WD 7 - 3000 - 079/21 (26. Juli 2021) © 2021 Deutscher Bundestag Die Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestages unterstützen die Mitglieder des Deutschen Bundestages bei ihrer mandatsbezogenen Tätigkeit. Ihre Arbeiten geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Arbeiten der Wissenschaftlichen Dienste geben nur den zum Zeitpunkt der Erstellung des Textes aktuellen Stand wieder und stellen eine individuelle Auftragsarbeit für einen Abgeordneten des Bundestages dar. Die Arbeiten können der Geheimschutzordnung des Bundestages unterliegende, geschützte oder andere nicht zur Veröffentlichung geeignete Informationen enthalten. Eine beabsichtigte Weitergabe oder Veröffentlichung ist vorab dem jeweiligen Fachbereich anzuzeigen und nur mit Angabe der Quelle zulässig. Der Fachbereich berät über die dabei zu berücksichtigenden Fragen. 1. Einzelfragen zur Entschädigung Für Opfer im NS-Staat (1933 – 1945) bilden unter dem Oberbegriff der „Wiedergutmachung“ verschiedenste völkerrechtliche Vereinbarungen des Bundes sowie zahlreiche gesetzliche, untergesetzliche und außergesetzliche Normierungen auf Bundes- und Landesebene ein historisch gewachsenes , komplexes Geflecht an Rückerstattungs- und Entschädigungsregelungen für unterschiedliche Geschädigtengruppen. Einen ausführlichen Überblick hierzu vermittelt eine Broschüre des Bundesministeriums der Finanzen (BMF). Der Bundesgesetzgeber hat sich zudem für die Schaffung von Rehabilitierungs- und Entschädigungsmöglichkeiten für Personen entschieden, die zunächst auf dem Gebiet der Sowjetischen Besatzungszone (SBZ, 1945 – 1949) und anschließend auf dem Gebiet der Deutschen Demokratischen Republik (DDR, 1949 – 1990) der jeweiligen staatlichen Gewalt unterlagen. Die Rehabilitierungs -/Entschädigungsregelungen sind dabei aufgeteilt in drei Gesetze, bezogen auf rechtsstaatswidrige strafrechtliche/freiheitsentziehende Entscheidungen (StrRehaG), rechtsstaatswidrige Verwaltungsentscheidungen (VwRehaG) und den speziellen Bereich Ausbildung/Beruf (BerRehaG). Notwendige Voraussetzung für Ausgleichs- oder Versorgungsleistungen ist stets die Aufhebung entsprechender Entscheidungen bzw. die Feststellung der Verfolgung mit negativen Auswirkungen für Ausbildung oder Beruf (§ 3 StrRehaG; § 2 VwRehaG; § 1 Abs. 1 BerRehaG). Im Bereich des StrRehaG reichen die Leistungen von der Erstattung von Geldstrafen (§ 6 StrRehaG) über Kapitalentschädigungen von grundsätzlich 306,78 Euro pro Monat (§ 17 StrRehaG) und sonstigen Unterstützungsleistungen (§ 18 StrRehaG) bis hin zu eventuellen besonderen Zuwendungen für Haftopfer von grundsätzlich 330 Euro pro Monat (§ 17a StrRehaG). Gemäß dem VwRehaG kann aufgrund der gesundheitlichen und wirtschaftlichen Folgen einer gesundheitlichen Schädigung infolge einer rechtsstaatswidrigen Verwaltungsentscheidung grundsätzlich eine Beschädigtenversorgung gewährt werden (§ 3 VwRehaG). Erfolgte die Maßnahme „mit dem Ziel der Zersetzung “, kommt daneben eine einmalige Leistung in Höhe von 1 500 Euro in Betracht (§ 1a Abs. 2 VwRehaG). Verfolgte nach dem BerRehaG werden ggf. in Bezug auf den Erhalt von Arbeitslosengeld (§§ 6 f. BerRehaG) und bei der gesetzlichen Rentenversicherung (§§ 11 ff. BerRehaG) bessergestellt bzw. können zusätzliche Ausgleichsleistungen von maximal 240 Euro monatlich erhalten (§ 8 BerRehaG). Je nach Art der Ausgleichs- oder Versorgungsleistung kann die Auszahlung allerdings unter dem Vorbehalt der Anrechnung anderer Sozialleistungsbezüge stehen. Wissenschaftliche Dienste Kurzinformation Einzelfragen zum Schutz von Opfern politischer Systeme Kurzinformation Einzelfragen zum Schutz von Opfern politischer Systeme Fachbereich WD 7 (Zivil-, Straf- und Verfahrensrecht, Bau und Stadtentwicklung) Wissenschaftliche Dienste Seite 2 Begünstigte sind in allen drei Gesetzen im Grundsatz lediglich die Betroffenen selbst. In einigen Fällen ist allerdings gesondert geregelt, dass Ansprüche vererblich sind (z. B. § 17 Abs. 3 StrRehaG) bzw. eine spezifische Hinterbliebenenversorgung geleistet werden kann (z. B. § 4 VwRehaG). Leistungsansprüche sind in allen drei Gesetzen ausgeschlossen, sofern der Begehrende gegen die Grundsätze der Menschlichkeit oder Rechtsstaatlichkeit verstoßen oder in schwerwiegendem Maße seine Stellung zum eigenen Vorteil oder zum Nachteil anderer missbraucht hat (§ 16 Abs. 2 StrRehaG; § 2 Abs. 2 VwRehaG; § 4 BerRehaG). 2. Strafbarkeit von Leugnungshandlungen Eine spezifische Strafbarkeit von Leugnungshandlungen im Zusammenhang mit Auswirkungen politischer Systeme besteht in Bezug auf unter der Herrschaft des Nationalsozialismus begangene Völkermorde. § 130 Abs. 3 StGB sieht vor: „Mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer eine unter der Herrschaft des Nationalsozialismus begangene Handlung der in § 6 Abs. 1 des Völkerstrafgesetzbuches bezeichneten Art [Völkermord , Anm. d. Verfassers] in einer Weise, die geeignet ist, den öffentlichen Frieden zu stören, öffentlich oder in einer Versammlung billigt, leugnet oder verharmlost.“ Gesetzgeberisches Motiv war dabei insbesondere die Strafbewehrung des Verbreitens der sogenannten „Auschwitz-Lüge“, der Leugnung des Holocausts, in einem eigenen Straftatbestand (BT-Drs. 12/8588). Quellen: – BerRehaG: Berufliches Rehabilitierungsgesetz in der Fassung der Bekanntmachung vom 1. Juli 1997 (BGBl. I S. 1625), das zuletzt durch Artikel 12a des Gesetzes vom 2. Juni 2021 (BGBl. I S. 1387) geändert worden ist, abrufbar unter: https://www.gesetze-im-internet.de/berrehag/ (letzter Abruf dieser und aller weiteren Internetquellen: 26. Juli 2021). – BMF: Wiedergutmachung – Regelungen zur Entschädigung von NS-Unrecht, Stand: 3. Juni 2021, abrufbar in englischer Sprache unter: https://www.bundesfinanzministerium.de/Content/EN/Standardartikel/Press_Room/Publications/Brochures/2018- 08-15-entschaedigung-ns-unrecht-engl.html. – BT-Drs. 12/8588: Rechtsausschuss (Deutscher Bundestag), Bericht zu dem Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Strafgesetzbuches, der Strafprozeßordnung und anderer Gesetze (Verbrechensbekämpfungsgesetz) u. a., 20. Oktober 1994, Bundestag-Drucksache 12/8588, S. 8, abrufbar unter: https://dserver.bundestag.de/btd/12/085/1208588.pdf. – StGB: Strafgesetzbuch in der Fassung der Bekanntmachung vom 13. November 1998 (BGBl. I S. 3322), Stand: 19. Juni 2019, abrufbar in englischer Sprache unter: http://www.gesetze-im-internet.de/englisch_stgb/index.html. – StrRehaG: Strafrechtliches Rehabilitierungsgesetz in der Fassung der Bekanntmachung vom 17. Dezember 1999 (BGBl. I S. 2664), das zuletzt durch Artikel 12 des Gesetzes vom 2. Juni 2021 (BGBl. I S. 1387) geändert worden ist, abrufbar unter: https://www.gesetze-im-internet.de/strrehag/. – VwRehaG: Verwaltungsrechtliches Rehabilitierungsgesetz in der Fassung der Bekanntmachung vom 1. Juli 1997 (BGBl. I S. 1620), das zuletzt durch Artikel 13 des Gesetzes vom 12. Dezember 2019 (BGBl. I S. 2652) geändert worden ist, abrufbar unter: https://www.gesetze-im-internet.de/vwrehag/. * * *