WD 7 - 3000 - 081/20 (20. Juli 2020) © 2020 Deutscher Bundestag Die Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestages unterstützen die Mitglieder des Deutschen Bundestages bei ihrer mandatsbezogenen Tätigkeit. Ihre Arbeiten geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Arbeiten der Wissenschaftlichen Dienste geben nur den zum Zeitpunkt der Erstellung des Textes aktuellen Stand wieder und stellen eine individuelle Auftragsarbeit für einen Abgeordneten des Bundestages dar. Die Arbeiten können der Geheimschutzordnung des Bundestages unterliegende, geschützte oder andere nicht zur Veröffentlichung geeignete Informationen enthalten. Eine beabsichtigte Weitergabe oder Veröffentlichung ist vorab dem jeweiligen Fachbereich anzuzeigen und nur mit Angabe der Quelle zulässig. Der Fachbereich berät über die dabei zu berücksichtigenden Fragen. Anwendungsbereich und Zweck des UWG Gemäß § 1 des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) dient das Gesetz „dem Schutz der Mitbewerber, der Verbraucherinnen und Verbraucher sowie der sonstigen Marktteilnehmer vor unlauteren geschäftlichen Handlungen. Es schützt zugleich das Interesse der Allgemeinheit an einem unverfälschten Wettbewerb.“ § 1 UWG begrenzt den Schutzzweck des Gesetzes von vornherein auf solche Handlungen, die einen Wettbewerbsbezug haben (vgl. nur Sosnitza, § 1 UWG Rn. 28). Nicht vom UWG erfasst werden Allgemeininteressen ohne Wettbewerbsbezug: „sonstige Interessen der Allgemeinheit, etwa Wohlstandsförderung, Umweltschutz, Volksgesundheit , Gender-Gerechtigkeit oder Arbeitsplatzsicherung, sind keine Schutzgüter des UWG, soweit sie nicht reflexartig vom Wettbewerbsschutz erreicht werden“ (Podszun, § 1 UWG Rn. 4). Das Recht des unlauteren Wettbewerbs „soll und darf nicht zu Zwecken instrumentalisiert werden, die außerhalb seines Regelungsbereichs, nämlich des Marktverhaltens, liegen (…). Anliegen etwa des Schutzes der Rechtspflege, des Arbeitnehmerschutzes, des Umweltschutzes, des Tierschutzes usw lassen sich mit dem Instrumentarium des Lauterkeitsrechts nicht durchsetzen, außer wenn die Interessen der Marktteilnehmer (und ggf. der Wettbewerb) betroffen sind (…)“ (Köhler, § 1 UWG Rn. 41). Dem entspricht, dass das UWG auf der Gesetzgebungskompetenz für den gewerblichen Rechtsschutz aus Artikel 73 Nummer 9 GG fußt (BT-Drs. 18/4535, S. 9; kritisch Uhle, Art. 73 GG Rn. 197). Werbeverbote im UWG Entsprechend dem Gesetzeszweck, der kompetenzrechtlichen Basierung und seinem Anwendungsbereich behandelt das UWG Werbung nur insofern, als sie geeignet ist, den Wettbewerb zu verfälschen. Es enthält mithin zum einen keine allgemeinen, nicht wettbewerbsbezogenen Werbeverbote , wie sie sich etwa aus Gründen des gesundheitlichen Verbraucherschutzes aus außerhalb des UWG liegenden Regelungen ergeben können (Peifer/Obergfell, § 5 UWG Rn. 37 m.w.N.). Zum anderen ist erforderlich, dass die entsprechende Werbung geeignet ist, eine verfälschende Wirkung auf den Wettbewerb zu entfalten. Wissenschaftliche Dienste Kurzinformation Werbeverbote und Lauterkeitsrecht Kurzinformation Werbeverbote und Lauterkeitsrecht Fachbereich WD 7 (Zivil-, Straf- und Verfahrensrecht, Bau und Stadtentwicklung) Wissenschaftliche Dienste Seite 2 Gemäß § 5 Absatz 1 Satz 1 UWG ist dies namentlich bei irreführenden geschäftlichen Handlungen der Fall, die geeignet sind, den Verbraucher oder sonstigen Marktteilnehmer zu einer geschäftlichen Entscheidung zu veranlassen, die er andernfalls nicht getroffen hätte. Gemäß § 5 Absatz 1 Satz 2 UWG ist eine geschäftliche Handlung irreführend, wenn sie unwahre Angaben oder sonstige zur Täuschung geeignete Angaben über die in § 5 Absatz 1 Nr. 1–7 UWG aufgeführten Umstände enthält. Liegt kein Fall der vorrangigen verbraucherschützenden Tatbestände der §§ 3 Absatz 3, 4a, 5 und 5a UWG vor, kommt grundsätzlich ein Rückgriff auf die verbraucherschützende Generalklausel des § 3 Absatz 2 UWG in Betracht (Köhler, § 3 UWG Rn. 3.5). Hiernach sind geschäftliche Handlungen , die sich an Verbraucher richten oder diese erreichen, unlauter, wenn sie nicht der unternehmerischen Sorgfalt entsprechen und dazu geeignet sind, das wirtschaftliche Verhalten des Verbrauchers wesentlich zu beeinflussen. „Unternehmerische Sorgfalt“ ist dabei gemäß § 2 Nr. 7 UWG „der Standard an Fachkenntnissen und Sorgfalt, von dem billigerweise angenommen werden kann, dass ein Unternehmer ihn in seinem Tätigkeitsbereich gegenüber Verbrauchern nach Treu und Glauben unter Berücksichtigung der anständigen Marktgepflogenheiten einhält.“ Eine „wesentliche Beeinflussung des wirtschaftlichen Verhaltens des Verbrauchers“ im Sinne von § 3 UWG ist gemäß § 2 Nr. 8 UWG „die Vornahme einer geschäftlichen Handlung, um die Fähigkeit des Verbrauchers, eine informierte Entscheidung zu treffen, spürbar zu beeinträchtigen und damit den Verbraucher zu einer geschäftlichen Entscheidung zu veranlassen, die er andernfalls nicht getroffen hätte“. Ob ein solcher Fall vorliegt, kann nur im jeweiligen Einzelfall beurteilt werden. Allerdings ist die Praxis, wenn kein Fall des Anhangs nach § 3 Absatz 3 UWG gegeben ist und auch kein vorrangiger Tatbestand nach §§ 3a–7 UWG eingreift, hier sehr zurückhaltend (Sosnitza, § 3 UWG Rn. 116). Hingewiesen wird in diesem Zusammenhang darauf, dass der EuGH bisher noch kein einziges Mal ein unlauteres Verhalten allein auf die entsprechende Generalklausel des Artikel 5 Absatz 2 UGP-RL gestützt habe (Sosnitza a.a.O.). Ein pauschales gesetzliches Verbot bestimmter, sachlich zutreffender, nicht irreführender Angaben im Rahmen von Produktwerbung de lege ferenda dürfte – vorbehaltlich seiner konkreten Ausgestaltung – vor diesem Hintergrund im Regelfall als allgemeines Werbeverbot zu qualifizieren sein, nicht jedoch als lauterkeitsrechtliches. Das UWG stellt gerade kein Instrument gegen Wettbewerb als solchen dar, sondern ausschließlich gegen den unlauteren. Quellen: – GG: Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland in der im Bundesgesetzblatt Teil III, Gliederungsnummer 100-1, veröffentlichten bereinigten Fassung, das zuletzt durch Artikel 1 des Gesetzes vom 15. November 2019 (BGBl. I S. 1546) geändert worden ist. – UGP-RL: Richtlinie 2005/29/EG über unlautere Geschäftspraktiken (ABl. L 149 v. 11. Juni 2005, 22 ff.). – UWG: Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb in der Fassung der Bekanntmachung vom 3. März 2010 (BGBl. I S. 254), das zuletzt durch Artikel 5 des Gesetzes vom 18. April 2019 (BGBl. I S. 466) geändert worden ist. – Köhler: Kommentierung in Köhler/Bornkamm/Feddersen, UWG, 38. Auflage 2020. – Peifer/Obergfell: Kommentierung in Fezer/Büscher/Obergfell, Lauterkeitsrecht: UWG, 3. Auflage 2016. – Podszun: Kommentierung in Harte-Bavendamm/Henning-Bodewig, UWG, 4. Auflage 2016. – Sosnitza: Kommentierung in Münchener Kommentar zum Lauterkeitsrecht, 3. Auflage 2020. – Uhle: Kommentierung in Maunz-Dürig, Grundgesetz-Kommentar, Werkstand: 90. EL Februar 2020. * * *