© 2020 Deutscher Bundestag WD 7 - 3000 - 084/20 Die Auswirkung der Grundfläche von Einzelhandelsbetrieben auf deren baurechtliche Genehmigungsfähigkeit im unbeplanten Außenbereich Sachstand Wissenschaftliche Dienste Die Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestages unterstützen die Mitglieder des Deutschen Bundestages bei ihrer mandatsbezogenen Tätigkeit. Ihre Arbeiten geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Arbeiten der Wissenschaftlichen Dienste geben nur den zum Zeitpunkt der Erstellung des Textes aktuellen Stand wieder und stellen eine individuelle Auftragsarbeit für einen Abgeordneten des Bundestages dar. Die Arbeiten können der Geheimschutzordnung des Bundestages unterliegende, geschützte oder andere nicht zur Veröffentlichung geeignete Informationen enthalten. Eine beabsichtigte Weitergabe oder Veröffentlichung ist vorab dem jeweiligen Fachbereich anzuzeigen und nur mit Angabe der Quelle zulässig. Der Fachbereich berät über die dabei zu berücksichtigenden Fragen. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 7 - 3000 - 084/20 Seite 2 Die Auswirkung der Grundfläche von Einzelhandelsbetrieben auf deren baurechtliche Genehmigungsfähigkeit im unbeplanten Außenbereich Aktenzeichen: WD 7 - 3000 - 084/20 Abschluss der Arbeit: 10. Juli 2020 Fachbereich: Fachbereich WD 7: Zivil-, Straf- und Verfahrensrecht, Bau und Stadtentwicklung Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 7 - 3000 - 084/20 Seite 3 Inhaltsverzeichnis 1. Einleitung 4 2. Grundzüge des Baurechts 4 2.1. Bauordnungsrecht 4 2.2. Bauplanungsrecht 5 3. Mögliche Auswirkungen auf die Erteilung von Baugenehmigungen im Außenbereich 6 3.1. Bauordnungsrecht 6 3.2. Bauplanungsrecht 6 4. Fazit 10 Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 7 - 3000 - 084/20 Seite 4 1. Einleitung Den Wissenschaftlichen Diensten des Deutschen Bundestages wurde die Frage gestellt, welche Auswirkungen der Umfang der geplanten Grundfläche eines zu errichtenden Einzelhandelsbetriebs auf die Erteilung einer Baugenehmigung im unbeplanten Außenbereich haben kann. Der Darstellung sind einige Vorbemerkungen vorangestellt (2.), die das Verständnis der Beantwortung der Fragestellung im engeren Sinn (3.) erleichtern. 2. Grundzüge des Baurechts Das deutsche Baurecht ist nicht einheitlich geregelt, sondern setzt sich aus verschiedensten landes - und bundesrechtlichen, gesetzlichen und untergesetzlichen Normierungen zusammen. Auch das Rechtsgefüge um die Erteilung einer Baugenehmigung ergibt sich sowohl aus Bundes- als auch Landesrecht: Die verschiedenen Landesbauordnungen regeln primär das Verwaltungsverfahren rund um die Baugenehmigung, die durch die jeweils zuständige Bauaufsichtsbehörde der Bundesländer erteilt wird.1 Allerdings enthalten sie auch von Bauherren einzuhaltende sicherheitsrechtliche und technische Bestimmungen rund um das Bauwerk (z.B. Abstandsflächen, Brandschutz, Bauprodukte etc.).2 Dies bezeichnet man auch als Bauordnungsrecht.3 Das bundeseinheitlich geregelte Bauplanungsrecht bestimmt hingegen die bauliche Nutzbarkeit von Grundstücken in Bezug auf ihre Einfindung in der Umgebung.4 Das wohl wichtigste und grundlegendste Regelungswerk5 im Bauplanungsrecht ist das Baugesetzbuch (BauGB).6 Je nach Bauvorhaben können jedoch auch andere bundesrechtliche Gesetze und Verordnungen aus beispielsweise dem Immissionsschutz- oder Naturschutzrecht eine Rolle spielen. 2.1. Bauordnungsrecht Die Intensität der Prüfung des Bauordnungsrechts im Baugenehmigungsverfahren hängt von der spezifischen landesrechtlichen Ausgestaltung ab, deren einzelne Erläuterung allerdings nicht zu den Aufgaben der Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestages zählt. Grundlegend 1 Weber, in: Creifelds, Rechtswörterbuch, 24. Edition 2020, Stichwort: „Baubehörden“. 2 Ebenda, Stichwort: „Bauordnungsrecht“. 3 Ebenda. 4 Ebenda, Stichwort: „Bauplanungsrecht“. 5 Ebenda. 6 Baugesetzbuch (BauGB) in der Fassung der Bekanntmachung vom 3. November 2017 (BGBl. 2017 I, S. 3634), zuletzt geändert durch Art. 6 Gesetz zum Schutz der Bevölkerung bei einer epidemischen Lage von nationaler Tragweite vom 27. März 2020 (BGBl. 2020 I, S. 587), abrufbar unter: https://www.gesetze-im-internet.de/bbaug/ (letzter Abruf dieser und aller weiteren Internetquellen: 10. Juli 2020). Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 7 - 3000 - 084/20 Seite 5 kann aber festgehalten werden, dass viele Bundesländer zur Verfahrensbeschleunigung und Verwaltungsentlastung 7 für den Großteil der Bauvorhaben ein vereinfachtes Baugenehmigungsverfahren 8 eingeführt haben, bei dem die Prüfung von bauordnungsrechtlichen Vorschriften in unterschiedlichem Maße unterbleibt.9 Lediglich bei Vorhaben, die eine bestimmte Größe überschreiten beziehungsweise sonstige spezielle Eigenschaften aufweisen (in den Bauordnungen oft als Sonderbauten bezeichnet),10 ist dann ebenfalls eine umfassende bauordnungsrechtliche Prüfung vor Erteilung einer Baugenehmigung durchzuführen. 2.2. Bauplanungsrecht Grundsätzlich ist jedes Bauvorhaben – soweit die Landesbauordnungen hierfür die Notwendigkeit einer Baugenehmigung vorsehen – durch die Landesbaubehörden auf dessen Vereinbarkeit mit bauplanungsrechtlichen Vorschriften zu prüfen.11 Eine wesentliche Determinante für den diesbezüglichen Prüfungsumfang und somit Genehmigungsfähigkeit stellt die räumliche Lage des Grundstücks dar, ob es etwa im Geltungsbereich eines von der örtlichen Gemeinde aufgestellten Bebauungsplan liegt,12 oder im sogenannten unbeplanten Innen-13 oder Außenbereich.14 Der den Außenbereich regelnde § 35 BauGB stellt eine zentrale Umweltschutznorm im Bauplanungsrecht dar.15 Er soll Bereiche, die nicht bereits in einem Ortsteil im Zusammenhang bebaut sind, weitgehend vor Bebauung schützen.16 Die Norm zählt allerdings sogenannte privilegierte Vorhaben – vor allem aus dem Landwirtschafts- und Energiesektor – auf, die zulässig sind, wenn öffentliche Belange nicht entgegenstehen und die ausreichende Erschließung gesichert ist.17 7 Anders, Der Umfang der Rechtmäßigkeitsprüfung im Baugenehmigungsverfahren, JuS 2015, S. 604, 605. 8 Vergleiche beispielsweise § 64 Abs. 1 Bauordnung für das Land Nordrhein-Westfalen (Landesbauordnung 2018 – BauO NRW 2018), abrufbar unter: https://recht.nrw.de/lmi/owa/br_bes_detail?sg=0&menu=1&bes_id=39224&anw_nr=2&aufgehoben=N&det_id=4 50917. 9 Das bedeutet freilich nicht, dass die Bauvorhaben nicht mehr die verschiedenen bauordnungsrechtlichen Anforderungen erfüllen müssten. Die Bauaufsichtsbehörde kann bei Verstößen etwa repressive Maßnahmen in Bezug auf das Vorhaben treffen, vergleiche z.B. §§ 81 f. BauO NRW 2018. 10 Im Land Nordrhein-Westfalen ist das umfassende Baugenehmigungsverfahren (§ 65 BauO NRW 2018) etwa bei „großen Sonderbauten“ gemäß § 50 Abs. 2 BauO NRW 2018 durchzuführen. 11 Weber, in: Creifelds, Rechtswörterbuch, 24. Edition 2020, Stichwort: „Bauplanungsrecht“. 12 §§ 1 Abs. 3, 30 ff. BauGB. 13 § 34 BauGB. 14 § 35 BauGB. 15 Söfker, in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, Baugesetzbuch, Werkstand: 137. Ergänzungslieferung (Februar 2020), § 35 BauGB, Randnummer 13. 16 Ebenda. 17 § 35 Abs. 1 BauGB. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 7 - 3000 - 084/20 Seite 6 Sonstige Vorhaben können nur im Einzelfall zugelassen werden, wenn ihre Ausführung oder Benutzung öffentliche Belange nicht beeinträchtigt und die Erschließung gesichert ist.18 Die öffentlichen Belange werden ebenfalls im Gesetz nicht abschließend benannt.19 Erleichterungen sieht das Gesetz ohne Weiteres nur in engen Grenzen für die Neuerrichtung bereits zuvor bestehender Gebäude vor („erweiterter Bestandsschutz“).20 3. Mögliche Auswirkungen auf die Erteilung von Baugenehmigungen im Außenbereich 3.1. Bauordnungsrecht Wie bereits mitgeteilt, können die Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestages keine näheren Informationen zu den Rechtsordnungen der Bundesländer erteilen. Übergreifend kann jedoch festgehalten werden, dass die geplante Grundfläche eines Einzelhandelsbetriebes Auswirkungen auf das unter 2.1. skizzierte Baugenehmigungsverfahren in einigen Ländern haben kann. Konkret kann es sein, dass bei Überschreitung einer bestimmten, in vielen Landesbauordnungen näher definierten Fläche,21 ein Bauvorhaben als Sonderbau oder Ähnliches zu klassifizieren ist. Dies vermag die Durchführung eines vereinfachten Baugenehmigungsverfahrens zu versperren.22 Hierbei bleibt jedoch zu betonen, dass allgemeingültige Aussagen diesbezüglich in letzter Konsequenz nicht getroffen werden können. Hierfür ist das jeweils geltende Landesrecht in Bezug auf den Einzelfall zu untersuchen. Gleiches gilt für die bauordnungsrechtliche Bautechnik und -gestaltung . 3.2. Bauplanungsrecht Das Bauplanungsrecht sieht keine normierten starren Grenzen in Bezug auf die Grundfläche von Einzelhandelsbetrieben zur Beurteilung von deren Zulässigkeit vor. Somit gibt es auch keine gesetzlichen Vorgaben für den Außenbereich. Die Überschreitung einer bestimmten Quadratmeterzahl kann jedoch indirekt Relevanz entfalten. Im Einzelnen: Ausgehend von den allgemeinen Überlegungen unter 2.2., dass in der Regel keine (unbeplante) Bebauung im Außenbereich erfolgen soll, ist die Errichtung von Einzelhandelsbetrieben im Außenbereich nur stark eingeschränkt möglich. Einzelhandelsbetriebe stellen keine privilegierten 18 § 35 Abs. 2 BauGB. 19 § 35 Abs. 3 BauGB. 20 Vergleiche im Einzelnen § 35 Abs. 4 BauGB. Zum zitierten Begriff: Bundesverwaltungsgericht (BVerwG), Urteil vom 12. März 1998 – 4 C 10/97 –, Randnummer 28 (zitiert nach juris). 21 Beispielsweise Grundfläche, Geschossfläche, Verkaufsfläche etc. 22 So sind z.B. gemäß § 50 Abs. 2 BauO NRW 2018 Verkaufsstätten, deren Verkaufsräume und Ladenstraßen eine Grundfläche von insgesamt mehr als 2 000 m² haben, „große Sonderbauten“, die dem umfassenden Baugenehmigungsverfahren unterliegen (siehe bereits Fußnote 10). Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 7 - 3000 - 084/20 Seite 7 Vorhaben gemäß § 35 Abs. 1 BauGB dar.23 Im Einzelfall erscheint lediglich eine Errichtung als Nebenbetrieb im Rahmen eines privilegierten Vorhabens, etwa eines landwirtschaftlichen Betriebes ,24 nicht von vornherein ausgeschlossen (Beispiel: Hofladen).25 Insofern können derartige Vorhaben nur im Einzelfall zugelassen werden, wenn vor allem ihre Ausführung oder Benutzung öffentliche Belange nicht beeinträchtigt.26 Das Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) hat im Rahmen einer Grundsatzentscheidung festgehalten, dass das Erfordernis einer förmlichen (Bauleit-)Planung ein solch – ungeschriebener – beeinträchtigter öffentlicher Belang sein kann.27 Dies schütze vor allem die (aus der Verfassung abgeleitete)28 Planungshoheit der unmittelbar betroffenen örtlichen Gemeinde als auch der unter Umständen mittelbar betroffenen 29 Nachbargemeinden.30 Wann ein Planungserfordernis bestehe, hänge im Wesentlichen vom Umfang des Vorhabens ab.31 Zur Beantwortung der Frage, wann der Umfang eines Vorhabens das Erfordernis einer Planungsbedürftigkeit und somit einer Nichtzulässigkeit im unbeplanten Außenbereich erreicht, bedient sich das BVerwG unter anderem der unter § 11 Abs. 3 Baunutzungsverordnung (BauNVO)32 fallenden Begriffe der großflächigen Einzelhandelsbetriebe und sonstigen großflächigen Handelsbetriebe mit Verkauf an Letztverbraucher.33 23 Kassow/Lee, Die (fehlende) Bedeutung von Einzelhandelskonzepten im Rahmen des § 34 BauGB, Neue Zeitschrift für Verwaltungsrecht (NVwZ) 2013, S. 969, 970; Schmitz/Federwisch, Einzelhandelsbetriebe in der Raum- und Bauleitplanung, 2. Auflage 2019, Randnummer 555. 24 § 35 Abs. 1 Nr. 1 BauGB. 25 Schmitz/Federwisch, Einzelhandelsbetriebe in der Raum- und Bauleitplanung, 2. Auflage 2019, Randnummer 555 mit weiterem Nachweis. 26 § 35 Abs. 2 f. BauGB. 27 BVerwG, Urteil vom 01. August 2002 – 4 C 5/01 –, Randnummer 16 (zitiert nach juris); bestätigt in: BVerwG, Beschluss vom 22. Dezember 2009 – 4 B 25/09 –, (zitiert nach juris). 28 Vergleiche bei näherem Interesse: Mehde, in: Maunz/Dürig, Grundgesetz-Kommentar, Werkstand: 90. Ergänzungslieferung (Februar 2020), Art. 28 Abs. 2, Randnummern 59 ff. 29 Praxisbeispiele für mittelbare Auswirkungen sind etwa Kaufkraftabflüsse oder die Veränderung des Verkehrsaufkommens . 30 BVerwG (Fußnote 27), Randnummern 18, 20 ff. Siehe hierzu auch das interkommunale Abstimmungsgebot von Bauleitplänen benachbarter Gemeinden, § 2 Abs. 2 BauGB. 31 Ebenda, Randnummer 19. 32 Verordnung über die bauliche Nutzung der Grundstücke (Baunutzungsverordnung – BauNVO) in der Fassung der Bekanntmachung vom 21. November 2017 (BGBl. 2017 I, S. 3786), abrufbar unter: https://www.gesetze-iminternet .de/baunvo/. 33 BVerwG (Fußnote 27), Randnummern 24 ff. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 7 - 3000 - 084/20 Seite 8 Wann ein Einzelhandelsbetrieb unter diesen Paragraphen zu fassen ist, ist in Gesetz und Rechtsprechung wiederum näher ausgestaltet: Das BVerwG vertritt zur Voraussetzung der Großflächigkeit eine starre Mindestverkaufsfläche von 800 m² eines Einzelhandelsbetriebs.34 Was hierbei genau zur Verkaufsfläche zählt, war bereits Gegenstand zahlreicher verwaltungsgerichtlicher Entscheidungen .35 Besondere Praxisprobleme werfen hierbei sogenannte Agglomerationen mehrerer Einzelhandelsbetriebe auf.36 Die Überschreitung von 800 m² Verkaufsfläche für großflächige (Einzel-)Handelsbetriebe zieht indes nicht automatisch die Ansiedlung in einem Kern- oder Sondergebiet nach sich. Weitere Voraussetzung ist, dass sie sich zusätzlich im Einzelfall nach Art, Lage oder Umfang auf die Verwirklichung der Ziele der Raumordnung und Landesplanung oder auf die städtebauliche Entwicklung und Ordnung nicht nur unwesentlich auswirken können.37 Solche Auswirkungen sind insbesondere:38 Schädliche Umwelteinwirkungen im Sinne von § 3 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes (BImSchG)39 Auswirkungen auf die infrastrukturelle Ausstattung Auswirkungen auf den Verkehr Auswirkungen auf die Versorgung der Bevölkerung im Einzugsbereich der Betriebe Auswirkungen auf die Entwicklung zentraler Versorgungsbereiche in der Gemeinde oder in anderen Gemeinden Auswirkungen auf das Orts- und Landschaftsbild Auswirkungen auf den Naturhaushalt. 34 BVerwG, Urteile vom 24. November 2005, – 4 C 10/04 [und 4 C 14/04] –, Randnummer 15 [Randnummer 13] (jeweils zitiert nach juris). 35 Übersicht bei: Söfker, in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, Baugesetzbuch, Werkstand: 137. Ergänzungslieferung (Februar 2020), § 11 BauNVO, Randnummer 53d. 36 Im Gegensatz zu Einkaufszentren treten Einzelhandelsbetriebe aus Sicht der Kunden nicht als aufeinander bezogen und durch ein gemeinsames Konzept sowie durch Kooperation miteinander verbunden in Erscheinung (Köpfler, in Beck’scher Online-Kommentar BauNVO, 21. Edition (15. März 2020), § 11, Randnummer 46). Das BVerwG (Urteil vom 24. November 2005, – 4 C 14/04 –, Randnummern 20 f. (zitiert nach juris)) differenziert zur Abgrenzung mehrerer Einzelhandelsbetriebe voneinander zusammengefasst nach baulichen und betrieblichfunktionellen Gesichtspunkten. 37 § 11 Abs. 3 Satz 2 BauNVO. 38 Ebenda. 39 Gesetz zum Schutz vor schädlichen Umwelteinwirkungen durch Luftverunreinigungen, Geräusche, Erschütterungen und ähnliche Vorgänge (Bundes-Immissionsschutzgesetz – BImSchG) in der Fassung der Bekanntmachung vom 17. Mai 2013 (BGBl. 2013 I, S. 1274), zuletzt geändert durch Art. 103 Elfte Zuständigkeitsanpassungsverordnung vom 19. Juni 2020 (BGBl. 2020 I, S. 132), abrufbar unter: https://www.gesetze-im-internet.de/bimschg/. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 7 - 3000 - 084/20 Seite 9 Die BauNVO stellt weiter die Regelvermutung auf, dass solche Auswirkungen gegeben sind, falls die Geschossfläche 1 200 m² überschreitet.40 Diese Vermutung gilt jedoch nicht absolut, sondern es ist stets der Einzelfall zu betrachten. Die Beurteilung hat vor allem zu berücksichtigen:41 Die Gliederung und Größe der Gemeinde und ihrer Ortsteile Die Sicherung der verbrauchernahen Versorgung der Bevölkerung Das Warenangebot des Betriebs. Auch zur konkreten Ausgestaltung der gebotenen Einzelfallprüfung existiert eine Vielzahl verwaltungsgerichtlicher Entscheidungen.42 Zur näheren Steuerung von Verwaltungsentscheidungen haben verschiedene Bundesländer sogenannte Einzelhandelserlasse in Kraft gesetzt.43 Hierbei handelt es sich um Verwaltungsvorschriften .44 Als untergesetzliche, interne Bestimmungen leiten sie auszuübendes Ermessen, definieren unbestimmte Rechtsbegriffe verbindlich, oder geben sonstige Handlungsanleitungen und Erläuterungen . Der Einzelhandelserlass Nordrhein-Westfalens beispielsweise enthält weitere Vorgaben zu den vorstehend erwähnten, von der Verwaltung zu treffenden Einzelfallentscheidungen.45 Zur grundsätzlichen Zulässigkeit von Einzelhandel im unbeplanten Außenbereich bezieht er sich ebenfalls auf die zitierte BVerwG-Rechtsprechung zum Planungserfordernis.46 Aus einem Nichtunterfallen eines Einzelhandelsvorhabens unter § 11 Abs. 3 BauNVO kann jedoch nicht zwingend der Umkehrschluss gezogen werden, dass kein Planungsbedürfnis bestehe und dieses deswegen im Außenbereich zulässig sei.47 Neben dem Planungserfordernis sind unter 40 § 11 Abs. 3 Satz 3 BauNVO. 41 § 11 Abs. 3 Satz 4 Halbsatz 2 BauNVO. 42 Überblick etwa bei: Stock, in: König/Roeser/Stock, BauNVO, 4. Auflage 2019, § 11, Randnummern 57 ff. 43 Etwa die Länder Baden-Württemberg (https://wm.baden-wuerttemberg.de/de/bauen/baurecht/erlasse-und-vorschriften /), Berlin (https://www.hbb-ev.de/files/pdf/glossar/av_einzelhandel_berlin-2014.pdf), Brandenburg (https://www.hbb-ev.de/files/pdf/glossar/einzelhandelserlass_brandenburg_2014.pdf), Hessen (https://landesplanung .hessen.de/sites/landesplanung.hessen.de/files/content-downloads/erlass_grossflEinzelhandel _Bau_und_Landesplanungsrecht.pdf) und Nordrhein-Westfalen (https://www.mhkbg.nrw/sites/default/files /media/document/file/Einzelhandelserlass_NRW.pdf). 44 Schröer/Kullick, Feinsteuerung durch Einzelhandelserlasse, Neue Zeitschrift für Baurecht und Vergaberecht (NZBau) 2011, S. 606. 45 Einzelhandelserlass Nordrhein-Westfalen (Fußnote 43), S. 10 ff. 46 Ebenda, S. 48 f. 47 Oberverwaltungsgericht des Landes Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 12. Januar 2010 – 2 L 54/09 –, Randnummer 16 (zitiert nach juris). Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 7 - 3000 - 084/20 Seite 10 Umständen bei Einzelhandelsvorhaben auch andere beeinträchtigungsfähige Belange wie die natürliche Eigenart der Landschaft,48 das Entstehen einer Splittersiedlung49 oder entgegenstehende städtebauliche Konzepte in den Blick zu nehmen.50 Erforderlich ist stets eine Prüfung anhand der Umstände des Einzelfalls. 4. Fazit Die Untersuchung zeigt, dass sich die Grundfläche von Einzelhandelsbetrieben sowohl im Bauordnungs - als auch im Bauplanungsrecht auswirken kann. Die Auswirkungen bleiben insbesondere im Bauplanungsrecht jedoch mittelbar, indem sie die Erfüllung bestimmter Rechtsfolgen für Baugenehmigungsentscheidungen zwar nahelegen, jedoch nicht vollständig vorgeben. Eine definitive Beurteilung kann stets nur mittels einer Einzelfallprüfung erfolgen. *** 48 § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 BauGB. 49 § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 7 BauGB. 50 Vergleich etwa: Bayerischer Verwaltungsgerichtshof, Beschluss vom 16. Oktober 2007 – 1 CS 07.1848 –, Randnummer 36 (zitiert nach juris); Oberverwaltungsgericht für das Land Mecklenburg-Vorpommern, Urteil vom 17. April 2007 – 3 L 27/04 –, Randnummer 49 (zitiert nach juris).