mindestens 5 €, höchstens 1.000 €), soll die Bedeutung der gesellschaftsrechtlichen Publizität widerspiegeln (vgl. Waßmer, in MüKo). Die Vollstreckung eines etwaigen Ordnungsgeldes erfolgt nach dem Justizbeitreibungsgesetz (vgl. § 1 Abs. 1 Nr. 3 JBeitrG). Angesichts seines repressiven Charakters kommt dem Ordnungsgeld inhaltlich gesehen Strafcharakter zu; es handelt sich folglich um Strafrecht im weiteren Sinne (vgl. Dannecker m.w.N.). Folglich finden die allgemeinen Vorschriften der Art. 5 ff. EGStGB Anwendung (vgl. etwa Putzke). Die Bewilligung von Zahlungserleichterungen ist nach Art. 7 EGStGB im Rahmen der Vollstre- Wissenschaftliche Dienste Kurzinformation Einzelfragen zum Ordnungsgeldverfahren nach § 335 HGB Kurzinformation Einzelfragen zum Ordnungsgeldverfahren nach § 335 HGB Fachbereich WD 7 (Zivil-, Straf- und Verfahrensrecht, Bau und Stadtentwicklung) Wissenschaftliche Dienste Seite 2 ckung grundsätzlich möglich. Eine Umwandlung in Ordnungshaft ist nach Art. 8 EGStGB hingegen ausgeschlossen, da § 335 HGB dies nicht vorsieht (vgl. etwa Bundesrechnungshof; Waßmer, in beck-online.Großkommentar m.w.N.). Quellen: – HGB: Handelsgesetzbuch in der im Bundesgesetzblatt Teil III, Gliederungsnummer 4100-1, veröffentlichten bereinigten Fassung, das zuletzt durch Artikel 184 der Verordnung vom 19. Juni 2020 (BGBl. I S. 1328) geändert worden ist, abrufbar unter: https://www.gesetze-im-internet.de/hgb/ (letzter Abruf dieses Links und aller weiteren am 10. August 2020). – Bundesamt für Justiz, Offenlegungspflichten, Übersicht abrufbar unter: https://www.bundesjustizamt.de/DE/Themen /Ordnungs_Bussgeld_Vollstreckung/Jahresabschluesse/Offenlegung/Offenlegungspflichten/Offenlegungspflichten _node.html. – Böcking/Gros/Rabenhorst, in: Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn, Handelsgesetzbuch, 4. Auflage 2020, Kommentierung zu § 335 HGB. – EGStGB: Einführungsgesetz zum Strafgesetzbuch vom 2. März 1974 (BGBl. I S. 469; 1975 I S. 1916; 1976 I S. 507), das zuletzt durch Artikel 2 des Gesetzes vom 11. Juni 2017 (BGBl. I S. 1612) geändert worden ist, abrufbar unter: http://www.gesetze-im-internet.de/stgbeg/. – Waßmer, in: Münchener Kommentar zum Bilanzrecht, 1. Auflage 2013, Kommentierung zu § 335 HGB, Rn. 68. – JBeitrG: Justizbeitreibungsgesetz in der Fassung der Bekanntmachung vom 27. Juni 2017 (BGBl. I S. 1926), das durch Artikel 5 des Gesetzes vom 30. Juni 2017 (BGBl. I S. 2094) geändert worden ist, abrufbar unter: https://www.gesetze-im-internet.de/jbeitro/BJNR002980937.html. – Dannecker, in: Staub, HGB, 5. Auflage 2012, § 335 HGB, Rn. 12. – Bundesrechnungshof, abschließende Mitteilung an das Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz über die Prüfung Einnahmeausfälle des Bundesamtes für Justiz bei Forderungen aus Ordnungsgeldverfahren nach§ 335 Handelsgesetzbuch, S. 8, abrufbar unter: https://www.bundesrechnungshof.de/de/veroeffentlichungen/produkte /pruefungsmitteilungen/langfassungen/2019/2019-pm-einnahmeausfaelle-des-bundesamtes-fuer-justiz-beiforderungen -aus-ordnungsgeldverfahren-nach-335-handelsgesetzbuch-pdf/at_download/file. – Putzke, in Münchener Kommentar zur StPO, 1. Auflage 2018, Art. 6 EGStGB, Rn. 1. – Waßmer, in: beck-online.Großkommentar Dicken/Fehrenbacher/Hennrichs/Kleindiek/Watrin, Stand: 15.10.2019, § 335 HGB, Rn. 13.