© 2018 Deutscher Bundestag WD 7 - 3000 - 076/18 Der zulässige Inhalt einer aktienrechtlichen Satzung Sachstand Wissenschaftliche Dienste Die Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestages unterstützen die Mitglieder des Deutschen Bundestages bei ihrer mandatsbezogenen Tätigkeit. Ihre Arbeiten geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Arbeiten der Wissenschaftlichen Dienste geben nur den zum Zeitpunkt der Erstellung des Textes aktuellen Stand wieder und stellen eine individuelle Auftragsarbeit für einen Abgeordneten des Bundestages dar. Die Arbeiten können der Geheimschutzordnung des Bundestages unterliegende, geschützte oder andere nicht zur Veröffentlichung geeignete Informationen enthalten. Eine beabsichtigte Weitergabe oder Veröffentlichung ist vorab dem jeweiligen Fachbereich anzuzeigen und nur mit Angabe der Quelle zulässig. Der Fachbereich berät über die dabei zu berücksichtigenden Fragen. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 7 - 3000 - 076/18 Seite 2 Der zulässige Inhalt einer aktienrechtlichen Satzung Aktenzeichen: WD 7 - 3000 - 076/18 Abschluss der Arbeit: 18. April 2018 Fachbereich: WD 7: Zivil-, Straf- und Verfahrensrecht, Umweltschutzrecht, Bau und Stadtentwicklung Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 7 - 3000 - 076/18 Seite 3 Inhaltsverzeichnis 1. Einleitung 4 2. Der aktienrechtliche Satzungsbegriff 5 3. Möglichkeiten der Zielfestschreibung in aktienrechtlichen Satzungen 5 3.1. Zielfestschreibung durch Konkretisierung des Gesellschaftszwecks 6 3.2. Zielfestschreibung durch Bestimmung des Unternehmensgegenstandes 7 3.3. Sonstige Möglichkeiten der Zielfestschreibung 10 4. „Volkswirtschaftliche Ziele“ aus steuerrechtlicher Sicht 10 5. Fazit 11 Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 7 - 3000 - 076/18 Seite 4 1. Einleitung Nach Art. 87e Abs. 3 Satz 1 des Grundgesetzes (GG)1 werden die Eisenbahnen des Bundes als Wirtschaftsunternehmen in privatrechtlicher Form geführt. Der Koalitionsvertrag für die 19. Legislaturperiode enthält in dem Kapitel für den Schienenverkehr folgendes Vorhaben: „Wir werden in den Satzungen der DB Netz AG, der DB Station&Service AG sowie des Gesamtkonzerns volkswirtschaftliche Ziele wie die Steigerung des Marktanteils der Schiene festschreiben und die Vorstände der Unternehmen auf die Erfüllung der Ziele verpflichten.“2 Die beabsichtigte Zielfestschreibung soll ohne eine Änderung gesetzlicher Regelungen erfolgen. Es könnte sich deshalb die Frage stellen, inwieweit das Aktiengesetz (AktG)3 den (Allein-)Aktionär bei der Ausgestaltung des Unternehmensgegenstandes einschränkt, beispielsweise durch § 23 und § 275 AktG. Von Interesse ist hierbei, ob zwischen den gesellschaftsrechtlichen Normierungen und „volkswirtschaftlichen Zielen“ ein Konflikt, insbesondere hinsichtlich der vorgegebenen Ausgestaltung der Deutsche Bahn AG (DB AG) als Wirtschaftsunternehmen besteht. Dies führt zu der Fragestellung, ob die Vorgabe dieser Ziele der bei einem Wirtschaftsunternehmen typischen „Gewinnerzielungsabsicht“ entgegensteht. Nach seinen Verfahrensgrundsätzen nimmt der Wissenschaftliche Dienst keine Rechtsprüfungen zu Einzelfällen vor. Die nachfolgenden Ausführungen behandeln daher in allgemeiner Form den zulässigen Inhalt aktienrechtlicher Satzungen von öffentlichen Unternehmen. Hierzu wird zunächst der aktienrechtliche Satzungsbegriff vorgestellt (Ziffer 2), um anschließend auf die Voraussetzungen für mögliche Zielfestschreibungen durch eine Änderung der Satzung einzugehen (Ziffer 3). Schließlich wird in diesem Zusammenhang noch in gedrängter Form auf mögliche steuerrechtliche Auswirkungen verwiesen (Ziffer 4). 1 Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland in der im Bundesgesetzblatt Teil III, Gliederungsnummer 100- 1, veröffentlichten bereinigten Fassung, das zuletzt durch Artikel 1 des Gesetzes vom 13.07.2017 (BGBl. I S. 2347) geändert worden ist, zuletzt abgerufen am 18.04.2018: https://www.gesetze-im-internet.de/gg/GG.pdf. 2 Koalitionsvertrag zwischen CDU, CSU und SPD, 19. Legislaturperiode, Ein neuer Aufbruch für Europa – Eine neue Dynamik für Deutschland – Ein neuer Zusammenhalt für unser Land, S. 78, Zeilen 3592 bis 3596, zuletzt abgerufen am 18.04.2018: https://www.cdu.de/system/tdf/media/dokumente/koalitionsvertrag_2018.pdf?file=1. 3 Aktiengesetz vom 06.09.1965 (BGBl. I S. 1089), zuletzt geändert durch Art. 9 des Gesetzes vom 17.07.2017 (BGBl. I S. 2446), zuletzt abgerufen am 18.04.2018: https://www.gesetze-im-internet.de/aktg/AktG.pdf. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 7 - 3000 - 076/18 Seite 5 2. Der aktienrechtliche Satzungsbegriff Regelungen zur Satzung einer Aktiengesellschaft (AG) finden sich unter anderem in den §§ 2, 23, 179, 181 AktG. Die Satzung einer AG ist ein in einer Urkunde zusammengefasster Regelungskomplex .4 Sie ist beim Handelsregister zu hinterlegen. In § 2 AktG ist der Begriff der Satzung legaldefiniert .5 Es handelt sich demzufolge um einen Gesellschaftsvertrag. Der Abschluss eines Gesellschaftsvertrags richtet sich nach allgemeinen rechtsgeschäftlichen Regeln. Eine Besonderheit der Satzung ist aber, dass sie nicht nur Bestimmungen mit rein schuldrechtlicher Wirkung enthält, sondern auch Bestimmungen, die die Verfasstheit der AG als juristische Person regeln. Diese korporativen Satzungsbestimmungen bilden das Grundgerüst der Gesellschaft und regeln das Verhältnis zwischen Gesellschaft, Organen und Aktionären. Die Wirkung dieser korporativen Satzungsbestimmungen erstreckt sich auch auf zukünftige Organe und Aktionäre. Hinsichtlich der korporativen Satzungsbestimmungen enthält § 23 Abs. 3 und 4 AktG eine Aufzählung von Regelungsgegenständen, die zwingend in jeder aktienrechtlichen Satzung enthalten sein müssen. Davon ist hier vor allem § 23 Abs. 3 Nr. 2 AktG relevant. Dieser regelt, dass in jeder aktienrechtlichen Satzung der Unternehmensgegenstand bestimmt sein muss. Die Bestimmung des Unternehmensgegenstandes ist eine Möglichkeit, Ziele der AG in der Satzung zu verankern. Daneben besteht die Möglichkeit, Ziele der AG durch Konkretisierung des Gesellschaftszwecks festzuschreiben. Sonstige Möglichkeiten der Zielfestschreibung oder Zieländerung in aktienrechtlichen Satzungen bestehen nur in begrenztem Umfang. Grundsätzliche Einschränkungen bei der Festschreibung von Zielen in Satzungen ergeben sich nach dem Aktiengesetz hauptsächlich aus dem Prinzip der eigenverantwortlichen Unternehmensleitung durch den Vorstand (vgl. § 76 Abs. 1 AktG). Bei den im Koalitionsvertrag angesprochenen Satzungen handelt es sich um solche bestehender AGs. Es wird daher zunächst allgemein der zulässige Inhalt einer Satzung anlässlich der Gründung einer AG vorgestellt (Ziffer 3). Daraus ergeben sich dann Schlussfolgerungen für den zulässigen Inhalt nachträglicher Satzungsänderungen. 3. Möglichkeiten der Zielfestschreibung in aktienrechtlichen Satzungen In der aktienrechtlichen Satzung können Ziele vor allem über eine Konkretisierung des Gesellschaftszwecks (Ziffer 3.1) oder die Bestimmung des Unternehmensgegenstandes (Ziffer 3.2) festgeschrieben werden. Die Möglichkeiten der Zielfestschreibung bestimmen sich grundsätzlich nach den allgemeinen Regeln des Aktienrechts. 4 Vgl. hierzu bspw. Holzborn, in: Spindler/Stilz, Aktiengesetz, 3. Auflage 2015, § 179 Rn. 29. 5 § 2 AktG hat folgenden Wortlaut: „An der Feststellung des Gesellschaftsvertrags (der Satzung) müssen sich eine oder mehrere Personen beteiligen, welche die Aktien gegen Einlagen übernehmen.“ Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 7 - 3000 - 076/18 Seite 6 3.1. Zielfestschreibung durch Konkretisierung des Gesellschaftszwecks Der Gesellschaftszweck definiert, was die Gründungsaktionäre mit der Gesellschaft zum Gründungszeitpunkt erreichen wollten. AGs können hierbei zu jedem gesetzlich erlaubten Zweck gegründet werden. Neben erwerbswirtschaftlichen Zwecken sind also auch nichterwerbswirtschaftliche Zwecke, etwa sozialwirtschaftlicher oder ideeller Art, möglich. Eine AG kann auch derartigen gemischten Zwecken dienen.6 In einem solchen Fall ist es möglich, eine Rangordnung dieser Zwecke in der Satzung festzulegen. Der Gesellschaftszweck muss in der Satzung nicht ausdrücklich geregelt sein. Fehlt eine ausdrückliche Regelung und lässt sich der Gesellschaftszweck auch durch Auslegung nicht ermitteln, ist von einem erwerbswirtschaftlichen Gesellschaftszweck auszugehen. Dies ergibt sich aus den §§ 58, 174, 254 AktG, in denen der Gesetzgeber grundsätzlich von einer erwerbswirtschaftlichen Zwecksetzung ausgeht. Der Vorstand ist in solchen Fällen – selbst wenn es sich um eine AG mit rein staatlicher Beteiligung handelt – allein dem erwerbswirtschaftlichen Unternehmensinteresse verpflichtet und darf widerstreitende öffentliche Interessen nicht berücksichtigen. Sofern in der Satzung aber ein öffentlicher Zweck festgeschrieben ist, wird dadurch der Inhalt des von allen Gesellschaftsorganen zu beachtenden Unternehmensinteresses konkretisiert. Die Gesellschaftsorgane müssen dann bei der Ausübung ihres Leitungsermessens die öffentliche Zielvorgabe beachten – auch wenn der Gesellschaft dadurch möglicherweise ein Gewinn entgeht. Für Vorstandsmitglieder ergibt sich die Bindung an den Gesellschaftszweck im Verhältnis zur Gesellschaft aus § 82 Abs. 2 AktG. Die Vorschrift hat folgenden Wortlaut: „2) Im Verhältnis der Vorstandsmitglieder zur Gesellschaft sind diese verpflichtet, die Beschränkungen einzuhalten, die im Rahmen der Vorschriften über die Aktiengesellschaft die Satzung, der Aufsichtsrat, die Hauptversammlung und die Geschäftsordnungen des Vorstands und des Aufsichtsrats für die Geschäftsführungsbefugnis getroffen haben.“ Es ist daher nicht zwingend erforderlich, die Vorstände der angesprochenen AGs auf geänderte Zielfestschreibungen in der Satzung ausdrücklich zu verpflichten. Bei einer etwaigen Satzungsänderung ergibt sich diese Verpflichtung dann bereits aus dem Gesetz. Besonderheiten für die Konkretisierung des Gesellschaftszwecks ergeben sich für die Eisenbahnen des Bundes aus Art. 87e Abs. 3 Satz 1 GG. Hiernach müssen diese als Wirtschaftsunternehmen in privatrechtlicher Form geführt werden. Durch diese Vorgabe könnten die Möglichkeiten einer Zielfestschreibung durch Konkretisierung des Gesellschaftszwecks eingeschränkt sein. Denn AGs, die in diesem Bereich agieren, sind als Wirtschaftsunternehmen verfassungsmäßig prinzipiell auf einen erwerbswirtschaftlichen Unternehmenszweck, also auf Gewinnerzielung, ausgerichtet. Ob sich die Eisenbahnen des Bundes damit ohne jede Rücksicht auf volkswirtschaftliche Erfordernisse oder des Gemeinwohls bei ihrer Tätigkeit ausschließlich am Wettbewerb und am Unterneh- 6 Vgl. Schön, Der Einfluss öffentlich-rechtlicher Zielsetzungen auf das Statut privatrechtlicher Eigengesellschaften der öffentlichen Hand: Gesellschaftsrechtliche Analyse, Zeitschrift für Unternehmens- und Gesellschaftsrecht (ZGR) 1996, 429 (440 f.); Holzborn, in: Spindler/Stilz, Aktiengesetz, 3. Auflage 2015, § 179 Rn. 58. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 7 - 3000 - 076/18 Seite 7 mensgewinn zu orientieren haben, ist streitig. Der Streit um die richtige Verortung der Eisenbahnen des Bundes, insbesondere des Schienennetzes (vgl. Art. 87e Abs. 3 Satz 2 und 3, Abs. 4 GG), zwischen den Polen „Privatwirtschaftlichkeit“ und „Gemeinwohlbindung“ sowie „Staatsferne“ und „-nähe“ wird seit der Bahnreform geführt, ohne dass ein klarer Konsens erreicht worden wäre.7 Unabhängig hiervon ist als Zwischenergebnis festzuhalten, dass für eine Änderung des Gesellschaftszwecks immer eine Satzungsänderung erforderlich ist.8 Die Satzungsänderung findet in § 179 AktG eine ausdrückliche Erwähnung. Bei einem Wechsel von einem erwerbswirtschaftlichen zu einem nichterwerbswirtschaftlichen Zweck oder zu gemischten Zwecken ist grundsätzlich die Zustimmung aller Gesellschafter oder, wie bei der DB AG, die des Alleingesellschafters erforderlich . 3.2. Zielfestschreibung durch Bestimmung des Unternehmensgegenstandes Neben dem Gesellschaftszweck kann eine Zielfestschreibung in aktienrechtlichen Satzungen auch durch Bestimmung des Unternehmensgegenstandes erfolgen.9 Der Gegenstand des Unternehmens muss nach § 23 Abs. 3 Nr. 2 AktG zwingend in der Satzung bestimmt sein. Der Begriff des Unternehmensgegenstandes ist gesetzlich nicht definiert. Aus den in § 23 Abs. 3 Nr. 2 AktG enthaltenen Einzelanforderungen für Industrie- und Handelsunternehmen kann aber verallgemeinernd hergeleitet werden, dass der Unternehmensgegenstand den Bereich und die Art der Betätigung der Gesellschaft beschreibt.10 Grundsätzlich verdeutlicht der Unternehmensgegenstand durch welche Tätigkeit und mit welchen Mitteln der Gesellschaftszweck erreicht werden soll. Durch die Bestimmung des Gesellschaftsgegenstandes kann daher – sofern dies zur Sicherung des jeweiligen Gesellschaftszwecks erforderlich ist – das Angebot der Gesellschaft am Markt vorgezeichnet werden.11 Für dieses Agieren der AG am Markt können durch die Bestimmung des Unternehmensgegenstandes relativ enge Vorgaben gemacht werden.12 7 Vgl. im Einzelnen zu den unterschiedlichen Positionen die Nachweise bei Remmert, in: BeckOK (Beck’scher Online-Kommentar) Grundgesetz, hrsg. von Epping/Hillgruber, 36. Edition, Stand: 15.02.2018, Art. 87e Rn. 12, insbesondere Möstl, in: Maunz/Dürig, Grundgesetz-Kommentar, 81. Ergänzungslieferung (EL) September 2017, Art. 87e Rn. 79 ff. mit weiteren Nachweisen. 8 Haberstock/Greitemann, in: Hölters, Aktiengesetz, 3. Auflage 2017, § 179 Rn. 19. 9 Zur Abgrenzung zwischen Unternehmensgegenstand und Gesellschaftszweck vgl. Körber, in: Bürgers/Körber, AktG Kommentar (2008), § 23 Rn. 29. 10 Holzborn, in: Spindler/Stilz, Aktiengesetz, 3. Auflage 2015, § 179 Rn. 62; Schön, ZGR 1996, 429 (442); Haberstock /Greitemann, in: Hölters, Aktiengesetz, 3. Auflage 2017, § 179 Rn. 20. 11 Vgl. Schön, ZGR 1996, 429 (442). 12 Schürnbrand, in: Münchener Kommentar zum Aktiengesetz, 4. Auflage 2017, Vorbemerkung: Die Beteiligung von Gebietskörperschaften an Aktiengesellschaften mit Kommentierung der §§ 53, 54 Haushaltsgrundsätzegesetz (HGrG), Rn. 100. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 7 - 3000 - 076/18 Seite 8 Ebenso wie bei der Festschreibung des Gesellschaftszwecks wird durch die Bestimmung des Unternehmensgegenstandes in der Satzung die Geschäftsführungsbefugnis des Vorstands vorgezeichnet (vgl. § 82 Abs. 2 AktG).13 Der Unternehmungsgegenstand definiert für das Innenverhältnis den Rahmen, in dem der Vorstand gegenüber der Gesellschaft tätig werden darf und muss: Der Vorstand darf den Unternehmensgegenstand weder über- noch dauerhaft unterschreiten.14 Insofern eignet sich die Bestimmung des Unternehmensgegenstandes besonders für die Zielfestschreibung in aktienrechtlichen Satzungen. Zu berücksichtigen ist aber, dass nach § 76 Abs. 1 AktG der Vorstand die Gesellschaft eigenverantwortlich zu leiten hat. Die Zielfestschreibungen durch Bestimmung des Unternehmensgegenstandes dürfen daher nicht so detailliert erfolgen, dass keinerlei Raum mehr für eine eigenverantwortliche Gesellschaftsleitung durch den Vorstand verbleibt.15 Für die DB AG ist der Unternehmensgegenstand in seinen Mindestanforderungen gesetzlich in § 3 Abs. 1 des Gesetzes über die Gründung einer Deutsche Bahn Aktiengesellschaft (DBGrG)16 festgeschrieben . Die Vorschrift hat folgenden Wortlaut: „(1) Gegenstand des Unternehmens der Gesellschaft ist 1. das Erbringen von Eisenbahnverkehrsleistungen zur Beförderung von Gütern und Personen ; 2. das Betreiben der Eisenbahninfrastruktur; dazu zählen insbesondere die Planung, der Bau, die Unterhaltung sowie die Führung der Betriebsleit- und Sicherheitssysteme; 3. Geschäftstätigkeiten in dem Eisenbahnverkehr verwandten Bereichen.“ Durch eine Änderung der Satzung der DB AG kann der Gegenstand dieses Unternehmens erweitert werden (vgl. § 3 Abs. 2 DBGrG). Eine Erweiterung des Unternehmensgegenstandes der DB AG erfordert demzufolge keine gesetzliche Konkretisierung, sondern kann durch eine entsprechende Satzungsänderung herbeigeführt werden. Der Unternehmensgegenstand der DB AG wird in § 2 Abs. 1 ihrer Satzung17 näher beschrieben. Die Regelung hat folgenden Wortlaut: 13 Weber, in: Hölters, Aktiengesetz, 3. Auflage 2017, § 82 Rn. 18; Spindler, in: Münchener Kommentar zum Aktiengesetz , 4. Auflage 2014, § 82 Rn. 34. 14 Schön, ZGR 1996, 429 (441); Spindler, in: Münchener Kommentar zum Aktiengesetz, 4. Auflage 2014, § 82 Rn. 34. 15 Vgl. Schön, ZGR 1996, 429 (437). 16 Gesetz über die Gründung einer Deutsche Bahn Aktiengesellschaft (Deutsche Bahn Gründungsgesetz - DBGrG) vom 27.12.1993 (BGBl. I S. 2378, 2386; 1994 I S. 2439), zuletzt geändert durch Art. 515 der Verordnung vom 31.08.2015 (BGBl. I S. 1474); zuletzt abgerufen am 18.04.2018: https://www.gesetze-im-internet .de/dbgrg/DBGrG.pdf. 17 Die Satzung der DB AG in der am 15.07.2016 beschlossenen Fassung, zuletzt abgerufen am 18.04.2018: https://www1.deutschebahn.com/file/ecm2-db-de/12206388/BYnm6BoNY- RgydWkPgv_A7l9YSk/1488882/data/satzung_dbag.pdf. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 7 - 3000 - 076/18 Seite 9 „(1) Gegenstand des Unternehmens ist die Leitung einer Gruppe von Unternehmen, die insbesondere auf folgenden Geschäftsfeldern tätig sind: 1. Betreiben und Vermarkten der Eisenbahninfrastruktur, insbesondere Planung, Bau, Unterhaltung sowie Führung von Betriebsleit- und Sicherheitssystemen; 2. Verkehrsleistungen zur Beförderung von Gütern und Personen, insbesondere auf dem Gebiet des Schienenverkehrs; 3. Logistikleistungen aller Art, insbesondere Transport-, Speditions-, Fracht- und Lagerleistungen ; 4. Beratungs- und Dienstleistungen aller Art, insbesondere in den Bereichen Verkehr, Logistik , IT und Telekommunikation.“ Daraus, dass der Unternehmensgegenstand über § 23 Abs. 3 Nr. 2 AktG zwingend in der Satzung bestimmt sein muss, ergibt sich, dass jede Änderung des Unternehmensgegenstandes auch einer Satzungsänderung bedarf.18 Für eine Änderung des Unternehmensgegenstandes ist folglich nach § 179 Abs. 1 AktG ein Beschluss der Hauptversammlung erforderlich. Dieser Beschluss bedarf nach § 179 Abs. 2 AktG einer qualifizierten Mehrheit. Verändert ein als AG betriebenes Unternehmen beispielsweise seine Geschäftstätigkeit so, dass sie sich auf einen Bereich erstreckt, der von der Satzung nicht erfasst ist, liegt eine Erweiterung des Unternehmensgegenstandes vor und erfordert folglich auch eine Satzungsänderung.19 Zu beachten ist, dass eine Änderung des Unternehmensgegenstandes, die verdeckt dazu führt, dass sich der erwerbswirtschaftliche Zweck der Gesellschaft in einen öffentlichen Zweck verwandelt, nicht durch eine qualifizierte Mehrheit zu erreichen ist, sondern als Zweckänderung die Zustimmung aller Aktionäre verlangt.20 Sofern bei AGs mit staatlicher Beteiligung ein Beschluss der Hauptversammlung zur Änderung des Unternehmensgegenstandes einseitig staatliche Interessen begünstigt, obwohl andere Aktionäre 18 Schürnbrand, in: Münchener Kommentar zum Aktiengesetz, 4. Auflage 2017, Vorbemerkung: Die Beteiligung von Gebietskörperschaften an Aktiengesellschaften mit Kommentierung der §§ 53, 54 Haushaltsgrundsätzegesetz (HGrG), Rn. 100. 19 Haberstock/Greitemann, in: Hölters, Aktiengesetz, 3. Auflage 2017, § 179 Rn. 20. 20 Vgl. Schön, ZGR 1996, 429 (441 f.); Schürnbrand, in: Münchener Kommentar zum Aktiengesetz, 4. Auflage 2017, Vorbemerkung: Die Beteiligung von Gebietskörperschaften an Aktiengesellschaften mit Kommentierung der §§ 53, 54 Haushaltsgrundsätzegesetz (HGrG), Rn. 100. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 7 - 3000 - 076/18 Seite 10 vorhanden sind, könnte sich eine Anfechtbarkeit dieses Beschlusses aus § 243 Abs. 2 AktG ergeben .21 Bei der DB AG ist der Bund allerdings Alleinaktionär, so dass eine entsprechende Satzungsänderung unter den angesprochenen Voraussetzungen grundsätzlich möglich wäre. 3.3. Sonstige Möglichkeiten der Zielfestschreibung Zielfestschreibungen innerhalb der Satzung sind grundsätzlich auch auf anderem Weg als durch Konkretisierung des Gesellschaftszwecks oder des Unternehmensgegenstandes möglich. Dies ergibt sich aus § 23 Abs. 5 Satz 2 AktG. Hiernach sind ergänzende Satzungsbestimmungen zulässig , wenn nicht das Aktiengesetz eine abschließende Regelung enthält. Direkte Zielfestschreibungen außerhalb des Gesellschaftszwecks und insbesondere des Unternehmensgegenstandes kommen danach nicht in Frage, da hierfür mit § 23 Abs. 3 Nr. 2 AktG schon eine abschließende Regelung besteht. Denkbar wäre es jedoch, eine indirekte Zielfestschreibung im Sinne einer Steuerung durch bestimmte Ordnungsvorgaben in die Satzung mit aufzunehmen. Anerkannt ist beispielsweise, dass dem Vorstand in der Satzung eine Geschäftsordnung gegeben werden kann.22 Im Hinblick auf § 23 Abs. 5 Satz 2 AktG erscheint es aber unzulässig, in die Satzung materielle Richtlinien für die Geschäftspolitik mit aufzunehmen. Denn dies würde der eigenverantwortlichen Unternehmensleitung durch den Vorstand widersprechen, die in § 76 Abs. 1 AktG als abschließende Grundentscheidung getroffen wurde.23 4. „Volkswirtschaftliche Ziele“ aus steuerrechtlicher Sicht Die steuerrechtlichen Auswirkungen einer Aufnahme „volkswirtschaftlicher Ziele“ in die Satzung einer AG hängen von den Umständen des Einzelfalls ab und können sich bei der DB Netz AG auch im Hinblick auf eine beispielsweise sogenannte verdeckte Gewinnausschüttung anders auswirken als bei der DB Station&Service AG oder der DB AG selbst. Im Steuerrecht sind vorrangig Veränderungen in der Einkunftssphäre des Steuersubjekts relevante Vorgänge: „Unter einer verdeckten Gewinnausschüttung im Sinne des § 8 Abs. 3 S. 2 Körperschaftsteuergesetz (KStG)24 ist bei einer Kapitalgesellschaft eine Vermögensminderung (verhinderte Vermögensmehrung ) zu verstehen, die durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasst oder mitver- 21 Schürnbrand, in: Münchener Kommentar zum Aktiengesetz, 4. Auflage 2017, Vorbemerkung: Die Beteiligung von Gebietskörperschaften an Aktiengesellschaften mit Kommentierung der §§ 53, 54 Haushaltsgrundsätzegesetz (HGrG), Rn. 100. 22 Vgl. Schön, ZGR 1996, 429 (442). 23 Vgl. Schön, ZGR 1996, 429 (443). 24 Körperschaftsteuergesetz in der Fassung der Bekanntmachung vom 15.10.2002 (BGBl. I S. 4144), das zuletzt durch Art. 5 des Gesetzes vom 18.07.2017 (BGBl. I S. 2730) geändert worden ist, zuletzt abgerufen am 18.04.2018: https://www.gesetze-im-internet.de/kstg_1977/KStG.pdf. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 7 - 3000 - 076/18 Seite 11 anlasst ist, sich auf die Höhe des Unterschiedsbetrages gemäß § 4 Abs. 1 S. 1 Einkommensteuergesetz (EStG)25 auswirkt und in keinem Zusammenhang zu einer offenen Ausschüttung steht. Eine entsprechende Vermögensminderung ist u. a. dann anzunehmen, wenn eine Kapitalgesellschaft Aufwand tätigt, der steuerlich unter Veranlassungsgesichtspunkten als Einkommensverwendung zu beurteilen ist.“26 Die Festschreibung von volkswirtschaftlichen Zielen in der Unternehmenssatzung der DB AG dürfte sich auf die Unternehmenspolitik und somit auch (mittelbar) auf das Konzernergebnis auswirken . Es handelt sich jedoch nicht um eine konkrete bilanzwirksame Maßnahme, die außerhalb der offenen Ausschüttung dem Leistungsempfänger (hier: dem Bund) einen vermögenswirksamen Vorteil gewährt. Die Festschreibung des Ziels einer Steigerung des Marktanteils der Schiene könnte, im Fall der erfolgreichen Umsetzung, zwar Umsatz- und somit auch Gewinnsteigerungen für die DB AG ergeben . Diese wären jedoch nach den allgemeinen Besteuerungsgrundsätzen des Körperschaftsteuerrechts zu behandeln und würden den Gewinn der Gesellschaft in ihrer Steuerbilanz entsprechend erhöhen. Gegenteilige künftige wirtschaftliche Entwicklungen und steuerliche Auswirkungen lassen sich belastbar nicht prognostizieren. 5. Fazit Die Bestimmung des Unternehmensgegenstandes (vgl. § 23 Abs. 3 Nr. 2 AktG) ist eine aktienrechtlich zulässige Möglichkeit, Ziele der AG in der Satzung zu verankern. Daneben besteht die Möglichkeit , Ziele der AG durch Konkretisierung des Gesellschaftszwecks festzuschreiben. Sonstige Möglichkeiten der Zielfestschreibung oder Zieländerungen in aktienrechtlichen Satzungen bestehen nur in begrenztem Umfang. Durch eine Änderung der Satzung der DB AG kann der Gegenstand dieses Unternehmens erweitert werden (vgl. § 3 Abs. 2 DBGrG). Hierfür ist keine gesetzliche Konkretisierung erforderlich. Es ist nicht zwingend erforderlich, die Vorstände der angesprochenen AGs auf geänderte Zielfestschreibungen ausdrücklich in der Satzung zu verpflichten. Eine derartige Verpflichtung ergibt sich bereits aus § 82 Abs. 2 AktG. Ebenso wie bei der Festschreibung eines zulässigen Gesellschaftszwecks wird durch die Bestimmung des Unternehmensgegenstandes in der Satzung die Geschäftsführungsbefugnis des Vorstands vorgezeichnet (vgl. § 82 Abs. 2 AktG). *** 25 Einkommensteuergesetz in der Fassung der Bekanntmachung vom 8.10.2009 (BGBl. I S. 3366, 3862), das zuletzt durch Art. 9 des Gesetzes vom 14.08.2017 (BGBl. I S. 3214) geändert worden ist, zuletzt abgerufen am 18.04.2018: https://www.gesetze-im-internet.de/estg/EStG.pdf. 26 Rengers, in: Blümich, KStG - Kommentar, 140. Auflage 2018, § 8 Rn. 230-239.