© 2019 Deutscher Bundestag WD 7 - 3000 - 089/19 Das Zeugnisverweigerungsrecht von Berufsgeheimnisträgern Ausarbeitung Wissenschaftliche Dienste Die Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestages unterstützen die Mitglieder des Deutschen Bundestages bei ihrer mandatsbezogenen Tätigkeit. Ihre Arbeiten geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Arbeiten der Wissenschaftlichen Dienste geben nur den zum Zeitpunkt der Erstellung des Textes aktuellen Stand wieder und stellen eine individuelle Auftragsarbeit für einen Abgeordneten des Bundestages dar. Die Arbeiten können der Geheimschutzordnung des Bundestages unterliegende, geschützte oder andere nicht zur Veröffentlichung geeignete Informationen enthalten. 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Einleitung Die §§ 53, 53a der Strafprozessordnung (StPO)1 vermitteln Berufsgeheimnisträgern, wie beispielsweise Rechtsanwälten, und an deren beruflicher Tätigkeit mitwirkenden Personen ein Zeugnisverweigerungsrecht . Öffentlich bestellte und vereidigte Sachverständige, die auch privatrechtlich beauftragt werden können, finden in diesen Vorschriften keine Erwähnung. Diesen Sachverständigen werden von Mandanten vielfach, ähnlich wie bei anderen Berufsgeheimnisträgern , geheime Informationen (z.B. Dokumente, E-Mails, Konstruktionszeichnungen, Daten und Quellcodes, etc.) anvertraut und zugänglich gemacht. Grundsätzlich besteht gleichwohl die Pflicht, bei einer Vernehmung als Zeuge, diese Informationen zu offenbaren und entsprechende Beweismittel herauszugeben. Vor dem Hintergrund, dass § 203 Strafgesetzbuch (StGB)2 das unbefugte Offenbaren fremder Geheimnisse unter Strafe stellt, soll der Frage nachgegangen werden, ob Sachverständigen ein Zeugnisverweigerungsrecht zuzubilligen sein kann. Hierzu wird zunächst der Umfang des Zeugnisverweigerungsrechts im Strafprozess erläutert (vgl. Ziffer 2) und die Möglichkeit einer analogen Anwendung des § 53 Abs. 1 StPO auf privatrechtlich beauftragte Sachverständige in Betracht gezogen (vgl. Ziffer 2.3). Ergänzend wird ein Zeugnisverweigerungsrecht nach § 53a StPO erörtert (vgl. Ziffer 2.4). Schließlich werden die Auswirkungen der Regelungen des Zeugnisverweigerungsrechts auf die Pflicht zur Herausgabe von Beweismitteln (vgl. Ziffer 3.1) und ein mögliches Beschlagnahmeverbot dieser Beweismittel (vgl. Ziffer 3.2) dargestellt. 2. Umfang des Zeugnisverweigerungsrechts von Berufsgeheimnisträgern Das Zeugnisverweigerungsrecht umfasst jegliche Informationen, die der Berufsgeheimnisträger im Zusammenhang mit seiner Berufsausübung erhalten hat. Dadurch soll auch die Funktionsfähigkeit dieser privilegierten Berufe gewahrt und ein Interessenkonflikt der Berufsgeheimnisträger vermieden werden.3 1 Strafprozessordnung in der Fassung der Bekanntmachung vom 07.04.1987 (BGBl. I S. 1074), zuletzt geändert durch Art. 3 des Gesetzes zur Umsetzung der Richtlinie (EU) 2016/943 zum Schutz von Geschäftsgeheimnissen vor rechtswidrigem Erwerb sowie rechtswidriger Nutzung und Offenlegung vom 18.04.2019 (BGBl. I S. 466), abrufbar unter: https://www.gesetze-im-internet.de/stpo/__53.html (letzter Abruf: 28.05.2019). 2 Strafgesetzbuch in der Fassung der Bekanntmachung vom 13.11.1998 (BGBl. I S. 3322), zuletzt geändert durch Art. 1 des Gesetzes zur Verbesserung der Information über einen Schwangerschaftsabbruch vom 22.03.2019 (BGBl. I S. 350), abrufbar unter: https://www.gesetze-im-internet.de/stgb/ (letzter Abruf: 28.05.2019). 3 Percic, in: Münchener Kommentar zur Strafprozessordnung, 1. Auflage 2014, § 53 Rn. 1. Vgl. auch BVerfG, Beschl. v. 15.01.1975 - Az. 2 BvR 65/74, Neue Juristische Wochenschrift (NJW) 1975, 588 (589). Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 7 - 3000 - 089/19 Seite 5 2.1. Zeugnisverweigerungsberechtigte Berufsgruppen Die Berufsgruppen, die von § 53 StPO erfasst sind, kennzeichnet jeweils die Ausübung einer besonders vertrauensbedürftigen Tätigkeit. Regelmäßig ist der private oder geschäftliche Lebensbereich derjenigen betroffen, die eine solche Tätigkeit in Anspruch nehmen.4 Neben Geistlichen und Rechtsanwälten gehören auch medizinische Berufsgeheimnisträger und Apotheker sowie Hebammen (§ 53 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 StPO) zu den privilegierten Berufsgruppen. Eine erweiternde Auslegung auf andere als die in § 53 StPO genannten Berufsgruppen wird in der Rechtsprechung und dem überwiegenden Teil der Literatur abgelehnt.5 Hauptargument gegen eine solche Auslegung ist die Gewährleistung einer funktionsfähigen Rechtspflege.6 Auch spricht der Wille des Gesetzgebers gegen eine erweiterte Auslegung dieser Vorschrift.7 Eine solche wäre nur bei einem unabsichtlich engen Wortlaut im Hinblick auf den verfolgten Gesetzeszweck möglich .8 § 53 Abs. 1 Satz 1 StPO nennt abschließend und ausdrücklich die Berufe, bei denen ein Zeugnisverweigerungsrecht existieren soll.9 Bei allen anderen Berufsgruppen bleibt die uneingeschränkte Zeugnispflicht bestehen10, also auch bei privatrechtlich beauftragten Sachverständigen. Aus dem Rechtsgedanken des § 203 StGB lässt sich kein Zeugnisverweigerungsrecht herleiten. Der durch § 53 Abs. 1 StPO zum Schweigen berechtigte Personenkreis ist nach dem gesetzgeberischen Willen enger als der durch § 203 StGB zum Schweigen verpflichtete. Aus der strafbewehrten Pflicht zur Verschwiegenheit nach § 203 StGB lässt sich regelmäßig nicht das Recht herleiten, eine Aussage zu verweigern.11 Der Schutz von Daten und Informationen (Geheimnisse) im Sinne 4 Vgl. OLG Oldenburg, Beschl. v. 10.06.1982 - Az. 2 Ws 204/82, NJW 1982, 2615. 5 BVerfG, Beschl. v. 31.05.1988 - Az. 2 BvR 367/88, NJW 1988, 2945; Percic, in: Münchener Kommentar zur Strafprozessordnung , § 53 Rn. 3. 6 BVerfG, Beschl. v. 19.07.1972 - Az. 2 BvL 7/71, NJW 1972, 2214 (2216). 7 BT-Drucks. 12/870, S. 5, abrufbar unter: http://dip21.bundestag.btg/dip21/btd/12/008/1200870.pdf (letzter Abruf : 31.05.2019). 8 Weidenkaff, in: Creifelds Rechtswörterbuch, 22. Auflage 2017, S. 122. 9 Huber, in: Beck´scher Onlinekommentar zur StPO, 33. Edition, Stand: 01.04.2019, § 53 Rn. 2; Schmitt, in: Meyer-Goßner/Schmitt, Strafprozessordnung, 60. Auflage 2017, § 53 Rn. 2. 10 Vgl. BVerfG, Beschl. v. 15.01.1975 - Az. 2 BvR 65/74, NJW 1975, 588; Beschl. v. 31.05.1988 - Az. 2 BvR 367/88, Neue Zeitschrift für Strafrecht (NStZ) 1988, 418. 11 Percic, in: Münchener Kommentar zur Strafprozessordnung, 1. Auflage 2014, § 53 Rn. 6 (m. w. N.); so auch BT- Drucks. 12/870, S. 5, abrufbar unter: http://dip21.bundestag.btg/dip21/btd/12/008/1200870.pdf (letzter Abruf: 28.05.2019); anderer Ansicht nur Foth, „Zur Schweigepflicht der freien Sozialdienste im Strafprozeß“, Juristische Rundschau (JR) 1976, 7. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 7 - 3000 - 089/19 Seite 6 des § 203 StGB wird vielmehr durch die Möglichkeit des Ausschlusses der Öffentlichkeit vom Verfahren nach § 172 Gerichtsverfassungsgesetz (GVG)12 gewährleistet. 2.2. Analoge Anwendung des § 53 StPO Im Strafprozessrecht ist anders als im Strafrecht eine Analogiebildung zulässig (vgl. Art. 103 Abs. 2 Grundgesetz (GG)13, § 1 StGB).14 Für eine analoge Anwendung des § 53 StPO auf Sachverständige muss neben der vergleichbaren Interessenlage eine planwidrige Regelungslücke bestehen. Dabei wird eine Lücke als planwidrig angesehen, wenn die jeweilige Regelung vom Gesetzgeber nicht erkannt oder bei einer nachträglichen Änderung der Umstände übersehen wurde.15 Diese Voraussetzung ist hier nicht gegeben. Der Gesetzgeber erkannte bei der Einführung des § 203 StGB, dass Sachverständigen kein Aussageverweigerungsrecht nach § 53 StPO zustehen soll.16 Die Erweiterung der berechtigten Berufsgruppen lehnte er mit Hinweis auf die sonstige empfindliche Störung der Wahrheitsfindung im Strafprozess ab.17 Der Schutz der Geheimnisse im Sinne des § 203 StGB wird durch den Ausschluss der Öffentlichkeit vom Verfahren nach dem gleichzeitig geänderten § 172 GVG erreicht. Demnach kann die Öffentlichkeit vom Verfahren ausgeschlossen werden, wenn bei einer Zeugenaussage geheimhaltungspflichtige Geschäfts-, Betriebs oder Privatgeheimnisse thematisiert werden.18 Eine analoge Anwendung des § 53 StPO auf Sachverständige scheidet damit mangels einer planwidrigen Lücke aus. 2.3. Zeugnisverweigerungsrecht nach § 53a StPO Für Sachverständige könnte sich ein Recht zur Verweigerung der Zeugenaussage aus § 53a StPO ergeben. Von § 53a StPO sollen seit der Neuregelung von § 203 StGB und § 53a StPO im Jahr 12 Gerichtsverfassungsgesetz in der Fassung der Bekanntmachung vom 09.05.1975 (BGBl. I S. 1077), zuletzt geändert durch Art. 2 des Gesetzes zur Umsetzung der Richtlinie (EU) 2016/943 zum Schutz von Geschäftsgeheimnissen vor rechtswidrigem Erwerb sowie rechtswidriger Nutzung und Offenlegung vom 18.04.2019 (BGBl. I S. 466), abrufbar unter: https://dejure.org/gesetze/GVG/172.html (letzter Abruf: 28.05.2019). 13 Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland vom 23.05.1949 (BGBl. S. 1), zuletzt geändert durch Art. 1 des Gesetzes zur Änderung des Grundgesetzes (Art. 104b, 104c, 104d, 125c, 143e) vom 28.03.2019 (BGBl. I S. 404), abrufbar unter: https://www.gesetze-im-internet.de/gg/ (letzter Abruf: 28.05.2019). 14 Meyer-Goßner, in: Meyer-Goßner/Schmitt, Strafprozessordnung, 60. Auflage 2017, Einleitung Rn. 202. 15 BVerfG, Beschl. v. 06.12.2005 - Az. 1 BvR 1905/02, Die Öffentliche Verwaltung (DÖV) 2006, 299 (300); BGH, Beschl. v. 14.06.2016 . Az. VIII ZR 43/15, Neue Juristische Wochenschrift-Rechtsprechungsreport (NJW-RR) 2017, 204 (205). 16 BT-Drucks. 7/550, S. 320, abrufbar unter: http://dipbt.bundestag.de/doc/btd/07/005/0700550.pdf (letzter Abruf: 31.05.2019). 17 BT-Drucks. 7/550, S. 321, abrufbar unter: http://dipbt.bundestag.de/doc/btd/07/005/0700550.pdf (letzter Abruf: 31.05.2019). 18 Diemer, in: Karlsruher Kommentar zur Strafprozessordnung, 8. Auflage 2019, § 172 GVG Rn. 9. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 7 - 3000 - 089/19 Seite 7 201719 auch Personen erfasst werden, die durch ein Vertragsverhältnis unmittelbar an der Berufstätigkeit des Berufsgeheimnisträgers mitwirken. Die Neuregelung der Vorschriften wurde im Hinblick auf die Digitalisierung als notwendig erachtet .20 Durch die Weiterentwicklung der Technik und deren Nutzung durch Berufsgeheimnisträger sollten diese mitwirkenden Personen nicht in die Gefahr der Strafbarkeit nach § 203 StGB geraten , weil sie Daten ihrer Auftraggeber beispielsweise an digitale Dienstleister weitergeben.21 Im Rahmen der Reform wurde sowohl auf bloße Hilfstätigkeiten als auch auf herausgehobene Tätigkeiten Bezug genommen. Zu den Tätigkeiten herausgehobener Art sollen insbesondere Geschäftsführungs- und leitende Verwaltungstätigkeiten gehören. Unter einem Vertrag im Sinne der Vorschrift werden auch Dienst-, Werk- oder Geschäftsbesorgungsverträge mit selbstständigen externen Dienstleistern verstanden , soweit sie unmittelbar an der beruflichen Tätigkeit des Berufsgeheimnisträgers mitwirken .22 Eine unmittelbare Mitwirkung wird beispielsweise in Schreibarbeiten, Aktenarchivierung und -vernichtung, der Arbeit mit informationstechnischen Systemen und der Erfüllung von Buchführungs- und steuerrechtlichen Pflichten des Berufsgeheimnisträgers gesehen.23 Umstritten ist seit der Neufassung, ob Sachverständige, die durch einen Rechtsanwalt beauftragt wurden, zum privilegierten Personenkreis des § 53a StPO gehören und somit ein Zeugnisverweigerungsrecht haben. Zum Teil wird der mit der Gutachtenerstattung beauftragte Sachverständige nun dem Personenkreis zugeordnet, der nach § 53a Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 StPO ein Zeugnisverweigerungsrecht hat.24 Dieses Recht soll sich dann auf fallbezogene Anknüpfungstatsachen erstrecken, die der Sachverständige von dem Rechtsanwalt oder seinem Mandanten erfahren hat.25 19 Durch das Gesetz zur Neuregelung des Schutzes von Geheimnissen bei der Mitwirkung Dritter an der Berufsausübung schweigepflichtiger Personen vom 30.10.2017 (BGBl. I S. 3618). 20 BT-Drucks. 18/12940, S. 7, abrufbar unter: http://dipbt.bundestag.de/dip21/btd/18/129/1812940.pdf (letzter Abruf : 31.05.2019). 21 BT-Drucks. 18/12940, S. 7, abrufbar unter: http://dipbt.bundestag.de/dip21/btd/18/129/1812940.pdf (letzter Abruf : 31.05.2019). 22 BT-Drucks. 18/12940, S. 7, 10 f., abrufbar unter: http://dipbt.bundestag.de/dip21/btd/18/129/1812940.pdf (letzter Abruf: 31.05.2019). 23 BT-Drucks. 18/11936, S. 22, abrufbar unter: https://dip21.bundestag.de/dip21/btd/18/119/1811936.pdf (letzter Abruf: 31.05.2019). 24 Bader, in: Karlsruher Kommentar zur Strafprozessordnung, 8. Auflage 2019, § 53a Rn. 2a. 25 Bader, in: Karlsruher Kommentar zur Strafprozessordnung, 8. Auflage 2019, § 53a Rn. 2a (m. w. N.). Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 7 - 3000 - 089/19 Seite 8 Dagegen wird eingewandt, dass es sich bei (nicht gerichtlich bestellten) Sachverständigen regelmäßig um selbstständige Gewerbetreibende handelt, die Einzelaufträge für durch § 53 StPO privilegierte Berufsausübende erledigen.26 Eine Ausweitung des Zeugnisverweigerungsrechts würde zu einem nicht überschaubaren privilegierten Personenkreis führen.27 Zudem soll es sich bei der Tätigkeit von Sachverständigen nur um eine „mittelbare“ Mitwirkung an der beruflichen Tätigkeit des Berufsgeheimnisträgers handeln.28 Damit würden sie nicht in den Anwendungsbereich des § 53a StPO fallen. Zusammenfassend lässt sich feststellen, dass die Anwendung des Zeugnisverweigerungsrechts nach § 53a StPO auf Sachverständige umstritten ist und eine höchstrichterliche Klärung noch nicht vorliegt. 3. Auswirkungen des Zeugnisverweigerungsrechts Grundsätzlich besteht für Sachverständige eine Herausgabepflicht von Beweismitteln, wenn ein Zeugnisverweigerungsrecht nicht in Anspruch genommen werden kann. Entsprechendes gilt für deren Beschlagnahme. 3.1. Herausgabepflicht Wer einen Beweisgegenstand in seinem Gewahrsam, also seiner tatsächlichen Herrschaftsgewalt, hat, kann nach § 95 StPO zur Herausgabe verpflichtet sein. Diese Herausgabepflicht betrifft alle Gegenstände, die als Beweismittel für eine Untersuchung von Bedeutung sein können (§ 94 StPO). Unter den Begriff der Gegenstände fallen auch unkörperliche Gegenstände wie Quellcodes , wenn sie auf einem körperlichen Gegenstand gespeichert sind.29 Nach § 95 Abs. 2 Satz 2 StPO besteht die Pflicht zur Herausgabe von Beweismitteln nicht, wenn der Gewahrsamsinhaber ein Zeugnisverweigerungsrecht hat. Die Herausgabe kann dann auch nicht mit Zwang durchgesetzt werden. Darüber ist der Gewahrsamsinhaber zu belehren. Unterbleibt die Belehrung, ist das erlangte Beweismittel trotzdem verwertbar, soweit der Herausgebende seine Rechte kannte.30 26 Huber, in: Beck´scher Onlinekommentar zur StPO, 33. Edition, Stand: 01.04.2019, § 53a Rn. 3. 27 Vgl. Schmitt, in: Meyer-Goßner/Schmitt, Strafprozessordnung, 60. Auflage 2017, § 53a Rn. 2 (vor Neufassung des § 53a StPO vom 09.11.2017). 28 Huber, in: Beck´scher Onlinekommentar zur StPO, 33. Edition, Stand: 01.04.2019, § 53a Rn. 3. 29 BVerfG, Beschl. v. 12.04.2005 - Az. 2 BvR 1027/02, NJW 2005, 1917 (1920); Greven, in: Karlsruher Kommentar zur Strafprozessordnung, 8. Auflage 2019, § 95 Rn. 1. 30 Hauschild, in: Münchener Kommentar zur StPO, 1. Auflage 2014, § 95 Rn. 13. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 7 - 3000 - 089/19 Seite 9 3.2. Beschlagnahme Das Verbot der Beschlagnahme nach § 97 StPO soll die Umgehung von Zeugnisverweigerungsrechten verhindern.31 Das Beschlagnahmeverbot gilt nur im Rahmen eines Vertrauensverhältnisses zwischen dem Beschuldigten und dem Berufsgeheimnisträger sowie bei mitwirkenden Personen im Sinne von § 53a StPO. Nach einer wirksamen Entbindung von der Schweigepflicht und dem damit einhergehenden Wegfall des Zeugnisverweigerungsrechts ist das Beschlagnahmeverbot nicht mehr gegeben.32 4. Fazit Geschäftliche und private Geheimnisse im Sinne von § 203 StGB werden während eines gerichtlichen Verfahrens durch die Möglichkeit des Ausschlusses der Öffentlichkeit nach § 172 GVG geschützt. Um einen Ausgleich zu der strafprozessualen Wahrheitsfindung und einem effektiven Verfahren zu schaffen, ist das Zeugnisverweigerungsrecht auf die in § 53 StPO ausdrücklich genannten Berufsgruppen beschränkt.33 Grundsätzlich haben Sachverständige kein Zeugnisverweigerungsrecht nach § 53 StPO. Weder eine erweiternde Auslegung dieser Vorschrift noch eine analoge Anwendung auf Sachverständige kommen in Betracht.34 Umstritten ist, ob Sachverständige die Vorschrift des § 53a StPO für sich in Anspruch nehmen können. Höchstrichterliche Rechtsprechung hierzu liegt noch nicht vor. Die Herausgabepflicht von Beweisstücken und das Beschlagnahmeverbot richten sich nach dem Zeugnisverweigerungsrecht. *** 31 BGH, Urt. v. 03.12.1991 - Az. 1 StR 120/90, NJW 1992, 763 (764). 32 Gerhold, in: Beck´scher Onlinekommentar zur StPO, 33. Edition, Stand: 01.04.2019, § 97 Rn. 15. 33 Schmitt, in: Meyer-Goßner/Schmitt, Strafprozessordnung, 60. Auflage 2017, § 53 Rn. 1, 2. 34 Zur eng begrenzten Möglichkeit der verfassungsmäßigen Begrenzung der Verpflichtung zur Zeugenaussage: BVerfG, Beschl. v. 19.07.1972 - Az. 2 BvL 7/71, BVerfGE 33, 367 (374 f.).