© 2020 Deutscher Bundestag WD 7 - 3000 - 087/20 Strafbarkeit im Falle unrichtiger Angaben bei der Beantragung von „Corona-Soforthilfen" Sachstand Wissenschaftliche Dienste Die Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestages unterstützen die Mitglieder des Deutschen Bundestages bei ihrer mandatsbezogenen Tätigkeit. Ihre Arbeiten geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Arbeiten der Wissenschaftlichen Dienste geben nur den zum Zeitpunkt der Erstellung des Textes aktuellen Stand wieder und stellen eine individuelle Auftragsarbeit für einen Abgeordneten des Bundestages dar. Die Arbeiten können der Geheimschutzordnung des Bundestages unterliegende, geschützte oder andere nicht zur Veröffentlichung geeignete Informationen enthalten. Eine beabsichtigte Weitergabe oder Veröffentlichung ist vorab dem jeweiligen Fachbereich anzuzeigen und nur mit Angabe der Quelle zulässig. Der Fachbereich berät über die dabei zu berücksichtigenden Fragen. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 7 - 3000 - 087/20 Seite 2 Strafbarkeit im Falle unrichtiger Angaben bei der Beantragung von „Corona-Soforthilfen" Aktenzeichen: WD 7 - 3000 - 087/20 Abschluss der Arbeit: 12. August 2020 Fachbereich: WD 7: Zivil-, Straf- und Verfahrensrecht, Bau und Stadtentwicklung Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 7 - 3000 - 087/20 Seite 3 Inhaltsverzeichnis 1. Einleitung 4 2. Subventionsbetrug 4 3. Betrug 6 4. Computerbetrug 8 5. Falsche Versicherung an Eides Statt 9 6. Konkurrenzen 10 7. Fazit 11 Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 7 - 3000 - 087/20 Seite 4 1. Einleitung Im Folgenden wird untersucht, welche Straftatbestände erfüllt sein können, wenn bei einem Antrag auf Gewährung einer „Corona-Soforthilfe“, welche eine finanzielle Unterstützung durch den Staat für durch die Covid-19-Pandemie in wirtschaftliche Schwierigkeiten geratene Unternehmen , Selbständige und Freiberufler vorsieht,1 unrichtige oder unvollständige Angaben gemacht wurden. Hierbei werden die Tatbestände des Subventionsbetrugs gemäß § 264 des Strafgesetzbuchs (StGB)2 (2.), des Betrugs nach § 263 StGB (3.), des Computerbetrugs gemäß § 263a StGB (4.) und der falschen Versicherung an Eides Statt nach § 156 StGB (5.) in den Blick genommen. Besondere Berücksichtigung findet die Frage, wie es sich auf die Strafbarkeit auswirkt, wenn für den Bundes- und den Landeszuschuss ein einheitlicher Antrag gestellt werden konnte, wenn der Antrag in einem automatisierten Verfahren bearbeitet wird und wenn die staatlichen Mittel vollständig für den privaten Lebensunterhalt verwendet werden dürfen. Die Wissenschaftlichen Dienste des Bundestages nehmen nach ihren Verfahrensgrundsätzen keine Einzelfallprüfung vor. Eine etwaige Strafbarkeit soll daher nachfolgend nur allgemein und summarisch erörtert werden. 2. Subventionsbetrug Nach § 264 Abs. 1 Nr. 1 StGB wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft , wer einer für die Bewilligung einer Subvention zuständigen Behörde oder einer anderen in das Subventionsverfahren eingeschalteten Stelle oder Person (Subventionsgeber) über subventionserhebliche Tatsachen für sich oder einen anderen unrichtige oder unvollständige Angaben macht, die für ihn oder den anderen vorteilhaft sind. Eine Subvention im Sinne des § 264 StGB ist nach § 264 Abs. 8 Satz 1 Nr. 1 StGB unter anderem eine Leistung aus öffentlichen Mitteln nach Bundes- oder Landesrecht an Betriebe oder Unternehmen , die wenigstens zum Teil a) ohne marktmäßige Gegenleistung gewährt wird und b) der Förderung der Wirtschaft dienen soll. Es wird allgemein vertreten, dass die „Corona-Soforthilfen“ diese Voraussetzungen erfüllen.3 1 Vgl. beispielsweise Burgert, Staatliche Beihilfen im Rahmen der Coronakrise im Lichte des Subventionsbetrugs – Teil 1, StraFo 5/2020, 181, 182; Überblick Soforthilfeprogramm II, abrufbar unter https://www.ibb.de/media /dokumente/foerderprogramme/wirtschaftsfoerderung/corona/ueberblick_soforthilfe_corona.pdf, letzter Abruf – auch für alle weiteren Internetlinks – 12. August 2020. 2 Strafgesetzbuch in der Fassung der Bekanntmachung vom 13. November 1998 (BGBl. I S. 3322), das zuletzt durch Artikel 5 des Gesetzes vom 10. Juli 2020 (BGBl. I S. 1648) geändert worden ist. 3 Burgert, Staatliche Beihilfen im Rahmen der Coronakrise im Lichte des Subventionsbetrugs – Teil 1, StraFo 5/2020, 181, 182-184; vgl. auch Hoven/Hahn, Strafrechtliche Fragen im Zusammenhang mit der Covid-19-Pandemie , JA 2020, 481, 485. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 7 - 3000 - 087/20 Seite 5 Das dürfte in der Regel auch gelten, soweit die Leistungen vollständig für private Lebenshaltungskosten verwendet werden dürfen. Zwar erfüllen Leistungen, die ausschließlich sozialen Zwecken oder allein der Förderung der Kultur, Wissenschaft oder Forschung dienen, nicht die Voraussetzungen des § 264 Abs. 8 Satz 1 Nr. 1 b) StGB.4 Sofern die Leistungen aber auch dem Erhalt von Betrieben beziehungsweise Unternehmen dienen sollen, dürften die Zahlungen zumindest auch auf eine Förderung der Wirtschaft gerichtet sein.5 Die Tathandlung muss sich nach § 264 Abs. 1 Nr. 1 StGB auf subventionserhebliche Tatsachen beziehen. Subventionserheblich in diesem Sinne sind nach § 264 Abs. 9 StGB Tatsachen, die durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes von dem Subventionsgeber als subventionserheblich bezeichnet sind (§ 264 Abs. 9 Nr. 1 StGB) oder von denen die Bewilligung, Gewährung, Rückforderung , Weitergewährung oder das Belassen einer Subvention oder eines Subventionsvorteils gesetzlich oder nach dem Subventionsvertrag abhängig ist (§ 264 Abs. 9 Nr. 2 StGB). Da die „Bundesregelung Kleinbeihilfen 2020“6 keine Regelung zu der Subventionserheblichkeit von Tatsachen gemäß § 264 StGB enthalte, wird in der Literatur teilweise vertreten, dass die strafrechtliche Bewertung unrichtiger Angaben bei der Beantragung einer „Corona-Soforthilfe“ je nach landesrechtlicher Regelung unterschiedlich ausfalle.7 Nach der Rechtsprechung verlangt die Bezeichnung durch den Subventionsgeber gemäß § 264 Abs. 9 Nr. 1 StGB „klare und unmissverständliche , auf den konkreten Fall bezogene Angaben“.8 Daran (und wohl auch an einer Abhängigkeit im Sinne des § 264 Abs. 9 Nr. 2 StGB) fehle es in einigen Bundesländern, so dass eine Strafbarkeit nach § 264 StGB dort ausscheide.9 Sind im Einzelfall subventionserhebliche Tatsachen im Sinne des § 264 Abs. 9 StGB betroffen, ist zu beachten, dass ein Subventionsbetrug gemäß § 264 Abs. 1 Nr. 1 StGB bereits vollendet ist, wenn die unrichtigen oder unvollständigen Angaben „im Rahmen eines Subventionsverfahrens 4 Burgert, Staatliche Beihilfen im Rahmen der Coronakrise im Lichte des Subventionsbetrugs – Teil 1, StraFo 5/2020, 181, 183. 5 Vgl. Burgert, Staatliche Beihilfen im Rahmen der Coronakrise im Lichte des Subventionsbetrugs – Teil 1, StraFo 5/2020, 181, 183, 184. 6 Regelung zur vorübergehenden Gewährung geringfügiger Beihilfen im Geltungsbereich der Bundesrepublik Deutschland im Zusammenhang mit dem Ausbruch von COVID-19 („Bundesregelung Kleinbeihilfen 2020“) vom 26. März 2020, bekannt gemacht im Bundesanzeiger Amtlicher Teil 31.03.2020 B2; mittlerweile hat die geänderte Regelung zur vorübergehenden Gewährung geringfügiger Beihilfen im Geltungsbereich der Bundesrepublik Deutschland im Zusammenhang mit dem Ausbruch von COVID-19 („Geänderte Bundesregelung Kleinbeihilfen 2020“) vom 11. April 2020, bekannt gemacht im Bundesanzeiger Amtlicher Teil 24.04.2020 B1, die „Bundesregelung Kleinbeihilfen 2020“ abgelöst. 7 Schmuck/Hecken/Tümmler, Zur Rechtswidrigkeit innerhalb der Strafandrohungen in den Verwaltungsbestimmungen zur „Bundesregelung Kleinbeihilfen 2020“ – Stichwort „subventionserhebliche Tatsache“?, NJOZ 2020, 673, 675 ff.. 8 BGH, Urteil vom 11.11.1998, Az. 3 StR 101-98, NJW 1999, 1196, 1197 zu § 264 Abs. 7 Nr. 1 Var. 2 StGB a.F. 9 Schmuck/Hecken/Tümmler, Zur Rechtswidrigkeit innerhalb der Strafandrohungen in den Verwaltungsbestimmungen zur „Bundesregelung Kleinbeihilfen 2020“ – Stichwort „subventionserhebliche Tatsache“?, NJOZ 2020, 673, 675 ff. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 7 - 3000 - 087/20 Seite 6 der zur Entgegennahme bestimmten zuständigen Behörde, Stelle oder Person zugegangen sind“.10 Eine tatsächliche Kenntnisnahme der Angaben durch den Subventionsgeber muss bei schriftlichen Erklärungen nicht vorliegen, erst Recht kein Irrtum über die subventionserheblichen Tatsachen .11 Dies dürfte dafür sprechen, dass der Subventionsbetrug auch dann verwirklicht werden kann, wenn über den Antrag auf Gewährung einer „Corona-Soforthilfe“ in einem automatisierten Verfahren ohne Prüfung durch einen Menschen entschieden wird.12 Eine Vermögensverfügung oder einen Vermögensschaden setzt § 264 StGB ebenfalls nicht voraus.13 Der Grundtatbestand des § 264 Abs. 1 StGB erfordert Vorsatz (vgl. 15 StGB). Wer aber im Falle des § 264 Abs. 1 Nr. 1 StGB leichtfertig handelt, wird nach § 264 Abs. 5 StGB mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft. Leichtfertigkeit liegt nur vor, wenn der Antragsteller in Bezug auf die Tatumstände besonders gleichgültig oder grob unachtsam handelt.14 Der Täter muss „die im Verkehr erforderliche Sorgfalt in besonders hohem Maße außer Acht“ lassen.15 3. Betrug Nach § 263 Abs. 1 StGB wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft, wer in der Absicht, sich oder einem Dritten einen rechtswidrigen Vermögensvorteil zu verschaffen , das Vermögen eines anderen dadurch beschädigt, dass er durch Vorspiegelung falscher oder durch Entstellung oder Unterdrückung wahrer Tatsachen einen Irrtum erregt oder unterhält. Voraussetzung des § 263 Abs. 1 StGB ist zunächst eine Täuschung.16 Diese stellt ein Verhalten mit Erklärungswert dar, das durch Einwirkung auf die Vorstellung einer anderen natürlichen Person einen Irrtum, also eine Fehlvorstellung über Tatsachen17, hervorrufen kann.18 In der Übermittlung unrichtiger oder unvollständiger Angaben an den Subventionsgeber kann ein solches Verhalten liegen. Der Irrtum muss nach § 263 Abs. 1 StGB auch tatsächlich vorliegen. Da jedoch nur ein Mensch irren kann19, scheidet eine Strafbarkeit wegen Betrugs aus, wenn die Angaben in 10 Ceffinato, in: Joecks, Miebach (Hrsg.), Münchener Kommentar zum StGB, 3. Auflage 2019, § 264 Rn. 61. 11 Perron, in: Schönke/Schröder (Hrsg.), Strafgesetzbuch, Kommentar, 30. Auflage 2019, § 264 Rn. 48. 12 Vgl. auch Trompke/Wortmann, Strafrechtliche Gefahren bei der Beantragung von Corona-Soforthilfen des Bundes , COVuR 2020, 401, 402. 13 Hoven/Hahn, Strafrechtliche Fragen im Zusammenhang mit der Covid-19-Pandemie, JA 2020, 481, 486. 14 Nolte/Neuber, (Unternehmens-)Verteidigung wegen des Vorwurfs des Subventionsbetrugs im Zusammenhang mit den Corona-Soforthilfen, jurisPR-Compl 3/2020 Anm. 5. 15 Nolte/Neuber, (Unternehmens-)Verteidigung wegen des Vorwurfs des Subventionsbetrugs im Zusammenhang mit den Corona-Soforthilfen, jurisPR-Compl 3/2020 Anm. 5. 16 Fischer, Strafgesetzbuch mit Nebengesetzen, 67. Auflage 2020, § 263 Rn. 14. 17 Hefendehl, in: Joecks/Miebach (Hrsg.), Münchener Kommentar zum StGB, 3. Auflage 2019, § 263 Rn. 249. 18 Fischer, Strafgesetzbuch mit Nebengesetzen, 67. Auflage 2020, § 263 Rn. 14. 19 Hefendehl, in: Joecks/Miebach (Hrsg.), Münchener Kommentar zum StGB, 3. Auflage 2019, § 263 Rn. 249. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 7 - 3000 - 087/20 Seite 7 einem vollständig automatisierten Verfahren ohne Einschaltung eines menschlichen Erklärungsempfängers geprüft werden. Wurde ein Irrtum erregt, hängt die Strafbarkeit nach § 263 Abs. 1 StGB weiter von dem Vorliegen einer Vermögensverfügung ab.20 Die Auszahlung der Subvention stellt eine Vermögensverfügung dar.21 Dabei spielt es wohl keine Rolle, wenn Bundes- und Landeszuschuss gemeinsam beantragt werden können. Soweit die Bewilligungsstellen der Länder über Bundesmittel verfügen, dürfte die Verfügung wegen des besonderen Näheverhältnisses der Bewilligungsstellen zu dem geschädigten Vermögen dem Bund zuzurechnen sein.22 Dieses Näheverhältnis besteht bereits aufgrund der durch Verwaltungsvereinbarung zwischen Bund und Ländern vereinbarten Befugnis der Bewilligungsstellen der Länder zur Auszahlung.23 Weiterhin muss gemäß § 263 Abs. 1 StGB ein Vermögensschaden vorliegen. Zu beachten ist, dass der Staat im Falle der „Corona-Soforthilfen“ weiß, dass er keine Gegenleistung für diese erhält.24 Auch im Falle von durch die Täuschung erlangten Subventionen ohne Gegenleistung ist aber nach der Rechtsprechung ein Schaden gegeben, wenn der Subventionszweck verfehlt wird.25 Der Zweck der „Corona-Soforthilfen“ liegt in der Unterstützung von bestimmten anspruchsberechtigten Unternehmen, Selbständigen und Freiberuflern26, die aufgrund der Covid-19-Pandemie in wirtschaftliche Schwierigkeiten geraten sind.27 Dabei dürfte es unerheblich sein, ob die staatlichen Mittel einen Beitrag zu den laufenden betrieblichen Sach- und Finanzaufwendungen leisten sollen oder ob die Zahlungen auch für private Lebenshaltungskosten verwendet werden dürfen. Denn der beschriebene Zweck der Zahlungen kann wohl auch in letzterem Fall durch eine täuschungsbedingte Auszahlung an einen Unberechtigten verfehlt werden. Sofern die Auszahlungen 20 Beukelmann, in: von Heintschel-Heinegg (Hrsg.), Beck‘scher Online-Kommentar StGB, 46. Edition, Stand: 01.05.2020, § 263 Rn. 2. 21 Hoven/Hahn, Strafrechtliche Fragen im Zusammenhang mit der Covid-19-Pandemie, JA 2020, 481, 487. 22 Fischer, Strafgesetzbuch mit Nebengesetzen, 67. Auflage 2020, § 263 Rn. 82. 23 Vgl. Weg für Gewährung der Corona-Bundes-Soforthilfen ist frei, Umsetzung durch die Länder steht, Pressemitteilung vom 29.03.2020, https://www.bmwi.de/Redaktion/DE/Pressemitteilungen/2020/20200329-weg-fuergewaehrung -corona-bundes-soforthilfen-ist-frei.html. 24 Hoven/Hahn, Strafrechtliche Fragen im Zusammenhang mit der Covid-19-Pandemie, JA 2020, 481, 487. 25 BGH, Beschluss vom 26.01.2006, Az. 5 StR 334/05, NStZ 2006, 624, 625 Rn. 2; Hoven/Hahn, Strafrechtliche Fragen im Zusammenhang mit der Covid-19-Pandemie, JA 2020, 481, 487. 26 Vgl. Überblick Soforthilfeprogramm II, abrufbar unter https://www.ibb.de/media/dokumente/foerderprogramme /wirtschaftsfoerderung/corona/ueberblick_soforthilfe_corona.pdf; Nr. 1 der Richtlinien für die die Gewährung von Überbrückungshilfen des Bundes für die von der Corona-Virus-Pandemie (SARS-CoV-2) geschädigten Unternehmen und Soloselbstständigen („Corona-Soforthilfen insbesondere für kleine Unternehmen und Soloselbständige“), Bekanntmachung vom 03.04.2020, BayMBl. Nr. 175, abrufbar unter https://www.gesetzebayern .de/Content/Document/BayVV_7071_W_11069/true?AspxAutoDetectCookieSupport=1; vgl. auch Burgert, Staatliche Beihilfen im Rahmen der Coronakrise im Lichte des Subventionsbetrugs – Teil 1, StraFo 5/2020, 181, 182, 184. 27 Vgl. Hoven/Hahn, Strafrechtliche Fragen im Zusammenhang mit der Covid-19-Pandemie, JA 2020, 481, 487, wobei aber von einer „Unterstützung von Unternehmen“ die Rede ist. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 7 - 3000 - 087/20 Seite 8 des Staates im Nachhinein wegen unrichtiger Angaben wieder zurückgezahlt werden müssen, schließt dies einen Vermögensschaden nicht aus. Denn maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung der Frage, ob die Vermögensverfügung kompensiert wird, ist derjenige der Vermögensverfügung , sodass eine nachträgliche Schadensbeseitigung unbeachtlich ist.28 4. Computerbetrug Sofern der Antrag auf Gewährung einer „Corona-Soforthilfe“ in einem automatisierten Verfahren bearbeitet wird, kommt eine Strafbarkeit wegen Computerbetrugs nach § 263a Abs. 1 Var. 2 StGB in Betracht. Nach § 263a Abs. 1 Var. 2 StGB wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft, wer in der Absicht, sich oder einem Dritten einen rechtswidrigen Vermögensvorteil zu verschaffen, das Vermögen eines anderen dadurch beschädigt, dass er das Ergebnis eines Datenverarbeitungsvorgangs durch Verwendung unrichtiger oder unvollständiger Daten beeinflusst . Unrichtige oder unvollständige Daten werden im Sinne des § 263a StGB verwendet, wenn sie in den Verarbeitungsvorgang eingeführt werden.29 Das Verwenden dieser Daten muss für das Ergebnis des Datenverarbeitungsvorgangs zumindest mitursächlich sein.30 Für eine Beeinflussung des Ergebnisses des Datenverarbeitungsvorgangs ist es erforderlich, „dass die Manipulation des Vorgangs unmittelbar eine vermögensrelevante Disposition des Computers verursacht“.31 Der Betreiber der Datenverarbeitungsanlage als „Verfügender“ muss nicht mit dem Inhaber des zu schädigenden Vermögens identisch sein.32 Wie bei § 263 StGB reicht wohl ein besonderes Näheverhältnis zu dem geschädigten Vermögen aus.33 Soweit Betreiber der Datenverarbeitungsanlage ein Land und Inhaber des zu schädigenden Vermögens der Bund ist, liegt ein solches Näheverhältnis vor. Zur Begründung wird auf Gliederungspunkt 3. des Sachstands verwiesen. 28 Hefendehl, in: Joecks/Miebach (Hrsg.), Münchener Kommentar zum StGB, 3. Auflage 2019, § 263 Rn. 528, 541, 595; BGH, Urteil vom 21.04.2016, Az. 1 StR 456/15, NStZ 2016, 674, 675. 29 Schmidt, in: von Heintschel-Heinegg (Hrsg.), Beck`scher Online-Kommentar StGB, 46. Edition, Stand: 01.05.2020, § 263a Rn 14. 30 Fischer, Strafgesetzbuch mit Nebengesetzen, 67. Auflage 2020, § 263a Rn. 20. 31 Fischer, Strafgesetzbuch mit Nebengesetzen, 67. Auflage 2020, § 263a Rn. 20 mit Verweis auf OLG Hamm, Beschluss vom 09.03.2006, Az. 1 Ss 58/06, NJW 2006, 2341. 32 Fischer, Strafgesetzbuch mit Nebengesetzen, 67. Auflage 2020, § 263a Rn. 21; Schmidt, in: von Heintschel- Heinegg (Hrsg.), Beck`scher Online-Kommentar StGB, 46. Edition, Stand: 01.05.2020, § 263a Rn. 40; BGH, Beschluss vom 22.01.2013, Az. 1 StR 416/12, NJW 2013, 2608, 2610, 2611 Rn. 34. 33 Fischer, Strafgesetzbuch mit Nebengesetzen, 67. Auflage 2020, § 263a Rn. 21. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 7 - 3000 - 087/20 Seite 9 Die Vermögensminderung muss nach der Rechtsprechung unmittelbar, also ohne eine weitere Handlung des Täters, Opfers oder eines Dritten durch den Datenverarbeitungsvorgang selbst eintreten .34 In der Literatur wird vertreten, dass diese Voraussetzung bei einem digitalen Antrag auf Gewährung einer „Corona-Soforthilfe“ nicht vorläge.35 Denn die Vermögensminderung sei keine unmittelbare Folge des Datenverarbeitungsvorgangs, wenn der Antrag zunächst geprüft und die Auszahlung erst im Anschluss veranlasst werde.36 Bei einem vollständig automatisierten Bewilligungsverfahren , in dem nach dem Datenverarbeitungsvorgang keine eigenständige Prüfung durch einen Menschen erfolgt, dürfte dies jedoch wohl anders zu bewerten sein. Die Unmittelbarkeit der Vermögensminderung kann zu bejahen sein, sofern „das Ergebnis des von dem Täter manipulierten Datenverarbeitungsvorgangs ohne eigene Entscheidungsbefugnis und ohne inhaltliche Kontrolle von einer Person lediglich umgesetzt wird“.37 Teilweise wird vertreten, dass § 263a StGB bei einer stichprobenartigen Inhaltskontrolle nur dann ausscheide, wenn eine Überprüfung des konkreten, vom Täter manipulierten Datenverarbeitungsvorgang erfolge.38 Der Vermögensschaden muss unmittelbare Folge des Ergebnisses des Datenverarbeitungsvorgangs sein.39 5. Falsche Versicherung an Eides Statt Soweit in dem jeweiligen Bundesland vorgeschrieben ist, dass der Antragsteller die Richtigkeit seiner Angaben eidesstattlich versichert, kommt eine Strafbarkeit wegen falscher Versicherung an Eides Statt nach § 156 StGB in Betracht.40 Nach § 156 StGB wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft, wer vor einer zur Abnahme einer Versicherung an Eides Statt zuständigen Behörde eine solche Versicherung falsch abgibt oder unter Berufung auf eine solche Versicherung falsch aussagt. § 161 Abs. 1 StGB stellt auch die fahrlässige falsche Versicherung an Eides Statt unter Strafe. §§ 156, 161 Abs. 1 StGB setzen voraus, dass die falsche Versicherung vor einer Behörde abgegeben wird, die allgemein für die Abnahme eidesstattlicher Versicherungen zuständig ist und die die Versicherung an Eides Statt auch in der konkreten Verfahrenssituation entgegennehmen darf.41 Ob die Bewilligungsstellen der Länder im Verfahren zur Gewährung einer „Corona-Sofort- 34 BGH, Beschluss vom 12.11.2015, Az. 2 StR 197/15, Rn. 18, juris. 35 Hoven/Hahn, Strafrechtliche Fragen im Zusammenhang mit der Covid-19-Pandemie, JA 2020, 481, 487. 36 Hoven/Hahn, Strafrechtliche Fragen im Zusammenhang mit der Covid-19-Pandemie, JA 2020, 481, 487. 37 BGH, Beschluss vom 28.05.2013, Az. 3 StR 80/13, Rn. 9, juris. 38 Kindhäuser, in: Kindhäuser/Neumann/Paeffgen (Hrsg.), Strafgesetzbuch, 5. Auflage 2017, § 263a Rn. 35. 39 Fischer, Strafgesetzbuch mit Nebengesetzen, 67. Auflage 2020, § 263a Rn. 22. 40 Hoven/Hahn, Strafrechtliche Fragen im Zusammenhang mit der Covid-19-Pandemie, JA 2020, 481 (Fußnote 76). 41 Kudlich, in: von Heintschel-Heinegg (Hrsg.), Beck’scher Online-Kommentar StGB, 46. Edition, Stand: 01.05.2020, § 156 Rn. 8. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 7 - 3000 - 087/20 Seite 10 hilfe“ in diesem Sinne zuständig sind, richtet sich nach den dem § 27 des Verwaltungsverfahrensgesetzes (VwVfG)42 entsprechenden Regelungen der Verwaltungsverfahrensgesetze der Länder .43 Danach darf die Behörde bei der Ermittlung des Sachverhalts eine Versicherung an Eides Statt nur verlangen und abnehmen, wenn die Abnahme der Versicherung über den betreffenden Gegenstand und in dem betreffenden Verfahren durch Gesetz oder Rechtsverordnung vorgesehen und die Behörde durch Rechtsvorschrift für zuständig erklärt worden ist. Betreffend die Corona- Soforthilfe des Bundes wird in der Literatur teilweise vertreten, dass die zwischen den Ländern und dem Bund getroffene Verwaltungsvereinbarung nicht ausreiche, um Investitionsbanken die Befugnis zur Abnahme von eidesstattlichen Versicherungen zu erteilen.44 Denn diese sei weder Gesetz noch Rechtsverordnung.45 6. Konkurrenzen Nach der Rechtsprechung verdrängt der Subventionsbetrug gemäß § 264 StGB den Betrug nach § 263 StGB.46 § 264 StGB soll gegenüber § 263 StGB als lex specialis konzipiert sein.47 Sind die Tatbestandsvoraussetzungen des § 264 StGB aber nicht erfüllt (etwa infolge unzureichender Bezeichnung der subventionserheblichen Tatsachen gemäß § 264 Abs. 9 Nr. 1 StGB), so ist § 263 StGB anwendbar.48 Der Subventionsbetrug ist auch im Falle eines Zusammentreffens mit dem Computerbetrug nach § 263a StGB gegenüber diesem vorrangig.49 42 Verwaltungsverfahrensgesetz in der Fassung der Bekanntmachung vom 23. Januar 2003 (BGBl. I S. 102), das zuletzt durch Artikel 5 Absatz 25 des Gesetzes vom 21. Juni 2019 (BGBl. I S. 846) geändert worden ist. 43 Vgl. beispielsweise Art. 27 des Bayerischen Verwaltungsverfahrensgesetzes (BayVwVfG) in der in der Bayerischen Rechtssammlung (BayRS 2010-1-I) veröffentlichten bereinigten Fassung, das zuletzt durch Art. 9a Abs. 1 des Gesetzes vom 25. März 2020 (GVBl. S. 174) geändert worden ist. 44 Trompke/Wortmann, Strafrechtliche Gefahren bei der Beantragung von Corona-Soforthilfen des Bundes, COVuR 2020, 401, 405. 45 Trompke/Wortmann, Strafrechtliche Gefahren bei der Beantragung von Corona-Soforthilfen des Bundes, COVuR 2020, 401, 405. 46 BGH, Beschluss vom 01.02.2007, Az. 5 StR 467/06, NStZ 2007, 578, 579. 47 Momsen/Laudien, in: von Heintschel-Heinegg (Hrsg.), Beck`scher Online-Kommentar StGB, 46. Edition, Stand: 01.05.2020, § 264 Rn. 56. 48 BGH, Beschluss vom 01.02.2007, Az. 5 StR 467/06, NStZ 2007, 578, 579; Fischer, Strafgesetzbuch mit Nebengesetzen , 67. Auflage 2020, § 264 Rn. 54a. 49 Kindhäuser, in: Kindhäuser/Neumann/Paeffgen (Hrsg.), Strafgesetzbuch, 5. Auflage 2017, § 263a Rn. 63. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 7 - 3000 - 087/20 Seite 11 Das Verhältnis von § 263 StGB zu § 263a StGB ist umstritten. Teilweise wird angenommen, dass § 263 StGB gegenüber § 263a StGB im Falle einer Vollendung beider Delikte als subsidiär zurücktritt .50 Teilweise wird vertreten, beide Delikte schlössen sich tatbestandlich aus, wenn derselbe Schaden sowohl durch die Manipulationsweisen des § 263a StGB als auch durch Täuschung bewirkt werde.51 7. Fazit Wenn bei der Antragstellung für die „Corona-Soforthilfen“ unzutreffende Angaben gemacht wurden , kann dies grundsätzlich eine Strafbarkeit, insbesondere wegen Subventionsbetrugs gemäß § 264 Abs. 1 Nr. 1 StGB, nach sich ziehen. Falls keine Angaben über subventionserhebliche Tatsachen gemäß § 264 Abs. 9 StGB vorliegen, kommt stattdessen eine Strafbarkeit wegen Betrugs gemäß § 263 StGB oder – bei einem vollständig automatisierten Antragsverfahren – wegen Computerbetrugs gemäß § 263a StGB in Betracht. Der Strafbarkeit steht es wohl nicht entgegen, wenn für den Bundes- und den Landeszuschuss ein einheitlicher Antrag gestellt werden konnte oder wenn die gewährten Mittel für private Lebenshaltungskosten verwendet werden dürfen. Daneben kann eine Strafbarkeit wegen einer falschen Versicherung an Eides Statt treten, soweit in dem jeweiligen Bundesland eine eidesstattliche Versicherung über die Richtigkeit der gemachten Angaben gefordert wird. *** 50 Schmidt, in: von Heintschel-Heinegg (Hrsg.), Beck`scher Online-Kommentar StGB, 46. Edition, Stand: 01.05.2020, § 263a Rn. 53. 51 Fischer, Strafgesetzbuch mit Nebengesetzen, 67. Auflage 2020, § 263a Rn. 38.