© 2018 Deutscher Bundestag WD 7 - 3000 - 071/18 Einzelfragen zur gesetzlichen Regelung von zivilrechtlichen und strafrechtlichen Kontaktverboten in Deutschland Sachstand Wissenschaftliche Dienste Die Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestages unterstützen die Mitglieder des Deutschen Bundestages bei ihrer mandatsbezogenen Tätigkeit. Ihre Arbeiten geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Arbeiten der Wissenschaftlichen Dienste geben nur den zum Zeitpunkt der Erstellung des Textes aktuellen Stand wieder und stellen eine individuelle Auftragsarbeit für einen Abgeordneten des Bundestages dar. Die Arbeiten können der Geheimschutzordnung des Bundestages unterliegende, geschützte oder andere nicht zur Veröffentlichung geeignete Informationen enthalten. Eine beabsichtigte Weitergabe oder Veröffentlichung ist vorab dem jeweiligen Fachbereich anzuzeigen und nur mit Angabe der Quelle zulässig. Der Fachbereich berät über die dabei zu berücksichtigenden Fragen. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 7 - 3000 - 071/18 Seite 2 Einzelfragen zur gesetzlichen Regelung von zivilrechtlichen und strafrechtlichen Kontaktverboten in Deutschland Aktenzeichen: WD 7 - 3000 - 071/18 Abschluss der Arbeit: 28. März 2018 Fachbereich: WD 7: Zivil-, Straf- und Verfahrensrecht, Umweltschutzrecht, Bau und Stadtentwicklung Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 7 - 3000 - 071/18 Seite 3 1. Ist es in Deutschland möglich, ein Kontaktverbot zu verhängen, also jemandem zu untersagen , eine andere Person zu kontaktieren oder sich dieser zu nähern? Ja. 2. Gibt es ein separates Gesetz hierfür? Ja. Seit dem 1. Januar 2002 ist das Gesetz zum zivilrechtlichen Schutz vor Gewalttaten und Nachstellungen (Gewaltschutzgesetz, GewSchG1) in Kraft, welches vor Belästigungen und anderen Eingriffen in die Privatsphäre schützen soll.2 Gewaltschutzgesetz (GewSchG) „§ 1 Gerichtliche Maßnahmen zum Schutz vor Gewalt und Nachstellungen (1) Hat eine Person vorsätzlich den Körper, die Gesundheit oder die Freiheit einer anderen Person widerrechtlich verletzt, hat das Gericht auf Antrag der verletzten Person die zur Abwendung weiterer Verletzungen erforderlichen Maßnahmen zu treffen. Die Anordnungen sollen befristet werden; die Frist kann verlängert werden. Das Gericht kann insbesondere anordnen , dass der Täter es unterlässt, 1. die Wohnung der verletzten Person zu betreten, 2. sich in einem bestimmten Umkreis der Wohnung der verletzten Person aufzuhalten, 3. zu bestimmende andere Orte aufzusuchen, an denen sich die verletzte Person regelmäßig aufhält, 4. Verbindung zur verletzten Person, auch unter Verwendung von Fernkommunikationsmitteln , aufzunehmen, 5. Zusammentreffen mit der verletzten Person herbeizuführen, soweit dies nicht zur Wahrnehmung berechtigter Interessen erforderlich ist. (2) Absatz 1 gilt entsprechend, wenn 1. eine Person einer anderen mit einer Verletzung des Lebens, des Körpers, der Gesundheit oder der Freiheit widerrechtlich gedroht hat oder 2. eine Person widerrechtlich und vorsätzlich 1 Gewaltschutzgesetz vom 11. Dezember 2001 (BGBl. I S. 3513), das durch Artikel 4 des Gesetzes vom 1. März 2017 (BGBl. I S. 386) geändert worden ist, abrufbar unter: https://www.gesetze-im-internet.de/gewschg/ 2 Heinke, in: Gewaltschutzgesetz Nomos Kommentar, 1. Auflage 2012, Vorbemerkungen Rn. 4. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 7 - 3000 - 071/18 Seite 4 a) in die Wohnung einer anderen Person oder deren befriedetes Besitztum eindringt oder b) eine andere Person dadurch unzumutbar belästigt, dass sie ihr gegen den ausdrücklich erklärten Willen wiederholt nachstellt oder sie unter Verwendung von Fernkommunikationsmitteln verfolgt. Im Falle des Satzes 1 Nr. 2 Buchstabe b liegt eine unzumutbare Belästigung nicht vor, wenn die Handlung der Wahrnehmung berechtigter Interessen dient. (3) In den Fällen des Absatzes 1 Satz 1 oder des Absatzes 2 kann das Gericht die Maßnahmen nach Absatz 1 auch dann anordnen, wenn eine Person die Tat in einem die freie Willensbestimmung ausschließenden Zustand krankhafter Störung der Geistestätigkeit begangen hat, in den sie sich durch geistige Getränke oder ähnliche Mittel vorübergehend versetzt hat.“ Eine weitere Rechtsgrundlage für die Verhängung von Kontaktverboten befindet sich in § 56c Absatz 2 Nr. 3 Strafgesetzbuch (StGB)3, wonach das Gericht den wegen einer Straftat Verurteilten während der Bewährungszeit anweisen kann, keinen Kontakt zur verletzten Person aufzunehmen . 3. Gibt es eine bestimmte Liste von Maßnahmen, die angewandt werden können? Maßnahmen, die zur Durchsetzung eines Kontaktverbots angeordnet werden können, sind in § 1 Absatz 1 Satz 3 GewSchG normiert. Die Aufzählung ist jedoch nicht abschließend, weshalb das Gericht auch andere Maßnahmen, die geeignet und verhältnismäßig sind, anordnen kann.4 4. Wer hat das Recht, ein Kontaktverbot zu verhängen? Für Gewaltschutzsachen ist das Familiengericht zuständig.5 Bei der Verhängung von Kontaktverboten gilt dies auch, wenn zwischen den Beteiligten keine familiäre Verbindung besteht.6 Die verletzte Person muss beim zuständigen Familiengericht einen Antrag stellen, um ein Kontaktverbot erwirken zu können.7 Im Strafverfahren können Kontaktverbote nach § 56c Abs. 2 Nr. 3 StGB verhängt werden. 3 Strafgesetzbuch in der Fassung der Bekanntmachung vom 13. November 1998 (BGBl. I S. 3322), das zuletzt durch Artikel 1 des Gesetzes vom 30. Oktober 2017 (BGBl. I S. 3618) geändert worden ist, abrufbar unter: https://www.gesetze-im-internet.de/stgb/. 4 Heinke, in: Gewaltschutzgesetz Nomos Kommentar, 1. Auflage 2012, § 1 Rn. 22. 5 Reinken, in: BeckOK BGB, 44. Auflage, Stand: 01.11.2017, § 1 GewSchG Rn. 44. 6 Reinken, in: BeckOK BGB, 44. Auflage, Stand: 01.11.2017, § 1 GewSchG Rn. 44. 7 Reinken, in: BeckOK BGB, 44. Auflage, Stand: 01.11.2017, § 1 GewSchG Rn. 30. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 7 - 3000 - 071/18 Seite 5 5. Gibt es Sanktionen für die Verletzung eines Kontaktverbotes? Wenn ja, welche? Das Gewaltschutzgesetz enthält ausdrückliche Strafvorschriften für entsprechende Fälle: „§ 4 Strafvorschriften Mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer einer bestimmten vollstreckbaren 1. Anordnung nach § 1 Absatz 1 Satz 1 oder 3, jeweils auch in Verbindung mit Absatz 2 Satz 1, zuwiderhandelt oder 2. Verpflichtung aus einem Vergleich zuwiderhandelt, soweit der Vergleich nach § 214a Satz 1 des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit in Verbindung mit § 1 Absatz 1 Satz 1 oder 3 dieses Gesetzes, jeweils auch in Verbindung mit § 1 Absatz 2 Satz 1 dieses Gesetzes, bestätigt worden ist. Die Strafbarkeit nach anderen Vorschriften bleibt unberührt.“ 6. Gibt es eine Möglichkeit, elektronische Mittel wie etwa elektronische Fußfesseln zu verwenden , um eine etwaige Verletzung des Kontaktverbots festzustellen? Die so genannte elektronische Fußfessel ist im deutschen Recht in § 68b StGB normiert. Gemäß § 68b Absatz 1 Nr. 12 StGB kann das Gericht eine wegen einer Straftat verurteilte Person für die Dauer der Führungsaufsicht oder für eine kürzere Zeit anweisen, die für eine elektronische Überwachung ihres Aufenthaltsortes erforderlichen technischen Mittel ständig in betriebsbereitem Zustand bei sich zu führen und deren Funktionsfähigkeit nicht zu beeinträchtigen. Entsprechende Regelungen zum Einsatz im Rahmen von Kontaktverboten bestehen nicht. ***