WD 7 - 3000 - 079/16 (06.05.2016) © 2016 Deutscher Bundestag Die Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestages unterstützen die Mitglieder des Deutschen Bundestages bei ihrer mandatsbezogenen Tätigkeit. Ihre Arbeiten geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Arbeiten der Wissenschaftlichen Dienste geben nur den zum Zeitpunkt der Erstellung des Textes aktuellen Stand wieder und stellen eine individuelle Auftragsarbeit für einen Abgeordneten des Bundestages dar. Die Arbeiten können der Geheimschutzordnung des Bundestages unterliegende, geschützte oder andere nicht zur Veröffentlichung geeignete Informationen enthalten. Eine beabsichtigte Weitergabe oder Veröffentlichung ist vorab dem jeweiligen Fachbereich anzuzeigen und nur mit Angabe der Quelle zulässig. Der Fachbereich berät über die dabei zu berücksichtigenden Fragen. Dieser Kurzinformation liegt folgende Fragestellung zugrunde: Dem Aufsichtsrat einer AG liegt ein Hinweis auf ein Fehlverhalten des Vorstandsvorsitzenden vor. Der Aufsichtsratsvorsitzende verweigert eigenständig und ohne Einbeziehung der anderen Aufsichtsratsmitglieder diesem nachzugehen. - Ist der Aufsichtsratsvorsitzende dazu berechtigt? (1.) - Wer ist für die Kontrolle der ordnungsmäßigen Arbeitsweise des Aufsichtsrats zuständig? (2.) - Bestehen Sanktionsmöglichkeiten? (3.) (1.) Die Kontrolle der Tätigkeit des Vorstandsvorsitzenden fällt zunächst grundsätzlich in den Aufgabenbereich des Aufsichtsrats, denn dieser hat gemäß § 111 Abs. 1 Aktiengesetz (AktG) die Aufgabe, die Geschäftsführung zu überwachen. Dem Aufsichtsratsvorsitzenden obliegt es, die Sitzungen des Aufsichtsrats unter Bekanntgabe der Tagesordnung einzuberufen und zu leiten. Neben ihm können auch andere Aufsichtsratsmitglieder nach Maßgabe von § 110 Abs. 1 und 2 AktG die Aufnahme bestimmter Tagesordnungspunkte verlangen (MüKoAktG/Habersack AktG § 110 Rn. 15-21, beck-online). Der Aufsichtsrat entscheidet grundsätzlich durch Beschluss, § 108 Abs. 1 AktG. Eine individuelle Entscheidungsbefugnis des Vorsitzenden, ob einer Beschwerde überhaupt im Aufsichtsrat nachgegangen wird, ist gesetzlich nicht vorgesehen. Durch die Weigerung, einem Fehlverhalten des Vorstandsvorsitzenden nachzugehen, könnte der Aufsichtsratsvorsitzende allerdings gegen die ihm als Aufsichtsratsvorsitzenden obliegende oben erwähnte Pflicht, die Geschäftsführung zu überwachen, verstoßen. (2.) Es gibt zwar kein gesetzlich vorgeschriebenes Kontrollgremium bezüglich der Arbeit des Aufsichtsrats , allerdings üben die Aktionäre ihre Rechte in den Angelegenheiten der Gesellschaft in der Hauptversammlung aus, § 118 Abs. 1 S. 1 AktG. (3.1) Die Hauptversammlung kann dann im Einzelfall bei Pflichtverstößen eines Aufsichtsrat- Wissenschaftliche Dienste Kurzinformation Kontrolle eines Aufsichtsrats Kurzinformation Kontrolle eines Aufsichtsrats Fachbereich WD 7 (Zivil-, Straf- und Verfahrensrecht, Umweltschutzrecht, Verkehr, Bau und Stadtentwicklung) Wissenschaftliche Dienste Seite 2 mitglieds (u.U.) beschließen, den Aufsichtsratsvorsitzenden als Aufsichtsratsmitglied abzubestellen , § 103 Abs. 1 AktG. (3.2) Zudem sind Aufsichtsratsmitglieder, die ihre Pflichten verletzen, der Gesellschaft nach § 116 S. 1 i.V.m. § 93 Abs. 2 AktG zum Schadensersatz verpflichtet (Innenhaftung). Neben den in § 93 Abs. 3 AktG normierten Pflichtverletzungen, kommt eine Schadensersatzpflicht vor allem aber auch im Zusammenhang mit der Hauptpflicht der Überwachung der Geschäftsführung in Betracht, so z.B. wenn Aufsichtsratsmitglieder Unregelmäßigkeiten in der Geschäftsführung trotz gegebener Anhaltspunkte nicht nachgehen (ErfK/Oetker AktG § 116 Rn. 7-9, beck-online). Der Hauptversammlung ist es gemäß § 147 Abs. 1 S. 1 AktG vorbehalten, die Geltendmachung von Ersatzansprüchen zu beschließen. Darunter fallen u.a. auch Schadensersatzansprüche der Gesellschaft gegen die Mitglieder des Vorstands und des Aufsichtsrats aus der Geschäftsführung. Damit sind Sachverhalte gemeint, die vom Organmitglied in Ausübung seiner Organtätigkeit haftungsbegründend herbeigeführt, gestattet oder beeinflusst werden (MüKoAktG/Schröer AktG § 147 Rn. 18 - 31, beck-online), es handelt sich mithin insbesondere um Ansprüche der zuvor erwähnten §§ 93 und 116 AktG. - Ende der Bearbeitung -