Privatisierung im Strafvollzug - Ausarbeitung - © 2007 Deutscher Bundestag WD 7 - 076/07 Wissenschaftliche Dienste des Deutschen Bundestages Verfasser/in: Privatisierung im Strafvollzug Ausarbeitung WD 7 - 076/07 Abschluss der Arbeit: 02.04.2007 Fachbereich WD 7: Zivil-, Straf- und Verfahrensrecht, Umweltschutzrecht, Verkehr, Bau und Stadtentwicklung Telefon: Ausarbeitungen und andere Informationsangebote der Wissenschaftlichen Dienste geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Die Arbeiten der Wissenschaftlichen Dienste sind dazu bestimmt, Mitglieder des Deutschen Bundestages bei der Wahrnehmung des Mandats zu unterstützen. Der Deutsche Bundestag behält sich die Rechte der Veröffentlichung und Verbreitung vor. Diese bedürfen der Zustimmung des Direktors beim Deutschen Bundestag. Inhalt 1. Hintergrund 3 2. Rechtslage 3 2.1. Errichtung der Haftanstalten 3 2.2. Betrieb der Justizvollzugsanstalten 4 2.3. Anpassungsbedarf des materiellen Strafrechts 6 3. Stand der Privatisierung in Deutschland 6 3.1. Allgemeine Erkenntnisse 6 3.2. JVA Hünfeld 8 3.3. JVA Büren 9 4. Fazit 10 - 3 - 1. Hintergrund Nach verbreiteter Auffassung bedingt eine Privatisierung staatlicher Aufgaben deren effektivere Erfüllung, denn Private reduzieren Kosten und arbeiten flexibler und innovativer , um maximalen Gewinn zu erzielen.1. Auf dem Gebiet der Privatisierung im Strafvollzug sind vor allem die USA, Großbritannien und Frankreich als Maßstab zu nennen. Die Kosteneinsparungen durch die Privatisierung im Strafvollzug betragen in Großbritannien im Vergleich zu der staatlichen Aufgabenwahrnehmung 11-15 % und in Frankreich ca. 5-10 %.2 In den USA wird von einer durchschnittlichen Einsparungsquote von ca. 15 % ausgegangen.3 Ende 2004 waren in den USA 5,6 % aller Staatsgefängnisse und 13,4 % aller Bundesgefängnisse privatisiert.4 Vor dem Hintergrund, dass in diesen Staaten der Strafvollzug oder Teile des Strafvollzugs privatisiert wurden und damit erfolgreich Kosten eingespart wurden, stellt sich auch in Deutschland die Frage, inwieweit der Strafvollzug privatisiert werden kann und in welchem Umfang dies zum heutigen Zeitpunkt schon geschehen ist. Hier steht vor allem die rechtliche Frage im Vordergrund, ob die originär hoheitliche Aufgabe des Strafvollzugs in die Hände von privaten Unternehmen gelegt werden darf. Dabei ist zu berücksichtigen, dass im Rahmen der Föderalismusreform der Strafvollzug neuerdings in den Kompetenzbereich der Länder fällt. 2. Rechtslage Bei der rechtlichen Beurteilung der einzelnen Aufgabengebiete, die für eine mögliche Privatisierung in Betracht kommen, muss differenziert werden. Eine Privatisierung ist sowohl im Rahmen der Planung und Errichtung der jeweiligen Justizvollzugsanstalten (JVA) als auch im eigentlichen Betrieb der Gefängnisse denkbar. 2.1. Errichtung der Haftanstalten Weder das Verfassungsrecht noch sonstiges Bundesrecht stehen entgegen, wenn die Errichtung, die bauliche Unterhaltung von Justizvollzugsanstalten und die Wartung ihrer technischen Einrichtungen Privaten übertragen werden soll.5 Für eine solche Privatisierung sind nur die Ansätze des Haushaltsplans maßgebend. Sie verschaffen der Regierung auf Landesebene die gesetzliche Grundlage ihres Handelns und damit die hinrei- 1 Bosch, Nikolaus und Reichert, Christoph in Konkurrenz der Strafvollzugsmodelle in den USA, Zeitschrift für die gesamte Strafrechtswissenschaft, 113. Band, 2001, S. 207. 2 Aumüller, Thomas in Motive und Argumente für eine Privatisierung im Strafvollzug aus der Sicht der Politik, Privatisierung im Strafvollzug?, Köln 2001, S. 64. 3 Bosch, Nikolaus und Reichert, Christoph in Konkurrenz der Strafvollzugsmodelle in den USA, Zeitschrift für die gesamte Strafrechtswissenschaft, 113. Band, 2001, S. 236. 4 Designing Public Service Markets: The Custodial Sector as a Case Study; http://www.serco.com/Images/Designing%20Markets_tcm3-16430.pdf (Stand: 28.03.2007). 5 Kruis, Konrad in Haftvollzug als Staatsaufgabe, Zeitschrift für Rechtspolitik, 33 Jahrgang, 2000, S. 1-32. - 4 - chende demokratische Legitimation. Der Staat kann sich bei Privatisierungsmaßnahmen dieser Art aller geeigneter Formen privaten Rechts bedienen (Kauf, Werkvertrag, Miete oder Leasing usw.), um seinen Bedarf an funktionsfähigen Justizvollzugsanstalten zu decken. Er ist nicht gehalten, auf die Planungs- und Vergabetätigkeit einer staatlichen Bauverwaltung zurückzugreifen. Der Staat kann seinen Vollzugsaufgaben auch dann voll Rechnung tragen, wenn er ein privat errichtetes Gebäude nicht als Eigentümer übernimmt, sondern lediglich mietet oder pachtet, sofern er nur gewährleistet, dass die Räumlichkeiten für den Strafvollzug geeignet sind, d.h. den gesetzlichen Sicherheitsund sonstigen Anforderungen entsprechen. 2.2. Betrieb der Justizvollzugsanstalten Die Kernfunktionen des Haftvollzugs behält das Bundesrecht jedoch dem Staat als Verwaltungsaufgabe vor. Die Freiheitsstrafe und die Unterbringung in der Sicherungsverwahrung werden gemäß § 139 StVollzG6 in Anstalten der Landesjustizverwaltungen (Justizvollzugsanstalten) vollzogen. Der Strafvollzug als solcher ist und bleibt Teil des Gewalt- und Staatsmonopols, weil er die Kehrseite bzw. Folge des monopolen staatlichen Straf- und Strafverfolgungsanspruch darstellt.7 Die Vollziehung der Freiheitsstrafe steht daher als Ausdruck des staatlichen Gewaltmonopols unter dem Funktionsvorbehalt des Art. 33 IV GG. Die damit verbundenen Eingriffe in Grundrechte des Gefangenen erfordern daher in aller Regel die Wahrnehmung der verfassungsrechtlichen Aufgaben, die dem Staat obliegen, durch Beamte, die in einem ständigen Dienst- und Treueverhältnis zum Staat stehen.8 Diesen Funktionsvorbehalt bringt auch § 155 I 1 StVollzG zum Ausdruck. Demnach lässt sich festhalten, dass eine Privatisierung des Strafvollzugs in Deutschland im Hinblick auf Art. 33 Abs. 4 und 5 GG nicht zulässig ist. Eine Privatisierung im Strafvollzug (Wahrnehmung einzelner Aufgaben durch vertraglich verpflichtete Personen) ist auf der Grundlage des geltenden Rechts ohne Änderung des Strafvollzugsgesetzes möglich, soweit sich die Tätigkeit der Privaten auf Dienstund Serviceleistungen im weiteren Sinne ohne Eingriffsbefugnisse gegenüber Gefangenen beschränkt. Diese differenzierende Betrachtung zwischen einer Tätigkeit mit und ohne Eingriffsqualität in Rechte von Gefangenen steht auch im Einklang mit Art. 33 Abs. 4 und 5 GG und widerspricht weder der Organisationskompetenzordnung der Art. 6 Gesetz über den Vollzug der Freiheitsstrafe und der freiheitsentziehenden Maßregeln der Besserung und Sicherung – Strafvollzugsgesetz (StVollzG) vom 16.03.1976 (BGBl I 1976, 581), zuletzt geändert durch Art. 91 der Verordnung vom 31.10.2006 (BGBl I 2006, 2407). 7 Bonk, Heinz Joachim in Rechtliche Rahmenbedingungen einer Privatisierung im Strafvollzug, Juristische Zeitung 9/2000, S. 437. 8 Müller-Dietz, Heinz in Verfassungs- und strafvollzugsrechtliche Aspekte der Privatisierung im Strafvollzug, Neue Kriminalpolitik 1/2006, S. 11. - 5 - 83 ff. GG noch dem Demokratie- und Sozialstaatsprinzip.9 Daher muss jede einzelne Maßnahme im Rahmen des Strafvollzugs auf ihren Eingriffscharakter hin überprüft werden. Zu den nicht privatisierbaren Aufgaben zählen dabei: - die Organisationseinheit (Gesamtsteuerung und Überwachung der Dienstabläufe ), - das Behandlungsmanagement (z. B. Aufnahme und Entlassung von Gefangenen , Vollzugsplanung, Lockerungsentscheidungen, Disziplinarmaßnahmen oder sonstige Entscheidungen über den Status des Gefangenen), - Teile des Bewachungsmanagements (soweit diese mit Befugnissen zu Zwangsmaßnahmen oder Eingriffen in Persönlichkeitsrechte verbunden sind – z. B. Brief- und Besuchskontrolle und die Anwendung unmittelbaren Zwangs). Zu den Bereichen, die einer Privatisierung mangels hoheitlichen Eingriffscharakters grundsätzlich zugänglich sind, zählen: - Die Wartung und Instandhaltung technischer Anlagen, Maßnahmen der Bauunterhaltung , - die Reinigung innerhalb der Gebäude (Haftbereiche ausgenommen), - die Pflege der Außenanlagen, - die Reinigung und Instandhaltung der Dienstfahrzeuge, - der Betrieb der Anstaltsküche und die Versorgung der Gefangenen mit Verpflegung , - die Organisation des Gefangeneneinkaufs, - die Organisation und der Betrieb der Werkstätten, - die Organisation und Durchführung der arbeitstherapeutischen Besichtigung und der Maßnahmen der schulischen und beruflichen Bildung der Gefangenen, - die medizinische Versorgung der Gefangenen, - die sozialarbeiterische, psychologische und pädagogische Betreuung der Gefangenen , 9 Kurzzusammenfassung des Berichts der Arbeitsgruppe „Modellprojekte zur Privatisierung im Strafvollzug “ http://www.hmdj.hessen.de/irj/servlet/prt/portal/prtroot/slimp.CMReader/HMdJ/HMdJ_Internet/ med/044/04420ad4-6429-b801-be59-263b5005ae75,22222222-2222-2222-2222- 222222222222,true.pdf (Stand: 28.03.2007). - 6 - - die Beratungsleistungen für die Gefangenen (Drogen-, Ausländer- Schuldnerberatung ), - die Organisation und Durchführung von Freizeitveranstaltungen für die Gefangenen , insbesondere der Gefangenensport, - Teile der Verwaltungstätigkeiten (Zahlstelle, Rechnungswesen, Versorgungswesen , Poststelle, Telefonzentrale, Schreibdienst), - Hilfsdienste für die Stationen und der Besuchsbereich, - Überwachung der Monitore der Videoüberwachungsanlage der Liegenschaft. Die vertraglich verpflichteten Personen im Strafvollzug handeln dabei nicht in eigenem Namen, sondern stets im Auftrag der Justizvollzugsbehörden. Sie sind insoweit Verwaltungs - bzw. Vollzugshelfer, nicht jedoch Beliehene. Für einen Einsatz als Beliehene, der auch eine Übertragung von Eingriffsbefugnissen ermöglichen würde, fehlt es an einer hinreichend konkreten gesetzlichen Grundlage. 2.3. Anpassungsbedarf des materiellen Strafrechts Im Falle der nach dem Grundgesetz zulässigen Teilprivatisierung des Betriebes einer Justizvollzugsanstalt, besteht zur Beibehaltung des strafrechtlichen Schutzes der Bediensteten , der Gefangenen und der staatlichen Ordnung durch die Vorschriften des allgemeinen Strafrechtes, kein Änderungsbedarf des Strafgesetzbuches. Eine über oben genannte Grenzen hinausgehende Privatisierung im Strafvollzug oder eine Privatisierung des kompletten Strafvollzugs bedürfte einer Änderung des Grundgesetzes. 3. Stand der Privatisierung in Deutschland Gegenstand des deutschen Strafvollzugs ist die Vollstreckung der gerichtlich verhängten Freiheitsstrafe. Nicht zum Strafvollzug gehören der Maßregelvollzug (§§ 63, 64 StGB10), die Sicherungsverwahrung gemäß § 66 StGB, die Untersuchungshaft, der Vollzug der Jugendstrafe und die Abschiebehaft. Im Folgenden werden dabei der Stand der Privatisierung im deutschen Strafvollzug skizziert und außerdem die Erkenntnisse aus der Arbeit von zwei der ersten teilprivatisierten Justizvollzugsanstalten dargestellt. 3.1. Allgemeine Erkenntnisse Allgemein lässt sich festhalten, dass eine Privatisierung im deutschen Strafvollzug zum gegenwärtigen Zeitpunkt noch nicht in großem Umfang stattgefunden hat. Vielmehr variiert die Privatisierungspraxis zwischen den Bundesländern und beschränkt sich oft- 10 Strafgesetzbuch (StGB) vom 13.11.1998 (BGBl I 1998, 3322), zuletzt geändert durch Art. 2 Abs. 2 des Gesetzes vom 19.02.2007 (BGBl I 2007, 122). - 7 - mals auf einzelne Pilotprojekte, aus denen Erkenntnisse für die Zukunft gewonnen werden sollen. Vorreiter auf dem Gebiet der Teilprivatisierung im deutschen Strafvollzug ist Hessen mit der JVA Hünfeld. Doch auch andere Bundesländer folgen mittlerweile diesem Vorbild und planen teilprivatisierte Justizvollzugsanstalten zu errichten. Vor diesem Hintergrund beabsichtigen zum Beispiel das Land Sachsen-Anhalt, die Planung, Finanzierung, den Bau- und den Teilbetrieb der Justizvollzugsanstalt Burg (JVA Burg) als PPP- Projekt (Publik Private Partnership) auszugestalten. Ebenfalls plant das Land Baden-Württemberg die Errichtung eines teilprivatisierten Gefängnisses in Offenburg. Neben dem Gebiet des Strafvollzugs sind einige Bundesländer dazu übergegangen, in anderen Bereichen wie dem Bereich der Abschiebehaft verstärkt mit privaten Dienstleistungsunternehmen zusammenzuarbeiten. Ein Beispiel ist die JVA Büren in Nordrhein -Westfalen. Allerdings bleibt hier anzumerken, dass die Abschiebehaft formal nicht dem Strafvollzug unterliegt. Im Bereich des Strafvollzugs ist nach Angaben der Anstaltsleitung JVA Büren keine (Teil-)Privatisierung in Nordrhein-Westfalen vorgenommen worden. Das Land Nordrhein-Westfalen hatte ursprünglich die Errichtung einer Justizvollzugsanstalt in Ratingen als Public Private Partnership (PPP)-Projekt geplant . Nach erneuter Prüfung des Vorhabens hat man jedoch von dem Vorhaben in dieser Form Abstand genommen und möchte das Projekt nun auf herkömmliche Weise realisieren. Auch andere Bundesländer haben bislang von der Möglichkeit einer Teilprivatisierung ihrer Gefängnisse keinen Gebrauch gemacht. Unter anderem hat sich das Land Berlin vorläufig dazu entschlossen, seine Gefängnisse weiterhin öffentlich zu betreiben.11 Allerdings wird gleichzeitig von Seiten der Justizverwaltung auch eine mögliche Privatisierung geprüft.12 Das Land Hamburg ist bei der Überprüfung einiger Vorhaben zu dem Ergebnis gekommen, dass diese im Falle einer Privatisierung zu keinen Kosteneinsparungen führen würden. Geprüft wurden dabei eine Privatisierung der Gefangenenverpflegung sowie der private Betrieb einer gesamten Justizvollzugsanstalt.13 Abschließend lässt sich festhalten, dass momentan einige Justizvollzugsanstalten nach dem Vorbild der JVA Hünfeld geplant oder schon realisiert werden. Auch ist in mehreren Gefängnissen ein Teil der Serviceleistungen, die keine hoheitlichen Eingriffe in die Rechte der Gefangenen darstellen, privatisiert worden. In welchem Ausmaß sich die Privatisierung im Strafvollzug speziell in den letzten 10 Jahren auf das gesamte Bun- 11 http://www.tagesspiegel.de/berlin/nachrichten/berliner-gefaengnisse-privatisierung/77348.asp (Stand: 28.03.2007). 12 http://www.morgenpost.de/content/2006/03/08/berlin/815412.html (Stand: 28.03.2007). 13 Hamburg – So viel ist sicher; http://fhh.hamburg.de/stadt/Aktuell/behoerden/justizbehoerde/broschueren/so-viel-istsicher ,property=source.pdf (Stand: 28.03.2007). - 8 - desgebiet bezogen entwickelt hat, lässt sich jedoch mangels allgemeiner Zahlen oder Statistiken nicht sagen. Festzuhalten bleibt, dass die gesamte bisher erfolgte Privatisierung mehr oder weniger in den letzten zehn Jahren erfolgt ist. Sie stellt zum heutigen Zeitpunkt im Bereich des Strafvollzugs jedoch noch eine untergeordnete Rolle dar. 3.2. JVA Hünfeld Die Justizvollzugsanstalt Hünfeld ist die erste teilprivatisierte Justizvollzugsanstalt Deutschlands. Sie befindet sich im osthessischen Hünfeld und bietet Platz für 502 Häftlinge . Aufgrund der Überbelegung der hessischen Gefängnisse wurde schon vor einigen Jahren ein weiterer Gefängnisneubau in Hessen geplant. Deshalb wurde schon im Koalitionsvertrag der damaligen hessischen Regierungsparteien CDU und FDP im Frühjahr 1999 beschlossen, dass Planung, Bau und Betrieb eines neu zu bauenden Gefängnisses soweit wie rechtlich möglich in private Hände übertragen werden sollen.14 Auf dieser Basis hat das hessische Justizministerium eine Arbeitsgruppe eingesetzt, welche die rechtlichen Rahmenbedingungen für ein solches Modellprojekt erarbeiten sollte.15 Die Arbeitsgruppe kam zu dem Schluss, dass eine Privatisierung des Strafvollzugs als Ganzes in Deutschland unzulässig ist, da der Strafvollzug zum Kernbereich staatlicher Aufgabenerfüllung gehört und als solcher im Hinblick auf Art. 33 Abs. 4 GG nicht privatisierungsfähig ist. Innerhalb des Strafvollzugs wurde es jedoch für möglich erachtet, bestimmte Teilbereiche im Rahmen von Public Private Partnership Projekten zu privatisieren . Die Justizvollzugsanstalt wurde am 7. Dezember 2005 eröffnet. Der Anteil des privatisierten Personals des Gefängnisses liegt bei ca. 45 %. Insgesamt arbeiten 102 Personen als private Mitarbeiter in der JVA, 116 Mitarbeiter sind staatliche Bedienstete. Die Verantwortung für den Gesamtbetrieb und die Sicherheit liegt dabei auch weiterhin in staatlicher Hand. Der Vertrag mit der privaten Servicegesellschaft ist auf fünf Jahre angelegt mit der Option auf eine zweijährige Verlängerung. Das hessische Ministerium der Justiz erwähnt schon nach zwei Jahren des Betriebs erste Erfolge:16 14 http://de.wikipedia.org/wiki/Justizvollzugsanstalt_H%C3%BCnfeld (Stand: 28.03.2007). 15 Kurzzusammenfassung des Berichts der Arbeitsgruppe „Modellprojekte zur Privatisierung im Strafvollzug “ http://www.hmdj.hessen.de/irj/servlet/prt/portal/prtroot/slimp.CMReader/HMdJ/HMdJ_Internet/ med/044/04420ad4-6429-b801-be59-263b5005ae75,22222222-2222-2222-2222- 222222222222,true.pdf (Stand: 28.03.2007). 16 JVA Hünfeld – Bundesweit erste Teilprivatisierte Justizvollzugsanstalt; http://www.hmdj.hessen.de/irj/servlet/prt/portal/prtroot/slimp.CMReader/HMdJ/HMdJ_Internet/med - 9 - - Unterschreitung des Haushaltsansatzes für die Baumaßnahme um rund 5.000.000 €, - Kosten pro Haftplatz (reine Baukosten) von rund 100.000 €; vergleichbare andere Justitzvollzugsanstalten (JVA Weiterstadt) kosteten ca. 250.000 pro Haftplatz , - Planungs- und Bauzeit: weniger als 4 Jahre (JVA Weiterstadt: 9Jahre), - 15% Einsparungen gegenüber staatlichem Eigenbetrieb, entspricht 660.000 € pro Jahr, - Verbesserung der Service-Qualität durch Erhöhung der Beschäftigungsquote der Gefangenen, 2-Schicht-Betrieb und Minimierung des Personalausfalls. Laut Aussage des hessischen Justizministers Jürgen Banzer haben sich die anfängliche Skepsis und die Sorge um Reibungsverluste zwischen staatlichen Bediensteten und privaten Mitarbeitern in der täglichen Zusammenarbeit nicht bestätigt. Stattdessen steht die JVA Hünfeld auch für ein gutes Betriebsklima, wie die mit 4,68 % niedrigste Krankheitsquote von Bediensteten im hessischen Strafvollzug sowie die geringe Fluktuation der Mitarbeiter verdeutlicht.17 Die Qualität der vom Betreiber erbrachten Leistungen werde neben der unmittelbaren Aufsicht durch die staatlichen Bediensteten durch ein Berichtssystem kontrolliert. Zur Steigerung der Leistungsmotivation sei die Nichterfüllung der festgelegten Qualitätsstandards mit Vertragsstrafen belegt.18 3.3. JVA Büren Die JVA Büren ist die größte Abschiebehaftanstalt Westeuropas mit 530 Plätzen für männliche Häftlinge ab einem Alter von 16 Jahren. Etwa 180 Mitarbeiter arbeiten in der JVA, 65 davon als Angestellte im allgemeinen Vollzugsdienst und 90 private Angestellte der Firma Kieler Wachschutz. Die restlichen Mitarbeiter sind im Bereich der Verwaltung und des Arzt- bzw. Krankenpflegedienstes tätig. Die JVA Büren ist damit eines der ersten Gefängnisse in Deutschland, in dem über die Hälfte des Personals durch einen privaten Sicherheitsdienst gestellt wird. Da viele Beamte in leitenden Funktionen untergebracht sind, finden sich in dem alltäglichen Vollzugsdienst fast nur noch Mitarbeiter des privaten Wachschutzes. Doch auch in der Abschiebehaft gilt der Grundsatz, dass /070/07020ad4-6429-b801-be59-263b5005ae75,22222222-2222-2222-2222-222222222222,true.pdf (Stand: 28.03.2007). 17 Presseinformation: „1 Jahr Justizvollzugsanstalt Hünfeld“; http://www.hmdj.hessen.de/irj/servlet/prt/portal/prtroot/slimp.CMReader/HMdJ/HMdJ_Internet/med /b05/b0550c71-2b60-5011-c5ec-3f1bf5aa60df,22222222-2222-2222-2222-222222222222,true.pdf (Stand: 28.03.2007). 18 Presseinformation: „ Hessen leuchtet in Berlin“; http://www.justiz.hessen.de/C1256FF500438727/CurrentBaseLink/788A2BC1B09C3523C12570D6 003FF219/$File/183.%20Leuchtturm%20H_nfeld.pdf (Stand: 28.03.2007). - 10 - hoheitliche Eingriffe nur von Staatsangestellten vorgenommen werden dürfen. Dies wird durch den Einsatz von Staatsbediensteten im direkten Kontakt zu den Abschiebehäftlingen gewährleistet. Laut Aussage der Anstaltsleitung wird der Anteil der privaten Mitarbeiter in den nächsten Jahren jedoch verringert werden, da in den Aufgabenbereich der Justizvollzugsanstalt zukünftig auch der allgemeine Strafvollzug integriert werden soll, welcher in NRW bisher ausschließlich durch Staatsbedienstete wahrgenommen wird. 4. Fazit Evaluierungen hinsichtlich der Privatisierung des Strafvollzugs in Deutschland sind bislang noch nicht durchgeführt worden. Lediglich im Bereich der rechtlichen Zulässigkeit wurde sowohl von der Literatur als auch von staatlichen Expertenkommissionen die juristische Unbedenklichkeit einer Teilprivatisierung bescheinigt.19 Ob die Teilprivatisierung jedoch auch auf die Resozialisierung der Gefangenen Einfluss hat, kann mangels gesicherten Erkenntnissen daher nicht beurteilt werden. In diesem Zusammenhang ist auf die Erkenntnisse aus dem Ausland und die getätigten Angaben der teilprivatisierten Justizvollzugsanstalten zurückzugreifen. Festzuhalten bleibt, dass die Privatisierung in Deutschland noch nicht intensiv vorangeschritten ist. Die Motivation, Gefängnisse zum Teil zu privatisieren, variiert von Bundesland zu Bundesland und hängt stark von der jeweiligen politischen Führung ab. Es sind daher die Erkenntnisse aus den gestarteten Pilotprojekten abzuwarten und auszuwerten . Aufgrund der eindeutigen Gesetzeslage sind jedoch im Rahmen der Privatisierung im deutschen Strafvollzug keine vergleichbaren Verhältnisse wie in den USA oder Großbritannien zu erwarten. 19 Polizei und Justiz auf dem Prüfstand: Abschlussbericht der Expertenkommission Staatsaufgabenkritik der Berliner Senats; http://www.bdws.de/cms/DSD/4-01/02.pdf (Stand: 28.03.2007). Kurzzusammenfassung des Berichts der Arbeitsgruppe „Modellprojekte zur Privatisierung im Strafvollzug “ http://www.hmdj.hessen.de/irj/servlet/prt/portal/prtroot/slimp.CMReader/HMdJ/HMdJ_ Internet/ med/044/04420ad4-6429-b801-be59-263b5005ae75,22222222-2222-2222-2222-22222222 2222,true.pdf (Stand: 28.03.2007).