WD 7 - 3000 - 075/20 (1. Juli 2020) © 2020 Deutscher Bundestag Die Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestages unterstützen die Mitglieder des Deutschen Bundestages bei ihrer mandatsbezogenen Tätigkeit. Ihre Arbeiten geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Arbeiten der Wissenschaftlichen Dienste geben nur den zum Zeitpunkt der Erstellung des Textes aktuellen Stand wieder und stellen eine individuelle Auftragsarbeit für einen Abgeordneten des Bundestages dar. Die Arbeiten können der Geheimschutzordnung des Bundestages unterliegende, geschützte oder andere nicht zur Veröffentlichung geeignete Informationen enthalten. Eine beabsichtigte Weitergabe oder Veröffentlichung ist vorab dem jeweiligen Fachbereich anzuzeigen und nur mit Angabe der Quelle zulässig. Der Fachbereich berät über die dabei zu berücksichtigenden Fragen. Sofern Kurzarbeitergeld (Kug) aufgrund unrichtiger oder unvollständiger Angaben des Arbeitgebers unberechtigterweise beantragt wird, kann dies bei Vorliegen der tatbestandlichen Voraussetzungen im Einzelfall auch eine Strafbarkeit des Arbeitgebers, insbesondere wegen Subventionsbetrugs nach § 264 StGB, nach sich ziehen. Wenn Betriebe aus wirtschaftlichen Gründen oder aufgrund eines unabwendbaren Ereignisses die Arbeitszeit vorübergehend verringern müssen und Kurzarbeit anzeigen, zahlt die Bundesagentur für Arbeit (BA) bei Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen Kurzarbeitergeld (vgl. §§ 95 ff. SGB III). Zur wirtschaftlichen Bewältigung der COVID-19-Pandemie wurden diese Voraussetzungen auf der Grundlage des „Gesetzes zur befristeten krisenbedingten Verbesserung der Regelungen für das Kurzarbeitergeld“ bis zum 31. Dezember 2021 erleichtert. Nach § 2 Abs. 1 KugV werden dem Arbeitgeber auf Antrag in diesem Zeitraum zudem die von ihm während des Bezugs von Kurzarbeitergeld allein zu tragenden Beiträge zur Sozialversicherung erstattet. Vor dem Hintergrund einer schnellen Bearbeitung und Auszahlung des Kug erfolgt die Zahlung regelmäßig vorläufig. Eine abschließende Prüfung erfolgt im Nachhinein durch die BA (vgl. Geulen/Vogt). Sofern der Arbeitgeber vorsätzlich oder grob fahrlässig unrichtige oder unvollständige Angaben macht (hierbei kommt insbesondere das Vortäuschen eines „erheblichen Arbeitsausfalls“ i.S.d. § 95 Nr. 1 SGB III in Betracht) und hierdurch bewirkt, dass Kurzarbeitergeld zu Unrecht gezahlt wird, sind die Beträge zurückzuerstatten (vgl. § 108 Abs. 3 SGB III). Bei der Berechnung des erheblichen Arbeitsausfalls ist vom regelmäßigen, betriebsüblichen und tatsächlichen Beschäftigungsvolumen auszugehen. Hierbei sind alle Beschäftigungsverhältnisse zu berücksichtigen, unabhängig davon, ob sie im Verhältnis zur BA beitragspflichtig und/oder leistungsberechtigt sind (vgl. Geulen/Vogt). Sofern und soweit anfallende Arbeit also etwa ausschließlich durch die nicht sozialversicherungspflichtig Beschäftigen eines Betriebs ausgeführt wird, liegt schon kein erheblicher Arbeitsausfall in diesem Sinne vor. Eine Strafbarkeit des Arbeitgebers nach § 266a StGB wegen des Vorenthaltens und Veruntreuens von Arbeitsentgelts ist hieraus indes nicht ersichtlich, da Arbeitnehmerbeiträge zur Sozialversicherung in diesem Fall nicht vorenthalten werden. Grundsätzlich kann jedoch schon die unberechtigte Beantragung von Kug im Einzelfall eine Strafbarkeit, insbesondere wegen Subventionsbetrugs nach § 264 StGB, nach sich ziehen. Die Wissenschaftliche Dienste Kurzinformation Strafrechtliche Einzelfragen im Zusammenhang mit dem unberechtigten Bezug von Kurzarbeitergeld Kurzinformation Strafrechtliche Einzelfragen im Zusammenhang mit dem unberechtigten Bezug von Kurzarbeitergeld Fachbereich WD 7 (Zivil-, Straf- und Verfahrensrecht, Bau und Stadtentwicklung) Wissenschaftliche Dienste Seite 2 Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestages nehmen nach ihren Verfahrensgrundsätzen keine Einzelfallprüfung vor. Eine etwaige Strafbarkeit nach § 264 StGB soll daher nachfolgend nur allgemein und summarisch erörtert werden. Da die vorgelagerte Frage der Rechtmäßigkeit eines Anspruchs auf Kug dabei in jedem Einzelfall von der BA zu prüfen und zu bewerten ist, wird die Unrechtmäßigkeit der Beantragung beziehungsweise des Bezugs von Kug im Folgenden vorausgesetzt. Nach ganz herrschender Auffassung geht der Subventionsbetrug nach § 264 StGB dem einfachen Betrug nach § 263 StGB als Spezialtatbestand vor und verdrängt diesen (vgl. etwa BGH). Nach § 264 Abs. 1 Nr. 1 und 4 StGB wird demnach mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft, wer einer für die Bewilligung einer Subvention zuständigen Behörde oder einer anderen in das Subventionsverfahren eingeschalteten Stelle oder Person (Subventionsgeber) über subventionserhebliche Tatsachen für sich oder einen anderen unrichtige oder unvollständige Angaben macht, die für ihn oder den anderen vorteilhaft sind oder den Subventionsgeber entgegen den Rechtsvorschriften über die Subventionsvergabe über subventionserhebliche Tatsachen in Unkenntnis lässt. Subvention im Sinne von § 264 StGB ist nach der Legaldefinition in Abs. 8 S. 1 Nr. 1 eine Leistung aus öffentlichen Mitteln nach Bundesoder Landesrecht an Betriebe oder Unternehmen, die wenigstens zum Teil ohne marktmäßige Gegenleistung gewährt wird und der Förderung der Wirtschaft dienen soll. Unberechtigt gewährtes Kurzarbeitergeld soll diese Voraussetzungen nach überwiegender Auffassung in der Literatur erfüllen (vgl. etwa Ceffinato, Rn. 57 m.w.N.). Gerichtliche Entscheidungen sind hierzu indes bislang nicht ersichtlich (vgl. Gaede/Leydecker). In subjektiver Hinsicht erfordert eine Strafbarkeit nach § 264 StGB vorsätzliches Handeln, wobei bedingter Vorsatz genügt (vgl. Ceffinato, Rn. 106). Wann dies im Fall der Beantragung von Kug tatsächlich gegeben und insbesondere auch nachweisbar ist, ist in jedem konkreten Einzelfall zu bewerten. Wesentlich für die mögliche Erfüllung des Tatbestandes des § 264 StGB ist jedenfalls, dass demnach im Einzelfall bereits die Abgabe schon einer unrichtigen Erklärung innerhalb des Antrages auf Kurzarbeitergeld ausreichend sein kann, um eine Strafbarkeit nach § 264 StGB zu begründen. Quellen: – StGB: Strafgesetzbuch in der Fassung der Bekanntmachung vom 13. November 1998 (BGBl. I S. 3322), das zuletzt durch Artikel 1 des Gesetzes vom 3. März 2020 (BGBl. I S. 431) geändert worden ist, abrufbar unter: (Stand: 24. Juni 2020) https://www.gesetze-im-internet.de/stgb/ (letzter Abruf dieses Links und aller weiteren: 1. Juli 2020). – SGB III: Das Dritte Buch Sozialgesetzbuch – Arbeitsförderung – (Artikel 1 des Gesetzes vom 24. März 1997, BGBl. I S. 594, 595), das zuletzt durch Artikel 1 des Gesetzes vom 20. Mai 2020 (BGBl. I S. 1055) geändert worden ist, abrufbar unter: http://www.gesetze-im-internet.de/sgb_3/. – Gesetz zur befristeten krisenbedingten Verbesserung der Regelungen für das Kurzarbeitergeld vom 13. März 2020 (BGBl. I 2020, S. 493), abrufbar unter: https://www.bmas.de/SharedDocs/Downloads/DE/PDF- Meldungen/2020/kurzarbeit-wird-erleichtert-gesetzentwurf-de-bundestags.pdf?__blob=publicationFile&v=8. – KugV: Kurzarbeitergeldverordnung vom 25. März 2020 (BGBl. I S. 595), abrufbar unter: https://www.gesetze-iminternet .de/kugv. – Geulen/Vogt: Kurzarbeit in der Corona Krise, in: ArbRAktuell 2020, 181. – BGH, Beschluss vom 1. Februar 2007, Az.: 5 StR 467/06, NStZ 2007, 578, 579 m.w.N. – Ceffinato, in: Münchener Kommentar zum StGB, 3. Auflage 2019, Kommentierung zu § 264 StGB. – Gaede/Leydecker: Subventionsbetrug mit Hilfe der Kurzarbeit im Schatten der globalen Finanzmarktkrise, in: NJW 2009, 3542. ***