Zur Zulässigkeit einer Veröffentlichung von Fotografien anlässlich des Besuches einer Schulklasse bei einem Bundestagsabgeordneten und anlässlich des Besuches eines Bundestagsabgeordneten in einer Schule - Ausarbeitung - © 2006 Deutscher Bundestag WF VII G - 082/06 Wissenschaftliche Dienste des Deutschen Bundestages Verfasser: Zur Zulässigkeit einer Veröffentlichung von Fotografien anlässlich des Besuches einer Schulklasse bei einem Bundestagsabgeordneten und anlässlich des Besuches eines Bundestagsabgeordneten in einer Schule Ausarbeitung WF VII G - 082/06 Abschluss der Arbeit: 06.04.2006 Fachbereich VII: Zivil-, Straf- und Verfahrensrecht, Umweltschutzrecht, Verkehr, Bau- und Stadtentwicklung Telefon: Ausarbeitungen und andere Informationsangebote der Wissenschaftlichen Dienste geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Die Arbeiten der Wissenschaftlichen Dienste sind dazu bestimmt, Mitglieder des Deutschen Bundestages bei der Wahrnehmung des Mandats zu unterstützen. Der Deutsche Bundestag behält sich die Rechte der Veröffentlichung und Verbreitung vor. Diese bedürfen der Zustimmung des Direktors beim Deutschen Bundestag. Inhalt 1. Einleitung 3 2. Gruppenfotos beim Besuch eines Bundestagsabgeordneten in Berlin 4 2.1. Verstoß gegen die Verwaltungsvorschrift des badenwürttembergischen Kultusministeriums vom 2. August 2005? 4 2.2. Verstoß gegen §§ 22 ff. Kunsturhebergesetz? 4 2.3. Verstoß gegen das Bundesdatenschutzgesetz? 7 2.4. Verstoß gegen das allgemeine Persönlichkeitsrecht, Art. 1, 2 GG? 7 3. Gruppenfotos in einer Schule im Wahlkreis 8 - 3 - 1. Einleitung Anlässlich des Besuches von Schulklassen bei Bundestagsabgeordneten wird die Besuchergruppe häufig zusammen mit dem Abgeordneten zum Beispiel in der Reichstagskuppel fotografiert. Es stellt sich die Frage, ob und gegebenenfalls unter welchen Voraussetzungen eine Veröffentlichung solcher Fotos auf der Internet-Homepage des Abgeordneten zulässig ist. Anlass für diese Ausarbeitung ist eine Verwaltungsvorschrift des baden-württembergischen Kultusministeriums vom 2. August 2005, die unter der Überschrift „II.2. Die Veröffentlichung personenbezogener Daten von Schülerinnen und Schülern sowie von deren Erziehungsberechtigten“ unter anderem folgende Bestimmungen enthält: (1) Die Veröffentlichung von personenbezogenen Daten von Schülerinnen und Schülern sowie von deren Erziehungsberechtigten (z.B. Namen, Adressen oder Einzel- bzw. Gruppenfotografien von Schülerinnen und Schülern) in Medien wie z.B. Zeitungen oder Zeitschriften oder im Internet ist nur mit der schriftlichen oder elektronischen Einwilligung der jeweils betroffenen Person bzw. Personen zulässig. (2) Bei der Veröffentlichung von Bildnissen (z.B. Einzel- oder Gruppenfotografien von Schülerinnen und Schülern) sind die §§ 22 bis 24 KUG zusätzlich zu berücksichtigen . Gemäß § 22 KUG ist auch hier eine schriftliche Einwilligung der Betroffenen notwendig, wenn nicht die Ausnahmen des § 23 oder des § 24 KUG vorliegen. (3) … (4) Eine wirksame Einwilligung liegt nur dann vor, wenn die Betroffenen, bei nicht einwilligungsfähigen Schülerinnen bzw. Schülern deren Erziehungsberechtigte, zuvor über die Risiken einer solchen Veröffentlichung aufgeklärt wurden. Bei dieser Aufklärung ist darauf hinzuweisen, dass die Verwendung der im Internet veröffentlichten personenbezogenen Daten in keiner Weise einzugrenzen ist, dass auf diese Daten weltweit, auch über Suchmaschinen, zugegriffen werden kann und sie Bestandteil von Datensammlungen von Internetnutzern oder mit Daten aus anderen Zusammenhängen verknüpft werden können. Im zweiten Kapitel wird geprüft, ob die Veröffentlichung von Gruppenfotos anlässlich des Besuches einer Schulklasse bei einem Bundestagsabgeordneten unter anderem gegen §§ 22 ff. Kunsturhebergesetz, gegen das Bundesdatenschutzgesetz oder gegen das allgemeine Persönlichkeitsrecht verstößt. Schließlich wird im dritten Kapitel untersucht, ob sich an der Rechtslage etwas ändert, wenn der Abgeordnete Schulen im Wahlkreis besucht und in diesem Zusammenhang Fotos gemacht werden. - 4 - Zu diesen Fragestellungen können im Rahmen einer Ausarbeitung der Wissenschaftlichen Dienste grundsätzlich keine verbindlichen Rechtsauskünfte im Einzelfall erteilt werden. Vor diesem Hintergrund können nachfolgend lediglich Argumente und Gesichtspunkte dargestellt werden, die für die denkbaren unterschiedlichen Auffassungen angeführt werden können. 2. Gruppenfotos beim Besuch eines Bundestagsabgeordneten in Berlin 2.1. Verstoß gegen die Verwaltungsvorschrift des baden-württembergischen Kultusministeriums vom 2. August 2005? Die Verwaltungsvorschrift des baden-württembergischen Kultusministeriums vom 2. August 2005 ist eine innerdienstliche Weisung an Verwaltungsbehörden des Landes Baden-Württemberg und daher für Bundestagsabgeordnete nicht bindend. Die Verwaltungsvorschrift kann lediglich gegenüber den Schulen Baden-Württembergs verbindliche Anweisungen erteilen. Abgesehen davon wird in Absatz (2) der Verwaltungsvorschrift (siehe oben) lediglich auf die Rechtslage nach den §§ 22 bis 24 Kunsturhebergesetz (KUG)1 Bezug genommen . Das geht insbesondere aus Satz 2 von Absatz (2) hervor, wonach gemäß § 22 KUG eine schriftliche Einwilligung der Betroffenen notwendig ist, wenn nicht die Ausnahmen des § 23 oder des § 24 KUG vorliegen. 2.2. Verstoß gegen §§ 22 ff. Kunsturhebergesetz? Indem sich ein Abgeordneter mit einer Schulklasse auf der Kuppel des Reichstagsgebäudes fotografieren lässt und diese Fotos dann auf seiner Homepage veröffentlicht, könnte er gegen §§ 22 ff. KUG verstoßen. § 22 S. 1 KUG normiert das Recht am eigenen Bild einfachgesetzlich, indem unter anderem das Veröffentlichen von Bildern grundsätzlich unter Einwilligungsvorbehalt des Abgebildeten gestellt wird. Die Einwilligung im Rahmen des § 22 KUG kann zwar grundsätzlich auch konkludent erklärt werden.2 Da es sich bei den Abgebildeten jedoch überwiegend um minderjährige 1 Gesetz betreffend das Urheberrecht an Werken der bildenden Künste und der Photografie vom 9. Januar 1907 (RGBl. S. 7), zuletzt geändert durch Gesetz vom 16. Februar 2001 (BGBl. I S. 266). - 5 - Schüler handelt, wäre auch deren konkludente Einwilligung grundsätzlich unwirksam.3 Nach § 22 KUG wäre vorliegend also eine Einwilligung der Erziehungsberechtigten erforderlich. Deren konkludente Einwilligung kann nicht angenommen werden, da sie in der Regel nicht wissen, dass ein Foto gemacht werden soll. § 23 Abs. 1 KUG enthält zum Schutz der Presse und der Informationsfreiheit der Allgemeinheit vier Ausnahmen vom Einwilligungserfordernis, so unter anderem für Bilder von Versammlungen, Aufzügen und ähnlichen Vorgängen, an denen die dargestellten Personen teilgenommen haben, § 23 Abs. 1 Nr. 3 KUG. Hierbei ist der Begriff der Versammlungen , Aufzüge und ähnlichen Vorgänge weit zu verstehen und umfasst alle Ansammlungen von Menschen, die den kollektiven Willen haben, etwas gemeinsam zu tun.4 Das Zusammenkommen von Besuchergruppen bzw. Schulklassen mit der Absicht, dem Bundestagsabgeordneten einen Besuch abzustatten bzw. das Reichstagsgebäude zu besichtigen, dürfte als eine solche Ansammlung im Sinne des § 23 Abs. 1 Nr. 3 KUG anzusehen sein. Weitere Voraussetzung für die zustimmungsfreie Abbildung und Verwertung von nach § 23 Abs. 1 Nr.3 KUG privilegierten Fotografien ist, dass die Versammlung oder der Aufzug als Vorgang gezeigt wird und dass nicht nur einzelne oder mehrere Individuen abgebildet werden.5 Die Erkennbarkeit des Einzelnen allein schließt das Vorliegen der Voraussetzungen des § 23 Abs. 1 Nr.3 KUG noch nicht aus. Die Ansammlung muss nicht insgesamt gezeigt werden; privilegiert ist bereits ein repräsentativer Ausschnitt.6 Der Vorgang muss darüber hinaus in der Öffentlichkeit stattfinden und von dieser wahrgenommen werden können. Das ist an einer öffentlichen Stelle wie dem Reichstagsgebäude der Fall. Eine öffentliche, wenn auch zahlenmäßig durch den Bundestag begrenzte Zugangsmöglichkeit reicht aus. Demnach dürften Bilder von Besuchergruppen im Reichstagsgebäude regelmäßig unter den Ausnahmetatbestand des § 23 Abs. 1 Nr.3 KUG fallen. 2 vgl. Thomas Dreier/Gernot Schulze, Urheberrechtsgesetz-Kommentar, 2. Aufl. 2006, KUG § 22 Rn.18. 3 vgl. Thomas Dreier/Gernot Schulze, Urheberrechtsgesetz-Kommentar, 2. Aufl. 2006, KUG § 22 Rn.24. 4 vgl. OLG München, Urteil vom 13.11.1987, 21 U 2979/87, NJW 1988, S. 915/916. 5 Thomas Dreier/Gernot Schulze, Urheberrechtsgesetz-Kommentar, 2. Aufl. 2006, KUG § 22 Rn.19; Im letzteren Fall könnte – auch wegen des Zusammenhangs mit dem Reichstagsgebäude – § 23 I Nr. 1 (relative Personen der Zeitgeschichte) bzw. § 23 I Nr. 4 KUG (Bildnisse im Interesse der Kunst) einschlägig sein; vgl. hierzu insbes. OLG Frankfurt/M., Urteil vom 15.6.2004, 11 U 5/04, MMR 2004, S. 683. 6 OLG Hamburg, Urteil vom 13.7.1989, 3 U 30/89, GRUR 1990, S. 35; LG Stuttgart, Urteil vom 12.10.1989, 17 O 478/89, AfP 1989, S. 765. - 6 - Nach § 23 Abs. 2 KUG stehen die Ausnahmen des § 23 Abs. 1 KUG jedoch wiederum unter dem Vorbehalt eines gegenläufigen berechtigten Interesses des Abgebildeten. Es ist also zwischen dem Recht am eigenen Bild als Ausprägung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts einerseits und dem öffentlichen Interesse an der Veröffentlichung entsprechender Bilder andererseits abzuwägen. Dem Recht am eigenen Bild als Ausprägung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts kommt eine besondere Bedeutung zu, wenn es sich bei den fotografierten Personen um Kinder und Jugendliche handelt. Das Recht von Kindern und Jugendlichen auf Entwicklung zur Persönlichkeit umfasst sowohl die Privatsphäre als auch die Entfaltung in öffentlichen Räumen.7 Zur Entfaltung der Persönlichkeit gehört es, sich in der Öffentlichkeit angemessen bewegen zu können. Kindern und Jugendlichen steht ein vor medialer Beobachtung und Kommentierung geschützter Freiraum zur Entwicklung und weiteren Formung ihrer Persönlichkeit zu. Dieser Schutz entfällt nicht etwa schon dann, wenn die mediale Darstellung – wie dies bei Gruppenfotos mit Abgeordneten der Fall ist – durch Wohlwollen geprägt ist.8 Vom Schutz der Persönlichkeitsentwicklung von Kindern und Jugendlichen ist nach dem Bundesverfassungsgericht erfasst, dass sie nicht aus Furcht vor einer späteren Medienberichterstattung und der anhand von Bildern im Internet späteren medialen Zuschreibung von persönlichen Eigenschaften oder Charakterzügen die Öffentlichkeit meiden oder sich in ihr in einer dem Alter nicht angemessenen Weise kontrolliert verhalten. Diese vom Bundesverfassungsgericht angeführte Gefahr der Persönlichkeitsbeeinträchtigung mag für Kinder prominenter Personen bestehen, die sich tagtäglich mit Fotografen und Journalisten konfrontiert sehen. Für Besuchergruppen beim Abgeordneten im Bundestag wird eine derartige Gefahr jedoch regelmäßig nicht gegeben sein. Liefern sich Kinder oder Jugendliche bei besonderen Ereignissen wie einem Besuch im Bundestag den Bedingungen öffentlicher Auftritte aus, ist ihr Persönlichkeitsschutz insoweit relativiert und dem Abgeordneten ist es grundsätzlich nicht verwehrt, über den entsprechenden Auftritt in der Öffentlichkeit anlassbezogen zu berichten.9 Dies kann zum Beispiel durch eine Veröffentlichung von Gruppenfotos auf seiner Homepage geschehen. Auch werden die Schüler nicht mit den Bildern überrumpelt oder bloßgestellt. Es wird ihnen vielmehr die Möglichkeit angeboten, sich mit dem Abgeordneten fotografieren zu lassen. Schüler, die den Bundestag besichtigen, werden zudem meist alt genug sein, um diese Entscheidung selbst zu treffen. Es wird zudem regelmäßig an einem Schutzbe- 7 vgl. BVerfG, Urteil vom 14.02.2005, 1 BvR 1783/02, abgerufen in juris (Intranet); BVerfG, Urteil vom 15.12.1999, 1 BvR 653/96, BVerfGE 101, S. 361/385 f. 8 vgl.hierzu insbes. BVerfG, Urteil vom 15.12.1999, 1 BvR 653/96, BVerfGE 101, S. 361; Noogie C. Kaufmann, Rechtsprechung zum Datenschutz, DuD 2006, 102 (106). 9 vgl. BVerfG, Urteil vom 14.02.2005, 1 BvR 1783/02, abgerufen in juris (Intranet). - 7 - dürfnis fehlen, wenn sich Schüler mit Wissen der eigenen Eltern bewusst der Öffentlichkeit zuwenden. Insofern liefern sie sich nämlich den Bedingungen öffentlicher Auftritte aus. Wer in der Öffentlichkeit an Veranstaltungen teilnimmt, muss damit rechnen, dass er im Zuge des Geschehens abgebildet wird, und seine persönlichkeitsrechtlichen Belange insoweit hintanstellen. Dementsprechend lässt sich schlussfolgern, dass das öffentliche Interesse an der Veröffentlichung entsprechender Bilder das Recht am eigenen Bild als Ausprägung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts grundsätzlich überwiegt. Durch die Veröffentlichung der Bilder dürfte kein berechtigtes Interesse der abgebildeten Besucher verletzt werden. Regelmäßig liegt somit kein Fall des § 23 Abs. 2 KUG vor. Es gilt vielmehr die Ausnahme des § 23 Abs. 1 Nr.3 KUG, wonach eine Einwilligung nicht erforderlich ist. 2.3. Verstoß gegen das Bundesdatenschutzgesetz? Gemäß § 1 Abs. 1 Satz 1 Bundesdatenschutzgesetz (BDSG)10 gehen andere Rechtsvorschriften des Bundes den Vorschriften des BDSG vor, soweit sie auf personenbezogene Daten einschließlich deren Veröffentlichung anzuwenden sind.11 Die Vorschriften des BDSG sind daher subsidiär zu den Vorschriften des hier einschlägigen KUG. Zudem ist das BDSG im Bereich der Wahrnehmung parlamentarischer Angelegenheiten nicht auf den Deutschen Bundestag und dessen Abgeordnete anwendbar. 2.4. Verstoß gegen das allgemeine Persönlichkeitsrecht, Art. 1, 2 GG? Das in §§ 22 ff. KUG normierte Recht am eigenen Bild ist seiner Rechtsnatur nach ein besonderes Persönlichkeitsrecht, das heißt eine sondergesetzliche Normierung des auch für Bildnisse direkt aus Art.1, 2 GG abgeleiteten allgemeinen Persönlichkeitsrechts. Soweit die sondergesetzliche Regelung der §§ 22 ff. KUG reicht, geht sie dem aus Art. 1, 2 GG abgeleiteten allgemeinen Persönlichkeitsrecht mithin grundsätzlich vor.12 Das gilt insbesondere für das Veröffentlichen von Fotos. Das Anfertigen von Fotos an sich fällt zwar nicht unter den Tatbestand des § 22 KUG. Rechtsprechung und Literatur sind sich vielmehr weitgehend darin einig, dass insoweit das allgemeine Persönlichkeitsrecht gem. Art. 1, 2 GG betroffen ist. Die Ausnahmebestimmungen der §§ 23, 24 KUG, bei deren Anwendung es zwangsläufig zur Abwägung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts mit öffentlichen Interessen kommt, sind jedoch insoweit auch auf das Anfertigen von Fotos anzuwenden.13 Insofern geht daher erst mit einem Verstoß gegen 10 Bundesdatenschutzgesetz vom 20. Dezember 1990 (BGBl. I S. 2954, 2955); neugefasst durch Bek. v. 14. 1. 2003 I 66; geändert durch § 13 Abs. 1 G v. 5. 9. 2005 I 2722. 11 vgl. hierzu Peter Gola/Rudolf Schomerus/Christoph Klug, BDSG-Kommentar, 8. Auflage 2005, § 1, Rn. 23 f. 12 Thomas Dreier/Gernot Schulze, Urheberrechtsgesetz-Kommentar, 2. Aufl. 2006, KUG § 22 Rn.3. 13 Thomas Dreier/Gernot Schulze, Urheberrechtsgesetz-Kommentar, 2. Aufl. 2006, KUG § 22 Rn.13. - 8 - die spezielleren Vorschriften der §§ 22 ff. KUG zwangsläufig ein Verstoß gegen das allgemeine Recht am eigenen Bild gem. Art. 1, 2 GG einher. Da vorliegend aber kein Verstoß gegen §§ 22 ff. KUG ersichtlich ist, ist auch ein Verstoß gegen Art. 1, 2 GG zu verneinen.14 3. Gruppenfotos in einer Schule im Wahlkreis Aus den in Kapitel 2.1. dargelegten Gründen ist die Verwaltungsvorschrift des badenwürttembergischen Kultusministeriums vom 2. August 2005 für Bundestagsabgeordnete nicht bindend. Bindend ist sie jedoch als innerdienstliche Weisung für die Schulen in Baden-Württemberg, so dass jeder Schulleiter aufgrund der Verwaltungsvorschrift in Verbindung mit dem Hausrecht Fotografien im Schulbereich untersagen könnte. Vor diesem Hintergrund ist es empfehlenswert, vor einer Anfertigung entsprechender Fotos den Schulleiter – auch im Hinblick auf eine beabsichtigte Veröffentlichung – zu konsultieren . Die Ausnahme gemäß § 23 Abs. 1 Nr. 3 KUG, wonach eine Einwilligung des Abgebildeten bzw. dessen Erziehungsberechtigter nicht erforderlich ist, kann an öffentlichen Schulen überhaupt nur dann vorliegen, wenn Eltern und Schüler von dem Besuchs-Ereignis wissen und die Schüler sich versammeln, um sich gruppenweise mit dem Abgeordneten fotografieren zu lassen, also keine Einzelaufnahmen erfolgen und die Schüler bzw. deren Erziehungsberechtigte nicht überrumpelt bzw. bloßgestellt werden.15 Zudem könnte zweifelhaft sein, ob das Fotografieren an einer Schule als Vorgang anzusehen ist, der in der Öffentlichkeit stattfindet und von dieser wahrgenommen werden kann. Sieht man dennoch die Voraussetzungen des § 23 Abs. 1 Nr. 3 KUG auch bei einem Gruppenfoto an einer Schule als erfüllt an, so wird aber die Abwägung im Rahmen des § 23 Abs. 2 KUG im Schulbereich, der der Öffentlichkeit im Gegensatz zum Reichstag grundsätzlich nicht unbeschränkt zugänglich ist, überwiegend zugunsten des Rechts am eigenen Bild als Ausprägung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts der Abgebildeten ausfallen. Gerade die Schule stellt nämlich einen Ort dar, an dem eine möglichst gesicherte und ungestörte Persönlichkeitsentfaltung der Minderjährigen gewährleistet sein soll. Die Schule ist daher grundsätzlich ein Ort, der für die Öffentlichkeit nur beschränkt zugänglich sein soll. Das öffentliche Interesse an der Veröffentlichung entsprechender Bilder muss deshalb hier im Regelfall zurückstehen. Es dürfte also grundsätzlich eine 14 vgl. unter 2.2. 15 Es gelten die oben in Kapitel 2.2. dargelegten Anforderungen. - 9 - Einwilligung der Schüler bzw. deren Erziehungsberechtigter erforderlich sein, zu deren wirksamer Erteilung eine umfassende Aufklärung über die mit der Veröffentlichung der Bilder verbundenen Gefahren geboten ist.16 16 Thomas Dreier/Gernot Schulze, Urheberrechtsgesetz-Kommentar, 2. Aufl. 2006, KUG § 22 Rn.18; Zu diesem Ergebnis kommt auch das baden-württembergische Kultusministerium, wie sich dem Absatz (4) von Abschnitt II.2. der Verwaltungsvorschrift vom 2. August 2005 entnehmen lässt.