© 2016 Deutscher Bundestag WD 7 - 3000 - 076/16 Verbot von Briefkastengesellschaften Sachstand Wissenschaftliche Dienste Die Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestages unterstützen die Mitglieder des Deutschen Bundestages bei ihrer mandatsbezogenen Tätigkeit. Ihre Arbeiten geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Arbeiten der Wissenschaftlichen Dienste geben nur den zum Zeitpunkt der Erstellung des Textes aktuellen Stand wieder und stellen eine individuelle Auftragsarbeit für einen Abgeordneten des Bundestages dar. Die Arbeiten können der Geheimschutzordnung des Bundestages unterliegende, geschützte oder andere nicht zur Veröffentlichung geeignete Informationen enthalten. Eine beabsichtigte Weitergabe oder Veröffentlichung ist vorab dem jeweiligen Fachbereich anzuzeigen und nur mit Angabe der Quelle zulässig. Der Fachbereich berät über die dabei zu berücksichtigenden Fragen. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 7 - 3000 - 076/16 Seite 2 Verbot von Briefkastengesellschaften Aktenzeichen: WD 7 - 3000 - 076/16 Abschluss der Arbeit: 2. Mai 2016 Fachbereich: WD 7: Zivil-, Straf- und Verfahrensrecht, Umweltschutz, Verkehr, Bau und Stadtentwicklung Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 7 - 3000 - 076/16 Seite 3 Inhaltsverzeichnis 1. Einleitung 4 2. Begriffsklärung 4 3. Errichtung und steuerliche Behandlung von Briefkastenfirmen in Deutschland 4 4. Möglichkeit eines generellen Verbots von Briefkastenfirmen in Deutschland und durch deutsche Staatsbürger 5 5. Fazit 5 Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 7 - 3000 - 076/16 Seite 4 1. Einleitung Gegenstand dieses Sachstandes sind Fragen rund um die Regulierung so genannter Briefkastengesellschaften (umgangssprachlich auch „Briefkastenfirmen“). Hierzu ist anzumerken, dass die Briefkastengesellschaft keine rechtliche Kategorie ist, sondern zunächst nur ein wirtschaftliches Phänomen beschreibt. Hierauf wird unter 1. noch näher einzugehen sein, da sich hieraus Schwierigkeiten in der rechtlichen Behandlung dieser Erscheinung ergeben. Sodann soll es darum gehen, wie die Errichtung und Besteuerung von Briefkastengesellschaften nach deutschem Recht geregelt ist (2.). Schließlich wird noch kurz darauf eingegangen, ob ein generelles Verbot der Errichtung von Briefkastengesellschaften denkbar ist und wie es gegebenenfalls rechtlich umzusetzen wäre (3.). 2. Begriffsklärung Im Allgemeinen wird unter einer Briefkastengesellschaft eine nach in- oder ausländischem Recht gegründete (und damit rechtlich existente) juristische Person verstanden, die jedoch keinen eigenen Geschäftsbetrieb unterhält, sondern einem nach außen nicht offen auftretenden Hintermann dazu dient, bestimmte wirtschaftliche Interessen zu verfolgen. In der Rechtsprechung der Finanzgerichte hat sich die Bezeichnung als (funktionslose) Basisgesellschaft oder Domizilgesellschaft durchgesetzt.1 In der öffentlichen Debatte ist der Begriff negativ verknüpft mit dem Versuch von Unternehmen und Privatleuten über das Vehikel von Briefkastengesellschaften Steuern zu vermeiden oder zu hinterziehen sowie sonstige kriminelle Geldgeschäfte und ihre Urheber zu verschleiern . Die Briefkastengesellschaft ist dabei eher ein tatsächliches als ein rechtliches Konstrukt. Rechtlich verbirgt sich hinter ihr lediglich eine nach den Maßgaben ihres Sitzlandes gegründete juristische Person. 3. Errichtung und steuerliche Behandlung von Briefkastenfirmen in Deutschland Die Errichtung einer Briefkastengesellschaft vollzieht sich ebenso wie die jeder Gesellschaft nach den einschlägigen Vorschriften der angestrebten Rechtsform. Errichtet wird in der Regel eine Kapitalgesellschaft , die in rechtlicher Hinsicht von einem „gewöhnlichen“ Unternehmen nicht zu 1 Vgl. BFH, Urteil vom 6. Dezember 1995 Az. I R 40/95. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 7 - 3000 - 076/16 Seite 5 unterscheiden ist. Die Gründung einer Aktiengesellschaft richtet etwa nach §§ 23 ff. AktG,2 während für eine GmbH die §§ 1 ff. GmbHG3 gelten. Freilich sind für Gesellschaften, die im Ausland gegründet werden die Vorschriften des jeweiligen Gründungsstaates einschlägig. 4. Möglichkeit eines generellen Verbots von Briefkastenfirmen für deutsche Staatsbürger durch nationales Recht Wie bereits dargelegt, ist eine Briefkastengesellschaft rein gesellschaftsrechtlich – jedenfalls im Zeitpunkt ihrer Gründung – nicht von einer regulären Gesellschaft zu unterscheiden. Das macht das pauschale Verbot rechtstechnisch schwierig, wenn nicht sogar unmöglich, weil aus Ex-ante- Sicht nicht sinnvoll und mit der nötigen Sicherheit festgestellt werden kann, ob die Gesellschaft bloß als Briefkastengesellschaft fungieren soll. Theoretisch denkbar wäre es, solche Gesellschaften zu verbieten, die nachweislich bereits als Instrument zum Missbrauch genutzt wurden. Die Aufsichtsbehörden könnten solche Einheiten mit einem Verbot belegen. Praktisch stellt sich jedoch die Frage, welchen Nutzen ein solches Verbot haben sollte. Denn sofern über die fragliche Gesellschaft nachweisbar illegale Geschäfte abgewickelt wurden, sind diese bereits strafrechtlich sanktioniert, etwa durch die Tatbestände der Geldwäsche (§ 261 StGB) oder der Steuerhinterziehung (§ 370 AO). Die Gesellschaft dient bei derartigen Geschäften nur als Werkzeug zur Tat, ihre Errichtung als solche verletzt noch kein schützenswertes Rechtsgut. Auch als präventive Maßnahme zur Vermeidung künftiger Straftaten erscheint ein Verbot wenig geeignet, ist die Gründung einer anderen, neuen Gesellschaft, die sich ebenso zur Vornahme der verbotenen Geschäfte eignen würde, doch eine bloße Formalität. 5. Fazit Damit ist festzuhalten, dass ein pauschales Verbot so genannter Briefkastengesellschaft nicht nur rechtstechnisch schwierig, sondern wohl auch praktisch wenig zielführend wäre. Auch der am 11. April 2016 vom Bundesministerium der Finanzen vorgelegte „Aktionsplan gegen Steuerbetrug , trickreiche Steuervermeidung und Geldwäsche“4 setzt daher vorranging auf Maßnahmen wie internationalen Datenaustausch, vernetzte Ermittlungsmaßnahmen sowie eine Ausweitung 2 Aktiengesetz vom 6. September 1965 (BGBl. I S. 1089), das zuletzt durch Artikel 1 des Gesetzes vom 22. Dezember 2015 (BGBl. I S. 2565) geändert worden ist; abrufbar unter http://www.gesetze-im-internet .de/aktg/BJNR010890965.html (letzter Zugriff: 29. April 2016). 3 Gesetz betreffend die Gesellschaften mit beschränkter Haftung in der im Bundesgesetzblatt Teil III, Gliederungsnummer 4123-1, veröffentlichten bereinigten Fassung, das zuletzt durch Artikel 5 des Gesetzes vom 22. Dezember 2015 (BGBl. I S. 2565) geändert worden ist; abrufbar unter http://www.gesetze-im-internet .de/gmbhg/BJNR004770892.html (letzter Zugriff: 29. April 2016). 4 Abrufbar unter: http://www.bundesfinanzministerium.de/Content/DE/Standardartikel/Themen/Steuern/Weitere _Steuerthemen/Informationsaustausch/2016-04-11-Aktionsplan.html;jsessionid =AB28374F8425B88D9616F301EEBCE9D9 (letzter Zugriff: 2. Mai 2016). Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 7 - 3000 - 076/16 Seite 6 der Befugnisse der Steuerfahnder und damit eher auf eine Erhöhung der Transparenz internationaler Geldtransfers für die Steuerbehörden als auf die Verschärfung nationaler Gesetze. - Ende der Bearbeitung -