WD 7 - 3000 - 066/21 (11. Juni 2021) © 2021 Deutscher Bundestag Die Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestages unterstützen die Mitglieder des Deutschen Bundestages bei ihrer mandatsbezogenen Tätigkeit. Ihre Arbeiten geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Arbeiten der Wissenschaftlichen Dienste geben nur den zum Zeitpunkt der Erstellung des Textes aktuellen Stand wieder und stellen eine individuelle Auftragsarbeit für einen Abgeordneten des Bundestages dar. Die Arbeiten können der Geheimschutzordnung des Bundestages unterliegende, geschützte oder andere nicht zur Veröffentlichung geeignete Informationen enthalten. Eine beabsichtigte Weitergabe oder Veröffentlichung ist vorab dem jeweiligen Fachbereich anzuzeigen und nur mit Angabe der Quelle zulässig. Der Fachbereich berät über die dabei zu berücksichtigenden Fragen. 1. Reichweite des Straftatbestands der Sexuellen Belästigung Im deutschen Strafrecht ist die Sexuelle Belästigung in § 184i StGB geregelt: § 184i Sexuelle Belästigung (1) Wer eine andere Person in sexuell bestimmter Weise körperlich berührt und dadurch belästigt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft, wenn nicht die Tat in anderen Vorschriften dieses Abschnitts mit schwererer Strafe bedroht ist. (2) In besonders schweren Fällen ist die Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren. Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn die Tat von mehreren gemeinschaftlich begangen wird. (3) Die Tat wird nur auf Antrag verfolgt, es sei denn, dass die Strafverfolgungsbehörde wegen des besonderen öffentlichen Interesses an der Strafverfolgung ein Einschreiten von Amts wegen für geboten hält. Für die Tathandlung spielt es dem Straftatbestand zufolge keine Rolle, ob sie im öffentlichen Raum oder an einem anderen Ort begangen wird. Erforderlich ist jedoch stets eine körperliche Berührung, so dass jedenfalls eine ausschließlich verbale Handlung den Straftatbestand nicht erfüllen kann. 2. Äußerungen über eine tatsächlich oder vermeintlich begangene Sexuelle Belästigung Wird in Bezug auf eine konkrete Person geäußert, sie habe eine Straftat begangen, kann dies unter bestimmten Voraussetzungen für die den Vorwurf äußernde Person sowohl straf- als auch zivilrechtliche Konsequenzen haben – grundsätzlich unabhängig davon, auf was für eine Straftat sich die Behauptung im einzelnen bezieht. So macht sich etwa wegen Falscher Verdächtigung gemäß § 164 StGB unter anderem strafbar, wer wider besseres Wissen einen anderen bei einer Behörde oder öffentlich einer rechtswidrigen Tat in der Absicht verdächtigt, ein behördliches Verfahren oder andere behördliche Maßnahmen gegen ihn herbeizuführen. Gemäß § 186 StGB ist wegen Verleumdung strafbar, wer in Beziehung auf einen anderen eine Tatsache behauptet oder verbreitet, welche denselben verächtlich zu machen oder in der öffentlichen Meinung herabzuwürdigen geeignet ist, wenn nicht diese Tatsache erweislich wahr ist. Wissenschaftliche Dienste Kurzinformation Einzelfragen zum Straftatbestand der Sexuellen Belästigung (§ 184i StGB) Kurzinformation Einzelfragen zum Straftatbestand der Sexuellen Belästigung (§ 184i StGB) Fachbereich WD 7 (Zivil-, Straf- und Verfahrensrecht, Bau und Stadtentwicklung) Wissenschaftliche Dienste Seite 2 Zivilrechtlich wiederum kann derjenige, über den die Behauptung aufgestellt wird, gegen die sich äußernde Person Ansprüche auf Unterlassung und gegebenenfalls Zahlung von Schmerzensgeld wegen einer möglichen Verletzung seines allgemeinen Persönlichkeitsrechts erheben (§§ 823, 1004 BGB). Notwendige Voraussetzung für das Vorliegen entsprechender Ansprüche ist jedoch grundsätzlich, dass der Anspruchsteller darlegt und im Bestreitensfall beweisen kann, dass die behauptete Tatsache unwahr ist – wobei hier bei der Behauptung negativer Tatsachen Besonderheiten gelten: „Grundsätzlich ist der von einer Tatsachenbehauptung Betroffene für deren Unwahrheit darlegungs- und beweisbelastet . Unabhängig von dieser Beweislast ist der Vortrag vom Äußernden jedoch in nachprüfbarer Form zu substanziieren . Speziell bei sogenannten negativen Tatsachen hat der Äußernde die genauen Umstände nachvollziehbar und individualisierbar darzulegen, weil der Betroffene den Beweis regelmäßig nur dann führen kann, wenn ihm die konkreten Fakten bekannt sind, auf die sich der Äußernde stützt“ (LG München; vgl. auch OLG Hamburg). Wer in gutem Glauben ein bestimmtes Geschehen bei den zuständigen staatlichen Stellen anzeigt , läuft dabei in der Regel keine Gefahr, dass ihm deswegen eine Strafverfolgung oder zivilrechtliche Ansprüche Dritter drohen. Denn insofern ist „allgemein anerkannt, dass die Einleitung oder das Betreiben eines gesetzlich geregelten Verfahrens der Rechtspflege grundsätzlich kein rechtwidriges Verhalten darstellt (vgl. BGH, Urteil vom 11. November 2003 – VI ZR 371/02, NJW 2004, 446). Das gilt auch für die Anzeige von – angeblichen – Missständen gegenüber denjenigen Stellen, die – wie vorliegend die Staatsanwaltschaft – dazu berufen sind, einem entsprechenden Verdacht nachzugehen und gegebenenfalls Maßnahmen gegen solche Missstände zu ergreifen, wenn sie … nicht ersichtlich unzutreffend sind. Der gutgläubige Erstatter einer Strafanzeige darf nicht mit dem Risiko des Schadensersatzes für den Fall belastet werden, dass seine Anzeige nicht zum Erweis des behaupteten Vorwurfs führt (vgl. BVerfG, Beschluss vom 25. Februar 1987 – 1 BvR 1086/85, BVerfGE 74, 257). Er muss im strafrechtlichen Ermittlungsverfahren grundsätzlich das vorbringen dürfen, was er nach seinem Ermessen zur Aufklärung der Sache für erforderlich hält“ (OLG Saarbrücken). Hingegen stellen insbesondere erfundene Behauptungen von schweren Straftaten für die so zu Unrecht bezichtigte Person eine schwere Persönlichkeitsrechtsverletzung dar und können je nach Konstellation im Einzelfall erhebliche Schmerzensgeldansprüche auslösen (Slizyk Rn. 254). Quellen: – BGB: Bürgerliches Gesetzbuch in der Fassung der Bekanntmachung vom 2. Januar 2002 (BGBl. I S. 42, 2909; 2003 I S. 738), das zuletzt durch Artikel 6 des Gesetzes vom 3. Juni 2021 (BGBl. I S. 1444) geändert worden ist. – StGB: Strafgesetzbuch in der Fassung der Bekanntmachung vom 13. November 1998 (BGBl. I S. 3322), das zuletzt durch Artikel 1 des Gesetzes vom 30. März 2021 (BGBl. I S. 441) geändert worden ist. – LG München I, Urteil vom 25. Oktober 2017 – 25 O 4233/17, ZUM-RD 2018, 177. – OLG Hamburg, Urteil vom 24. September 2019 – 7 U 73/18. – OLG Saarbrücken, Urteil vom 11. April 2018 – 5 U 28/17. – Slizyk: Handbuch Schmerzensgeld, 17. Auflage 2021. – Wissenschaftliche Dienste des Deutschen Bundestages: „Catcalling“ als strafrechtlich relevante Beleidigung, WD 7 - 3000 - 115/20, 2. November 2020 (abrufbar unter https://www.bundestag.de/resource /blob/811328/f2f3f7c2442a79af4c0d4f4f10e385c6/WD-7-115-20-pdf-data.pdf – zuletzt abgerufen am 10. Juni 2021). * * *