© 2021 Deutscher Bundestag WD 7 - 3000 - 080/21 Die Zulässigkeit der Erbringung von außergerichtlichen Rechtsdienstleistungen Sachstand Wissenschaftliche Dienste Die Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestages unterstützen die Mitglieder des Deutschen Bundestages bei ihrer mandatsbezogenen Tätigkeit. Ihre Arbeiten geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Arbeiten der Wissenschaftlichen Dienste geben nur den zum Zeitpunkt der Erstellung des Textes aktuellen Stand wieder und stellen eine individuelle Auftragsarbeit für einen Abgeordneten des Bundestages dar. Die Arbeiten können der Geheimschutzordnung des Bundestages unterliegende, geschützte oder andere nicht zur Veröffentlichung geeignete Informationen enthalten. Eine beabsichtigte Weitergabe oder Veröffentlichung ist vorab dem jeweiligen Fachbereich anzuzeigen und nur mit Angabe der Quelle zulässig. Der Fachbereich berät über die dabei zu berücksichtigenden Fragen. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 7 - 3000 - 080/21 Seite 2 Die Zulässigkeit der Erbringung von außergerichtlichen Rechtsdienstleistungen Aktenzeichen: WD 7 - 3000 - 080/21 Abschluss der Arbeit: 16. Juli 2021 Fachbereich: WD 7: Zivil-, Straf- und Verfahrensrecht, Bau und Stadtentwicklung Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 7 - 3000 - 080/21 Seite 3 Inhaltsverzeichnis 1. Einleitung 4 2. Erbringung von außergerichtlichen Rechtsdienstleistungen 4 3. Berufsrechtliche Anforderungen an Rechtsdienstleister 5 4. Zulässigkeit von Nebentätigkeiten für Rechtsanwälte 6 Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 7 - 3000 - 080/21 Seite 4 1. Einleitung Im Folgenden soll ein Überblick über die Zulässigkeit der Erbringung von außergerichtlichen Rechtsdienstleistungen (z.B. Rechtsberatung, Anfertigen von Vertragsentwürfen, außergerichtliche Vertretung etc.) sowie über die berufsrechtlichen Anforderungen an Rechtsdienstleister gegeben werden. 2. Erbringung von außergerichtlichen Rechtsdienstleistungen Die Erbringung von Rechtsdienstleistungen richtet sich nach dem Rechtsdienstleistungsgesetz (RDG).1 Als zentrale Vorschrift sieht § 3 RDG ein grundsätzliches Verbot für die selbständige Erbringung außergerichtlicher Rechtsdienstleistungen vor. Der Begriff der Rechtsdienstleistung ist in § 2 Abs. 1 RDG legaldefiniert als „jede Tätigkeit in konkreten fremden Angelegenheiten, sobald sie eine rechtliche Prüfung des Einzelfalls erfordert.“ Ausnahmen von diesem Verbot sind im Rechtsdienstleistungsgesetz selbst sowie in anderen Gesetzen geregelt. Eine Erlaubnis zum selbständigen Erbringen von Rechtsdienstleistungen gilt insbesondere für Folgende der sog. Freien Berufe: - Rechtsanwälte, § 3 Bundesrechtsanwaltsordnung (BRAO),2 - Notare, § 1 Bundesnotarordnung,3 - Patentanwälte, § 3 Patentanwaltsordnung,4 1 Gesetz über außergerichtliche Rechtsdienstleistungen (Rechtsdienstleistungsgesetz – RDG) vom 12. Dezember 2007 (BGBl. I S. 2840), das zuletzt durch Art. 24 Abs. 6 des Gesetzes zur Modernisierung des notariellen Berufsrechts und zur Änderung weiterer Vorschriften vom 25. Juni 2021 (BGBl. I S. 2154) geändert worden ist, abrufbar unter (letzter Aufruf dieser und aller weiteren Internetquellen am 16. Juli 2021): https://www.gesetze-iminternet .de/rdg/ (dt.) / https://www.gesetze-im-internet.de/englisch_rdg/englisch_rdg.pdf (engl.). 2 Bundesrechtsanwaltsordnung vom 1. August 1959 (BGBl. I S. 565), die zuletzt durch Art. 8 des Gesetzes zur Modernisierung des notariellen Berufsrechts und zur Änderung weiterer Vorschriften vom 25. Juni 2021 (BGBl. I S. 2154) geändert worden ist, abrufbar unter: https://www.gesetze-im-internet.de/brao/ (dt.) / https://www.brak.de/w/files/02_fuer_anwaelte/berufsrecht/brao_stand_1.6.2011_englisch.pdf (engl.). 3 Bundesnotarordnung (BNotO) in der Fassung der Bekanntmachung vom 24. Februar 1961 (BGBL. I S. 97), die zuletzt durch Art. 5 des Gesetzes zur Reform des Vormundschafts- und Betreuungsrechts vom 4. Mai 2021 (BGBl. I S. 882) geändert worden ist, abrufbar unter: https://www.gesetze-im-internet.de/bnoto/ (dt.) / https://www.gesetze-im-internet.de/englisch_bnoto/englisch_bnoto.pdf (engl.). 4 Patentanwaltsordnung (PAO) vom 7. September 1966 (BGBl. I S. 557), die zuletzt durch Art. 18 des Gesetzes zur Modernisierung des notariellen Berufsrechts und zur Änderung weiterer Vorschriften vom 25. Juni 2021 (BGBl. I S. 2154) geändert worden ist, abrufbar unter: https://www.gesetze-im-internet.de/patanwo /BJNR005570966.html. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 7 - 3000 - 080/21 Seite 5 - Steuerberater, § 3 Steuerberatungsgesetz,5 - Wirtschaftsprüfer, § 2 Wirtschaftsprüferordnung.6 Ferner sieht das Rechtsdienstleistungsgesetz weitere Erlaubnistatbestände vor für: - Rechtsdienstleistungen, die zum Berufs- oder Tätigkeitsbild der Haupttätigkeit gehören (sog. juristische Annextätigkeiten), § 5 Abs. 1 RDG, - unentgeltliche Rechtsdienstleistungen, § 6 RDG, - Rechtsdienstleistungen von bestimmten Vereinen, Verbraucher- und Wohlfahrtsverbänden, §§ 7 und 8 RDG, - Registrierte Personen, die aufgrund besonderer Sachkunde Rechtsdienstleistungen auf dem Gebiet der Inkassodienstleistungen, Rentenberatung sowie des ausländischen Rechts erbringen, § 10 RDG. 3. Berufsrechtliche Anforderungen an Rechtsdienstleister Die bereits erwähnten Freien Berufe sind traditionell in Kammern organisiert, deren Mitgliedschaft verpflichtend ist (vgl. § 12 Abs. 3 BRAO). Anhand des Beispiels des Rechtsanwalts soll ein Überblick über die berufsrechtlichen Zulassungsvoraussetzungen gegeben werden. Diese lauten wie folgt: - Zwei bestandene juristische Staatsexamina sowie das Durchlaufen des juristischen Vorbereitungsdienstes („Befähigung zum Richteramt“), § 4 Nr. 1 BRAO i.V.m. § 5 Abs. 1 Deutsches Richtergesetz (DRiG)7: 5 Steuerberatungsgesetz (StBerG) in der Fassung der Bekanntmachung vom 4. November 1975 (BGBl. I S. 2735), das zuletzt durch Art. 21 des Gesetzes zur Modernisierung des notariellen Berufsrechts und zur Änderung weiterer Vorschriften vom 25. Juni 2021 (BGBl. I S. 2154) geändert worden ist, abrufbar unter: https://www.gesetze-im-internet.de/stberg/. 6 Gesetz über eine Berufsordnung der Wirtschaftsprüfer (Wirtschaftsprüferordnung) in der Fassung der Bekanntmachung vom 5. November 1975 (BGBl. I S. 2803), das zuletzt durch Art. 31 des Gesetzes zur Neuregelung des Berufsrechts der anwaltlichen und steuerberatenden Berufsausübungsgesellschaften sowie zur Änderung weiterer Vorschriften im Bereich der rechtsberatenden Berufe vom 7. Juli 2021 (BGBl. I S. 2363) geändert worden ist, abrufbar unter: http://www.gesetze-im-internet.de/wipro/ (dt.) / https://www.wpk.de/fileadmin /documents/English/WPK/WPO_English.pdf (engl.). 7 Deutsches Richtergesetz in der Fassung der Bekanntmachung vom 19. April 1972 (BGBl. I S. 713), das zuletzt durch Art. 4 des Gesetzes zur Modernisierung des notariellen Berufsrechts und zur Änderung weiterer Vorschriften vom 25. Juni 2021 (BGBl. I S. 2154) geändert worden ist, abrufbar unter: https://www.gesetze-im-internet .de/drig/ (dt.) / http://www.gesetze-im-internet.de/englisch_drig/ (engl.). Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 7 - 3000 - 080/21 Seite 6 Das erste Staatsexamen wird nach Absolvieren eines i.d.R. fünfjährigen universitären Studiums abgelegt und besteht aus einem staatlichen Pflichtfachteil und einem universitären Schwerpunktbereich (§ 5 Abs. 1 Hs. 2 DRiG). Hieran schließt sich ein zweijähriger juristischer Vorbereitungsdienst an, das sog. „Referendariat“. Referendare leisten den Vorbereitungsdienst je für einige Monate bei Staatsanwaltschaften, Gerichten, Behörden, Rechtsanwälten oder anderen juristischen Stationen ab. Das Referendariat schließt mit dem zweiten Staatsexamen ab. - Kein Ausschlussgrund nach § 7 BRAO, - Ablegen des Berufseides, § 12 Abs. 2 Nr. 1 BRAO, - Abschließen einer Berufshaftpflichtversicherung, § 51 i.V.m. 12 Abs. 2 Nr. 2 BRAO. Außerhalb der genannten Freien Berufe sind außergerichtliche Rechtsdienstleistungen nur in engen Grenzen zulässig. Der bereits erwähnte § 10 RDG erlaubt das Erbringen von gewissen Rechtsdienstleistungen für „registrierte Personen“. Die Registrierung erfolgt bei der zuständigen Behörde (§ 10 Abs. 1 Satz 1 RDG). Die Registrierung setzt die persönliche Eignung und Zuverlässigkeit des Antragstellers, besondere Sachkunde sowie das Abschließen einer Berufshaftpflichtversicherung voraus (§ 12 Abs. 1 RDG). Das Registrierungsverfahren ist im Einzelnen in § 13 RDG erläutert . Nach Durchlaufen des Verfahrens wird der Antragsteller im Rechtsdienstleistungsregister (§ 16 DRG) eingetragen. 4. Zulässigkeit von Nebentätigkeiten für Rechtsanwälte Rechtsanwälte unterliegen grundsätzlich keinem Verbot, nebenberuflich anderen Beschäftigungen nachzugehen. Das gilt auch für eine gleichzeitige Tätigkeit als Steuerberater, Wirtschaftsprüfer oder Mediator. Allerdings setzt das anwaltliche Berufsrecht gewisse Grenzen, die vom Anwalt stets beachtet werden müssen. Nach § 7 Nr. 8 BRAO ist die Zulassung zur Rechtsanwaltschaft zu versagen, wenn der Antragsteller „eine Tätigkeit ausübt, die mit dem Beruf des Rechtsanwalts, insbesondere seiner Stellung als unabhängiges Organ der Rechtspflege nicht vereinbar ist oder das Vertrauen in seine Unabhängigkeit gefährden kann“. Die Rechtsprechung hat eine solche Unvereinbarkeit u.a. in folgenden Fällen angenommen: - Tätigkeit im öffentlichen Dienst, wenn diese den Eindruck erwecken kann, die Unabhängigkeit des Anwalts sei durch Bindungen an den Staat beeinträchtigt, was insbesondere bei hoheitlicher Tätigkeit im Zweitberuf gegeben sei,8 - Kaufmännischer Zweitberuf, wenn dieser eine Interessenkollision nahelegt. Das sei insbesondere bei einer Zweittätigkeit als Versicherungs- oder Grundstücksmakler, 8 Vossebürger, in: Weyland/Vossebürger, Bundesrechtsanwaltsordnung Kommentar, 10. Aufl. 2020, § 7 Rn. 107. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 7 - 3000 - 080/21 Seite 7 Vermittler von Finanzdienstleistungen, angestellter Vermögensberater oder Immobilienhändler regelmäßig der Fall.9 Ferner ist es Rechtsanwälten erlaubt, in einem Anstellungsverhältnis tätig zu sein, sei es bei anderen Rechts- oder Patentanwälten (§ 46 Abs. 1 BRAO) oder bei sonstigen Personen und Unternehmen (sog. „Syndikusrechtsanwalt“, § 46 Abs. 2 BRAO). Im letzteren Fall ist jedoch sicherzustellen , dass der Syndikusrechtsanwalt innerhalb seines Beschäftigungsverhältnisses eine unabhängige anwaltliche Tätigkeit ausüben kann (vgl. § 46 Abs. 2-4 BRAO). Außerdem ist die Beratungs - und Vertretungsbefugnis des Syndikusrechtsanwalts auf Rechtsangelegenheiten des Arbeitgebers beschränkt (§ 46 Abs. 5 BRAO). *** 9 BGH, Urteil vom 11. Januar 2016, Az.: AnwZ (Brfg) 35/15, Rn. 16-22 (zitiert nach juris).