© 2020 Deutscher Bundestag WD 7 - 3000 - 072/20 Die rechtliche Regulierung kinderähnlicher Sexpuppen Rechtslage in ausgewählten Staaten Ausarbeitung Wissenschaftliche Dienste Die Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestages unterstützen die Mitglieder des Deutschen Bundestages bei ihrer mandatsbezogenen Tätigkeit. Ihre Arbeiten geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Arbeiten der Wissenschaftlichen Dienste geben nur den zum Zeitpunkt der Erstellung des Textes aktuellen Stand wieder und stellen eine individuelle Auftragsarbeit für einen Abgeordneten des Bundestages dar. Die Arbeiten können der Geheimschutzordnung des Bundestages unterliegende, geschützte oder andere nicht zur Veröffentlichung geeignete Informationen enthalten. Eine beabsichtigte Weitergabe oder Veröffentlichung ist vorab dem jeweiligen Fachbereich anzuzeigen und nur mit Angabe der Quelle zulässig. Der Fachbereich berät über die dabei zu berücksichtigenden Fragen. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 7 - 3000 - 072/20 Seite 2 Die rechtliche Regulierung kinderähnlicher Sexpuppen Rechtslage in ausgewählten Staaten Aktenzeichen: WD 7 - 3000 - 072/20 Abschluss der Arbeit: 3. August 2020 Fachbereich: WD 7: Zivil-, Straf- und Verfahrensrecht, Bau und Stadtentwicklung Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 7 - 3000 - 072/20 Seite 3 Inhaltsverzeichnis 1. Einleitung 4 2. Rechtslage im Inland 4 3. Zur Rechtslage im Ausland 5 3.1. Australien 5 3.2. Belgien 5 3.3. England und Wales 6 3.4. Estland 6 3.5. Finnland 7 3.6. Frankreich 7 3.7. Griechenland 7 3.8. Kanada 8 3.9. Lettland 8 3.10. Litauen 8 3.11. Luxemburg 8 3.12. Österreich 8 3.13. Portugal 9 3.14. Rumänien 9 3.15. Schweden 9 3.16. Slowakei 10 3.17. Slowenien 10 3.18. Spanien 10 3.19. Tschechien 11 3.20. Ungarn 11 3.21. Vereinigte Staaten von Amerika 11 4. Empirische Erkenntnisse 11 5. Zusammenfassung 12 Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 7 - 3000 - 072/20 Seite 4 1. Einleitung Gleichzeitig mit einer immer realitätsnäheren Gestaltung von so genannten Sexpuppen („Sex Dolls“)1 ist seit einigen Jahren auch ein Angebot von Sexpuppen zu konstatieren, die kinderähnlich gestaltet sind („Childlike Sex Dolls“ – nachfolgend: CLSD).2 Einschlägige Angebote, gerade auch im Online-Handel, werden verbreitet als verstörend empfunden und werfen die Frage auf, ob das Angebot von CLSD, ihr Im- oder Export oder auch das Verbreiten von Aufnahmen von ihnen gesetzlich untersagt ist oder, falls nicht, werden sollte. Da es sich nicht um ein national begrenztes Phänomen handelt, ist hierbei vorliegend insbesondere von Interesse, welche unterschiedlichen Ansätze es hierzu derzeit in den einzelnen Ländern gibt. 2. Rechtslage im Inland Grundsätzlich sind Sexpuppen als solche, und zwar auch dann, wenn sie Ähnlichkeit mit Kindern aufweisen, in Deutschland nicht Gegenstand strafrechtlicher Regulierung oder anderer gesetzlicher Verbote. Denkbar ist aber grundsätzlich, dass bestimmte Verwendungen von CLSD unter den Straftatbestand des § 184b Strafgesetzbuch (StGB)3 – Verbreitung, Erwerb und Besitz kinderpornographischer Schriften – subsummiert werden können, zumal § 184b StGB auch fiktive Darstellungen erfassen kann, die keine reale Person abbilden.4 Insofern erscheint in Ermangelung einschlägiger Rechtsprechung jedenfalls nicht ausgeschlossen, dass etwa eine pornographische Abbildung oder andere Darstellung, die zum Gegenstand hat – sexuelle Handlungen an einer CLSD, – die Wiedergabe einer ganz oder teilweise unbekleideten CLSD in unnatürlich geschlechtsbetonter Körperhaltung oder – die sexuell aufreizende Wiedergabe der unbekleideten Genitalien oder des unbekleideten Gesäßes einer CLSD 1 Vgl. Chatterjee, Child sex dolls and robots: challenging the boundaries of the child protection framework, International Review of Law, Computers and Technology 34 (2020), S. 22. 2 Chatterjee a.a.O.; Stepanek, Kindersexpuppen auf Amazon sorgen für Entsetzen, futurezone.at vom 19.02.2020 (https://futurezone.at/digital-life/kindersexpuppen-auf-amazon-sorgen-fuer-entsetzen/400759206); Molloy, Disturbing child sex dolls, including anatomically correct babies, sold online in Australia by Alibaba, news.com.au vom 16.07.2020 (https://www.news.com.au/finance/business/retail/disturbing-child-sex-dolls-including-anatomically -correct-babies-sold-online-in-australia-by-alibaba/news-story/7fd7d5040e73d7089eca40506e5ed029). 3 Strafgesetzbuch in der Fassung der Bekanntmachung vom 13. November 1998 (BGBl. I S. 3322), das zuletzt durch Artikel 5 des Gesetzes vom 10. Juli 2020 (BGBl. I S. 1648) geändert worden ist. 4 Ziegler, in: v. Heintschel-Heinegg (Hrsg.), BeckOK StGB, 46. Edition, Stand: 01.05.2020, § 184b StGB Rn. 8; Hörnle, in: Münchener Kommentar zum StGB, 3. Auflage 2017, § 184b StGB Rn. 11 ff. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 7 - 3000 - 072/20 Seite 5 § 184b Absatz 1 Nr. 1 StGB unterfallen und ihre Verbreitung, Erwerb und Besitz insofern strafrechtlich relevant sind. Fälle, in denen die Strafverfolgungsbehörden wegen CLSD im Inland tätig geworden wären, sind bis dato allerdings nicht bekannt. 3. Zur Rechtslage im Ausland5 3.1. Australien Das australische Recht verfügt seit Inkrafttreten des „Combatting Child Sexual Exploitation Legislation Amendment Act 2019 No. 72, 2019“6 über explizit auf CLSD ausgerichtete strafrechtliche Regelungen. Als zentraler Straftatbestand wurde in das australische Strafgesetzbuch ein neuer § 273A.1 eingeführt: § 273A.1 Besitz kinderähnlicher Sexpuppen etc. Eine Person begeht eine Straftat, wenn: (a) die Person eine Puppe oder einen sonstigen Gegenstand besitzt und (b) die Puppe oder der sonstige Gegenstand (i) einer Person, die tatsächlich oder scheinbar unter 18 Jahre alt ist oder (ii) dem Körperteil einer solchen Person ähnelt und (c) eine vernünftige Person es als wahrscheinlich erachten würde, dass die Puppe oder der sonstige Gegenstand dazu bestimmt ist, durch eine Person zur Simulation des Geschlechtsverkehrs genutzt zu werden. Strafe: 15 Jahre Freiheitsstrafe. In den Strafbestimmungen des australischen Zollgesetzes7 wurde mit dem o.g. Combatting Child Sexual Exploitation Legislation Amendment Act 2019 in § 233BAB Absatz 4 zugleich ein neuer Buchstabe (g) eingefügt, mit dem CLSD entsprechend der Definition in § 273A1. austral. Strafgesetzbuch als ein Unterfall von Kindesmissbrauchs-Gegenständen definiert und ihr Import bei einer Strafdrohung von bis zu 10 Jahren Freiheitsstrafe untersagt werden. 3.2. Belgien In Belgien gibt es keine einschlägigen strafrechtlichen Regelungen. 5 Die nachfolgenden Angaben beruhen überwiegend auf Auskünften der Parlamentsverwaltungen der betreffenden Länder. 6 Abrufbar unter https://www.legislation.gov.au/Details/C2019A00072/Download. 7 Customs Act 1901, mit Stand 2017 abrufbar unter https://www.legislation.gov.au/Details/C2017C00219/Download . Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 7 - 3000 - 072/20 Seite 6 3.3. England und Wales In England und Wales ist der bloße Besitz von CLSD nicht untersagt. Verboten sind jedoch Import , Verbreitung und Verkauf.8 Gestützt wird das Verbot nicht auf spezifische Vorschriften über CLSD, sondern auf jeweils unterschiedliche allgemeine Verbote: – Das in § 42 des Zoll- und Konsolidierungsgesetzes 18769 sowie § 170 (1) (a) des Zoll- und Besteuerungsverwaltungsgesetzes 197910 normierte Verbot, „anstößige oder obszöne Gegenstände “ zu importieren. – Veröffentlichen eines obszönen Gegenstands oder dessen Bereithalten zum Zwecke der gewinnerzielenden Veröffentlichung entgegen § 2 (1) des Gesetzes über obszöne Veröffentlichungen 195911. – Versenden einer Postsendung, die einen anstößigen oder obszönen Gegenstand enthält, entgegen § 85 (3) (b) des Postgesetzes 200012. Anstößige Bilder einer CLSD könnten unter Umständen auch unter die Straftatbestände über anstößige und verbotene Bilder von Kindern zu subsummieren sein.13 Mehrfach wurden Personen, die CLSD aus dem Ausland beziehen wollten, aufgrund der o.g. Strafbestimmungen verurteilt sowie der versuchte Import von CLSD verhindert.14 3.4. Estland Spezifische Regelungen betreffend CLSD existieren nicht. Als allgemeine Norm inkriminiert § 178 des estnischen Strafgesetzbuchs das Herstellen, den Erwerb, die Weitergabe, das Abbilden oder das Verfügbarmachen von Bildern, Schriften oder anderen Werken, die eine Person unter 18 8 Vertiefend vgl. Sex Dolls – Childlike, Crown Prosecution Service, 26.03.2019, abrufbar unter https://www.cps.gov.uk/legal-guidance/sex-dolls-childlike. 9 Customs and Consolidation Act 1876 (“CCA 1876”). 10 Customs and Excise Management Act 1979 (“CEMA 1979”). 11 Obscene Publications Act 1959 (“OPA 1959”). 12 Postal Services Act 2000. 13 Crown Prosecution Service, Legal Guidance: Indecent and Prohibited Images of Children, 30.06.2020, https://www.cps.gov.uk/legal-guidance/indecent-and-prohibited-images-children. 14 Vgl. nur Dearden, Man sentenced for importing childlike sex doll from Hong Kong, The Independent vom 29.09.2017 (https://www.independent.co.uk/news/uk/crime/simon-glerum-child-sex-doll-guilty-sentence-jaillatest -court-trial-essex-hong-kong-indecent-obscene-a7973876.html); dies., Hundreds of child sex dolls seized at UK borders, sparking legal crackdown, The Independent vom 28.03.2019 (https://www.independent .co.uk/news/uk/crime/child-sex-dolls-uk-paedophiles-seized-borders-jail-prosecutions-a8844406.html). Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 7 - 3000 - 072/20 Seite 7 Jahren in einer pornografischen Situation oder eine Person unter 14 Jahren in einer pornografischen oder erotischen Situation zeigen. Ob CLSD hierunter subsummiert werden können, ist derzeit noch offen. Entsprechende Fälle sind nicht bekannt. 3.5. Finnland Im finnischen Recht gibt es keine spezifischen Bestimmungen zu CLSD. Potentiell anwendbare Regelungen könnten Kapitel 17 des finnischen Strafgesetzbuchs15 zu entnehmen sein, das Straftaten gegen die öffentliche Ordnung und darunter unter anderem auch Sexualstraftaten umfasst. So stellen die §§ 18 ff. des finnischen Strafgesetzbuchs die Verbreitung anstößiger sexueller Abbildungen von Kindern unter Strafe. 3.6. Frankreich Auch im französischen Recht gibt es keine Normen, die sich speziell mit CLSD befassen. Es kommt allenfalls eine Subsumtion unter die für Kinderpornographie einschlägige Strafnormen, hier namentlich Artikel 227-23 des französischen Strafgesetzbuchs (Code pénal)16 in Betracht. Dieser inkriminiert das Erstellen, Speichern und Verbreiten von pornographischen Bildern oder Darstellungen von Minderjährigen. Zwar umfassen Darstellungen in diesem Sinne nach einer Entscheidung des Kassationsgerichtshofs auch nicht ein reales Geschehen zeigende Bilder von fiktiven Minderjährigen;17 CLSD werden jedoch nach derzeitigem Stand nicht hierunter subsummiert .18 Einschlägige Gerichtsentscheidungen liegen nicht vor. 3.7. Griechenland In Griechenland existieren weder spezifische strafrechtliche Regelungen zu CLSD noch sonstige einschlägige Verbotsnormen. Artikel 348A des griechischen Strafgesetzbuchs, der strafbare Kinderpornographie zum Gegenstand hat, inkriminiert zwar auch einschlägige fiktive Darstellungen von Kindern. Eine Anwendung auf CLSD erfolgte bislang allerdings nicht. 15 Criminal Code (39/1889). 16 Code pénal, Version consolidée au 5 juillet 2020, abrufbar unter https://www.legifrance.gouv.fr/affich- Code.do?cidTexte=LEGITEXT000006070719. 17 Cour de cassation, chambre criminelle, 12.09.2007, Az. 06-86763 (abrufbar unter https://www.legifrance .gouv.fr/affichJuriJudi.do?oldAction=rechJuriJudi&idTexte=JURITEXT000007640077). 18 Vgl. Laystary, Poupées sexuelles d’enfants: outil de lutte ou d’incitation à la pédophilie? Mashable / France 24, 10.01.2018 (abrufbar unter https://www.france24.com/fr/20180110-poupees-sexuelles-denfants-outil-lutte-dincitation -a-pedophilie). Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 7 - 3000 - 072/20 Seite 8 3.8. Kanada Im kanadischen Recht existieren keine direkten Regelungen zu CLSD. Die Herstellung, der Verkauf , das Sich-Beschaffen und der Besitz von CLSD kann jedoch § 163.1 des kanadischen Strafgesetzbuchs 19 unterfallen, der Kinderpornographie erfasst. Der Import und Export von CLSD kann einen Verstoß gegen die Bestimmungen des Bundeszollgesetzes20 darstellen. Bislang ist nur ein Fall aus dem Jahr 2013 bekannt, in dem wegen des Imports einer CLSD, die von der Zollbehörde abgefangen wurde, Anklage gegen den Besteller wegen des Besitzes von Kinderpornographie und des Versands anstößigen Materials erhoben wurde. Das Verfahren endete mit dem Freispruch des Angeklagten. 3.9. Lettland Es gibt keine spezifischen Regelungen. Inwieweit die allgemeinen Strafnormen betreffend Kinderpornographie Anwendung auf bestimmte Handlungen mit CLSD Anwendung finden könnten, ist unklar. 3.10. Litauen In Litauen sind kinderähnliche Sexpuppen nicht Gegenstand rechtlicher Regulierung – weder strafrechtlicher noch sonstiger Art. 3.11. Luxemburg Auch im luxemburgischen Recht gibt es keine spezifischen Regelungen für kinderähnliche Sexpuppen . Anwendung finden kann jedoch Artikel 384 des luxemburgischen Strafgesetzbuchs, der u.a. den Erwerb und Besitz von Schriften, Bildern, Fotografien, Filmen oder anderen Objekten pornografischer Natur, die Minderjährige einbeziehen oder darstellen, unter Strafe stellt. Die Strafdrohung ist ein Monat bis zu drei Jahren Freiheitsstrafe oder Geldstrafe zwischen 251 und 50.000 Euro. 3.12. Österreich Im österreichischen Recht gibt es keine spezifischen Regelungen zu kinderähnlichen Sexpuppen. Die bloße Existenz einer CLSD unterliegt keinen strafrechtlichen Regelungen. Für Abbildungen von CLSD kommt eine Anwendung des Straftatbestands Pornographische Darstellungen Minderjähriger in Betracht, § 207a österreichisches Strafgesetzbuch21. 19 Criminal Code, R.S.C., 1985, c. C-46, abrufbar unter https://laws-lois.justice.gc.ca/eng/acts/C-46/index.html. 20 Federal Customs Act, R.S.C., 1985, c. 1 (2nd Supp.), abrufbar unter https://laws-lois.justice.gc.ca/eng/acts/c- 52.6/. 21 Bundesgesetz vom 23.01.1974 über die mit gerichtlicher Strafe bedrohten Handlungen (österreichisches Strafgesetzbuch – StGB), abrufbar unter https://www.ris.bka.gv.at/GeltendeFassung.wxe?Abfrage=Bundesnormen&Gesetzesnummer =10002296. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 7 - 3000 - 072/20 Seite 9 Während es hierzu bislang keine einschlägigen Gerichtsentscheidungen gibt, vertritt das österreichische Bundesministerium für Justiz die Auffassung, dass realistisch wirkende Bilder von CLSD unter § 207a österreichisches StGB subsummiert werden können, wenn die jeweiligen Genitalien oder die Schamgegend wirklichkeitsnah dargestellt werden, soweit es sich um reißerisch verzerrte , auf sich selbst reduzierte und von anderen Lebensäußerungen losgelöste Abbildungen handelt, die der sexuellen Erregung des Betrachters dienen (§ 207a Absatz 4 österreichisches StGB). Ob dies der Fall ist, könne nur im jeweiligen Einzelfall entschieden und nicht verallgemeinert werden. 3.13. Portugal Nach Artikel 176 des portugiesischen Strafgesetzbuchs22 macht sich u.a. strafbar, wer pornographische Fotos, Filme oder Aufnahmen von einem Minderjährigen erstellt, sie verbreitet, importiert oder exportiert. Nach Artikel 176 Nr. 4 portugiesisches StGB werden diese Handlungen – mit vermindertem Strafrahmen – auch erfasst, soweit sie sich auf realistische Darstellungen Minderjähriger beziehen. Letzteres umfasst nach portugiesischem Rechtsverständnis auch CLSD. 3.14. Rumänien Es gibt keine spezifischen Regelungen. Inwieweit die allgemeinen Strafnormen betreffend Kinderpornographie Anwendung auf bestimmte Handlungen mit CLSD Anwendung finden könnten, ist unklar. 3.15. Schweden Auch das schwedische Recht enthält keine spezifischen Regelungen zu CLSD. In Betracht kommt auch hier jedoch eine Subsumtion bestimmter auf CLSD bezogener Handlungen unter die einschlägigen Strafnormen zur Kinderpornographie, namentlich § 10a des schwedischen Strafgesetzbuchs , und gegebenenfalls eine Ahndung nach dem Gesetz betreffend Sanktionen für Schmuggelei23, das den Im- und Export von Kinderpornographie untersagt. In Schweden wurden mehrfach Gerichtsverfahren zu CLSD durchgeführt. Bei den einschlägigen Gerichtsentscheidungen handelt es sich durchweg um erstinstanzliche Entscheidungen, höchstrichterliche Rechtsprechung liegt bislang nicht vor. Einem Gerichtsurteil zufolge erfassen die schwedischen Strafnormen zu Kinderpornographie auch dreidimensionale Objekte wie etwa Puppen, soweit diese Kinder darstellen und explizite und provozierende sexuelle Motive darbieten , etwa durch bestimmte unnatürlich-sexuelle Posen und durchsichtige Kleidung.24 In einer weiteren Entscheidung vertrat das Gericht die Auffassung, dass eine CLSD die kinderpornogra- 22 Código Penal, Decreto-Lei n.º 48/95, Diário da República n.º 63/1995, Série I-A de 1995-03-15, abrufbar unter https://dre.pt/web/guest/legislacao-consolidada/-/lc/107981223/201708230300/73474087/diploma/indice. 23 Gesetz 2000:1225. 24 Södertälje district court, Entscheidung vom 07.08.2015, Az. B 478-14. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 7 - 3000 - 072/20 Seite 10 phische Abbildung eines Kindes darstellt und insofern das Einfuhrverbot für Kinderpornographie Anwendung finde.25 Auch ein drittes Gericht, dass über einen Versuch des Imports einer CLSD zu befinden hatte, kam zu dem Urteil, dass eine solche Puppe unter die Strafnormen zur Kinderpornographie zu subsummieren sei und verurteilte den Angeklagten wegen Schmuggelei.26 Ein anderes Gericht befand in einem später von der Revisionsinstanz bestätigten Urteil, dass der Besitz von Bildern, auf denen eine CLSD von einem Mann penetriert wird, dem Straftatbestand der Kinderpornographie unterfällt.27 Demgegenüber kam in einem anderen Fall ein Gericht, das sich mit im Besitz des Angeklagten befindlichen Fotografien von CLSD befassen musste, zu dem Schluss, dass entsprechende Bilder keine Kinderpornographie im Sinne des schwedischen Strafrechts darstellten, da CLSD – auch, wenn sie realistisch aussähen – keine Kinder seien und Bilder von CLSD zudem nicht vergleichbar mit animierten fiktiven Bildern seien.28 3.16. Slowakei Nach slowakischen Recht unterfallen CLSD keinem Straftatbestand. Zwar erfasst der Straftatbestand der Kinderpornographie gemäß Artikel 132 slowakisches Strafgesetzbuch29 nicht nur entsprechende Abbildungen von tatsächlichen Kindern, sondern erstreckt sich auch auf Personen, die nur wie Kinder aussehen. Dies setzt aber in jedem Fall eine lebende Person voraus, weshalb die Regelung nicht auf CLSD anwendbar ist. 3.17. Slowenien Das slowenische Recht enthält keine spezifischen Strafnormen betreffend CLSD. Anwendbar ist jedoch Artikel 176 des slowenischen Strafgesetzbuchs, der die Darstellung, das Herstellen, den Besitz und die Verbreitung von pornographischem Material unter Strafe stellt. Gemäß Artikel 176 wird mit bis zu acht Jahren Freiheitsstrafe unter anderem bestraft, wer pornographisches oder sexuelles Material besitzt, herstellt, vertreibt, verkauft, importiert oder exportiert, das Minderjährige oder realistische Bilder von Minderjährigen zeigt. Hierunter fallen auch CLSD. 3.18. Spanien Im spanischen Strafrecht existieren keine spezifischen Regelungen für CLSD als solche. Artikel 189 des spanischen Strafgesetzbuchs, der Kinderpornographie unter Strafe stellt, erstreckt sich allerdings auch auf Fälle, in denen es sich um künstliche, realistisch erscheinende sexualisierte Bilder von Minderjährigen handelt oder um nicht minderjährige Personen, die Minderjährige 25 Vänersborg’s district court, Entscheidung vom 05.12.2018, Az. B 571-17. 26 Ångermanland’s district court, Entscheidung vom 28.11.2019, Az. B 323-18. 27 Stockholm district court, Entscheidung vom 27.09.2018, Az. B 7099-18. 28 Skellefteå district court, Entscheidung vom 08.02.2019, Az. B 848-18. 29 Gesetz Nr. 300/2005 Coll, Strafgesetzbuch der Slowakischen Republik. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 7 - 3000 - 072/20 Seite 11 darstellen. Überwiegend wird in der spanischen Jurisprudenz die Auffassung vertreten, dass aufgrund dieser Regelungen auch Bilder, die CLSD in einem sexuellen Zusammenhang darstellen, unter den Straftatbestand der Kinderpornographie fallen. 3.19. Tschechien Das tschechische Recht inkriminiert in § 192 des tschechischen Strafgesetzbuchs30 das Herstellen oder die anderweitige Abgabe von Kinderpornographie. § 192 Absatz 2 tschechisches StGB erfasst hierbei neben Fotografien, Filmen und anderen technischen Formen auch „sonstige pornographische Werke“, die Kinder oder Personen, die Kinder zu sein scheinen, abbilden oder auf andere Weise nutzen. Der Kommentarliteratur zufolge sind unter „sonstigen pornographischen Werken“ in diesem Sinn auch Statuen, Figuren oder Plastiken zu verstehen. Daraus folgt, dass der Besitz, die Herstellung sowie der Import und Export von CLSD in Tschechien als Straftat nach § 192 tschechisches StGB qualifiziert werden kann. 3.20. Ungarn Es gibt keine spezifischen Regelungen. Inwieweit die allgemeinen Strafnormen betreffend Kinderpornographie Anwendung auf bestimmte Handlungen mit CLSD Anwendung finden könnten, ist unklar. 3.21. Vereinigte Staaten von Amerika In den Vereinigten Staaten von Amerika existieren derzeit auf Bundesebene keine explizit auf CLSD ausgerichteten Normen. Eine entsprechende Gesetzesinitiative – der so genannte CREEPER Act31 – fiel im 115. Kongress der Diskontinuität anheim.32 Mit dem CREEPER Act sollte der Import und die Verbreitung von CLSD durch eine Ergänzung von Titel 18 § 1462 des United States Code – Import und Beförderung von anstößigen Gegenständen – unter Strafe gestellt werden. CLSD sollten dabei definiert werden als „für den Gebrauch in Sexualakten bestimmte anatomisch korrekte Puppen, Schaufensterpuppen oder Roboter mit kindlichen oder kinderähnlichen Merkmalen “. 4. Empirische Erkenntnisse Die Frage, welche Wirkungen die Existenz von CLSD und ihr Gebrauch durch pädophil Veranlagte auf die Wahrscheinlichkeit hat, dass von diesen Sexualstraftaten zulasten von Kindern begangen werden, wird kontrovers erörtert. Zum Teil wird – ohne dass dies empirisch belegbar wäre – die Auffassung vertreten, CLSD könnten eine Möglichkeit für entsprechend Veranlagte darstellen, ihr Bedürfnis effektiv auszuleben, wodurch die Gefahr von einschlägigen Straftaten 30 Tschechisches Strafgesetzbuch, Gesetz Nr. 40/2009 Coll. 31 „Curbing Realistic Exploitative Electronic Pedophilic Robots“ Act of 2017, H.R. 4655 (115th): CREEPER Act of 2017, abrufbar unter https://www.govtrack.us/congress/bills/115/hr4655/text. 32 „Died in a previous Congress“, https://www.govtrack.us/congress/bills/115/hr4655. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 7 - 3000 - 072/20 Seite 12 sinken könne.33 Insoweit wird auch von einem „therapeutischen Einsatz“ von CLSD gesprochen .34 Überwiegend wird eher für plausibel gehalten, dass durch den Umgang mit und das Ausleben sexueller Praktiken an CLSD Hemmschwellen sinken könnten und im Wege einer Eskalationsspirale die Gefahr eher gesteigert werden könnte, dass einschlägig Veranlagte in der Folge auch tatsächlich Kinder missbräuchten.35 Empirische wissenschaftliche Analysen der Fragestellung werden vor diesem Hintergrund nicht nur vereinzelt eingefordert; tatsächlich jedoch sind zum jetzigen Zeitpunkt keine solchen Studien zur Wirkung von CLSD dokumentiert.36 5. Zusammenfassung Außer in Australien existieren in keinem der in der vorliegenden Ausarbeitung behandelten Länder ausdrückliche Regelungen zu kinderähnlichen Sexpuppen (CLSD). Während CLSD in einigen Ländern eindeutig nicht strafrechtlich sanktioniert sind, können in der Mehrzahl der Länder bestimmte Verwendungen von CLSD wohl als strafbare Kinderpornographie angesehen werden, etwa dann, wenn bestimmte Bilder von ihnen oder vom Umgang mit ihnen hergestellt, gespeichert oder verbreitet werden. Nicht selten besteht insofern allerdings in Ermangelung einschlägiger Fälle und Rechtsprechung noch Unklarheit. Der private Besitz und Gebrauch von CLSD ist von den hier behandelten Ländern nur in Australien inkriminiert. Einschlägige parlamentarische Reformpläne werden derzeit hinsichtlich keines Landes verzeichnet. * * * 33 Nachweise bei Brown/Shelling, Exploring the implications of child sex dolls, Australien Government – Australian Institute of Criminology (Hrsg.), Trends & issues in crime and criminal justice No. 570, 2019 (abrufbar unter https://www.aic.gov.au/sites/default/files/2020-05/ti570_exploring_the_implications_of_child_sex_dolls.pdf), S. 8, sowie Chatterjee, Child sex dolls and robots: challenging the boundaries of the child protection framework, International Review of Law, Computers and Technology 34 (2020), S. 23, 33. 34 Chatterjee a.a.O., S. 33. 35 Brown/Shelling, a.a.O., S. 8 f. 36 Vgl. Brown/Shelling a.a.O., S. 4 f.