WD 7 - 3000 - 091/20 (14. August 2020) © 2020 Deutscher Bundestag Die Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestages unterstützen die Mitglieder des Deutschen Bundestages bei ihrer mandatsbezogenen Tätigkeit. Ihre Arbeiten geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Arbeiten der Wissenschaftlichen Dienste geben nur den zum Zeitpunkt der Erstellung des Textes aktuellen Stand wieder und stellen eine individuelle Auftragsarbeit für einen Abgeordneten des Bundestages dar. Die Arbeiten können der Geheimschutzordnung des Bundestages unterliegende, geschützte oder andere nicht zur Veröffentlichung geeignete Informationen enthalten. Eine beabsichtigte Weitergabe oder Veröffentlichung ist vorab dem jeweiligen Fachbereich anzuzeigen und nur mit Angabe der Quelle zulässig. Der Fachbereich berät über die dabei zu berücksichtigenden Fragen. Sofern ein Kraftfahrzeugführer durch rücksichtsloses Fahren im Straßenverkehr einen Unfall verursacht , der zum Tod eines Menschen führt, kommt eine Strafbarkeit nach verschiedenen Vorschriften des Strafgesetzbuchs in Betracht: Nach § 315c Abs. 1 StGB macht sich strafbar, wer im Straßenverkehr ein Fahrzeug führt, obwohl er infolge des Genusses alkoholischer Getränke oder anderer berauschender Mittel oder infolge geistiger oder körperlicher Mängel nicht in der Lage ist, das Fahrzeug sicher zu führen (Nr. 1) oder grob verkehrswidrig und rücksichtslos bestimmte in der Vorschrift aufgelistete besonders schwerwiegende Verkehrsverstöße begeht (Nr. 2) und dadurch Leib oder Leben eines anderen Menschen oder fremde Sachen von bedeutendem Wert gefährdet. § 315c Abs. 3 StGB stellt auch die fahrlässige Begehung unter Strafe. Weiterhin können Tötungsdelikte verwirklicht werden (z.B. fahrlässige Tötung nach § 222 StGB). Im deutschen Strafrecht ist nicht ausdrücklich geregelt, inwieweit bei der Aburteilung einer Straftat, bei der der Täter einen Unfall durch rücksichtsloses Fahren im Straßenverkehr verursacht hat, der Umstand zu berücksichtigen ist, dass das infolge dieser Tat verstorbene Opfer zum Tatzeitpunkt ein Fahrzeug geführt hat, obwohl sein Reaktionsvermögen wegen Alkoholeinflusses erheblich beeinträchtigt war. Jedoch dürfte bei einer solchen Konstellation ein grundsätzlich im Rahmen der Strafzumessung berücksichtigungsfähiges Mitverschulden anzunehmen sein, wenn der verstorbene Kraftfahrzeugführer den Unfall infolge seiner alkoholbedingten Fahruntüchtigkeit mitverursacht hat. Nach § 46 Abs. 1 Satz 1 StGB ist die Schuld des Täters Grundlage für die Zumessung der Strafe. Bei der Zumessung wägt das Gericht nach § 46 Abs. 2 Satz 1 StGB die Umstände, die für und gegen den Täter sprechen, gegeneinander ab. Ein nicht nur geringes oder unwesentliches Mitverursachen beziehungsweise Mitverschulden des Opfers wirkt sich bei dieser Abwägung regelmäßig strafmildernd aus (vgl. etwa Schäfer/Sander/van Gemmeren; Miebach/Maier Rn. 263, 264; BGH, Urteil). Ein ganz überwiegendes Verschulden des Opfers kann bei Fahrlässigkeitstaten im Einzelfall sogar zum Wegfall der Vorhersehbarkeit und somit des Schuldvorwurfs führen (Miebach /Maier Rn. 264; BGH, Urteil). Das Mitverschulden des Opfers kann auch Einfluss darauf haben, ob das Gericht die Vollstreckung der Strafe zur Bewährung aussetzt. Bei der Verurteilung zu Freiheitsstrafe von mindestens Wissenschaftliche Dienste Kurzinformation Strafrechtliche Folgen eines Verkehrsverstoßes, der zum Tod eines alkoholbedingt fahruntüchtigen Kraftfahrzeugführers führt Kurzinformation Strafrechtliche Folgen eines Verkehrsverstoßes, der zum Tod eines alkoholbedingt fahruntüchtigen Kraftfahrzeugführers führt Fachbereich WD 7 (Zivil-, Straf- und Verfahrensrecht, Bau und Stadtentwicklung) Wissenschaftliche Dienste Seite 2 sechs Monaten wird nach § 56 Abs. 3 StGB die Vollstreckung nicht ausgesetzt, wenn die Verteidigung der Rechtsordnung sie gebietet. Das kommt bei Verkehrsverstößen in Betracht, „wenn die Tat neben den durch sie verursachten schwersten Folgen einen erheblichen Unrechtsgehalt aufweist und Ausdruck einer verbreiteten Einstellung ist, welche die Geltung des Rechts nicht mehr ernst nimmt“ (OLG Karlsruhe). Dies kann bei besonders groben und rücksichtslosen Verkehrsverstößen mit erheblichen, insbesondere tödlichen Unfallfolgen der Fall sein (OLG Karlsruhe). Im Einzelfall kann eine Strafaussetzung zur Bewährung aufgrund des Mitverschuldens des Opfers aber vertretbar sein (König; BGH, Beschluss). Quellen: - StGB: Strafgesetzbuch in der Fassung der Bekanntmachung vom 13. November 1998 (BGBl. I S. 3322), das zuletzt durch Artikel 5 des Gesetzes vom 10. Juli 2020 (BGBl. I S. 1648) geändert worden ist, abrufbar unter: https://www.gesetze-im-internet.de/stgb/BJNR001270871.html (letzter Abruf: 12. August 2020); Übersetzung in englischer Sprache, Stand: Die Übersetzung berücksichtigt die Änderung(en) des Gesetzes durch Artikel 2 des Gesetzes vom 19. Juni 2019 (BGBl. I, S. 844), abrufbar unter https://www.gesetze-im-internet.de/englisch _stgb/englisch_stgb.html (letzter Abruf: 12. August 2020). - BGH, Beschluss: Bundesgerichtshof, Beschluss vom 18.07.1989, Az. 4 StR 338/89, NJW 1990, 193, 194. - BGH, Urteil: Bundesgerichtshof, Urteil vom 02.10.1952, Az. 3 StR 389/52, NJW 1953, 36. - OLG Karlsruhe: Oberlandesgericht Karlsruhe, Urteil vom 18.02.2003, Az. 1 Ss 82/02, NZV 2004, 156, 157 ff. - König: Strafgesetzbuch, Leipziger Kommentar, Großkommentar, Elfter Band, 12. Auflage 2008, Kommentierung zu § 315c Rn. 215. - Miebach/Maier: Münchener Kommentar zum Strafgesetzbuch, 3. Auflage 2016, Kommentierung zu § 46. - Schäfer/Sander/van Gemmeren: Praxis der Strafzumessung, 6. Auflage 2017, Rn. 591. ***