© 2020 Deutscher Bundestag WD 7 - 3000 - 076/20 Rechtsstatus gleichgeschlechtlicher Familien bei Sachverhalten mit Auslandsbezug Sachstand Wissenschaftliche Dienste Die Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestages unterstützen die Mitglieder des Deutschen Bundestages bei ihrer mandatsbezogenen Tätigkeit. Ihre Arbeiten geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Arbeiten der Wissenschaftlichen Dienste geben nur den zum Zeitpunkt der Erstellung des Textes aktuellen Stand wieder und stellen eine individuelle Auftragsarbeit für einen Abgeordneten des Bundestages dar. Die Arbeiten können der Geheimschutzordnung des Bundestages unterliegende, geschützte oder andere nicht zur Veröffentlichung geeignete Informationen enthalten. Eine beabsichtigte Weitergabe oder Veröffentlichung ist vorab dem jeweiligen Fachbereich anzuzeigen und nur mit Angabe der Quelle zulässig. Der Fachbereich berät über die dabei zu berücksichtigenden Fragen. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 7 - 3000 - 076/20 Seite 2 Rechtsstatus gleichgeschlechtlicher Familien bei Sachverhalten mit Auslandsbezug Aktenzeichen: WD 7 - 3000 - 076/20 Abschluss der Arbeit: 1. Juli 2020 Fachbereich: WD 7: Zivil-, Straf- und Verfahrensrecht, Bau und Stadtentwicklung Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 7 - 3000 - 076/20 Seite 3 Inhaltsverzeichnis 1. Beurteilung der Rechtsgültigkeit gleichgeschlechtlicher Ehen mit Auslandsbezug in Deutschland 4 2. Beurteilung der Rechtsgültigkeit im Ausland registrierter Lebenspartnerschaften in Deutschland 5 2.1. Gleichgeschlechtliche registrierte Partnerschaften 5 2.2. Heterosexuelle registrierte Partnerschaften 5 3. Beurteilung der Rechtsgültigkeit gleichgeschlechtlicher nichtehelicher Lebensgemeinschaften mit Auslandsbezug in Deutschland 6 4. Eltern-Kind-Verhältnis bei gleichgeschlechtlichen Partnerschaften mit Auslandsbezug 7 Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 7 - 3000 - 076/20 Seite 4 1. Beurteilung der Rechtsgültigkeit gleichgeschlechtlicher Ehen mit Auslandsbezug in Deutschland Im deutschen materiellen Zivilrecht ist seit Inkrafttreten des Gesetzes zur Einführung des Rechts auf Eheschließung für Personen gleichen Geschlechts zum 1. Oktober 2017 die Eheschließung auch für Personen gleichen Geschlechts möglich.1 Entsprechende Ehen sind damit auf partnerschaftlicher Ebene rechtlich völlig gleichgestellt.2 Zur Beurteilung der Rechtsgültigkeit von gleichgeschlechtlichen Eheschließungen mit Auslandsbezug ist in einem ersten Schritt die nach deutschem Kollisionsrecht maßgebliche Privatrechtsordnung zu bestimmen. Für gleichgeschlechtliche Ehen ist insofern Artikel 17b EGBGB3 einschlägig : Artikel 17b Eingetragene Lebenspartnerschaft und gleichgeschlechtliche Ehe (1) Die Begründung, die Auflösung und die nicht in den Anwendungsbereich der Verordnung (EU) 2016/1104 fallenden allgemeinen Wirkungen einer eingetragenen Lebenspartnerschaft unterliegen den Sachvorschriften des Register führenden Staates. Der Versorgungsausgleich unterliegt dem nach Satz 1 anzuwendenden Recht; er ist nur durchzuführen, wenn danach deutsches Recht anzuwenden ist und das Recht eines der Staaten, denen die Lebenspartner im Zeitpunkt der Rechtshängigkeit des Antrags auf Aufhebung der Lebenspartnerschaft angehören , einen Versorgungsausgleich zwischen Lebenspartnern kennt. Im Übrigen ist der Versorgungsausgleich auf Antrag eines Lebenspartners nach deutschem Recht durchzuführen, wenn einer der Lebenspartner während der Zeit der Lebenspartnerschaft ein Anrecht bei einem inländischen Versorgungsträger erworben hat, soweit die Durchführung des Versorgungsausgleichs insbesondere im Hinblick auf die beiderseitigen wirtschaftlichen Verhältnisse während der gesamten Zeit der Lebenspartnerschaft der Billigkeit nicht widerspricht. (2) Artikel 10 Abs. 2 und Artikel 17a gelten entsprechend. (3) Bestehen zwischen denselben Personen eingetragene Lebenspartnerschaften in verschiedenen Staaten, so ist die zuletzt begründete Lebenspartnerschaft vom Zeitpunkt ihrer Begründung an für die in Absatz 1 umschriebenen Wirkungen und Folgen maßgebend. (4) Gehören die Ehegatten demselben Geschlecht an oder gehört zumindest ein Ehegatte weder dem weiblichen noch dem männlichen Geschlecht an, so gelten die Absätze 1 bis 3 mit der Maßgabe entsprechend, dass sich das auf die Ehescheidung und auf die Trennung ohne Auflösung des Ehebandes anzuwendende Recht nach der Verordnung (EU) Nr. 1259/2010 1 Gesetz zur Einführung des Rechts auf Eheschließung für Personen gleichen Geschlechts vom 20. Juli 2017, BGBl. I S. 2787. 2 Löhnig, Gemeinsame Elternschaft gleichgeschlechtlicher Paare kraft Gesetzes? NJW 2019, 122. 3 EGBGB: Einführungsgesetz zum Bürgerlichen Gesetzbuche in der Fassung der Bekanntmachung vom 21. September 1994 (BGBl. I S. 2494; 1997 I S. 1061), das zuletzt durch Artikel 1 des Gesetzes vom 15. Mai 2020 (BGBl. I S. 948) geändert worden ist. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 7 - 3000 - 076/20 Seite 5 richtet. Die güterrechtlichen Wirkungen unterliegen dem nach der Verordnung (EU) 2016/1103 anzuwendenden Recht. (5) Für die in Absatz 4 genannten Ehen gelten Artikel 13 Absatz 3, Artikel 17 Absatz 1 bis 3, Artikel 19 Absatz 1 Satz 3, Artikel 22 Absatz 3 Satz 1 sowie Artikel 46e entsprechend. Die Ehegatten können für die allgemeinen Ehewirkungen eine Rechtswahl gemäß Artikel 14 treffen . Demnach bestimmt sich die Rechtsgültigkeit einer gleichgeschlechtlichen Eheschließung unabhängig von der Staatsangehörigkeit und dem gewöhnlichen Aufenthalt der Beteiligten nach dem Recht des Staates, in dem die gleichgeschlechtliche Ehe registriert wird beziehungsweise wurde. 2. Beurteilung der Rechtsgültigkeit im Ausland registrierter Lebenspartnerschaften in Deutschland 2.1. Gleichgeschlechtliche registrierte Partnerschaften Für die Bestimmung der maßgeblichen Rechtsordnung ist Artikel 17b EGBGB unmittelbar einschlägig .4 Insofern kann auf das oben unter 1. Ausgeführte verwiesen werden. 2.2. Heterosexuelle registrierte Partnerschaften Das deutsche materielle Zivilrecht kennt keine registrierten Partnerschaften zwischen heterosexuellen Lebenspartnern, wie sie in verschiedenen anderen europäischen Ländern existieren.5 Vor diesem Hintergrund ist noch nicht höchstrichterlich geklärt und dem entsprechend umstritten, nach welchen Kollisionsnornen die bei einem Auslandsbezug anwendbare Rechtsordnung zu bestimmen ist: „Für die kollisionsrechtliche Einordnung der heterosexuellen registrierten Partnerschaft kommen im Wesentlichen zwei Möglichkeiten in Betracht: die Anwendung der eherechtlichen Vorschriften der Art. 13–17a (direkt oder analog) oder der Kollisionsnorm für eingetragene Lebenspartnerschaften, Art. 17b – wiederum entweder direkt oder analog. Angesichts der ursprünglich vertragsrechtlichen bzw. vermögensrechtlichen Ausgestaltung der französischen und belgischen Institutionen war insoweit auch an eine schuldvertragliche Anknüpfung gemäß Art. 27 ff. gedacht worden“6 4 Hausmann, Internationales und Europäisches Familienrecht, 2. Auflage 2018, 1. Teil I Rn. 203. 5 Vgl. hierzu Wissenschaftliche Dienste des Deutschen Bundestages, Der Zivile Solidaritätspakt (PACS) im französischen Recht – Wesentlicher Inhalt und vergleichbare Modelle anderer europäischer Staaten, WD 7 - 3000 - 055/19 vom 3. April 2019 (abrufbar unter https://www.bundestag.de/resource /blob/645642/1555642dbaa59ca8633da5bbb78b941b/WD-7-055-19-pdf-data.pdf). 6 Coester, in: Münchener Kommentar zum BGB, 7. Auflage 2018, Art. 17b EGBGB Rn. 92. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 7 - 3000 - 076/20 Seite 6 Für eine Anknüpfung nach Artikel 17b EGBGB wird hier auch mit Verweis auf die anzustrebende Freizügigkeit der Betroffenen eingetreten: „… ist der Anknüpfung nach Art. 17b der Vorzug zu geben: Sie sichert die grundsätzlich unwandelbare Verbindung von Eingehungs-, Wirkungs- und Auflösungsstatut und ermöglicht den Partnern (vorbehaltlich der Anerkennung im Ausland) praktisch erst die internationale Freizügigkeit. Die Anwendung von Art. 13 würde hingegen zur völligen Nichtigkeit führen, wenn immer ein Partner einem Staat angehört, der dieses Rechtsinstitut nicht kennt.“7 3. Beurteilung der Rechtsgültigkeit gleichgeschlechtlicher nichtehelicher Lebensgemeinschaften mit Auslandsbezug in Deutschland Nichteheliche Lebensgemeinschaften werden im deutschen Recht unabhängig vom Geschlecht der Partner8 grundsätzlich als bloße faktische Lebensgemeinschaften angesehen, die in der Regel auch entsprechend dem Willen der Partner gerade keine allgemeinen Rechtswirkungen entfalten. Während eine allgemeine gesetzliche Regelung dem entsprechend nicht besteht9, wird in verschiedenen Sachnormen gleichwohl an das Bestehen oder Nichtbestehen einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft angeknüpft – etwa im Rahmen von Mietverhältnissen, vgl. § 563 Absatz 1 BGB10. Soweit einzelne Sachnormen an das Bestehen oder Nichtbestehen einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft knüpfen, ist die jeweilige Rechtsfrage bei einem Auslandsbezug der Rechtsprechung zufolge kollisionsrechtlich einzeln anzuknüpfen und sodann die einschlägige Rechtsordnung im Einzelfall zu bestimmen.11 Probleme wirft insofern allerdings die Frage auf, ob und ggf. nach welcher Rechtsordnung das Bestehen einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft selbst zu beurteilen wäre: „Wenig geklärt ist bisher auch, ob faktische Lebensgemeinschaften überhaupt die Vorfrage nach ihrer wirksamen Begründung aufwerfen und ob diese Vorfrage gegebenenfalls selbständig oder unselbständig angeknüpft werden sollte. Eine selbständige Anknüpfung dieser Vorfrage hätte zur Folge, dass das Zustandekommen einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft – entweder in Analogie zum Eherecht (Art 13 EGBGB) oder nach Maßgabe des Rechts am gewöhnlichen Aufenthalt der Lebensgefährten im Zeitpunkt der Aufnahme der Lebensgemeinschaft – einem eigenen Begründungsstatut unterworfen würde. Nur eine nach diesem Recht wirksam zustande gekommene Lebensgemeinschaft könnte dann Grundlage für unterhalts-, 7 Coester, in: Münchener Kommentar zum BGB, 7. Auflage 2018, Art. 17b EGBGB Rn. 95. Ebenfalls für die Anknüpfung nach Artikel 17b EGBGB Hausmann, Internationales und Europäisches Familienrecht, 2. Auflage 2018, 1. Teil I Rn. 208. 8 Kleinwegener, in: Schnitzler (Hrsg.), Münchener Anwaltshandbuch Familienrecht, 5. Auflage 2020, § 27 Rn. 8. 9 Kleinwegener a.a.O. § 27 Rn. 15. 10 Bürgerliches Gesetzbuch in der Fassung der Bekanntmachung vom 2. Januar 2002 (BGBl. I S. 42, 2909; 2003 I S. 738), das zuletzt durch Artikel 1 des Gesetzes vom 19. März 2020 (BGBl. I S. 541) geändert worden ist. 11 BGH, Versäumnisurteil vom 13. 4. 2005 - XII ZR 296/00. Vgl. auch Rieck, Internationales Familien- und Verfahrensrecht , Werkstand: 18. EL Mai 2019, Die nichteheliche Lebensgemeinschaft Rn. 27. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 7 - 3000 - 076/20 Seite 7 güter- oder erbrechtliche Ansprüche eines Lebensgefährten sein, auch wenn diese Rechtswirkungen einem hiervon abweichenden Recht unterliegen (dafür Staud/Mankowski Anh Art 13 Rn 79). Diese Lösung bereitet freilich erhebliche Schwierigkeiten, weil die Voraussetzungen für die Begründung einer wirksamen faktischen Lebensgemeinschaft in den meisten Rechten nicht geregelt sind; nur in wenigen Staaten ist eine zu erfüllende Mindestdauer des Zusammenlebens gesetzlich vorgeschrieben (vgl zum spanischen Recht Staud/Mankowski Rn 15). Außerdem stehen die rechtlichen Wirkungen einer faktischen Lebensgemeinschaft in einem engen Zusammenhang mit den Anforderungen an das Zustandekommen einer solchen Lebensgemeinschaft . Dies spricht dafür, die Anforderungen an ihre Existenz jeweils demjenigen Sachrecht zu entnehmen, das die streitgegenständliche Wirkung beherrscht, also dem Unterhalts -, Güterrechts- oder schuldrechtlichen Ausgleichsstatut (idS schon Hausmann FS Henrich [2000] 241/253; ferner Hausmann/Hohloch/Martiny, Hdb Kap 12 Rn 22; Schaal ZNotP 09, 290/293; Andrae, IntFamR § 9 Rn 39; NK-BGB/Andrae, Art 13 Anh II Rn 7; MüKoBGB/Coester Rn 108; Münch/Süß § 20 Rn 310).“12 4. Eltern-Kind-Verhältnis bei gleichgeschlechtlichen Partnerschaften mit Auslandsbezug Die Frage der für das Bestehen oder Nichtbestehen eines Eltern-Kind-Verhältnisses einschlägigen Rechtsordnung wird kollisionsrechtlich in Artikel 19 EGBGB geregelt. Demnach gilt: Artikel 19 Abstammung (1) Die Abstammung eines Kindes unterliegt dem Recht des Staates, in dem das Kind seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat. Sie kann im Verhältnis zu jedem Elternteil auch nach dem Recht des Staates bestimmt werden, dem dieser Elternteil angehört. Ist die Mutter verheiratet, so kann die Abstammung ferner nach dem Recht bestimmt werden, dem die allgemeinen Wirkungen ihrer Ehe bei der Geburt nach Artikel 14 Absatz 2 unterliegen; ist die Ehe vorher durch Tod aufgelöst worden, so ist der Zeitpunkt der Auflösung maßgebend. (2) … Soweit es um die Abstammung des Kindes vom einen oder anderen Lebenspartner geht, sind Artikel 19 Absatz 1 Sätze 1 und 2 EGBGB unmittelbar anwendbar, die Lebenspartnerschaft ist insoweit irrelevant.13 Ob und in welcher Weise Artikel 19 Absatz 1 Satz 3 EGBGB auf gleichgeschlechtliche Ehen anzuwenden ist, ist noch nicht abschließend geklärt.14 So wird hierzu zum einen die Auffassung vertreten, das für die Abstammung in gleichgeschlechtlichen Ehen maßgebliche Recht könne auch nach dem von Artikel 17b Absatz 1 EGBGB zur Anwendung berufenen Registrierungsstatut festgestellt werden.15 Nach einer anderen Ansicht verweist die Regelung in 12 Hausmann, Internationales und Europäisches Familienrecht, 2. Auflage 2018, 1. Teil I Rn. 290. 13 Coester, in: Münchener Kommentar zum BGB, 7. Auflage 2018, Art. 17b EGBGB Rn. 69. 14 Helms, in: Münchener Kommentar zum BGB, 7. Auflage 2018 EGBGB, Art. 19 EGBGB Rn. 48a. 15 Hausmann, Internationales und Europäisches Familienrecht, 2. Auflage 2018, Teil I G. Rn. 58. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 7 - 3000 - 076/20 Seite 8 Artikel 19 Absatz 1 Satz 3 EGBGB für verschieden- und gleichgeschlechtliche Ehen – dem Wortlaut getreu – auf dieselbe nach Artikel 14 Absatz 1 zu bestimmende Rechtsordnung.16 Artikel 14 Absatz 1 EGBGB lautet: Artikel 14 Allgemeine Ehewirkungen (1) Soweit allgemeine Ehewirkungen nicht in den Anwendungsbereich der Verordnung (EU) 2016/1103 fallen, unterliegen sie dem von den Ehegatten gewählten Recht. Wählbar sind 1. das Recht des Staates, in dem beide Ehegatten im Zeitpunkt der Rechtswahl ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben, 2. das Recht des Staates, in dem beide Ehegatten ihren gewöhnlichen Aufenthalt während der Ehe zuletzt hatten, wenn einer von ihnen im Zeitpunkt der Rechtswahl dort noch seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat, oder 3. ungeachtet des Artikels 5 Absatz 1 das Recht des Staates, dem ein Ehegatte im Zeitpunkt der Rechtswahl angehört. Die Rechtswahl muss notariell beurkundet werden. Wird sie nicht im Inland vorgenommen, so genügt es, wenn sie den Formerfordernissen für einen Ehevertrag nach dem gewählten Recht oder am Ort der Rechtswahl entspricht. Bei Maßgeblichkeit ausländischen materiellen Zivilrechts gilt: „Eine nach ausländischem Recht kraft Gesetzes bestehende Mit-Mutterschaft einer Ehegattin oder Lebenspartnerin mit deutscher Staatsangehörigkeit wird IPR-rechtlich grundsätzlich anerkannt . Daher kann die Geburt des Kindes in Deutschland nachbeurkundet werden; einer Stiefkindadoption bedarf es in diesem Fall nicht.“17 Insbesondere verstößt eine nach der zur Anwendung berufenen ausländischen Rechtsordnung etablierte gleichgeschlechtliche Elternschaft nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung nicht gegen den deutschen ordre public (Artikel 6 EGBGB): „Die rechtliche Zuordnung eines Kindes zu gleichgeschlechtlichen Eltern verstößt nicht gegen den deutschen ordre public. Die Verhältnisse in einer gleichgeschlechtlichen Ehe oder eingetragenen Lebenspartnerschaft können das Aufwachsen von Kindern ebenso fördern wie diejenigen in einer traditionellen Ehe (vgl BGHZ 203, 350 = FamRZ 15, 240 Rn 43; BGHZ 206, 86 = FamRZ 15, 1479 Rn 35). Aus diesem Grunde kann auch der vom ausländischen Recht angeordneten Abstammung des Kindes von seiner Co-Mutter die Anerkennung in Deutschland nicht unter Berufung auf Art 6 EGBGB versagt werden (BGHZ 210, 59 Rn 51 f = FamRZ 16, 1251 m zust Anm Dutta; Coester-Waltjen IPRax 16, 132/136 ff; MüKoBGB/Helms Rn 57; 16 Helms, in: Münchener Kommentar zum BGB, 7. Auflage 2018 EGBGB, Art. 19 EGBGB Rn. 48a. 17 Wellenhofer, in: Münchener Kommentar zum BGB, 8. Auflage 2020, § 1591 BGB Rn. 12. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 7 - 3000 - 076/20 Seite 9 BeckOK-BGB/Heiderhoff Rn 43; aA Andrae StAZ 15, 163/171). Denn auch nach deutschem Recht kann dieses Ziel im Wege einer Stiefkind- bzw Sukzessivadoption erreicht werden (§ 9 Abs 7 S 1 LPartG; Helms StAZ 12, 2/8).“18 Das deutsche materielle Zivilrecht selbst kennt derzeit die Möglichkeit, die Elternschaft zweier Mütter oder Väter unmittelbar mit der Geburt des Kindes zu begründen, nicht19: „Bei zwei Ehegattinnen oder zwei eingetragenen Lebenspartnerinnen ist … nur die gebärende Frau Mutter des Kindes iSv § 1591. Die Ehegattin kann die Elternschaft nach geltendem Recht nur durch Stiefkindadoption erlangen (§ 1741 Abs. 2 S. 3). § 1592 Nr. 1 gilt nicht analog. Eine pränatale Mutterschaftsanerkennung durch die Partnerin analog § 1594 Abs. 4 ist ebenfalls nicht möglich. Diese Rechtslage ist verfassungsgemäß. Relevant wird die Frage insbesondere bei Zeugung mit Spendersamen. Die annehmende Mit-Mutter wird nicht als zweite Mutter im Geburtenregister oder in die Geburtsurkunde des Kindes eingetragen.“20 Das Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz (BMJV) hat erklärt, gesetzgeberischen Handlungsbedarf zur Verbesserung der Rechtsstellung des Kindes, das in eine zwischen zwei Frauen geschlossene Ehe hineingeboren wurde, zu sehen.21 Ein öffentlich zur Diskussion gestellter Gesetzentwurf des BMJV aus dem Jahr 2019 für ein Gesetz zur Reform des Abstammungsrechts sieht vor, eine „Mit-Mutterschaft“ in einem entsprechend zu ergänzenden § 1592 BGB parallel zur rechtlichen Vaterschaft auszugestalten.22 * * * 18 Hausmann, Internationales und Europäisches Familienrecht, 2. Auflage 2018, Art. 19 EGBGB Rn. 86. 19 v. Sachsen Gessaphe, in: Münchener Kommentar zum BGB, 8. Auflage 2020, § 1616 BGB Rn. 9. 20 Wellenhofer, in: Münchener Kommentar zum BGB, 8. Auflage 2020, § 1591 BGB Rn. 12. 21 Vgl. Antwort des Parlamentarischen Staatssekretärs Christian Lange vom 7. Mai 2020 auf eine Schriftliche Frage der Abgeordneten Ulle Schauws (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN), Bundestags-Drucksache 19/19021, S. 47. 22 Diskussionsteilentwurf des Bundesministeriums der Justiz und für Verbraucherschutz vom 13. März 2019, Entwurf eines Gesetzes zur Reform des Abstammungsrechts, hier: Änderung von Buch 4 Abschnitt 2 Titel 1 und 2 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) sowie Folgeänderungen in § 1686a BGB und im Lebenspartnerschaftsgesetz – LPartG, abrufbar unter https://www.bmjv.de/SharedDocs/Gesetzgebungsverfahren/Dokumente/DiskE_Reform _Abstammungsrecht.pdf?__blob=publicationFile&v=1 (zuletzt abgerufen am 22. Juni 2020).