Deutscher Bundestag Übereinkommen des Europarates zum Schutz von Kindern vor sexueller Ausbeutung und sexuellem Missbrauch (Lanzarote-Konvention) Umsetzungsbedarf im Straf- und Strafverfahrensrecht Ausarbeitung Wissenschaftliche Dienste WD 7 – 3000 – 73/12 Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 7 – 3000 – 73/12 Seite 2 Übereinkommen des Europarates zum Schutz von Kindern vor sexueller Ausbeutung und sexuellem Missbrauch (Lanzarote-Konvention) Umsetzungsbedarf im Straf- und Strafverfahrensrecht Verfasser: Aktenzeichen: WD 7 – 3000 – 73/12 Abschluss der Arbeit: 28. März 2012 Fachbereich: WD 7: Zivil-, Straf- und Verfahrensrecht, Umweltschutzrecht, Verkehr, Bau- und Stadtentwicklung Telefon: Ausarbeitungen und andere Informationsangebote der Wissenschaftlichen Dienste geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Der Deutsche Bundestag behält sich die Rechte der Veröffentlichung und Verbreitung vor. Beides bedarf der Zustimmung der Leitung der Abteilung W, Platz der Republik 1, 11011 Berlin. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 7 – 3000 – 73/12 Seite 3 Inhaltsverzeichnis Zusammenfassung 4 1. Einleitung 5 2. Materielles Strafrecht – Besonderer Teil 5 2.1. Artikel 18 LK – Sexueller Missbrauch 5 2.2. Artikel 19 LK – Straftaten im Zusammenhang mit Kinderprostitution 6 2.3. Artikel 20 LK – Straftaten im Zusammenhang mit Kinderpornographie 8 2.4. Artikel 21 LK – Straftaten betreffend die Mitwirkung eines Kindes an pornographischen Darbietungen 9 2.5. Artikel 22 LK – Unsittliches Einwirken auf Kinder 10 2.6. Artikel 23 LK – Kontaktanbahnung zu Kindern zu sexuellen Zwecken 10 3. Materielles Strafrecht – Allgemeine Bestimmungen 10 3.1. Artikel 33 LK – Verjährung 10 3.2. Artikel 24 LK – Beihilfe oder Anstiftung und Versuch 11 3.3. Artikel 26 LK – Verantwortlichkeit juristischer Personen 11 3.4. Artikel 27 LK – Sanktionen und Maßnahmen 12 3.5. Artikel 28 LK – Strafschärfungsgründe 13 4. Strafverfahrensrecht 14 4.1. Artikel 30 LK – Grundsätze 14 4.2. Artikel 31 LK – Allgemeine Schutzmaßnahmen 15 4.3. Artikel 32 LK – Einleitung des Verfahrens 16 4.4. Artikel 34 LK – Ermittlungen 16 4.5. Artikel 35 LK – Vernehmung des Kindes 16 4.6. Artikel 36 LK – Gerichtsverfahren 17 5. Fazit 17 Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 7 – 3000 – 73/12 Seite 4 Zusammenfassung Die von der Bundesrepublik Deutschland 2007 gezeichnete Lanzarote-Konvention zum Schutz von Kindern vor sexueller Ausbeutung und sexuellem Missbrauch normiert zahlreiche, zum Teil detaillierte Anforderungen an das Straf- und Strafprozessrecht. Ein summarischer Vergleich des wesentlichen straf- und strafverfahrensrechtlichen Inhalts der Konvention mit dem geltenden deutschen Recht ergibt, dass dieses der Konvention zwar an zahlreichen Stellen bereits weitgehend entspricht, dass im Bereich des materiellen Strafrechts jedoch zum Teil auch Anpassungsbedarf bestünde. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 7 – 3000 – 73/12 Seite 5 1. Einleitung Die Lanzarote-Konvention zum Schutz von Kindern vor sexueller Ausbeutung und sexuellem Missbrauch1 (nachfolgend: LK) stellt derzeit den höchsten internationalen Standard zum Schutz von Kindern vor Ausbeutung und Missbrauch dar.2 Die von Deutschland am 25. Oktober 2007 unterzeichnete Konvention ist am 1. Juli 2010 in Kraft getreten.3 Sie ist bislang von Deutschland nicht ratifiziert worden. Die Ratifikation wird derzeit vorbereitet.4 Fraglich ist, welchen Umsetzungsbedarf die Konvention im Falle ihrer Ratifikation im deutschen Straf- und Strafverfahrensrecht zeitigte. Dies soll nachfolgend anhand ausgewählter Bestimmungen aus den Kapiteln VI (Materielles Strafrecht) und VII (Ermittlungen, Verfolgung und Strafverfahrensrecht ) der Konvention summarisch beleuchtet werden, ohne dass eine ins Detail gehende Analyse vorgenommen werden könnte.5 2. Materielles Strafrecht – Besonderer Teil 2.1. Artikel 18 LK – Sexueller Missbrauch Artikel 18 – Sexueller Missbrauch (1) Jede Vertragspartei trifft die erforderlichen gesetzgeberischen oder sonstigen Maßnahmen, um folgende vorsätzliche Handlungen als Straftaten zu umschreiben: a) sexuelle Handlungen mit einem Kind, das nach den einschlägigen Bestimmungen des innerstaatlichen Rechts noch nicht das gesetzliche Alter für sexuelle Handlungen erreicht hat; b) sexuelle Handlungen mit einem Kind durch – Nötigung, Gewaltanwendung oder Drohung oder – den Missbrauch einer anerkannten Stellung des Vertrauens, der Autorität oder des Einflusses auf das Kind, auch innerhalb der Familie, oder – die Ausnutzung einer besonderen Hilflosigkeit des Kindes, insbesondere aufgrund einer geistigen oder körperlichen Behinderung oder eines Abhängigkeitsverhältnisses. (2) Für die Zwecke des Absatzes 1 setzt jede Vertragspartei das Alter fest, bis zu dem sexuelle Handlungen mit einem Kind nicht erlaubt sind . (3) Durch Absatz 1 Buchstabe a sollen nicht die zwischen minderjährigen Personen einvernehmlich vorgenommenen sexuellen Handlungen geregelt werden. Artikel 18 LK enthält den Grundtatbestand der Konvention zum sexuellen Missbrauch. Von besonderer Bedeutung der Beurteilung des Umsetzungsbedarfs ist hierbei und auch für die nachfolgend zu betrachtenden Bestimmungen, dass die Definition des Kindes in der Konvention vom 1 Council of Europe Convention on the Protection of Children against Sexual Exploitation and Sexual Abuse, abrufbar unter http://conventions.coe.int/Treaty/EN/treaties/Html/201.htm (Stand dieser und der nachfolgend angegebenen Internet-Quellen: 26.03.2012). Nachfolgend wird die inoffizielle deutsche Übersetzung verwendet (http://www.coe.int/t/dg3/children/1in5/Source/LanzaroteConventions/Lanzarote Convention_de.pdf). 2 Huber, in: Sieber/Brüner/Satzger/von Heintel-Heinegg, Europäisches Strafrecht, 2011, § 23 Rdn. 15. 3 http://conventions.coe.int/Treaty/Commun/QueVoulezVous.asp?NT=201&CM=1&DF=&CL=ENG . 4 Aktionsplan 2011 der Bundesregierung zum Schutz von Kindern und Jugendlichen vor sexueller Gewalt und Ausbeutung, Ziff. 7.2 (http://www.bmfsfj.de/RedaktionBMFSFJ/Abteilung5/Pdf-Anlagen/aktionsplan- 2011,property=pdf,bereich=bmfsfj,sprache=de,rwb=true.pdf). 5 Einschlägige Literatur liegt zum derzeitigen Zeitpunkt nicht vor. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 7 – 3000 – 73/12 Seite 6 deutschen Strafrecht abweicht: Gemäß Artikel 3 LK ist Kind eine Person unter achtzehn Jahren. Nach deutschem Sexualstrafrecht ist Kind eine Person unter 14 Jahren (§ 176 Absatz 1 StGB6). Personen unter 18 Jahren sind Jugendliche, was Kinder jedoch mit umfasst.7 Artikel 18 Absatz 1 lit. a LK fordert, unter einem bestimmten, gemäß Artikel 18 Absatz 2 LK vom jeweiligen Staat festzulegenden Schutzalter jede sexuelle Handlung mit einem Kind als Straftat zu umschreiben. Eine dem ausdrücklich entsprechende Norm enthält das deutsche Strafrecht nicht. § 176 Absatz 1 StGB fixiert jedoch mittelbar ein solches Schutzalter, indem er sexuelle Handlungen von strafmündigen Personen an oder von Personen unter 14 Jahren an strafmündigen Personen ohne weitere Tatbestandsmerkmale absolut untersagt. Die Vorschrift bestimmt mithin eine absolute Grenze für den sexualbezogenen Umgang strafmündiger Personen mit Kindern.8 Insoweit dürfte mithin kein Umsetzungsbedarf bestehen. Artikel 18 Absatz 2, 1. Spiegelstrich LK dürfte durch § 182 Absatz 1 Nr. 1 StGB (Sexueller Missbrauch von Jugendlichen) und § 177 Absatz 1 StGB (Sexuelle Nötigung; Vergewaltigung) entsprochen sein. Denn es ist nicht ersichtlich, dass sich aus der Konvention das Erfordernis ableiten ließe, jeweils ausdrücklich auf den Bereich des Jugendlichen zugeschnittene Strafbarkeit zu verlangen. Auch eine allgemeine Norm wie § 177 StGB, die sowohl Erwachsene als auch Jugendliche schützt, dürfte den Anforderungen deshalb genügen. Artikel 18 Absatz 2, 2. Spiegelstrich LK dürfte durch § 174 Absatz 1 Nr. 2 und 3 StGB (Sexueller Missbrauch von Schutzbefohlenen) entsprochen sein. Artikel 18 Absatz 2, 3. Spiegelstrich LK dürfte durch § 174a StGB (Sexueller Missbrauch von Gefangenen , behördlich Verwahrten oder Kranken und Hilfsbedürftigen in Einrichtungen) und § 174c StGB (Sexueller Missbrauch unter Ausnutzung eines Beratungs-, Behandlungs- oder Betreuungsverhältnisses ) entsprochen sein. Die Regelung des Artikel 18 Absatz 3 LK dürfte einer strengeren nationalen Regelung nicht entgegenstehen . Dies kann jedoch dahinstehen, da das in Deutschland durch § 176 Absatz 1 StGB mittelbar normierte absolute Schutzalter von unter 14 Jahren mit der Strafmündigkeitsgrenze (§ 19 StGB) zusammenfällt; eine Strafbarkeit von Personen unterhalb dieser Altersgrenze aufgrund einvernehmlicher sexueller Handlungen ist mithin von vornherein ausgeschlossen. Oberhalb dieser Grenze aber steht Artikel 18 Absatz 3 LK schon dem Wortlaut nach einer Strafbarkeit aufgrund hinzutretender (Missbrauchs-)Umstände nicht entgegen. 2.2. Artikel 19 LK – Straftaten im Zusammenhang mit Kinderprostitution Artikel 19 – Straftaten im Zusammenhang mit Kinderprostitution (1) Jede Vertragspartei trifft die erforderlichen gesetzgeberischen oder sonstigen Maßnahmen, um folgende vorsätzliche Handlungen als Straftaten zu umschreiben: 6 Strafgesetzbuch in der Fassung der Bekanntmachung vom 13. November 1998 (BGBl. I S. 3322), das zuletzt durch Artikel 5 Absatz 3 des Gesetzes vom 24. Februar 2012 (BGBl. I S. 212) geändert worden ist. 7 Vgl. Perron/Eisele, in: Schönke/Schröder, StGB, 28. Auflage 2010, § 182 Rdn. 3 m. w. N. 8 Tröndle/Fischer, StGB, 54. Auflage 2007, § 176 Rdn. 2. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 7 – 3000 – 73/12 Seite 7 a) Anwerbung oder Zuführung eines Kindes zur Prostitution; b) Nötigung eines Kindes zur Prostitution, Gewinnerzielung hieraus oder sonstige Ausbeutung eines Kindes zu solchen Zwecken; c) Inanspruchnahme der Prostitution von Kindern. (2) Im Sinne dieses Artikels bedeutet "Kinderprostitution" die Benutzung eines Kindes bei sexuellen Handlungen, für die Geld oder jede andere Art der Vergütung oder Gegenleistung angeboten oder versprochen wird, unabhängig davon, ob diese Vergütung, dieses Versprechen oder diese Gegenleistung gegenüber dem Kind oder einem Dritten erfolgt. Artikel 19 Absatz 1 lit a. LK findet eine gewisse Entsprechung in § 180 Absatz 2 StGB (Förderung sexueller Handlungen Minderjähriger), wo es unter Strafe gestellt ist, eine Person unter achtzehn Jahren dazu zu bestimmen, sexuelle Handlungen gegen Entgelt an oder vor einem Dritten vorzunehmen oder von einem Dritten an sich vornehmen zu lassen oder solchen Handlungen durch Vermittlung Vorschub zu leisten. Auch nach § 180 Absatz 2 StGB ist es wie in Artikel 19 Absatz 2 LK unerheblich, wem das Entgelt zufließen soll.9 Allerdings muss nach deutschem Strafrecht die Entgeltlichkeit zumindest mitbestimmendes Motiv für die Bereitschaft des Minderjährigen sein, die sexuellen Handlungen vorzunehmen oder zu dulden.10 Eine solche Kausalität ist in der LK wohl nicht vorgesehen.11 Artikel 19 Absatz 1 lit. b 1. Variante LK (Nötigung) dürfte mit derselben Einschränkung hinsichtlich der Motivation des Minderjährigen durch § 180 Absatz 2 StGB (Förderung sexueller Handlungen Minderjähriger) sowie § 182 Absatz 1 Nr. 2 StGB (Sexueller Missbrauch von Jugendlichen ) entsprochen sein. Eine Entsprechung zu Artikel 19 Absatz 1 lit. b 2. Variante LK (bloße Gewinnerzielung aus Prostitution Minderjähriger) ist im deutschen Strafrecht nicht ersichtlich, so dass insoweit ggf. Umsetzungsbedarf bestünde. Artikel 19 Absatz 1 lit. b 3. Variante LK (sonstige Ausbeutung zum Zweck der Prostitution Minderjähriger ) findet eine gewisse Entsprechung in § 180a StGB (Ausbeutung von Prostituierten) und § 181a Absatz 1 Nr. 1 StGB (Zuhälterei). Die – recht allgemein gehaltene – Umschreibung der „sonstigen Ausbeutung“ in Artikel 19 LK dürfte allerdings wohl weitergehend sein, so dass insofern ein Umsetzungsbedarf gesehen werden könnte. Eine ausdrückliche Entsprechung zu Artikel 19 Absatz 1 lit c LK ist im deutschen Strafrecht nicht vorhanden. Die Inanspruchnahme der Prostituion von Minderjährigen ist jedoch potenziell durch § 176 StGB inkriminiert, wenn das Opfer unter 14 Jahre alt ist, durch § 182 Absatz 1 StGB, wenn die Ausnutzung einer Zwangslage vorliegt und vor allem nach § 182 Absatz 2 StGB, wenn eine volljährige Person gegen Entgelt sexuelle Handlungen an einer minderjährigen Person vornimmt oder an sich von dieser vornehmen lässt. Umsetzungsbedarf könnte insofern vor allem für den – mutmaßlich nicht besonders praxisrelevanten – Fall gesehen werden, dass Jugendliche Minderjährigenprostitution in Anspruch nehmen. 9 Ziegler, in: von Heintschel-Heinegg (Hrsg.), Beck'scher Online-Kommentar StGB, Edition 17, Stand 01.12.2011, § 180 Rdn. 11. 10 Ziegler (o. Fußn. 9) § 180 Rdn. 11 m.w.N. 11 Vgl. hierzu den Explanatory Report zur LK, Ziff. 132 (http://conventions.coe.int/Treaty/EN/Reports/Html/201.htm). Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 7 – 3000 – 73/12 Seite 8 2.3. Artikel 20 LK – Straftaten im Zusammenhang mit Kinderpornographie Artikel 20 – Straftaten im Zusammenhang mit Kinderpornographie (1) Jede Vertragspartei trifft die erforderlichen gesetzgeberischen oder sonstigen Maßnahmen, um folgende Handlungen , wenn vorsätzlich und rechtswidrig begangen, als Straftaten zu umschreiben: a) das Herstellen von Kinderpornographie; b) das Anbieten oder Verfügbarmachen von Kinderpornographie; c) das Verbreiten oder Übermitteln von Kinderpornographie; d) das Beschaffen von Kinderpornographie für sich selbst oder einen anderen; e) den Besitz von Kinderpornographie; f) den wissentlichen Zugriff auf Kinderpornographie mit Hilfe der Informations- und Kommunikationstechnologien . (2) Im Sinne dieses Artikels bedeutet "Kinderpornographie" jedes Material mit der bildlichen Darstellung eines Kindes bei wirklichen oder simulierten eindeutig sexuellen Handlungen oder jede Abbildung der Geschlechtsteile eines Kindes zu vorwiegend sexuellen Zwecken. (3) Jede Vertragspartei kann sich das Recht vorbehalten, Absatz 1 Buchstaben a und e ganz oder teilweise nicht auf das Herstellen und den Besitz pornographischen Materials anzuwenden, – das ausschließlich simulierte Darstellungen oder wirklichkeitsnahe Abbildungen eines nicht existierenden Kindes enthält; – bei dem Kinder dargestellt werden, die das nach Artikel 18 Absatz 2 festgesetzte Alter erreicht haben, wenn diese Bilder von ihnen mit ihrer Zustimmung und allein zu ihrem persönlichen Gebrauch hergestellt worden sind und sich in ihrem Besitz befinden. (4) Jede Vertragspartei kann sich das Recht vorbehalten, Absatz 1 Buchstabe f ganz oder teilweise nicht anzuwenden . Artikel 20 Absatz 1 lit. a LK dürfte durch § 184b Absatz 1 Nr. 3 StGB (Verbreitung, Erwerb und Besitz kinderpornographischer Schriften) und § 184c Absatz 1 Nr. 3 StGB (Verbreitung, Erwerb und Besitz jugendpornographischer Schriften) im Wesentlichen entsprochen sein. In den genannten Bestimmungen des Strafgesetzbuchs ist allerdings abweichend von der Konvention gefordert, dass sich das Herstellen subjektiv als Vorbereitungshandlung einer Verbreitung darstellt.12 Insofern dürfte geringfügiger Umsetzungsbedarf bestehen. Artikel 20 Absatz 1 lit. b bis d LK dürften gleichfalls durch § 184b Absatz 1 Nr. 3 StGB (Verbreitung , Erwerb und Besitz kinderpornographischer Schriften) und § 184c Absatz 1 Nr. 3 StGB (Verbreitung , Erwerb und Besitz jugendpornographischer Schriften) im Wesentlichen entsprochen sein. Artikel 20 Absatz 1 lit. e LK dürfte durch § 184b Absatz 4 StGB (Verbreitung, Erwerb und Besitz kinderpornographischer Schriften) und § 184c Absatz 4 StGB (Verbreitung, Erwerb und Besitz jugendpornographischer Schriften) im Wesentlichen entsprochen sein. Soweit in den genannten Bestimmungen des Strafgesetzbuchs gefordert ist, dass die Schriften „ein tatsächliches oder wirklichkeitsnahes Geschehen wiedergeben“, so umfasst dies auch fiktive Darstellungen sexueller Handlungen von, an oder vor Kindern, vorausgesetzt sie sind wirklichkeitsnah.13 Dagegen sollen erkennbar künstliche Produkte wie Zeichnungen, Zeichentrickfilme und Comics, aber auch rein wörtliche Darstellungen kein wirklichkeitsnahes Geschehen darstellen.14 12 Vgl. Perron/Eisele (o. Fußn 7) § 184b Rdn. 7. 13 Ziegler (o. Fußn. 9) § 184b Rdn. 6. 14 Ziegler (o. Fußn. 9) § 184b Rdn. 6. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 7 – 3000 – 73/12 Seite 9 Einschränkend erklärt § 184c Absatz 4 Satz 2 StGB den Besitz solcher jugendpornografischer Schriften für straflos, die mit Einwilligung des dargestellten Jugendlichen durch ihn oder einen anderen Jugendlichen hergestellt worden sind und sich ausschließlich im Besitz des Herstellers befinden.15 Die Konvention eröffnet allerdings in Artikel 20 Absatz 3, 2. Spiegelstrich die Möglichkeit , diese Privilegierung durch Erklärung eines Vorbehalts beizubehalten.16 Auch Artikel 20 Absatz 1 lit. f LK dürfte durch § 184b Absatz 4 StGB (Verbreitung, Erwerb und Besitz kinderpornographischer Schriften) und § 184c Absatz 4 StGB (Verbreitung, Erwerb und Besitz jugendpornographischer Schriften) im Wesentlichen entsprochen sein. Denn unter Besitzverschaffen wird nicht nur das Speichern von entsprechendem Material auf eigenen Datenträgern verstanden, sondern auch, wenn Bilddateien in den Arbeits- oder Cache-Speicher eines Computers geladen werden, was bereits beim bloßen Betrachten der Bilder am Monitor via Internet (Surfen ) erfolgt.17 Hinzuweisen ist zudem darauf, dass Artikel 20 Absatz 4 LK den Vertragsstaaten die Möglichkeit eröffnet, die in Artikel 20 Absatz 1 lit. f LK normierte Tatvariante ganz oder teilweise nicht anzuwenden. 2.4. Artikel 21 LK – Straftaten betreffend die Mitwirkung eines Kindes an pornographischen Darbietungen Artikel 21 – Straftaten betreffend die Mitwirkung eines Kindes an pornographischen Darbietungen (1) Jede Vertragspartei trifft die erforderlichen gesetzgeberischen oder sonstigen Maßnahmen, um folgende Handlungen , wenn vorsätzlich begangen, als Straftaten zu umschreiben: a) Anwerbung eines Kindes zur Mitwirkung an pornographischen Darbietungen oder Veranlassung der Mitwirkung eines Kindes an solchen Darbietungen; b) Nötigung eines Kindes zur Mitwirkung an pornographischen Darbietungen oder Gewinnerzielung hieraus oder sonstige Ausbeutung eines Kindes zu solchen Zwecken; c) wissentlicher Besuch pornographischer Darbietungen, an denen Kinder mitwirken. (2) Jede Vertragspartei kann sich das Recht vorbehalten, die Anwendung des Absatzes 1 Buchstabe c auf Fälle zu beschränken, in denen Kinder nach Absatz 1 Buchstabe a oder b angeworben oder genötigt worden sind. Artikel 21 Absatz 1 lit. a und b LK dürfte zum Teil durch § 176a Absatz 3 StGB (schwerer sexueller Missbrauch von Kindern) entsprochen sein. Nicht inkriminiert ist im Strafgesetzbuch allerdings die reine Gewinnerzielung aus entsprechenden pornographischen Darbietungen. Da § 176a StGB nur für Kinder im Sinne des Strafgesetzbuchs Anwendung findet, fehlen für Minderjährige ab dem 14. Lebensjahr jedoch entsprechende Bestimmungen im Strafgesetzbuch, so dass insoweit ggf. Umsetzungsbedarf bestünde. Artikel 21 Absatz 1 lit. c LK findet keine ausdrückliche Entsprechung im deutschen Strafrecht, so dass insofern Umsetzungsbedarf bestünde. Allerdings eröffnet Artikel 21 Absatz 2 LK den Vertragsstaaten die Möglichkeit, die Anwendung dieser Tatvariante auf Fälle zu beschränken, in denen Minderjährige nach Artikel 21 Absatz 1 lit. a oder b angeworben oder genötigt worden sind. 15 Vgl. zur Motivation des Gesetzgebers Ziegler (o. Fußn. 9) § 184c Rdn. 13. 16 Vgl. hierzu auch den Explanatory Report (o. Fußn. 11) Ziff. 116. 17 Vgl. mit ausführlichen weiteren Nachweisen Ziegler (o. Fußn. 9) § 184b Rdn. 15. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 7 – 3000 – 73/12 Seite 10 2.5. Artikel 22 LK – Unsittliches Einwirken auf Kinder Artikel 22 – Unsittliches Einwirken auf Kinder Jede Vertragspartei trifft die erforderlichen gesetzgeberischen oder sonstigen Maßnahmen, um die Handlung, wenn vorsätzlich begangen, als Straftat zu umschreiben, die darin besteht, ein Kind, das noch nicht das in Anwendung von Artikel 18 Absatz 2 festgesetzte Alter erreicht hat, aus sexuellen Gründen zu veranlassen, bei sexuellem Missbrauch oder sexuellen Handlungen zugegen zu sein, selbst wenn es sich nicht daran beteiligen muss. Artikel 22 LK ist teilweise durch § 176 Absatz 4 Nr. 1 StGB entsprochen, indem die Fallkonstellation erfasst ist, wo der Täter selbst die sexuellen Handlungen vornehmen muss. Umsetzungsbedarf dürfte vorliegen, insoweit der Täter das Opfer lediglich zur Anwesenheit bei sexuellem Missbrauch oder sexuellen Handlungen Dritter veranlasst. 2.6. Artikel 23 LK – Kontaktanbahnung zu Kindern zu sexuellen Zwecken Artikel 23 – Kontaktanbahnung zu Kindern zu sexuellen Zwecken Jede Vertragspartei trifft die erforderlichen gesetzgeberischen oder sonstigen Maßnahmen, um die Handlung eines Erwachsenen, wenn vorsätzlich begangen, als Straftat zu umschreiben, der mit Hilfe der Informations- und Kommunikationstechnologien ein Treffen mit einem Kind, das noch nicht das in Artikel 18 Absatz 2 festgesetzte Alter erreicht hat, vorschlägt, um diesem gegenüber eine Straftat nach Artikel 18 Absatz 1 Buchstabe a oder Artikel 20 Absatz 1 Buchstabe a zu begehen, sofern auf diesen Vorschlag auf ein solches Treffen hinführende konkrete Handlungen folgen. Artikel 23 LK könnte durch § 176 Absatz 4 Nr. 3 StGB im Wesentlichen entsprochen sein. Hinzuweisen ist allerdings darauf, dass die Auslegung dieser Bestimmung im deutschen Strafrecht für das hier von der Konvention inkriminierte Verhalten des „Cyber-Groomings“ im Detail streitig ist.18 3. Materielles Strafrecht – Allgemeine Bestimmungen 3.1. Artikel 33 LK – Verjährung Artikel 33 – Verjährung Jede Vertragspartei trifft die erforderlichen gesetzgeberischen oder sonstigen Maßnahmen, um sicherzustellen, dass die Verjährungsfrist für die Einleitung der Strafverfolgung wegen den in Übereinstimmung mit den Artikeln 18, 19 Absatz 1 Buchstaben a und b und Artikel 21 Absatz 1 Buchstaben a und b umschriebenen Straftaten ausreichend lang ist, um die tatsächliche Einleitung der Strafverfolgung zu ermöglichen, nachdem das Opfer volljährig geworden ist, und im Verhältnis zur Schwere der betreffenden Straftat steht. Die in Artikel 33 genannten Straftaten umfassen den sexuellen Missbrauch, die Kinderprostitution in Gestalt des Anwerbens, der Zuführung, der Nötigung, der Gewinnerzielung und der sonstigen Ausbeutung sowie der Kinderpornographie in Gestalt des Anwerbens, der Veranlassung der Mitwirkung, der Nötigung zur Mitwirkung, der Gewinnerzielung und der sonstigen Ausbeutung. Soweit unter Gliederungspunkt 2 materiellrechtlich den genannten Konventionsbestimmungen entsprechende Straftatbestände im deutschen Strafgesetzbuch identifiziert wurden, handelt es sich um die §§ 174 Absatz 1 Nr. 2 und 3, 174a, 174c, 176a Absatz 3, 177 Absatz 1, 180 Absatz 2, 180a, 181a Absatz 1 Nr. 1 sowie 182 Absatz 1 Nr. 1 und 2 StGB. 18 Vgl. Ferner, Zur Strafbarkeit des „Cyber-Groomings“, Internet-Strafrecht.com, 2010, m. w. N. (http://www.internet-strafrecht.com/?p=324). Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 7 – 3000 – 73/12 Seite 11 Die jeweilige Verjährungsfrist liegt insofern nach § 78 StGB zwischen drei und zehn Jahren. Allerdings bestimmt § 78b StGB, dass die Verjährung bis zur Vollendung des achtzehnten Lebensjahres des Opfers bei Straftaten nach den §§ 174 bis 174c StGB sowie den §§ 176 bis 179 StGB ruht. Für die vorstehend als in Bezug auf die Umsetzung des Konventionsinhalts für relevant erkannten Straftatbestände der Förderung sexueller Handlungen Minderjähriger (§ 180 StGB), der Ausbeutung von Prostituierten (§ 180a StGB), der Zuhälterei (§ 181a StGB) und des sexuellen Missbrauchs von Jugendlichen (§ 182 StGB) sieht das deutsche Strafrecht kein entsprechendes Ruhen der Verjährung vor, weshalb insofern Umsetzungsbedarf konstatiert werden könnte. 3.2. Artikel 24 LK – Beihilfe oder Anstiftung und Versuch Artikel 24 – Beihilfe oder Anstiftung und Versuch (1) Jede Vertragspartei trifft die erforderlichen gesetzgeberischen oder sonstigen Maßnahmen, um die Beihilfe oder Anstiftung zur Begehung einer der in Übereinstimmung mit diesem Übereinkommen umschriebenen Straftaten, wenn vorsätzlich begangen, als Straftat zu umschreiben. (2) Jede Vertragspartei trifft die erforderlichen gesetzgeberischen oder sonstigen Maßnahmen, um den Versuch der Begehung einer der in Übereinstimmung mit diesem Übereinkommen umschriebenen Straftaten, wenn vorsätzlich begangen, als Straftat zu umschreiben. (3) Jede Vertragspartei kann sich das Recht vorbehalten, Absatz 2 ganz oder teilweise nicht auf die Straftaten nach Artikel 20 Absatz 1 Buchstaben b, d, e und f, Artikel 21 Absatz 1 Buchstabe c, Artikel 22 und Artikel 23 anzuwenden . Anstiftung und Beihilfe sind im deutschen Strafrecht nach den allgemeinen Bestimmungen der §§ 26 und 27 StGB grundsätzlich bei allen Straftaten strafbar und Artikel 24 Absatz 1 LK insoweit bereits entsprochen. Die Versuchsstrafbarkeit für die vorliegend relevanten Bestimmungen ergibt sich entweder aus § 23 Absatz 1 StGB i. V. m. § 12 StGB oder ist bei dem jeweiligen Vergehen direkt normiert. Abweichend hiervon ist im deutschen Strafrecht derzeit keine Versuchsstrafbarkeit vorgesehen bei den §§ 176 Absatz 4 Nr. 3, 180a, 181a, 184b und 184c StGB. Gerade für den Fall der §§ 184b und 184c StGB ist jedoch darauf hinzuweisen, dass diese Tatbestände den Tatzeitpunkt bereits ohnehin in die Vorbereitungsphase vorverlagern, weshalb insofern der Unrechtsgehalt der Versuchsstrafbarkeit wohl im Wesentlichen bereits als strafbar erfasst ist. Gleiches gilt beim „Cyber- Grooming“ nach § 176 Absatz 4 Nr. 3 StGB, wo mit der Strafbarkeit einer Anbahnungshandlung bereits dem Tatbestand nach die Strafbarkeit weit vorverlagert wird.19 Vertritt man den Standpunkt , dass bei Absehen von der dogmatischen Einordnung mit diesen Tatbeständen Versuchshandlungen bereits unmittelbar unter Strafe gestellt werden, verbleibt insofern Umsetzungsbedarf allenfalls bei den §§ 180a und 181a StGB. 3.3. Artikel 26 LK – Verantwortlichkeit juristischer Personen Artikel 26 – Verantwortlichkeit juristischer Personen (1) Jede Vertragspartei trifft die erforderlichen gesetzgeberischen oder sonstigen Maßnahmen, um sicherzustellen, dass juristische Personen für die in Übereinstimmung mit diesem Übereinkommen umschriebenen Straftaten verantwortlich gemacht werden können, die zu ihren Gunsten von einer natürlichen Person begangen werden, die entweder allein oder als Teil eines Organs der juristischen Person handelt und die eine Führungsposition innerhalb der juristischen Person innehat aufgrund a) einer Vertretungsmacht für die juristische Person; 19 Ziegler (o. Fußn. 9) § 176 Rdn. 24. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 7 – 3000 – 73/12 Seite 12 b) einer Befugnis, Entscheidungen im Namen der juristischen Person zu treffen; c) einer Kontrollbefugnis innerhalb der juristischen Person. (2) Neben den bereits in Absatz 1 vorgesehenen Fällen trifft jede Vertragspartei die erforderlichen gesetzgeberischen oder sonstigen Maßnahmen, um sicherzustellen, dass eine juristische Person verantwortlich gemacht werden kann, wenn mangelnde Überwachung oder Kontrolle durch eine in Absatz 1 genannte natürliche Person die Begehung einer in Übereinstimmung mit diesem Übereinkommen umschriebenen Straftat zu Gunsten der juristischen Person durch eine ihr unterstellte natürliche Person ermöglicht hat. (3) Vorbehaltlich der Rechtsgrundsätze der Vertragspartei kann die Verantwortlichkeit einer juristischen Person straf-, zivil- oder verwaltungsrechtlicher Art sein. (4) Diese Verantwortlichkeit berührt nicht die strafrechtliche Verantwortlichkeit der natürlichen Personen, welche die Straftat begangen haben. Artikel 26 LK dürfte durch § 75 StGB bereits entsprochen sein, der vorsieht, dass eine Handlung einer natürlichen Person, die ihr gegenüber unter den übrigen Voraussetzungen der §§ 74 bis 74c und 74f StGB die Einziehung eines Gegenstandes oder des Wertersatzes zulassen würde, unter bestimmten Voraussetzungen der vertretenen juristischen Person zugerechnet wird. Des Weiteren kann sich eine zivilrechtliche Zurechnung etwaiger, im vorliegenden Zusammenhang naheliegender Schadensersatzansprüche nach § 823 Absatz 2 BGB20 i. V. m. dem jeweiligen Straftatbestand nach den allgemeinen zivilrechtlichen Zurechnungsgrundsätzen, insbesondere § 31 BGB ergeben. 3.4. Artikel 27 LK – Sanktionen und Maßnahmen Artikel 27 – Sanktionen und Maßnahmen (1) Jede Vertragspartei trifft die erforderlichen gesetzgeberischen oder sonstigen Maßnahmen, um sicherzustellen, dass die in Übereinstimmung mit diesem Übereinkommen umschriebenen Straftaten mit wirksamen, angemessenen und abschreckenden Sanktionen bedroht werden, die ihrer Schwere Rechnung tragen. Diese schließen freiheitsentziehende Maßnahmen ein, die zur Auslieferung führen können. (2) Jede Vertragspartei trifft die erforderlichen gesetzgeberischen oder sonstigen Maßnahmen, um sicherzustellen, dass juristische Personen, die nach Artikel 26 verantwortlich gemacht werden, wirksamen, angemessenen und abschreckenden Sanktionen unterliegen, zu denen strafrechtliche oder nicht strafrechtliche Geldsanktionen gehören und andere Maßnahmen gehören können, insbesondere a) der Ausschluss von öffentlichen Zuwendungen oder Hilfen; b) das vorübergehende oder dauerhafte Verbot der Ausübung einer gewerblichen Tätigkeit; c) die gerichtliche Aufsicht; d) die gerichtlich angeordnete Liquidation. (3) Jede Vertragspartei trifft die erforderlichen gesetzgeberischen oder sonstigen Maßnahmen, a) um die Beschlagnahme und Einziehung in Bezug auf Folgendes vorzusehen: – Gegenstände, Schriftstücke oder andere Tatwerkzeuge, die verwendet wurden, um in Übereinstimmung mit diesem Übereinkommen umschriebene Straftaten zu begehen oder ihre Begehung zu erleichtern; – Erträge aus solchen Straftaten oder Vermögenswerte, deren Wert demjenigen solcher Erträge entspricht; b) um die vorübergehende oder endgültige Schließung von Einrichtungen, die zur Begehung von in Übereinstimmung mit diesem Übereinkommen umschriebenen Straftaten benutzt wurden, unbeschadet der Rechte gutgläubiger Dritter, zu ermöglichen oder um dem Täter vorübergehend oder endgültig die Ausübung einer beruflichen oder ehrenamtlichen Tätigkeit zu untersagen, die Kontakte zu Kindern umfasst und in deren Rahmen diese Straftaten begangen wurden. (4) Jede Vertragspartei kann andere Maßnahmen in Bezug auf die Täter treffen, beispielsweise den Entzug elterlicher Rechte, die Nachbetreuung oder die Überwachung verurteilter Personen. (5) Jede Vertragspartei kann bestimmen, dass die nach diesem Artikel eingezogenen Erträge aus Straftaten oder Vermögenswerte einem besonderen Fonds zugewiesen werden können, um Programme zur Prävention und zur 20 Bürgerliches Gesetzbuch in der Fassung der Bekanntmachung vom 2. Januar 2002 (BGBl. I S. 42, 2909; 2003 I S. 738), das zuletzt durch Artikel 1 des Gesetzes vom 27. Juli 2011 (BGBl. I S. 1600) geändert worden ist. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 7 – 3000 – 73/12 Seite 13 Unterstützung der Opfer der in Übereinstimmung mit diesem Übereinkommen umschriebenen Straftaten zu finanzieren . Dem Artikel 27 Absatz 1 LK dürfte, soweit die entsprechenden Taten dem Grund nach durch das Strafgesetzbuch bereits inkriminiert sind, durch das vorhandene Sanktionensystem bereits entsprochen sein. Die in Artikel 27 Absatz 2 LK enthaltene Anforderung, dass juristische Personen als solche wirksamen, angemessenen und abschreckenden Sanktionen unterliegen, zu denen Geldsanktionen gehören müssen, findet keine unmittelbare Entsprechung im deutschen Strafrecht , das eine eigene strafrechtliche Verantwortlichkeit von juristischen Personen gerade nicht vorsieht. Da insofern eine Umsetzung jedoch auch außerhalb des Strafrechts erfolgen kann, besteht jedenfalls im Bereich des Strafrechts wohl kein Umsetzungsbedarf. Artikel 27 Absatz 3 LK dürfte durch die allgemeinen Bestimmungen der §§ 73, 73d, 74 sowie 74d StGB, die den Verfall bzw. die Einziehung von durch die Tat Erlangtem oder durch sie Hervorgebrachtem oder zu Ihrer Begehung Gebrauchtem vorsehen, entsprochen sein. Insbesondere sehen §§ 184b Absatz 6 und 184c Absatz 5 StGB für Straftaten der Kinder- und Jugendpornographie den erweiterten Verfall und die erweiterte Einziehung vor. 3.5. Artikel 28 LK – Strafschärfungsgründe Artikel 28 – Strafschärfungsgründe Jede Vertragspartei trifft die erforderlichen gesetzgeberischen oder sonstigen Maßnahmen, um sicherzustellen, dass die folgenden Umstände, soweit sie nicht bereits Tatbestandsmerkmale darstellen, im Einklang mit den einschlägigen Bestimmungen des innerstaatlichen Rechts bei der Festsetzung des Strafmaßes für die in Übereinstimmung mit diesem Übereinkommen umschriebenen Straftaten als erschwerend berücksichtigt werden können: a) Durch die Straftat wurde die körperliche oder geistige Gesundheit des Opfers schwer geschädigt; b) Folterungen oder schwere Gewalt gingen der Straftat voraus oder mit ihr einher; c) die Straftat wurde gegen ein besonders verletzliches Opfer verübt; d) die Straftat wurde von einem Familienmitglied, einer mit dem Kind zusammenlebenden Person oder einer ihre Autoritätsstellung missbrauchenden Person begangen; e) die Straftat wurde von mehreren Personen gemeinschaftlich begangen; f) die Straftat wurde im Rahmen einer kriminellen Vereinigung begangen; g) der Täter ist bereits wegen gleichartiger Handlungen verurteilt worden. Die in Artikel 28 LK genannten Strafschärfungsgründe finden die folgenden Entsprechungen im deutschen Strafrecht: – Artikel 28 lit. a LK: § 177 Absatz 4, § 176a Absatz 2 Nr. 3, Absatz 5 StGB (jedoch im Unterschied zur Konvention nur für Minderjährige unter 14 Jahren) – Artikel 28 lit. b LK: § 177 Absatz 1 Nr. 1, Absatz 4 Nr. 2 StGB – Artikel 28 lit. c LK: §§ 174a Absatz 2, § 174c, § 179, § 180 Absatz 3 StGB – Artikel 28 lit. d LK: § 174 (zum Teil im Unterschied zur Konvention nur für Minderjährige unter 16 bzw. 18 Jahren), § 174a, § 174b StGB – Artikel 28 lit. e LK: § 176a Absatz 2 Nr. 2 (jedoch im Unterschied zur Konvention nur für Minderjährige unter 14 Jahren), § 177 Absatz 2 Nr. 2, 3 179 Absatz 5 Nr. 2 StGB – Artikel 28 lit. f LK: - Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 7 – 3000 – 73/12 Seite 14 – Artikel 28 lit. g LK: § 176a Absatz 1 StGB (jedoch im Unterschied zur Konvention nur für Minderjährige unter 14 Jahren) Soweit keine ausdrückliche Entsprechung festzustellen ist, bleibt fraglich, ob aus Artikel 28 LK das Erfordernis einer ausdrücklichen Normierung abzuleiten ist. Dagegen könnte angeführt werden , dass Artikel 28 LK nur vorsieht, dass die Gerichte die Möglichkeit haben müssen, jene Umstände im Wege der Straftzumessung zu berücksichtigen. Da § 46 StGB dem Richter das Berücksichtigen von tatbezogenen Umständen aller Art grundsätzlich eröffnet, könnte insofern argumentiert werden, dass das geltende deutsche Strafrecht den Anforderungen von Artikel 28 LK bereits entspricht. Gegen eine solche Lesart wiederum spräche, dass Artikel 28 LK hinsichtlich der in ihm aufgezählten Faktoren wohl von einer expliziten Nennung ausgeht. Dies kommt darin zum Ausdruck, dass er nur, soweit sie bereits als Teil des Tatbestands selbst Gesetzesbestandteil sind, auf ihre Normierung verzichtet. Folgte man letztgenannter Auffassung, bestünde insofern Umsetzungsbedarf im deutschen Strafrecht. 4. Strafverfahrensrecht 4.1. Artikel 30 LK – Grundsätze Artikel 30 – Grundsätze (1) Jede Vertragspartei trifft die erforderlichen gesetzgeberischen oder sonstigen Maßnahmen, um sicherzustellen, dass Ermittlungen und Strafverfahren zum Wohl und unter Achtung der Rechte des Kindes durchgeführt werden. (2) Jede Vertragspartei trägt dem Schutz der Opfer Rechnung, indem sie sicherstellt, dass durch die Ermittlungen und das Strafverfahren das von dem Kind erlittene Trauma nicht verstärkt wird und den strafrechtlichen Maßnahmen , soweit angemessen, Unterstützungsmaßnahmen folgen. (3) Jede Vertragspartei stellt sicher, dass die Ermittlungen und das Strafverfahren vorrangig behandelt und ohne ungerechtfertigte Verzögerung durchgeführt werden. (4) Jede Vertragspartei stellt sicher, dass die nach diesem Kapitel anzuwendenden Maßnahmen die Rechte des Beschuldigten sowie die Erfordernisse eines fairen und unparteiischen Verfahrens nach Artikel 6 der Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten nicht beeinträchtigen. (5) Jede Vertragspartei trifft die erforderlichen gesetzgeberischen oder sonstigen Maßnahmen, um in Übereinstimmung mit den wesentlichen Grundsätzen ihres innerstaatlichen Rechts – wirksame Ermittlungen wegen und eine wirksame Strafverfolgung von in Übereinstimmung mit diesem Übereinkommen umschriebenen Straftaten zu gewährleisten, die, soweit angemessen, auch die Möglichkeit umfassen, verdeckte Ermittlungen durchzuführen; – den Ermittlungseinheiten oder -diensten zu ermöglichen, die Opfer von in Übereinstimmung mit Artikel 20 umschriebenen Straftaten zu identifizieren, insbesondere durch die Analyse kinderpornographischen Materials, wie Fotografien und audiovisuelle Aufzeichnungen, die über die Kommunikations- und Informationstechnologien übermittelt oder zur Verfügung gestellt werden. Artikel 30 Absatz 5 2. Spiegelstrich LK könnte hinsichtlich der Einsatzmöglichkeiten von verdeckten Ermittlern Umsetzungsbedarf zeitigen. Nach § 110a StPO21 können verdeckte Ermittler zur Aufklärung von Straftaten im Sinne der Konvention eingesetzt werden, wenn zureichende tatsächliche Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass eine Straftat von erheblicher Bedeutung gewerbs - oder gewohnheitsmäßig oder von einem Bandenmitglied oder in anderer Weise organisiert begangen worden ist (§ 110a Absatz 1 Satz 1 Nr. 3, 4 StPO). Zur Aufklärung von Verbrechen dürfen verdeckte Ermittler auch eingesetzt werden, soweit auf Grund bestimmter Tatsachen die Gefahr der Wiederholung besteht (§ 110a Absatz 1 Satz 2 StPO) oder wenn die besondere Bedeu- 21 Strafprozessordnung in der Fassung der Bekanntmachung vom 7. April 1987 (BGBl. I S. 1074, 1319), die zuletzt durch Artikel 2 Absatz 30 des Gesetzes vom 22. Dezember 2011 (BGBl. I S. 3044) geändert worden ist. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 7 – 3000 – 73/12 Seite 15 tung der Tat den Einsatz gebietet und andere Maßnahmen aussichtslos wären (§ 110a Absatz 1 Satz 4 StPO). Aufgrund des von der Konvention ausdrücklich eingeräumten Spielraums („soweit angemessen“) dürfte die in § 110a StPO für bestimmte Konstellationen eröffnete Möglichkeit des Einsatzes verdeckter Ermittler den Erfordernissen der Konvention entsprechen.22 4.2. Artikel 31 LK – Allgemeine Schutzmaßnahmen Artikel 31 – Allgemeine Schutzmaßnahmen (1) Jede Vertragspartei trifft die erforderlichen gesetzgeberischen oder sonstigen Maßnahmen, um die Rechte und Interessen der Opfer, insbesondere ihre besonderen Bedürfnisse als Zeugen, in allen Abschnitten der Ermittlungen und des Strafverfahrens zu schützen, indem sie insbesondere a) diese über ihre Rechte und die ihnen zur Verfügung stehenden Dienste und – außer wenn sie dies nicht wünschen – über die aufgrund ihrer Anzeige veranlassten Maßnahmen, die Anklagepunkte, den allgemeinen Stand der Ermittlungen oder des Verfahrens und ihre Rolle sowie die in ihrem Fall ergangene Entscheidung unterrichten; b) sicherstellen, dass zumindest in den Fällen, in denen die Opfer und ihre Familien in Gefahr sein könnten, diese, sofern erforderlich, über eine vorübergehende oder endgültige Freilassung der verfolgten oder verurteilten Person unterrichtet werden; c) ihnen in Übereinstimmung mit den Verfahrensvorschriften des innerstaatlichen Rechts die Möglichkeit geben, gehört zu werden, Beweismittel vorzulegen und die Mittel zu wählen, mit Hilfe derer ihre Ansichten, Bedürfnisse und Sorgen unmittelbar oder über einen Vermittler vorgetragen und geprüft werden; d) ihnen geeignete Hilfsdienste zur Verfügung stellen, damit ihre Rechte und Interessen in gebührender Weise vorgetragen und berücksichtigt werden; e) ihre Privatsphäre, ihre Identität und ihr Bildnis schützen und im Einklang mit ihrem innerstaatlichen Recht Maßnahmen treffen, um die öffentliche Verbreitung von Informationen zu verhindern, die zur Identifikation der Opfer führen könnten; f) dafür Sorge tragen, dass sie und ihre Familien sowie Belastungszeugen vor Einschüchterung, Vergeltung und davor , erneut Opfer zu werden, sicher sind; g) sicherstellen, dass ein unmittelbarer Kontakt zwischen Opfer und Täter in den Räumlichkeiten der Strafverfolgungsbehörden und der Gerichte vermieden wird, sofern die zuständigen Behörden zum Wohl des Kindes oder weil es für die Ermittlungen oder das Verfahren erforderlich ist, nichts anderes beschließen. (2) Jede Vertragspartei stellt sicher, dass die Opfer bereits von ihrem ersten Kontakt mit den zuständigen Behörden an Zugang zu Informationen über die einschlägigen Gerichts- und Verwaltungsverfahren haben. (3) Jede Vertragspartei stellt sicher, dass die Opfer, sofern gerechtfertigt unentgeltlich, einen Rechtsbeistand erhalten , wenn sie als Partei in dem Strafverfahren auftreten können. (4) Jede Vertragspartei sieht die Möglichkeit vor, dass die Justizbehörden einen besonderen Vertreter für das Opfer bestellen, sofern das Opfer nach innerstaatlichem Recht in dem Strafverfahren als Partei auftreten kann und die Inhaber elterlicher Sorge wegen eines Interessenskonflikts zwischen ihnen und dem Opfer von der Vertretung des Kindes in diesem Verfahren ausgeschlossen sind. (5) Jede Vertragspartei sieht durch gesetzgeberische oder sonstige Maßnahmen nach Maßgabe ihres innerstaatlichen Rechts für Gruppen, Stiftungen, Vereinigungen oder staatliche oder nichtstaatliche Organisationen die Möglichkeit vor, in Strafverfahren wegen der in Übereinstimmung mit diesem Übereinkommen umschriebenen Straftaten den Opfern beizustehen und/oder sie zu unterstützen, wenn diese einwilligen. (6) Jede Vertragspartei stellt sicher, dass den Opfern die Auskünfte nach diesem Artikel in einer ihrem Alter und ihrer Reife entsprechenden Weise und in einer ihnen verständlichen Sprache erteilt werden. Artikel 31 Absatz 1 lit. a, Absatz 6 LK dürfte durch § 406h StPO entsprochen sein. Artikel 31 Absatz 1 lit. b LK dürfte durch § 406d Absatz 2 StPO zum Teil entsprochen sein. Im Gegensatz zur Konvention stellt die Regelung der StPO nicht auf das Bestehen einer Gefahr ab, sondern legt das Informationsrecht in die Hände des Verletzten selbst. 22 Vertiefend zum Einsatz von verdeckten Ermittlern vgl. Soiné, Verdeckte Ermittler als Instrument zur Bekämpfung von Kinderpornographie im Internet, NStZ 2003, S. 225 ff. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 7 – 3000 – 73/12 Seite 16 Artikel 31 Absatz 3 LK dürfte durch §§ 395 ff. StPO, insbesondere § 397a Absatz 1 Nr. 1, 4 StPO und § 406g StPO entsprochen sein. 4.3. Artikel 32 LK – Einleitung des Verfahrens Artikel 32 – Einleitung des Verfahrens Jede Vertragspartei trifft die erforderlichen gesetzgeberischen oder sonstigen Maßnahmen, um sicherzustellen, dass die Ermittlungen wegen oder die Strafverfolgung von in Übereinstimmung mit diesem Übereinkommen umschriebenen Straftaten nicht von einer Anzeige oder einer Anklage des Opfers abhängig gemacht werden und das Verfahren fortgeführt werden kann, selbst wenn das Opfer seine Aussage widerruft. Artikel 32 LK dürfte durch das geltende deutsche Strafrecht bereits entsprochen sein, da die infrage kommenden Delikte nicht als Antragsdelikte ausgestaltet sind. 4.4. Artikel 34 LK – Ermittlungen Artikel 34 – Ermittlungen (1) Jede Vertragspartei trifft die erforderlichen Maßnahmen, um sicherzustellen, dass die für die Ermittlungen zuständigen Personen, Einheiten oder Dienste auf dem Gebiet der Bekämpfung der sexuellen Ausbeutung und des sexuellen Missbrauchs von Kindern spezialisiert sind oder dass Personen zu diesem Zweck geschult werden. Diese Dienste oder Einheiten müssen angemessene finanzielle Mittel erhalten. (2) Jede Vertragspartei trifft die erforderlichen gesetzgeberischen oder sonstigen Maßnahmen, um sicherzustellen, dass Ungewissheit über das tatsächliche Alter des Opfers die Einleitung strafrechtlicher Ermittlungen nicht verhindert . Umsetzungsbedarf hinsichtlich Artikel 34 Absatz 2 LK ist insofern nicht ersichtlich, als zum einen zur Aufnahme von Ermittlungen der bloße Verdacht, dass das Opfer ein entsprechendes besonders geschütztes Alter aufweist, hinreichend ist, § 161 Absatz 1 StPO. Gerade im Hinblick auf Kinder- und Jugendpornographie kommt hinzu, dass nach herrschender Meinung zum einen ausreichend ist, dass das tatsächliche Alter in den Schutzbereich fällt, auch wenn das Opfer älter wirkt oder als älter bezeichnet wird. Zum anderen ist umgekehrt ebenfalls hinreichend, dass das tatsächlich ältere Opfer auf einen objektiven Betrachter noch wie ein Minderjähriger wirkt.23 4.5. Artikel 35 LK – Vernehmung des Kindes Artikel 35 – Vernehmung des Kindes (1) Jede Vertragspartei trifft die erforderlichen gesetzgeberischen oder sonstigen Maßnahmen, um sicherzustellen, dass a) die Vernehmung des Kindes ohne ungerechtfertigte Verzögerung erfolgt, nachdem den zuständigen Behörden der Sachverhalt zur Kenntnis gebracht worden ist; b) die Vernehmung des Kindes erforderlichenfalls in zu diesem Zweck gestalteten oder angepassten Räumlichkeiten stattfindet; c) die Vernehmung des Kindes von zu diesem Zweck geschulten fachkundigen Personen durchgeführt wird; d) alle Vernehmungen des Kindes, soweit möglich und angemessen, von denselben Personen durchgeführt werden ; e) die Anzahl der Vernehmungen auf ein Mindestmaß und das für die Zwecke des Strafverfahrens unbedingt Erforderliche beschränkt wird; 23 Vgl. Ziegler (o. Fußn. 9) § 184c Rdn. 4; Perron/Eisele (o. Fußn 7) § 184b Rdn. 3b. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 7 – 3000 – 73/12 Seite 17 f) das Kind von seinem gesetzlichen Vertreter oder, soweit angemessen, einem Erwachsenen seiner Wahl begleitet werden kann, sofern nicht eine gegenteilige, begründete Entscheidung in Bezug auf diese Person getroffen worden ist. (2) Jede Vertragspartei trifft die erforderlichen gesetzgeberischen oder sonstigen Maßnahmen, um sicherzustellen, dass nach den Vorschriften ihres innerstaatlichen Rechts die Vernehmung des Opfers oder, soweit angemessen, die Vernehmung eines kindlichen Zeugen auf Video aufgezeichnet werden kann und diese Aufzeichnungen in dem Strafverfahren als Beweismittel zugelassen werden. (3) Sofern Ungewissheit über das Alter des Opfers und Grund zur Annahme bestehen, dass das Opfer ein Kind ist, so sind die Maßnahmen nach den Absätzen 1 und 2 anzuwenden, bis sein Alter überprüft und festgestellt worden ist. Artikel 35 Absatz 2 LK dürfte durch die §§ 58a Absatz 1 Nr. 1, 247a, 255a StPO entsprochen sein. 4.6. Artikel 36 LK – Gerichtsverfahren Artikel 36 – Gerichtsverfahren (1) Jede Vertragspartei trifft unter gebührender Beachtung der für die Unabhängigkeit der Rechtsberufe geltenden Vorschriften die erforderlichen gesetzgeberischen oder sonstigen Maßnahmen, um sicherzustellen, dass allen am Gerichtsverfahren beteiligten Personen, insbesondere den Richtern, Staatsanwälten und Rechtsanwälten, Schulungen auf dem Gebiet der Rechte der Kinder, der sexuellen Ausbeutung und des sexuellen Missbrauchs von Kindern angeboten werden. (2) Jede Vertragspartei trifft die erforderlichen gesetzgeberischen oder sonstigen Maßnahmen, um sicherzustellen, dass nach den Vorschriften ihres innerstaatlichen Rechts a) der Richter anordnen kann, dass die Verhandlung unter Ausschluss der Öffentlichkeit stattfindet; b) das Opfer vor Gericht vernommen werden kann, ohne dort anwesend zu sein, insbesondere durch den Einsatz geeigneter Kommunikationstechnologien. Artikel 36 Absatz 2 lit. b LK dürfte durch § 247a StPO entsprochen sein. 5. Fazit Die vorstehende Betrachtung hat ergeben, dass sich im Fall der Ratifikation der Lanzarote- Konvention Anpassungsbedarf im deutschen Strafrecht ergeben würde. Eine wesentliche Ursache hierfür dürften dabei unterschiedliche Altersgrenzen-Konzepte der Regelwerke sein: Während nach der Konvention alle Minderjährigen als Kinder in ihren Schutzbereich fallen, sieht das deutsche Strafrecht weitere Differenzierungen zwischen Kindern und Jugendlichen vor. Diverser, unter Gliederungspunkt 2 konstatierter Umsetzungsbedarf resultiert so daraus, dass das deutsche Sexualstrafrecht zwar grds. den Konventionsanforderungen entsprechende Straftatbestände enthält , ihre Anwendbarkeit jedoch zum Teil auf unter 14 Jahre alte Minderjährige beschränkt und damit Jugendliche ab dem 14 Lebensjahr nicht in den Schutzbereich fallen. Weiterhin wählt die Konvention in der Bekämpfung der Kinderprostitution mit strafrechtlichen Mitteln einen breiteren Ansatz, indem sie im Unterschied zum deutschen Strafrecht bereits die Gewinnerzielung mit ihrer Hilfe unter Strafe stellt (Artikel 19 Absatz 1 lit. b 2. Variante LK) und indem die Strafbarkeit der Inanspruchnahme von Kinderprostitution nicht auf Erwachsene beschränkt ist (Artikel 19 Absatz 1 lit c LK). Auch im Bereich der Kinderpornographie sind die Regelungen der Konvention zum Teil breiter angelegt als die des deutschen Strafrechts. Wie bei der Kinderprostitution soll etwa die Gewinnerzielung als solche inkriminiert werden, was im deutschen Strafrecht nicht der Fall ist. Ganz grundsätzlich ergeben sich Divergenzen daraus, dass der im deutschen Recht die Kinderpornographie ächtende § 176a Absatz 3 StGB nicht für sämtliche Minderjährige, sondern nur für Kinder im Sinne des deutschen Rechts – also unter vierzehn Jahre alte Personen – gilt. Weiterhin Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 7 – 3000 – 73/12 Seite 18 lässt die Konvention für eine Strafbarkeit das Herstellen von Kinderpornographie ausreichen, ohne dabei zu fordern, dass sich dies als Vorbereitungshandlung einer Verbreitung darstellt (Artikel 20 Absatz 1 lit. a LK). Hinsichtlich des unsittlichen Einwirkens auf Kinder (Artikel 22 LK) dürfte Umsetzungsbedarf bestehen, insoweit der Täter das Opfer lediglich zur Anwesenheit bei sexuellem Missbrauch oder sexuellen Handlungen Dritter veranlasst. Was die Verjährung anbelangt, kennt das deutsche Strafrecht bereits Bestimmungen, die dem Anliegen der Konvention Rechnung tragen. Hinsichtlich der zur Umsetzung des Konventionsinhalts für relevant erkannten Straftatbestände der Förderung sexueller Handlungen Minderjähriger (§ 180 StGB), der Ausbeutung von Prostituierten (§ 180a StGB), der Zuhälterei (§ 181a StGB) und des sexuellen Missbrauchs von Jugendlichen (§ 182 StGB) sieht das deutsche Strafrecht jedoch kein entsprechendes Ruhen der Verjährung vor, weshalb insofern Umsetzungsbedarf konstatiert werden kann. Hinsichtlich der in der Konvention vorgesehenen Strafschärfungsgründe bestünde Umsetzungsbedarf hinsichtlich Artikel 28 lit. f LK (die Straftat wurde im Rahmen einer kriminellen Vereinigung begangen) sowie hinsichtlich Artikel 28 lit. a, d und f LK insoweit, als die oben genannten Bestimmungen des deutschen Strafrechts abweichend zur Konvention nicht auf sämtliche Minderjährigen anwendbar ist.