Deutscher Bundestag Voraussetzungen für die Weiterführung des Flughafens Berlin-Tegel Ausarbeitung Wissenschaftliche Dienste WD 7 – 3000 – 066/13 Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 7 – 3000 – 066/13 Seite 2 Voraussetzungen für die Weiterführung des Flughafens Berlin-Tegel Verfasser/in: Aktenzeichen: WD 7 – 3000 – 066/13 Abschluss der Arbeit: 5. April 2013 Fachbereich: WD 7: Zivil-, Straf- und Verfahrensrecht, Umweltschutzrecht, Verkehr, Bau und Stadtentwicklung Telefon: Ausarbeitungen und andere Informationsangebote der Wissenschaftlichen Dienste geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Der Deutsche Bundestag behält sich die Rechte der Veröffentlichung und Verbreitung vor. Beides bedarf der Zustimmung der Leitung der Abteilung W, Platz der Republik 1, 11011 Berlin. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 7 – 3000 – 066/13 Seite 3 Inhaltsverzeichnis 1. Einleitung 4 2. Die Betriebsgenehmigung und die Planfeststellung zum Flughafen Berlin-Tegel 4 2.1. Der Konsensbeschluss vom 28. Mai 1996 6 2.2. Der Widerruf der Betriebsgenehmigung vom 29. Juli 2004 7 2.3. Entlassung aus der luftverkehrsrechtlichen Zweckbestimmung (Planfeststellung) 9 2.4. Wirksamkeit des Widerrufs der Betriebsgenehmigung und der Entlassung aus der luftverkehrsrechtlichen Zweckbestimmung 9 3. Voraussetzungen für den Weiterbetrieb 11 3.1. Einflussmöglichkeiten des Bundes 12 3.2. Zwischenergebnis 13 3.3. Landesentwicklungsprogramm/Landesentwicklungsplan 13 3.4. Zwischenergebnis 16 3.5. Änderungsvoraussetzungen für den Landesentwicklungsplan 16 3.6. Rechtsschutz gegen die Rechtsverordnungen (LEP FS) 17 3.7. Ergebnis 18 4. Der Planfeststellungsbeschluss zum BER vom 13. August 2004 19 4.1. Die Grundzüge des Planfeststellungsbeschlusses 19 4.2. Die Bestandskraft der Planrechtfertigung 21 4.3. Ergebnis 22 5. Die Betriebsgenehmigung für den Flughafen Berlin-Tegel 22 5.1. Rücknahme/Modifizierung des Antrages vom 16. November 2001 23 5.2. Antrag auf Wiederaufgreifen des Verfahrens 24 5.3. Anspruch auf fehlerfreie Ermessensentscheidung 25 5.4. Handlungsmöglichkeiten von Amts wegen 27 6. Die Planfeststellung des Flughafens Berlin-Tegel 27 6.1. Widmung und Planfeststellung 27 6.2. Änderungsmöglichkeiten des Bescheides vom 2. Februar 2006 28 7. Fazit 29 Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 7 – 3000 – 066/13 Seite 4 1. Einleitung Mit der Berufung des Vorsitzenden, Hartmut Mehdorn, in die Geschäftsführung der Flughafengesellschaft , Flughafen Berlin Brandenburg GmbH (FBB),1 wurde eine neue Debatte über den Weiterbetrieb des Flughafens Berlin-Tegel (TXL) angestoßen. Es stellt sich hierbei die Frage, ob es unter den derzeitigen rechtlichen Gegebenheiten, insbesondere im Hinblick auf den Widerruf der Betriebsgenehmigung für den Flughafen Berlin-Tegel durch die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Umwelt des Landes Berlin vom 29. Juli 2004 für die Inbetriebnahme des neuen Flughafens BER in Schönefeld die Möglichkeit gibt, den bisherigen Flughafen in Berlin-Tegel als Verkehrsflughafen weiter zu betreiben. Von Interesse ist in diesem Zusammenhang, ob zumindest die rechtliche Möglichkeit besteht, den Flughafen Berlin-Tegel nach vollständiger Inbetriebnahme des Flughafens BER für die allgemeine Luftfahrt, für den militärischen Flugbetrieb2 etc. unterhalb der Ebene eines Verkehrsflughafens offenzuhalten. Schließlich können sich auch Fragen aufdrängen, welche rechtlichen Voraussetzungen der Bundestag und die Bundesregierung sowie die Parlamente und Landesregierungen der Länder Berlin und Brandenburg gegebenenfalls herbeiführen müssten, um einen Weiterbetrieb des Flughafens Berlin-Tegel als Verkehrsflughafen zu ermöglichen. Hierbei ist besonders von Bedeutung, ob gegebenenfalls hierfür ein neues Planfeststellungsverfahren zu initiieren wäre und welche Erfolgsaussichten dieses neue Planfeststellungsverfahren im Hinblick auf die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (BVerwG) zum Planfeststellungsbeschluss vom 13. August 2004 zum Ausbau des Verkehrsflughafens Berlin-Schönefeld bzw. des BER hätte. In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, dass die Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestages gemäß Ziffer 1.8 ihres Leitfadens keine Rechtsauskünfte im Einzelfall erteilen. Bei den aufgeführten Fragestellungen zum Flughafen Berlin-Tegel und zum BER handelt es sich um derartige Einzelfälle. Zudem ist zu berücksichtigen, dass zur Beantwortung der konkreten Fragen ausführliche Sachverhaltsermittlungen notwendig wären, die hier nicht durchgeführt werden können. Unabhängig von den erwähnten Einzelfällen kann deshalb nur versucht werden, zu den einzelnen Fragen summarisch die allgemeine Rechtslage darzustellen. 2. Die Betriebsgenehmigung und die Planfeststellung zum Flughafen Berlin-Tegel Der Flughafen Berlin-Tegel wurde im Herbst 1948 als Militärflughafen der französischen Besatzungsmacht errichtet. Auf der Grundlage einer Vereinbarung vom 7. Juli 1960 zwischen der französischen Militärregierung und der Betreiberin des Flughafens, die Berliner Flughafen- 1 Gesellschafter des Flughafens BER ist zu 26 % die Bundesrepublik Deutschland und zu je 37 % die Länder Berlin und Brandenburg. 2 Vgl. Der Tagesspiegel vom 03.04.2013, „Ein langer Abschied oder nicht?“, abrufbar unter (Stand: 03.04.2013): http://www.tagesspiegel.de/berlin/flughafen-tegel-ein-langer-abschied-oder-nicht/8011576.html. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 7 – 3000 – 066/13 Seite 5 Gesellschaft mbH (BFG), findet hier seither auch ziviler Luftverkehr statt. Bis Ende 1990 unterstand der Flughafen Berlin-Tegel der französischen Militärregierung. Nach dem Gesetz zur Überleitung von Bundesrecht nach Berlin (West) (Sechstes Überleitungsgesetz ) vom 25. September 19903 gilt der Flughafen nach Übergabe durch die Alliierten als genehmigt und im Plan rechtskräftig festgestellt.4 § 2 Abs. 5 des Sechsten Überleitungsgesetzes hat folgenden Wortlaut: „(5) Die auf Grund alliierten Rechts angelegten oder betriebenen Flughäfen Berlin-Gatow, Berlin-Tegel und Berlin-Tempelhof gelten nach Übergabe durch die Alliierten im Sinne der §§ 6 bis 10 des Luftverkehrsgesetzes in der Fassung der Bekanntmachung vom 14. Januar 1981 (BGBl. I S. 61), das zuletzt durch Gesetz vom 28. Juni 1990 (BGBl. I S. 1221) geändert worden ist, als genehmigt und im Plan rechtskräftig festgestellt.“ Der Bescheid über den Widerruf der Betriebsgenehmigung für den Flughafen Berlin-Tegel vom 29. Juli 2004 verweist hierzu noch weiter auf Art. 2 des Übereinkommens zur Regelung bestimmter Fragen in Bezug auf Berlin ebenfalls vom 25. September 1990.5 Hiernach „sind und bleiben“ „alle Rechte und Verpflichtungen, die durch gesetzgeberische, gerichtliche oder Verwaltungsmaßnahmen der alliierten Behörden in oder in Bezug auf Berlin oder aufgrund solcher Maßnahmen begründet worden sind“ in „jeder Hinsicht nach deutschem Recht in Kraft, ohne Rücksicht darauf, ob sie in Übereinstimmung mit anderen Rechtsvorschriften begründet oder festgestellt worden sind. Die Rechte und Verpflichtungen unterliegen ohne Diskriminierung denselben künftigen gesetzgeberischen, gerichtlichen und Verwaltungsmaßnahmen wie gleichartige nach deutschem Recht begründete oder festgestellte Rechte und Verpflichtungen.“ Dieses Übereinkommen trat am 3. Oktober 1990 in Kraft. Die Übergabe des Flughafens Berlin-Tegel durch die französische Militäradministration erfolgte im Wesentlichen unmittelbar danach und seither wird der Flughafen Berlin-Tegel als internationaler Zivilflughafen betrieben. Festzustellen ist demnach, dass mit der Übergabe des Flughafens Berlin-Tegel Ende 1990, dieser so zu behandeln ist, als lägen hierfür eine luftrechtliche Genehmigung zu Gunsten der BFG, ein bestandskräftiger Planfeststellungsbeschluss und eine Widmung der Flughafenflächen für den allgemeinen öffentlichen Luftverkehr vor. 3 BGBl. I S. 2106, abrufbar unter (Stand: 25.03.2013): http://www.gesetze-iminternet .de/bundesrecht/_blg_6/gesamt.pdf. 4 Vgl. Bescheid über den Widerruf der Betriebsgenehmigung für den Flughafen Berlin-Tegel vom 29.07.2004, abrufbar unter (Stand: 19.03.2013): http://home.arcor.de/lagers-hauenstein/BIgegendasLuftkreuz/files/txlbescheid -20040729.pdf. 5 BGBl. II S. 1274, abrufbar unter (Stand: 03.04.2013): http://www.auswaertigesamt .de/cae/servlet/contentblob/576384/publicationFile/158720/VertragstextOriginal.pdf. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 7 – 3000 – 066/13 Seite 6 2.1. Der Konsensbeschluss vom 28. Mai 1996 Am 28. Mai 1996 fassten die Bundesrepublik Deutschland sowie die Länder Berlin und Brandenburg einen sogenannten Konsensbeschluss. Die Beteiligten sind zurzeit Gesellschafter der Flughafen Berlin Brandenburg GmbH (FBB),6 die den Flughafen Schönefeld und dessen Ausbau zum BER betreibt. Diese wiederum ist zu 100 % an der Berliner Flughafengesellschaft mbH (BFG) beteiligt , die den Flughafen Berlin-Tegel betreibt. In dem erwähnten Konsensbeschluss wurde der Ausbau des Flughafens Schönefeld als sogenannter „Single-Standort“ und damit einhergehend die Schließung der innerstädtischen Flughäfen Tempelhof und Tegel vereinbart: „5. Schließung innerstädtischer Flughäfen. Keiner der gegenwärtigen und künftigen Gesellschafter der BBF beabsichtigt, einen der vorhandenen Standorte Tempelhof oder Tegel als Flughafen weiter zu betreiben. Dieses wird eine der Vorgaben bei der Privatisierung sein. Die Gesellschafter gehen davon aus, dass die bestehenden innerstädtischen Verkehrsflughäfen wie folgt geschlossen werden: - Schließung von Tempelhof. […] - Schließung Tegel. Der Verkehrsflughafen Tegel wird spätestes mit Inbetriebnahme der neuen Start- und Landebahn am Standort Schönefeld geschlossen.“7 Die Gesellschafterversammlung der Berlin Brandenburg Flughafenholding - BBF - (heute FBB) hat am 20. Juni 1996 einstimmig die Umsetzung der „Gemeinsamen Empfehlung“ (Konsensbeschluss vom 28. Mai 1996) beschlossen.8 Der Aufsichtsrat der BBF (FBB) hat in Vollzug dieses Beschlusses in seiner Sitzung vom 24. Juni 1996 die Geschäftsführung der BBF (FBB) beauftragt, alle erforderlichen Maßnahmen für die Einleitung eines Planfeststellungsverfahrens am Standort Schönefeld zu ergreifen. Der Antrag auf Planfeststellung für den Ausbau des Flughafens Berlin-Schönefeld bzw. des BER wurde am 17. Dezember 1999 durch die Träger des Vorhabens, die Flughafen Berlin Schönefeld GmbH, die Deutsche Bahn, DB Netz AG und die DB Station & Service AG beim Brandenburgischen Landesamt für Bauen, Verkehr und Straßenwesen als der zuständigen Anhörungsbehörde eingereicht. Der Planfeststellungsbeschluss zum BER erging am 13. August 2004. Dieser Plan- 6 Bis Dezember 2011 Flughafen Berlin-Schönefeld GmbH (FBS), zuvor Berlin Brandenburg Flughafenholding (BBF); mit Blick auf den neuen BER benannte sich die Betreibergesellschaft zum Jahreswechsel um: Aus der Flughafen Berlin-Schönefeld GmbH (FBS) wurde die Flughafen Berlin Brandenburg GmbH (FBB). Gesellschafter der FBB sind die Länder Berlin und Brandenburg zu je 37 Prozent sowie die Bundesrepublik Deutschland zu 26 Prozent. 7 Abgedruckt im Tagesspiegel vom 18.06.2007 unter Hinweis auf das Abgeordnetenhaus von Berlin, Drucksache 13/624b; abrufbar unter (Stand: 20.03.2013): http://www.tagesspiegel.de/berlin/verkehr/dokumentationkonsensbeschluss -zur-tempelhof-schliessung/876062.html. 8 Wie die Gemeinsame Empfehlung bzw. der sog. Konsensbeschluss vom 28.05.1996 rechtlich einzuordnen ist, kann an dieser Stelle offen bleiben Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 7 – 3000 – 066/13 Seite 7 feststellungsbeschluss ist zwischenzeitlich 22 Mal, zuletzt am 10. Februar 2012 geändert worden. Daneben erging ein Planergänzungsbeschluss „Lärmschutzkonzept BBI“ vom 20. Oktober 2009. Das Ministerium für Infrastruktur und Landwirtschaft des Landes Brandenburg hat die der Flughafen Berlin-Schönefeld GmbH (seit 1. Januar 2012 Flughafen Berlin Brandenburg GmbH (FBB)) erteilte Genehmigung zur Anlage und zum Betrieb des Flughafens Berlin-Schönefeld vom 20. September 1990 in der Fassung der letzten Änderung vom 20. April 2011 gemäß § 6 Abs. 4 Satz 1 LuftVG9 i. V. m. §§ 38 ff. LuftVZO10 auf der Grundlage des Planfeststellungsbeschlusses des Ministeriums für Stadtentwicklung, Wohnen und Verkehr (jetzt: Ministerium für Infrastruktur und Landwirtschaft) vom 13. August 2004 zum Ausbau des Verkehrsflughafens Berlin- Schönefeld i. d. F. der 22. Planänderung vom 10. Februar 2012 und des Planergänzungsbeschlusses „Lärmschutzkonzept BBI“ vom 20. Oktober 2009 zum Vorhaben Ausbau Verkehrsflughafen Berlin-Schönefeld, zuletzt am 17. März 2012 geändert und neu gefasst.11 2.2. Der Widerruf der Betriebsgenehmigung vom 29. Juli 2004 Mit Schreiben vom 16. November 2001 beantragte die Betreiberin des Flughafens Berlin-Tegel (BFG), die luftverkehrsrechtliche Genehmigung und die luftrechtliche Planfeststellung für den Verkehrsflughafen Berlin-Tegel mit folgender Nebenbestimmung zu versehen: „Die luftrechtliche Genehmigung und die luftrechtliche Planfeststellung für den Verkehrsflughafen Berlin-Tegel werden sechs Monate nach Inbetriebnahme der bestandskräftig festgestellten Erweiterung der künftigen Nord- und heutigen Südpiste des Verkehrsflughafens Berlin-Schönefeld und der bestandskräftigen Planfeststellung der künftigen Südpiste des Verkehrsflughafens Berlin-Schönefeld mit einer Länge von 4.000 m nebst Vorfeldern, hochbaulichen Anlagen und Verkehrserschließung rechtsunwirksam.“ Die Betreiberin des Flughafens Berlin-Tegel (BFG) begründete ihren Antrag unter Verweis auf den Beschluss der Gesellschafter der BBF (jetzt FBB).12 Hieraus könnte geschlossen werden, dass 9 Luftverkehrsgesetz (LuftVG) in der Fassung der Bekanntmachung vom 10.05.2007 (BGBl. I S. 698), zuletzt geändert durch Art. 3 des Gesetzes zur Durchführung der VO (EU) Nr. 1177/2010 über die Fahrgastrechte im Seeund Binnenschiffsverkehr sowie zur Änderung des LuftVG vom 05.12.2012 (BGBl. I S. 2454). 10 Luftverkehrs-Zulassungs-Ordnung (LuftVZO) in der Fassung der Bekanntmachung vom 10.07.2008 (BGBl. I S. 1229), zuletzt geändert durch Art. 2 der Verordnung zur Änderung luftrechtlicher Vorschriften über die Prüfung , die Zulassung und den Betrieb von Luftfahrtgerät, über das Luftfahrtpersonal und die Kosten der Luftfahrtverwaltung vom 15.02.2013 (BGBl. I S. 293). 11 Vgl. Änderung und Neufassung der Genehmigung des Verkehrsflughafens Berlin-Schönefeld, zukünftig Verkehrsflughafen Berlin Brandenburg vom 27.03.2012 (Amtsblatt für Brandenburg vom 02.05.2012, Nr. 17, S. 613), abrufbar unter (Stand: 03.04.2013): http://www.rbb-online.de/themen/flughafenber /flughafen_ber/countdown/betriebsgenehmigung.file.pdf. 12 Vgl. Bescheid über den Widerruf der Betriebsgenehmigung für den Flughafen Berlin-Tegel vom 29.07.2004, S. 7. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 7 – 3000 – 066/13 Seite 8 dieser Beschluss nicht in einer Gesellschafterversammlung der BFG (Betreiberin des Flughafens Berlin-Tegel) nach den §§ 48 ff. des GmbHG13 gefasst worden ist. Die Stellung dieses Antrages der BFG bereits Ende 2001 und vor Fertigstellung des Flughafens BER wurde damit begründet, der Planrechtfertigung für das Ausbauvorhaben für den Verkehrsflughafen Berlin-Schönefeld ein tragfähiges Fundament zu geben. Zum Zeitpunkt der Entscheidung der Planfeststellungsbehörde über den Planfeststellungsantrag zum Ausbau des Verkehrsflughafens Berlin-Schönefeld müsse rechtlich sichergestellt sein, dass es spätestens mit Inbetriebnahme des ausgebauten Verkehrsflughafens Berlin-Schönefeld zu einer Schließung der Verkehrsflughäfen Berlin-Tegel und Berlin-Tempelhof komme. Die BFG hat in diesem Zusammenhang klargestellt, dass sie ihren Antrag vom 16. November 2001 ergänzend dahingehend verstanden wissen will, dass es auf die bestandskräftige Planfeststellung der näher bezeichneten Start- und Landebahnen nicht ankomme, sondern deren funktionsfähige Inbetriebnahme mit Gestattung der Betriebsaufnahme genüge. Auf die Methode der Umsetzung – Nebenbestimmung zur Genehmigung oder ausdrücklicher Widerrufsbescheid – komme es ihr ebenfalls nicht an.14 Mit Schreiben vom 24. März 2004 reichte die BFG, vertreten durch ihre Verfahrensbevollmächtigten , eine Klarstellung zum Antrag 16. November 2001 nach. Danach sollte nunmehr folgendes verfügt werden: „Die luftrechtliche Genehmigung und die luftrechtliche Planfeststellung für den Verkehrsflughafen Berlin-Tegel werden mit Ablauf von sechs Monaten rechtsunwirksam, nachdem die Verlängerung der künftigen Nord- und heutigen Südpiste auf 3.600 m Länge und der Neubau der künftigen Südpiste des Verkehrsflughafens Berlin-Schönefeld mit einer Länge von mindestens 4.000 m jeweils sowohl bestandskräftig planfestgestellt als auch in Betrieb genommen worden sind.“15 Auf der Grundlage des § 6 LuftVG, des § 45 LuftVZO und § 49 VwVfG16 i. V. m. § 1 des Gesetzes über das Verfahren der Berliner Verwaltung17 wurde durch den Bescheid vom 29. Juli 2004 der Widerruf der Betriebsgenehmigung für den Flughafen Berlin-Tegel wie folgt verfügt: 13 Gesetz betreffend die Gesellschaften mit beschränkter Haftung (GmbHG) in der Fassung der Bekanntmachung vom 20.05.1898 (RGBl. S. 846), zuletzt geändert durch Art. 2 Abs. 51 des Gesetzes zur Änderung von Vorschriften über Verkündung und Bekanntmachungen sowie der ZPO, des EGZPO und der AO vom 22.12.2011 (BGBl. I S. 3044). 14 Bescheid über die Entlassung der Anlagen und Flächen des Flughafens Berlin-Tegel aus der luftverkehrsrechtlichen Zweckbestimmung (Planfeststellung) vom 02.02.2006, S. 13/14. 15 Bescheid über die Entlassung der Anlagen und Flächen des Flughafens Berlin-Tegel aus der luftverkehrsrechtlichen Zweckbestimmung (Planfeststellung) vom 02.02.2006, S. 13. 16 Verwaltungsverfahrensgesetz (VwVfG) in der Fassung der Bekanntmachung vom 23.01.2003 (BGBl. I S. 102), zuletzt geändert durch Art. 2 Abs. 1 des Gesetzes zur Modernisierung von Verfahren im patentanwaltlichen Berufsrecht vom 14.08.2009 (BGBl. I S. 2827). 17 Gesetz über das Verfahren der Berliner Verwaltung vom 08.12.1976 (GVBl. S. 2735, ber. S. 2898), zuletzt geändert durch Art. I § 14 Kostenrechtsanpassungsgesetz vom 19.06.2006 (GVBl. S. 573). Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 7 – 3000 – 066/13 Seite 9 „Der Widerruf wird mit Ablauf von sechs Monaten wirksam, nachdem die Verlängerung der künftigen Start- und Landebahn 07L/25R (Nord- und heutigen Südbahn) auf 3.600 m Länge und der Neubau der künftigen Start- und Landebahn 07R/25L (Südbahn) des Verkehrsflughafens Berlin-Schönefeld (SXF) mit einer Länge von mindestens 4.000 m funktionsfähig in Betrieb genommen ist.“18 Nach Ziffer 2. dieses Bescheides soll über die Aufhebung der Planfeststellung gesondert entschieden werden. 2.3. Entlassung aus der luftverkehrsrechtlichen Zweckbestimmung (Planfeststellung) Dies erfolgte mit dem Bescheid vom 2. Februar 2006 über die Entlassung der Anlagen und Flächen des Flughafens Berlin-Tegel aus der luftverkehrsrechtlichen Zweckbestimmung (Planfeststellung ). In entsprechender Anwendung des § 8 LuftVG und der §§ 77, 72 Abs. 1, 49 VwVfG in Verbindung mit § 1 des Gesetzes über das Verfahren der Berliner Verwaltung erging folgende Entscheidung: „Die planfestgestellten Flächen und Anlagen des Verkehrsflughafens Berlin-Tegel (TXL) werden mit Ablauf von sechs Monaten, nachdem die Verlängerung der künftigen Start- und Landebahn 07L/25R (Nord- und heutigen Südbahn) auf 3.600 m Länge und der Neubau der künftigen Start- und Landebahn 07R/25L (Südbahn) des Verkehrsflughafens Berlin- Schönefeld mit einer Länge von mindestens 4.000 m funktionsfähig in Betrieb genommen worden sind, aus der luftverkehrsrechtlichen Zweckbestimmung entlassen.“19 2.4. Wirksamkeit des Widerrufs der Betriebsgenehmigung und der Entlassung aus der luftverkehrsrechtlichen Zweckbestimmung Die Schließung des Flughafens Berlin-Tegel wird sechs Monate nach dem Eintritt bestimmter Voraussetzungen wirksam. Bei dieser Regelung handelt es sich um eine Bedingung. Bedingungen zeichnen sich dadurch aus, dass die Rechtswirkungen von einem zukünftigen ungewissen Ereignis abhängig gemacht werden. Von einer aufschiebenden Bedingung spricht man, wenn der Verwaltungsakt erst mit Eintritt des Ereignisses wirksam wird, und von einer auflösenden Bedingung , wenn der Verwaltungsakt zunächst wirksam, mit dem Eintritt der Bedingung aber seine Wirksamkeit verliert.20 Bei den Voraussetzungen zur Schließung des Flughafens Berlin-Tegel handelt es sich um aufschiebende Bedingungen, da die Rechtswirkungen des Widerrufs der Betriebsgenehmigung und 18 Bescheid über den Widerruf der Betriebsgenehmigung für den Flughafen Berlin-Tegel vom 29.07.2004, S. 4. 19 Bescheid über die Entlassung der Anlagen und Flächen des Flughafens Berlin-Tegel aus der verkehrsrechtlichen Zweckbestimmung (Planfeststellung) vom 02.02.2006, S. 5. 20 Maurer, Allgemeines Verwaltungsrecht, 13. Auflage, 2000, § 12 Rdnr. 6. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 7 – 3000 – 066/13 Seite 10 der Entlassung aus der luftverkehrsrechtlichen Zweckbestimmung (Planfeststellungsbeschlusses) erst eintreten mit - der Verlängerung der künftigen Start- und Landebahn 07L/25R (Nord- und heutigen Südbahn) auf 3.600 m Länge, - des Neubaus der künftigen Start- und Landebahn 07R/25L (Südbahn) des Verkehrsflughafens Berlin-Schönefeld (SXF) mit einer Länge von mindestens 4.000 m - und die funktionsfähige Inbetriebnahme der beiden Start- und Landebahnen. Die vorgenannten aufschiebend bedingten Bescheide entfalten nur dann eine Rechtswirksamkeit, die zur Schließung des Flughafens Berlin-Tegel führt, wenn sämtliche Bedingungen kumulativ vorliegen. Die ordnungsgemäße Durchführung der Verlängerung der künftigen Start- und Landebahn 07L/25R (Nord- und heutigen Südbahn) auf 3.600 m Länge und des Neubaus der künftigen Startund Landebahn 07R/25L (Südbahn) des Verkehrsflughafens Berlin-Schönefeld (SXF) mit einer Länge von mindestens 4.000 m ergibt sich aus der Betriebsgenehmigung.21 Fraglich ist hierbei, wann eine funktionsfähige Inbetriebnahme der Start- und Landebahnen am BER vorliegt. Insbesondere stellt sich die Frage, ob auch ein Teilbetrieb des BER eine funktionsfähige Inbetriebnahme darstellt. Ein bestandskräftiger Planfeststellungsbeschluss zum BER vom 13. August 2004 liegt vor. Eine bestandskräftige Betriebsgenehmigung liegt soweit ersichtlich nicht vor. Die Genehmigung eines neuen Flughafens nach § 6 LuftVG und der Planfeststellungsbeschluss nach § 10 LuftVG berechtigen den Flughafenunternehmer noch nicht zur Inbetriebnahme des Flughafens. Vielmehr bedarf es gemäß § 44 LuftVZO nach der baulichen Fertigstellung der genehmigten /planfestgestellten Flughafenanlage noch einer Abnahmeprüfung durch die Genehmigungsbehörde .22 Die Abnahmeprüfung bezieht sich grundsätzlich auf den genehmigten und planfestgestellten Flughafen als gesamtes Vorhaben. Für die Abnahme wird ein Abnahmezeugnis erstellt, mit der tatsächlichen Erklärung und Feststellung der Behörde, ob und ggf. in welchem Umfang das ver- 21 Vgl. hierzu unter „V Bezugspunkte“ die Ziffer 2.1 und 2.2 sowie VI Flugbetriebsflächen Ziffer 1 der Änderung und Neufassung der Betriebsgenehmigung vom 27.03.2012 (Amtsblatt für Brandenburg vom 02.05.2012, Nr. 17, S. 613), abrufbar unter (Stand: 03.04.2013): http://www.rbb-online.de/themen/flughafenber /flughafen_ber/countdown/betriebsgenehmigung.file.pdf. 22 Giemulla, in: Giemulla/Schmid, Luftverkehrsverordnungen, 39. Aktualisierung, München/Unterschleißheim 2010, § 44 LuftVZO Rdnr. 2. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 7 – 3000 – 066/13 Seite 11 wirklichte Flughafenprojekt der Genehmigung und ggf. auch dem festgestellten Plan entspricht. Bei dem Abnahmezeugnis handelt es sich nicht um einen Verwaltungsakt i.S.d. § 35 VwVfG.23 Möglich ist es auch, die Abnahme abschnittsweise durchzuführen. In jedem Fall bedarf es aber – nach der endgültigen Fertigstellung – einer Schlussabnahmeprüfung. Es stellt sich somit die Frage , ob die Teilabnahme der beiden Start- und Landebahnen durch die Genehmigungsbehörde ausreichen würde, um den Flughafen Berlin-Tegel zu schließen oder ob erst die Schlussabnahmeprüfung des Flughafens BER zur Schließung des Flughafens Berlin-Tegel führt. Voraussetzung für die Schließung des Flughafens Berlin-Tegel ist sowohl nach dem Bescheid vom 29. Juli 2004 als auch nach dem Bescheid vom 2. Februar 2006 nur die Inbetriebnahme der beiden Start- und Landesbahnen, nicht jedoch des Flughafens BER als Gesamtvorhaben. Es dürfte somit ausreichend sein, die Abnahmeprüfung für die Start- und Landebahnen als Teilabnahme durchzuführen um die Schließung des Flughafens Berlin-Tegel nach einer Frist von sechs Monaten herbeizuführen. Allerdings dürfte hierfür nicht allein die theoretische Möglichkeit einer technischen Inbetriebnahme der Start- und Landebahnen ausreichend sein, vielmehr muss dort auch tatsächlich ein Flugbetrieb stattfinden, der es erlaubt, den Flughafen Berlin-Tegel zu schließen . Ein derartiger Flugbetrieb am BER erfordert neben der tatsächlichen Inbetriebnahme der Start- und Landebahnen auch die hierfür erforderliche sonstige Logistik eines Verkehrsflughafens von nicht nur untergeordneter Bedeutung. Im Zweifel sind hierzu sachverständige Feststellungen zu treffen. Zusammenfassend lässt sich feststellen, dass der Widerruf der Betriebsgenehmigung und die Entlassung aus der luftverkehrsrechtlichen Zweckbestimmung wirksam werden, wenn die Maße von 3.600 Meter für die künftige Start- und Landebahn 07L/25R und 4.000 Meter für die künftige Start- und Landebahn 07R/25L eingehalten worden sind und beide Start- und Landebahnen gemäß § 44 LuftVZO durch die Genehmigungsbehörde durch eine Abnahmeprüfung abgenommen wurden. 3. Voraussetzungen für den Weiterbetrieb Für den Weiterbetrieb des Flughafens Berlin-Tegel müssen eine Betriebsgenehmigung, ein Planfeststellungsbeschluss und eine Widmung als Verkehrsflughafen vorliegen, die den Flugbetrieb am Flughafen Berlin-Tegel ermöglichen. Zudem sollte der Flughafen Berlin-Tegel im Landesentwicklungsplan Flughafenstandortentwicklung als Flughafenstandort vorgesehen sein. 23 Giemulla, in: Giemulla/Schmid, Luftverkehrsverordnungen, 39. Aktualisierung, München/Unterschleißheim 2010, § 44 LuftVZO Rdnr. 2: Hieraus folgt, dass die Abnahme nicht in Rechte Dritter eingreifen kann und deshalb auch nicht für Dritte gerichtlich angreifbar ist. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 7 – 3000 – 066/13 Seite 12 3.1. Einflussmöglichkeiten des Bundes Die Luftverkehrsverwaltung wird in Bundesverwaltung geführt (Art. 87d Abs. 1 Satz 1 GG24). Der Begriff des Luftverkehrs in Art. 73 Abs. 1 Nr. 6 GG ist nach allgemeiner Ansicht auch bei Art. 87 d GG extensiv zu interpretieren und umfasst alle mit dem Luftverkehr unmittelbar zusammenhängenden Institutionen und Tätigkeiten. Die Luftverkehrsverwaltung erfasst auch die Anlage und den Betrieb von Flughäfen sowie alle sonstigen, vergleichbaren Bodenanlagen.25 In diesen Bereich fällt auch das Fachplanungsrecht, soweit es beispielsweise die Genehmigung von Flughäfen oder den Widerruf von Betriebsgenehmigungen betrifft. Durch Bundesgesetz, das der Zustimmung des Bundesrates bedarf, können Aufgaben der Luftverkehrsverwaltung den Ländern als Auftragsverwaltung übertragen werden (Art. 87d Abs. 2 GG). In § 31 Abs. 2 LuftVG ist der Umfang der Bundesauftragsverwaltung im Einzelnen beschrieben . Soweit der Bund von der in Art. 87d Abs. 2 GG eröffneten Möglichkeit Gebrauch macht, gilt dann für den Bereich der Auftragsverwaltung die Grundaussage von Art. 85 GG. Hiernach fällt die Aufgabenwahrnehmung in die Kompetenz der Länder, die aber weitreichenden und unverzichtbaren Ingerenzrechten des Bundes unterworfen sind, um so die überörtlichen Interessen der Öffentlichkeit im gesamtstaatlichen Interesse im Bereich der Luftverkehrsverwaltung sicherstellen zu können. Gemäß Art. 85 Abs. 3 GG unterstehen die Landesregierungen im Rahmen der Auftragsverwaltung den Weisungen der zuständigen obersten Bundesbehörde, hier des Bundesministeriums für Verkehr , Bau und Stadtentwicklung (BMVBS). Die Weisungen sind grundsätzlich an die oberste Landesbehörde zu richten, die den Vollzug der Weisung sicherzustellen hat.26 Bei der Sicherstellung des Weisungsvollzugs sind die obersten Landesbehörden auf das (Beobachtungs- und Zwangs-) Instrumentarium des Landesrechts angewiesen. Art. 85 Abs. 3 Satz 3 GG reichert dieses Instrumentarium nicht an.27 Die Finanzierung der Bundesauftragsverwaltung im Bereich der Luftverkehrsverwaltung richtet sich nach Art. 104 a Abs. 2 und Abs. 5 GG. Dementsprechend trägt der Bund die Zweckausgaben, während von den Ländern die Verwaltungsausgaben zu finanzieren sind.28 24 Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland vom 23.05.1949 (BGBl. S. 1), zuletzt geändert durch Art. 1 des Änderungsgesetzes (Art. 93) vom 11.07.2012 (BGBl. I S. 1478). 25 Schwarz, in: Maunz/Dürig, Grundgesetz-Kommentar, 67. Ergänzungslieferung, 2013, Art. 87d Rdnr. 18. 26 Da die Sachkompetenz, das heißt die Kompetenz zur inhaltlichen Entscheidung in der Sache, im Bereich der Auftragsverwaltung beim Bund liegt, muss das Land jede formell ordnungsgemäße Weisung ausführen. Auf die Rechtmäßigkeit des geforderten Verhaltens kommt es nicht an. Es darf jedoch nicht gegen den Grundsatz der Bundes- bzw. Landestreue verstoßen werden (Art. 20 GG). Bei Meinungsverschiedenheiten zwischen Bundesund Landesbehörde kommt ein Verfahren nach Art. 93 Abs. 1 Nr. 3 GG i.V.m. § 13 Nr. 7 BVerfGG (Bund- Länder-Streit) oder die Anwendung von Bundeszwang (Art. 37 GG) in Betracht. 27 Lerche, in: Maunz/Dürig, Grundgesetz-Kommentar, 66. Ergänzungslieferung, 2012, Art. 85 Rdnr. 64. 28 Schwarz, in: Maunz/Dürig, Grundgesetz-Kommentar, 67. Ergänzungslieferung, 2013, Art. 87d Rdnr. 51. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 7 – 3000 – 066/13 Seite 13 Die Gesamtkosten des Flughafens BER sollten 2,83 Milliarden Euro nicht überschreiten, waren aber bereits bis Dezember 2011 um 530 Millionen Euro überschritten. Von 2005 bis 2010 zahlte der Bund 111,8 Millionen Euro an die Flughafengesellschaft aus. Darüber hinaus investiert der Bund in einen separaten Empfangsbereich für Parlament und Bundesregierung sowie den militärischen Teil des Flughafens.29 Eine gesetzliche Bedarfsplanung für die Feststellung des Bedarfs von Flughafenstandorten ähnlich der nach dem Fernstraßenausbaugesetz30 oder der für die Schienenwege31 ist nicht existent. 3.2. Zwischenergebnis Die Entwicklung von Flughafenstandorten in der Region Berlin und Brandenburg fällt in die Fach- und Rechtsaufsicht der BMVBS. Diese Aufsicht hat die überörtlichen Interessen der Öffentlichkeit im gesamtstaatlichen Interesse für den Bereich der Luftverkehrsverwaltung zu gewährleisten . Der Bund hält darüberhinaus Gesellschaftsanteile an der FBB und ist an den Kosten des Flughafens BER beteiligt. Das entsprechende Verwaltungshandeln der Bundesregierung unterliegt daher der parlamentarischen Kontrolle des Bundestages und seiner Ausschüsse. Daneben stehen die entsprechenden parlamentarischen Initiativrechte zur Verfügung. 3.3. Landesentwicklungsprogramm/Landesentwicklungsplan Bei den planerischen Vorgaben für die Schließung des Flughafens Berlin-Tegel sind folgende gemeinsamen Regelwerke der Länder Berlin und Brandenburg zu unterscheiden: - Landesplanungsvertrag, - Landesentwicklungsprogramm, - Landesentwicklungsplan. 29 Vgl. hierzu im Einzelnen die Antwort der Bundesregierung; BT-Drs. 17/10494, abrufbar unter (Stand: 27.03.2013): http://dip21.bundestag.de/dip21/btd/17/104/1710494.pdf. 30 Fernstraßenausbaugesetz (FStrAbG) in der Fassung vom 20.01.2005 (BGBl. I S. 201), zuletzt geändert durch Art. 12 Infrastrukturvorhaben-Planungsverfahren-Beschleunigungsgesetz vom 09.12.2006 (BGBl. I S. 2833); abrufbar unter (Stand: 27.03.2013): http://www.gesetze-im-internet.de/fstrausbaug/BJNR008730971.html; Vgl. hierzu vor allem Kodal/Leue, Straßenrecht, 7. Auflage 2010, Kap. 34, S. 1099. 31 Vgl. Gesetz über den Ausbau der Schienenwege des Bundes (Bundesschienenwegeausbaugesetz) vom 15.11.1993 (BGBl. I S. 1874), zuletzt geändert durch Art. 309 der Verordnung vom 31.10.2006 (BGBl. I S. 2407); abrufbar unter (Stand: 27.03.2013): http://www.gesetze-im-internet.de/bundesrecht/bswag/gesamt.pdf. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 7 – 3000 – 066/13 Seite 14 In den Ländern Berlin und Brandenburg erfolgt eine gemeinsame Landesplanung auf Grundlage des Landesplanungsvertrages32. Das gemeinsame Landesentwicklungsprogramm wird als Staatsvertrag zwischen den Ländern Berlin und Brandenburg vereinbart. Es legt insbesondere Grundsätze der Raumordnung, die für die Gesamtentwicklung der beiden Länder von Bedeutung sind, fest (Art. 7 Abs. 1 Landesplanungsvertrag ). Das gemeinsame Landesentwicklungsprogramm 2007 (LEPro 2007) der Länder Berlin und Brandenburg wurde wie folgt bekannt gemacht: Für Berlin durch das Gesetz zu dem Staatsvertrag der Länder Berlin und Brandenburg über das Landesentwicklungsprogramm 2007 (LEPro 2007) und die Änderung des Landesplanungsvertrages vom 15. Dezember 2007 (GVBl. S. 629); für Brandenburg durch das Gesetz zu dem Staatsvertrag der Länder Berlin und Brandenburg über das Landesentwicklungsprogramm 2007 (LEPro 2007) und die Änderung des Landesplanungsvertrages vom 18. Dezember 2007 (GVBl. I S. 235). Die Landesentwicklungsprogramme stellen also verbindlich geltende Landesgesetze in den jeweiligen Ländern Berlin und Brandenburg dar. Das Landesentwicklungsprogramm 2007 (Landesgesetz ) enthält zu seinem § 7 (Verkehrsentwicklung) folgende Begründung: „Die Hauptstadtregion verzeichnet gegenwärtig eine starke Nachfrage nach internationalen Luftverkehrsverbindungen, die in Umfang und Qualität vom vorhandenen Flughafensystem nicht mehr befriedigt werden kann. Deshalb wird der Flughafen Berlin Brandenburg International zu einem zentralen Flughafen für den nationalen und internationalen Luftverkehrsanschluss der Hauptstadtregion ausgebaut. Im Übrigen bleibt § 19 Abs. 11 des LEPro 2003 unberührt.“ 33 § 19 Abs. 11 des LEPro 2003 hat folgenden Wortlaut: „Der im Gesamtraum Berlin-Brandenburg zu erwartende Bedarf an Luftverkehrskapazitäten soll durch rechtzeitige Bereitstellung vornehmlich innerhalb des bestehenden internationalen Flughafensystems, insbesondere unter Verringerung der Lärmbetroffenheit, gedeckt werden. Dabei soll der nationale und internationale Luftverkehrsanschluss für Berlin und Brandenburg möglichst auf einen Flughafen konzentriert werden. Hierbei soll eine enge räumliche Beziehung des Flughafens zum Aufkommensschwerpunkt Berlin mit kurzen Zugangswegen und unter Einbindung in das vorhandene Verkehrssystem, insbesondere zum Schienennetz und zum öffentlichen Personennahverkehr, angestrebt werden. Die für den Flughafen sowie für seine Funktionsfähigkeit notwendigen Flächen sollen gesichert werden . Für die allgemeine Luftfahrt sollen ergänzend regionale Flugplätze geschaffen werden. 32 Vertrag über die Aufgaben und Trägerschaft sowie Grundlagen und Verfahren der gemeinsamen Landesplanung zwischen den Ländern Berlin und Brandenburg (Landesplanungsvertrag) in der Fassung der Bekanntmachung vom 06.04.1995, Neubekanntmachung vom 13.02.2012 (Berlin, GVBl. S. 2; Brandenburg, GVBl. I Nr. 14). Eine konsolidierte Fassung ist abrufbar unter (Stand: 27.03.2013): http://gl.berlinbrandenburg .de/ueber/landesplanungsvertrag/index.html. 33 Landesentwicklungsprogramm 2007, S. 17; abrufbar unter (Stand: 25.03.2013): http://gl.berlinbrandenburg .de/imperia/md/content/bb-gl/landesentwicklungsplanung/lepro2007_broschuere.pdf. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 7 – 3000 – 066/13 Seite 15 Der Anteil des Kurzstreckenluftverkehrs soll zugunsten des Eisenbahnfernverkehrs erheblich verringert werden.“34 Zusammengefasst sieht diese geltende gesetzliche Regelung vor, dass „der nationale und internationale Luftverkehrsanschluss für Berlin und Brandenburg möglichst auf einen Flughafen konzentriert werden [soll]“ (kursive Hervorhebung durch die Unterzeichner).35 Das landesgesetzliche Landesentwicklungsprogramm sieht damit nicht zwingend die Schließung des Flughafens Berlin- Tegel vor. Die gemeinsamen Landesentwicklungspläne legen auf der Grundlage des gemeinsamen Landesentwicklungsprogramms weitere Grundsätze und Ziele der Raumordnung fest (Art. 8 Abs. 1 Landesplanungsvertrag ). Die gemeinsamen Landesentwicklungspläne werden von der Gemeinsamen Landesplanungsabteilung aufgestellt, von den Regierungen der vertragschließenden Länder jeweils als Rechtsverordnung mit Geltung für das eigene Hoheitsgebiet erlassen und den Landesparlamenten lediglich zur Kenntnisnahme zugeleitet (vgl. Art. 8 Abs. 4 Landesplanungsvertrag). Der geltende „Landesentwicklungsplan Flughafenstandortentwicklung (LEP FS)“ legt fest, dass „zur Deckung des nationalen und internationalen Luftverkehrsbedarfes der Länder Berlin und Brandenburg […] der Flughafen Berlin-Schönefeld weiter zu entwickeln [ist]. Mit Inbetriebnahme der Kapazitätserweiterung am Standort Schönefeld sind die Flugplätze Berlin-Tegel und Berlin- Tempelhof zu schließen und ihre Flächen einer anderen Nutzung zuzuführen.“36 Um einen Weiterbetrieb des Flughafens Berlin-Tegel zu ermöglichen, müsste der „Landesentwicklungsplan Flughafenstandortentwicklung“ geändert werden. Nach Art. 8 Abs. 5 des Landesplanungsvertrages sollen die gemeinsamen Landesentwicklungspläne „spätestens zehn Jahre“ nach ihrer Aufstellung überprüft werden. Bei einer solchen Überprüfung müsste bei einer möglichen Änderung des Bedarfs (z. B. gestiegenes Passagieraufkommen) das sogenannte „Single-Airport“-Konzept neu bewertet und gegebenenfalls durch Kapazitätserweiterungen des geplanten BER, die Schaffung von alternativen Flughafenstandorten oder der Erhalt von bestehenden Flughafenstandorten berücksichtigt werden. 34 Landesentwicklungsprogramm 2007, S. 40; abrufbar unter (Stand: 25.03.2013): http://gl.berlinbrandenburg .de/imperia/md/content/bb-gl/landesentwicklungsplanung/lepro2007_broschuere.pdf. 35 Landesentwicklungsprogramm 2007, Hauptstadtregion Berlin-Brandenburg, S. 40. 36 Vgl. Gliederungspunkt II Z1 des Gemeinsamen Landesentwicklungsplans Flughafenstandortentwicklung (LEP FS) = Verordnung zur Änderung der Verordnung über den Landesentwicklungsplan Flughafenstandortentwicklung vom 30.05.2006 (Brandenburg, GVBl. II S. 153); Verordnung zur Änderung der Verordnung über den Landesentwicklungsplan Flughafenstandortentwicklung vom 30.05.2006 (Berlin, GVBl. S. 509, insbes. 512), abrufbar unter (Stand: 27.03.2013): http://www.berlin.de/imperia/md/content/senatsverwaltungen/justiz/gvbl2006/seiten_509___552_heft_nr._21_v om_15.06.2006.pdf?start&ts=1308236199&file=seiten_509___552_heft_nr._21_vom_15.06.2006.pdf. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 7 – 3000 – 066/13 Seite 16 In der Anlage zu den Rechtsverordnungen der Länder Berlin und Brandenburg (Landesentwicklungspläne - LEP FS) wird der Bedarf für das Flugverkehrsaufkommen für die Region Berlin und Brandenburg ermittelt. Diese Bedarfsfeststellungen für den Flugverkehr entsprechen im Wesentlich denen für die Planung und den Bau der Straßen- und Schienenwege. Dieser Bedarf wird regelmäßig auf der Grundlage gutachterlicher Verkehrsprognosen ermittelt und bindet die Verwaltungen entsprechend den jeweiligen Plänen. Der Konsensbeschluss vom 28. Mai 1996 und die entsprechenden Gesellschafterbeschlüsse der BBF/FBB stellen dabei keine geeignete Grundlage für Bedarfsfeststellungen in den Landesentwicklungsplänen Flughafenstandortentwicklung (LEP FS) dar. 3.4. Zwischenergebnis Die Landesentwicklungspläne Flughafenstandortentwicklung werden in den Ländern Berlin und Brandenburg als Rechtsverordnung erlassen und legalisieren sich aus den Landesentwicklungsprogrammen 2003 und 2007. Die in den jeweiligen Rechtsverordnungen (Landesentwicklungsplänen ) vorgesehenen Flughafenstandorte und Bedarfsfeststellungen erhalten die Landesparlamente nur zur Kenntnisnahme. Die Landesentwicklungsprogramme sind in den Ländern Berlin und Brandenburg als Landesgesetze in Kraft gesetzt worden. Das Landesentwicklungsprogramm 2007 lässt wegen der Fortgeltung des § 19 Abs. 11 des Landesentwicklungsprogramms 2003 mehrere Flughäfen zu und bedürfte daher keiner Änderung. Der Weiterbetrieb des Flughafens Berlin-Tegel steht deshalb nicht in Widerspruch zu den gesetzlichen Vorgaben der Länder Berlin und Brandenburg. 3.5. Änderungsvoraussetzungen für den Landesentwicklungsplan Die Landesentwicklungspläne Flughafenstandortentwicklung sehen zwar ausdrücklich die Schließung des Flughafens Berlin-Tegel vor. Diese Pläne sind aber regelmäßig den veränderten Rahmenbedingungen anzupassen. Da es sich bei dem „Landesentwicklungsplan Flughafenstandortentwicklung (LEP FS)“ um eine Rechtsverordnung handelt, müssen die Voraussetzungen des Landesplanungsvertrages vorliegen, der gemäß Art. 8 Abs. 4 die Ermächtigungsgrundlage für den Erlass der Rechtsverordnung (LEP FS) enthält. Nach der Erarbeitung bzw. Änderung des Landesentwicklungsplanes ist für diesen zunächst ein Beteiligungsverfahren für Gemeinden, Gemeindeverbände und Privatpersonen (natürliche und juristische Personen) nach Art. 8 Abs. 2 i.V.m. Art. 7 Abs. 2 Landesplanungsvertrag vorgesehen. Nach dessen Abschluss muss gemäß Art. 8 Abs. 3 Landesplanungsvertrag der Landesentwicklungsplan den für die Landesplanung zuständigen Ausschüssen des Abgeordnetenhauses von Berlin und des Landtages von Brandenburg zur Unterrichtung mit der Gelegenheit zur Stellungnahme zugeleitet werden. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 7 – 3000 – 066/13 Seite 17 Die Rechtsverordnung „Landesentwicklungsplan Flughafenstandortentwicklung (LEP FS)“ wurde letztmalig im Jahre 2006 geändert. Auch diesem Landesentwicklungsplan liegt eine Luftverkehrsprognose zugrunde.37 Grundlage dieser Luftverkehrsprognose ist ein Gutachten aus dem Jahre 2002, dass bereits der Rechtsverordnung über den Landesentwicklungsplan aus dem Jahre 200338 zu Grunde gelegt worden ist. Hiernach sollte im Jahr 2010 das Passagieraufkommen bei 19,4 Millionen Passagieren liegen, tatsächlich betrug das Passagieraufkommen jedoch 22,3 Millionen Passagiere.39 Für das Jahr 2015 sieht die Prognose ein Passagieraufkommen von 23,2 Millionen Passagieren vor. Dieses Passagieraufkommen wurde jedoch bereits in den Jahren 2011 (tatsächliches Passagieraufkommen: 24,0 Millionen Passagiere)40 und 2012 (tatsächliches Passagieraufkommen : 25,3 Millionen Passagiere)41 überschritten. 3.6. Rechtsschutz gegen die Rechtsverordnungen (LEP FS) Rechtsschutz gegen den Landesentwicklungsplan kann durch eine Normenkontrolle gemäß § 47 Abs. 1 Nr. 2 VwGO42 beim Oberverwaltungsgericht (OVG) Berlin-Brandenburg gemäß Art. 3 Abs. 2 i.V.m. Art. 8 Abs. 4 Landesplanungsvertrag erlangt werden. Den Antrag kann gemäß § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO jede natürliche oder juristische Person stellen, die geltend macht, durch die Rechtsvorschrift oder deren Anwendung in ihren Rechten verletzt zu sein oder in absehbarer Zeit verletzt zu werden. Darüberhinaus kann jede Behörde innerhalb eines Jahres nach Bekanntmachung der Rechtsvorschrift einen derartigen Normenkontrollantrag stellen. Er ist gegen die Körperschaft, Anstalt oder Stiftung zu richten, die die Rechtsvorschrift erlassen hat.43 Die umstrittene44 Befristung in § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO auf ein Jahr gilt nicht nur für Normenkontrollanträge von Behörden, sondern auch für Normenkontrollanträge von Privatpersonen. 37 Vgl. Gliederungspunkt III zu Z1: 4.1.1 des Gemeinsamen Landesentwicklungsplans Flughafenstandortentwicklung (LEP FS) in der Fassung vom 30.05.2006 (Berlin GVBl. S. 509, insbes. 522). 38 Vgl. Verordnung über den Landesentwicklungsplan Flughafenstandortentwicklung vom 28.10.2003 (Berlin, GVBl. S. 521) sowie die Anlage zu dieser Verordnung (LEP FS), (Berlin, GVBl. S. 525). 39 Geschäftsbericht 2010 der Berliner Flughäfen, Verkehrsstatistik Berlin, S. 22, abrufbar unter (Stand: 27.03.2013): https://preview.berlin-airport.de/de/presse/publikationen/index.php/unternehmen/2010. 40 Geschäftsbericht 2011 der Berliner Flughäfen, Verkehrsstatistik Berlin, S. 30, abrufbar unter (Stand: 27.03.2013): https://preview.berlin-airport.de/de/presse/publikationen/index.php/unternehmen/2011#skiptoresultlist. 41 Pressemitteilung vom 11.01.2013, Verkehrsbericht Dezember, abrufbar unter (Stand: 27.03.2013): https://preview.berlin-airport.de/de/presse/pressemitteilungen/2013/2013-01-11-verkehrsberichtdezember /index.php. 42 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) in der Fassung der Bekanntmachung vom 19.03.1991 (BGBl. I S. 686), zuletzt geändert durch Art. 6 des Gesetzes zur Förderung der Mediation und anderer Verfahren der außergerichtlicher Konfliktbeilegung vom 21.07.2012 (BGBl. I S. 1577). 43 § 47 Abs. 1, 2 und 6 VwGO hat folgenden Wortlaut: „(1) Das Oberverwaltungsgericht entscheidet im Rahmen seiner Gerichtsbarkeit auf Antrag über die Gültigkeit 1. von Satzungen, die nach den Vorschriften des Baugesetzbuchs erlassen worden sind, sowie von Rechtsverordnungen auf Grund des § 246 Abs. 2 des Baugesetzbuchs 2. von anderen im Rang unter dem Landesgesetz stehenden Rechtsvorschriften, sofern das Landesrecht Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 7 – 3000 – 066/13 Seite 18 Normenkontrollanträge gegen die Rechtsverordnungen der Länder Berlin und Brandenburg zur Änderung der Verordnungen über die Landesentwicklungspläne Flughafenstandortentwicklung vom 30. Mai 2006 dürften deshalb keine hinreichende Aussicht auf Erfolg haben. 3.7. Ergebnis Nach Art. 8 Abs. 5 des Landesplanungsvertrages sollen die gemeinsamen Landesentwicklungspläne der Länder Berlin und Brandenburg spätestens zehn Jahre nach ihrer Aufstellung überprüft werden. Die derzeit gültigen Landesentwicklungspläne beruhen unter anderem hinsichtlich des Passagieraufkommens auf einer Verkehrsprognose aus dem Jahre 2002 und sind daher einer Überprüfung insgesamt zugänglich. Der Landesplanungsvertrag und die Inhalte der Landesentwicklungspläne (Bedarfsfeststellungen, Flughafenstandorte) sind darüber hinaus einer parlamentarischen Kontrolle in den jeweiligen Länderparlamenten zugänglich. Die Überprüfung von Landesentwicklungsplänen steht zwar im Ermessen der Landesregierungen, dürfte aber auch durch die jeweiligen Parlamente initiiert werden können. Die parlamentarische Kontrolle kann hierbei das gesamte parlamentarische Handlungsspektrum umfassen. Dem Abgeordnetenhaus des Landes Berlin und dem Landtag des Landes Brandenburg ist es darüberhinaus auch möglich, im Zusammenhang mit Landesentwicklungsplänen gesetzesinitiativ zu werden. Gemäß Art. 85 Abs. 3 GG unterstehen die Landesregierungen im Rahmen der Auftragsverwaltung den Weisungen der zuständigen obersten Bundesbehörde, hier des Bundesministeriums für Verkehr , Bau und Stadtentwicklung (BMVBS). Im Ergebnis ist festzustellen, dass das BMVBS als Aufsichtsbehörde im Rahmen seiner Fach- und Rechtsaufsicht in der Lage wäre, soweit die rechtlichen Voraussetzungen hierzu vorliegen, auf eine Änderung der Landesentwicklungspläne Flughafenstandortentwicklung (LEP FS) hinzuwirken. Hieraus und aus der fiskalischen Beteiligung des Bundes an der FBB folgt die Möglichkeit des Bundestages und seiner Ausschüsse, eine parlamentarische Kontrolle für diese Bereiche ebenfalls auszuüben. dies bestimmt. (2) Den Antrag kann jede natürliche oder juristische Person, die geltend macht, durch die Rechtsvorschrift oder deren Anwendung in ihren Rechten verletzt zu sein oder in absehbarer Zeit verletzt zu werden, sowie jede Behörde innerhalb eines Jahres nach Bekanntmachung der Rechtsvorschrift stellen. Er ist gegen die Körperschaft, Anstalt oder Stiftung zu richten, welche die Rechtsvorschrift erlassen hat. Das Oberverwaltungsgericht kann dem Land und anderen juristischen Personen des öffentlichen Rechts, deren Zuständigkeit durch die Rechtsvorschrift berührt wird, Gelegenheit zur Äußerung binnen einer zu bestimmenden Frist geben. § 65 Abs. 1 und 4 und § 66 sind entsprechend anzuwenden. […] (6) Das Gericht kann auf Antrag eine einstweilige Anordnung erlassen, wenn dies zur Abwehr schwerer Nachteile oder aus anderen wichtigen Gründen dringend geboten ist.“ 44 Vgl. bspw. im Hinblick auf eine Inzidentkontrolle, Giesberts, in: Giesberts/Reinhardt, Beck'scher Online- Kommentar, VwGO (Stand: 01.01.2013), § 47 Rdnr. 50/51. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 7 – 3000 – 066/13 Seite 19 4. Der Planfeststellungsbeschluss zum BER vom 13. August 2004 In der Öffentlichkeit wird vielfach kolportiert, nach dem vom Bundesverwaltungsgericht bestätigten Planfeststellungsbeschluss zum BER müsse der Flughafen Berlin-Tegel geschlossen werden 45 oder die Planungsbehörden hätten die Schicksale der beiden Airports „untrennbar miteinander Verbunden“46. Der Planfeststellungsbeschluss vom 13. August 2004 wird deshalb zunächst in seinen Grundzügen vorgestellt (Ziffer 4.1.). Hieraus ergeben sich dann Schlussfolgerungen zu der Frage, ob dieser Planfeststellungsbeschluss eine Rechtsgrundlage für die Schließung des Flughafens Berlin-Tegel darstellen kann. 4.1. Die Grundzüge des Planfeststellungsbeschlusses Der Planfeststellungsbeschluss zum Ausbau des Verkehrsflughafens Berlin-Schönefeld bzw. BER vom 13. August 200447 gliedert sich in einen Band I und II. Die Bände unterteilen sich grob in A Verfügung B Sachverhalt C Entscheidungsgründe48 D Abschließende Gesamtbetrachtung E Kostenentscheidung und F Rechtsbehelfsbelehrung. Der verfügende Teil (A) des Planfeststellungsbeschlusses enthält Feststellungen zu Plänen, die sich beziehen auf die Flugbetriebsflächen, die baulichen Anlagen und Grünordnung, die äußere Verkehrsanbindung der Straßen, die Verkehrsanbindung Schiene, die Ausbauplanung Wasser, die Verlegung von Versorgungsleitungen usw. ( A., I.). 45 Berliner Morgenpost vom 21.03.2013, „Flughafen Tegel könnte auch nach BER-Start offen bleiben“; abrufbar unter (Stand: 27.03.2013): http://www.morgenpost.de/flughafen-berlinbrandenburg /article114626103/Flughafen-Tegel-koennte-auch-nach-BER-Start-offen-bleiben.html. 46 Der Tagesspiegel vom 14.03.2013, „Juristen: Mehdorns Idee ist abwegig“, abrufbar unter (Stand: 27.03.2013): http://www.tagesspiegel.de/berlin/ber/offenhaltung-tegels-juristen-mehdorns-idee-ist-abwegig/7923870.html. 47 Abrufbar unter (Stand: 27.03.2013): http://www.mil.brandenburg.de/cms/media.php/lbm1.a.3310.de/PFSB_1- 36.pdf. 48 Der Band II setzt die Entscheidungsgründe fort mit Ausführungen zur Luftreinhaltung (S. 707 ff.), sonstige Auswirkungen (S. 743 ff.) usw. sowie eine Umweltverträglichkeitsprüfung (S. 1087 ff.). Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 7 – 3000 – 066/13 Seite 20 Dieser verfügende Teil (A) enthält des Weiteren Entscheidungen mit Nebenbestimmungen und Hinweisen, Vorbehaltsentscheidungen, Ausnahmen und Befreiungen.49 Das Ministerium für Infrastruktur und Landwirtschaft des Landes Brandenburg fasst die einzelnen Maßnahmen dieses verfügenden Teils des Planfeststellungsbeschlusses wie folgt zusammen:50 - Verlängerung der bestehenden südlichen Start- und Landebahn (SLB) (künftig nördliche SLB 07L/25R) um 600 Meter auf 3.600 Meter; - Anlage einer neuen, 1.900 Meter südlich davon gelegenen SLB (künftig südliche SLB 07R/25L) mit einer Länge von 4.000 Metern und einem westlichen Bahnversatz zur nördlichen SLB von 1.250 Metern; - Anlage von Rollbahnen und Vorfeldern; - Schließung und Rückbau der bestehenden nördlichen SLB; - Passagierabfertigungsgebäude, Parkhäuser, Frachtanlagen, Instandhaltungseinrichtungen, Gebäude für Bodendienste und für technische Betriebe sowie sonstige flughafentechnische Anlagen; - Anbindung des Verkehrsflughafens an das übergeordnete Straßennetz, insbesondere an die BAB 113n im Osten des Verkehrsflughafens, den Anschluss an die B 96a Ost im Norden des Verkehrsflughafens und die Anbindung West (K 6163 bis L 75); Wiederherstellung von unterbrochenen Verbindungen; - Anbindung des Verkehrsflughafens an das vorhandene Schienennetz mittels Fern-, Regional - und S-Bahnverbindungen, insbesondere durch die Westanbindung an den Berliner Außenring (BAR) bis zur BAB 113n; - Anlage eines Flughafenbahnhofs unter dem zentralen Passagierabfertigungsbereich für Fern-, Regional- und S-Bahnverbindungen; - Anlage der technischen Infrastruktur für Ver- und Entsorgung (Wasser, Strom, Gas, Telekommunikation ); Wiederherstellung von unterbrochenen Verbindungen sowie - naturschutzrechtliche Kompensationsmaßnahmen. Als Zwischenergebnis ist mithin festzustellen, dass der verfügende Teil (A) des Planfeststellungsbeschlusses vom 13. August 2004 keine Regelungen zur Schließung des Flughafens Berlin- Tegel enthält. 49 Vgl. hierzu im Einzelnen, Planfeststellungsbeschluss, Band I, Teil A, Ziffer II., 1 – 19, S. 97 – 204. 50 Ministerium für Landwirtschaft und Infrastruktur des Landes Brandenburg (Hrsg.), Luftverkehr - Kurzfassung des Planfeststellungsbeschlusses vom 13.08.2004, abrufbar unter (Stand: 27.03.2013): http://www.mil.brandenburg.de/cms/detail.php/bb1.c.155589.de. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 7 – 3000 – 066/13 Seite 21 In seinem Teil B – Sachverhalt - enthält der Planfeststellungsbeschluss unter Ziffer III, S. 230 ff. Ausführungen zum Planfeststellungsverfahren. Schließlich erfolgt in seinem Teil C – Entscheidungsgründe – unter Ziffer I eine „Verfahrensrechtliche Bewertung“ und unter Ziffer II. eine „Materiell-rechtliche Würdigung“. Dort findet sich auch eine Planrechtfertigung zum Flughafensystem Berlin auf den Seiten 328 – 335. Hierzu vertrat eine eingerichtete Arbeitsgruppe die Rechtsmeinung, dass die Schließung des Flughafens Berlin-Tegel ein tragender Bestandteil der Planrechtfertigung sei. Die Schließungsverfügung für den Flughafen Berlin-Tegel müsse deshalb bereits vor Erlass des Planfeststellungsbeschlusses vorliegen (vgl. S. 336). Der Planfeststellungsbeschluss enthält keine Ausführungen, aus welchen Gründen der Erlass einer Rechtsverordnung (Landesentwicklungsplan Flughafenstandortentwicklung) hinsichtlich der Schließung des Flughafens Berlin-Tegel für eine Planrechtfertigung als nicht ausreichend betrachtet wurde. Letztlich können auch die zur Rechtfertigung des Planfeststellungsbeschlusses angeführten wirtschaftlichen Gesichtspunkte und sonstigen Prognosen dahingestellt bleiben, da der Planfeststellungsbeschluss zum Flughafen BER bestandskräftig geworden ist. 4.2. Die Bestandskraft der Planrechtfertigung Zu prüfen ist, ob die Planrechtfertigung und damit die Schließung des Flughafens Berlin-Tegel an der Bestandskraft des Planfeststellungsbeschlusses zum Flughafen BER teil nimmt. Bei einem Planfeststellungsbeschluss handelt es sich um einen Verwaltungsakt in Form einer Allgemeinverfügung.51 Ein insbesondere schriftlicher Verwaltungsakt besteht im Wesentlichen aus einem verfügenden oder feststellenden Teil, dem Sachverhalt sowie aus den Entscheidungsgründen hierzu. Der Inhalt eines Verwaltungsaktes ist vergleichbar mit der Unterscheidung zwischen dem sogenannten Tenor (Urteilsformel), dem Sachverhalt und den Entscheidungsgründen in einem Gerichtsurteil. Während ein Verwaltungsakt in der Regel bestandskräftig wird, erwächst das Urteil in Rechtskraft. Ein wesentlicher Unterschied zwischen Bestandskraft eines Verwaltungsaktes und der Rechtskraft eines Urteils besteht darin, dass ein Verwaltungsakt auch nach Eintritt der Bestandskraft abgeändert werden kann. Dies ist bei einem rechtskräftigen Urteil nicht ohne Weiteres der Fall. Bei unbefangener Betrachtung könnte man zu dem Ergebnis gelangen, dass auch die den Tenor des Urteils tragenden Gründe materiell rechtskräftig werden und für sie die Bindungswirkung gilt. Derartige Auffassungen sind vor Inkrafttreten der Zivilprozessordnung vertreten worden.52 51 Rathgeb, in: Giemulla/Schmid, Luftverkehrsgesetz, 59. Aktualisierung, München/Unterschleißheim 2010, § 8 Rdnr. 3. 52 Musielak, Grundkurs ZPO, 11. Auflage 2012, § 7 Rdnr. 580. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 7 – 3000 – 066/13 Seite 22 Der Gesetzgeber hat jedoch anders entschieden und den Umfang der materiellen Bestandskraft in der Zivilprozessordnung53 bewusst enger gezogen. Auch in verwaltungsrechtlichen Streitigkeiten erwächst nur der Urteilstenor in materielle Rechtskraft. Von Teilen der Literatur wird zum Umfang der Wirksamkeit eines Verwaltungsaktes vielfach lediglich auf den Wortlaut des § 43 Abs. 1 Satz 2 VwVfG verwiesen („Der Verwaltungsakt wird mit dem Inhalt wirksam, mit dem er bekannt gegeben wird.“).54 Ein Verwaltungsakt kann aber ebenso wie ein Urteil einen Vollstreckungstitel darstellen. Entscheidungsgründe sind in der Regel einer Vollstreckung nicht zugänglich. Hinsichtlich der Bindungswirkung eines Verwaltungsaktes und damit auch eines Planfeststellungsbeschlusses ist unter anderem auch deshalb eine differenzierende Betrachtung erforderlich. Diese führt dazu, dass die Bindungswirkung nur für den Tenor des Verwaltungsaktes eintreten kann, nicht jedoch für den Sachverhalt, die Begründung oder die wesentlichen Gründe der Entscheidung .55 4.3. Ergebnis Die Begründung eines Verwaltungsaktes oder die Planrechtfertigung eines Planfeststellungsbeschlusses kann lediglich zur Auslegung des Entscheidungssatzes herangezogen werden. Der Planfeststellungsbeschluss zum Flughafen BER vom 13. August 2004 enthält jedoch in seinem verfügenden Teil und den dortigen Entscheidungssätzen keine Aussagen zur Schließung des Flughafens Berlin-Tegel, die einer Auslegung zugänglich wären. Die Bestandskraft dieses Planfeststellugsbeschlusses vom 13. August 2004 entfaltet daher keine Bindungswirkung zur Schließung des Flughafens Berlin-Tegel. 5. Die Betriebsgenehmigung für den Flughafen Berlin-Tegel Für den (Weiter-)Betrieb des Flughafens Berlin-Tegel ist eine Betriebsgenehmigung erforderlich. Eine Besonderheit des Flughafens Berlin-Tegel liegt darin, dass ursprünglich keine Betriebsgenehmigung erteilt worden ist. Vielmehr gilt dieser Flughafen nach dem Sechsten Überleitungsge- 53 § 322 ZPO (Materielle Bestandskraft) hat folgenden Wortlaut: „1) Urteile sind der Rechtskraft nur insoweit fähig , als über den durch die Klage oder durch die Widerklage erhobenen Anspruch entschieden ist. (2) Hat der Beklagte die Aufrechnung einer Gegenforderung geltend gemacht, so ist die Entscheidung, dass die Gegenforderung nicht besteht, bis zur Höhe des Betrages, für den die Aufrechnung geltend gemacht worden ist, der Rechtskraft fähig.“ 54 Vgl. bspw. Schemmer, in: Bader/Ronellenfitsch, VwVfG – Kommentar (2010), § 43 Rdnr. 43. 55 Vgl. unter anderem Schwarz, in: Fehling/Kastner/Störmer, Verwaltungsrecht – Kommentar, 3. Auflage 2013, § 43 Rdnr. 18 und Fn. 35 mit weiteren Nachweisen; Vgl. auch bereits Erichsen/Knoke, Bestandskraft von Verwaltungsakten , NVwZ 1983, 185 (190). Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 7 – 3000 – 066/13 Seite 23 setz zur Überleitung von Bundesrecht nach Berlin (West) vom 25. September 1990 nach Übergabe durch die Alliierten als genehmigt und rechtskräftig planfestgestellt. Die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung des Landes Berlin hat ihren diesbezüglichen Widerrufs -Bescheid vom 29. Juli 2004 auf § 6 LuftVG, § 45 LuftVZO und § 49 VwVfG i. V. m. § 1 des Gesetzes über das Verfahren der Berliner Verwaltung gestützt. Ein Widerruf stellt die Aufhebung einer rechtmäßig erteilten Genehmigung dar.56 Die luftrechtliche Genehmigung erfolgt regelmäßig in der Form eines schriftlichen Verwaltungsaktes mit einem bestimmten Inhalt. Ein derartiger Genehmigungsbescheid liegt – soweit ersichtlich - nicht vor, sondern beruht auf einer gesetzlichen Fiktion. Wie sich der luftrechtliche Inhalt einer derartigen gesetzlichen Fiktion bestimmt, ist aus dem Widerrufs-Bescheid nicht ersichtlich. Nach der Rechtsprechung ist aber auch eine fiktive Genehmigung einem Widerruf durch Verwaltungsakt zugänglich.57 Aus dem vorliegenden Widerrufs-Bescheid vom 29. Juli 2004 ist nicht ersichtlich, ob der Beschluss , einen entsprechenden Antrag zu stellen, in einer Gesellschafterversammlung der BFG rechtswirksam herbeigeführt worden ist. Mit diesem Antrag begünstigt die Betreiberin des Flughafens Berlin-Tegel (BFG) die den Flughafen BER betreibende FBB. Die Betreiberin des Flughafens Berlin-Tegel (BFG) führt möglicherweise durch diesen Antrag ihre Auflösung herbei. Letztlich können jedoch derartige Fragen und das Vorliegen der Tatbestandsvoraussetzungen der vorgenannten Rechtsnormen für den Widerrufs-Bescheid dahingestellt bleiben, da dieser Widerrufs- Bescheid inzwischen bestandskräftig geworden ist. Dieser Bescheid soll auch Gegenstand einer (zurückgenommenen) Klage gewesen sein, sodass davon auszugehen ist, dass der Bescheid vom 29. Juli 2004 auch nicht offensichtlich nichtig ist. Zu prüfen bleibt, ob der bestandskräftige Widerrufs-Bescheid modifiziert oder aufgehoben werden kann. Eine Modifizierung des Widerrufs-Bescheides könnte etwa in der Form erfolgen, dass für das Wirksamwerden des Widerrufs die Frist von sechs Monaten für das ungewisse Ereignis der Inbetriebnahme des BER deutlich verlängert wird, um der Betreiberin der Flughafens (BFG) Planungssicherheit zu vermitteln. Dies könnte einerseits auf Veranlassung der BFG oder andererseits von Amts wegen durch die zuständige Behörde des Landes Berlin erfolgen. Das Land Berlin und die Bundesrepublik Deutschland haben sich auch als Gesellschafter der FBB, die zu 100 % die Geschäftsanteile an der BFG hält, dafür ausgesprochen, den Flughafen Berlin-Tegel nicht weiter zu betreiben. Die nachfolgenden Ausführungen haben daher lediglich hilfsgutachtlichen Charakter , das heißt sie gelten nur unter den aufgeführten Voraussetzungen. 5.1. Rücknahme/Modifizierung des Antrages vom 16. November 2001 Nach dem Tenor des Bescheides vom 29. Juli 2004 ist die Betriebsgenehmigung für den Flughafen Berlin-Tegel nach wie vor in Kraft, da die erwähnten Start- und Landebahnen des Flughafens BER noch nicht funktionsfähig in Betrieb genommen worden sind. Zunächst könnte daran ge- 56 Vgl. Schiller, in: Hofmann/Grabherr/Reidt/Wysk, Luftverkehrsgesetz – Kommentar (Stand: August 2010), § 6 Rdnr. 517. 57 Vgl. bspw. Stelkens/Bonk/Sachs, Verwaltungsverfahrensgesetz, 7. Auflage 2008, § 49 Rdnr. 3 mit weiteren Nachweisen. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 7 – 3000 – 066/13 Seite 24 dacht werden, dass die BFG ihren Antrag vom 16. November 2001 nach mehr als zehn Jahren des Zuwartens zurück nimmt oder modifiziert. Dann müsste allerdings eine Antragsrücknahme auch noch nach Bestandskraft eines Verwaltungsaktes möglich sein. Mit einer Antragstellung wird regelmäßig ein Verwaltungsverfahren eröffnet. Während eines derartigen Verwaltungsverfahrens kann der Antragsteller durchaus seinen Antrag zurücknehmen, modifizieren oder anderweitig rechtsgestaltend tätig werden. Nach § 9 VwVfG gilt ein Verwaltungsverfahren mit dem Erlass des beantragten Verwaltungsaktes allerdings als beendet. Mit dem (bestandskräftigen) Verwaltungsakt verstreicht damit in der Regel auch der Zeitpunkt, bis zu dem der Antragsteller spätestens seine Rechte (z. B. Antragsrücknahme oder Modifizierung) in das Verfahren einbringen kann.58 Eine Rücknahme oder Modifizierung des Antrages nach Eintritt der Bestandskraft des Verwaltungsaktes ist jedenfalls grundsätzlich nicht mehr möglich.59 5.2. Antrag auf Wiederaufgreifen des Verfahrens Als Möglichkeit zur Überwindung der Bestandskraft des Widerrufs-Bescheides vom 29. Juli 2004 käme ein Antrag der BFG auf Wiederaufgreifen des Verfahrens nach § 51 VwVfG in Betracht. Das Wiederaufgreifen des Verfahrens bietet regelmäßig die gesetzliche Möglichkeit zur Durchbrechung der Bestandskraft eines unanfechtbaren Verwaltungsaktes.60 Das Wiederaufgreifen findet statt, wenn sich die dem Verwaltungsakt zugrunde liegende Sachlage oder Rechtslage nachträglich zugunsten des Betroffenen geändert hat oder neue Beweismittel vorliegen, die für den Betroffenen eine günstigere Entscheidung herbeigeführt haben würden. Der Antrag auf Wiederaufgreifen muss nach § 51 Abs. 3 VwVfG innerhalb einer Antragsfrist von drei Monaten nach Kenntnis des Wiederaufgreifensgrundes gestellt werden.61 Er ist nach § 51 Abs. 2 VwVfG weiter nur dann zulässig, wenn der Grund für das Wiederaufgreifen im Erstverfahren ohne grobes Verschulden nicht geltend gemacht werden konnte. Im Fall des Flughafens Berlin-Tegel könnte eine Änderung der Sachlage, beispielweise durch einen Bedarf nach mehreren Flughafenstandorten infolge eines gesteigerten Passagieraufkommen, in Betracht kommen. Als Änderung der Sachlage werden alle tatsächlichen Vorgänge angesehen, die eine Änderung des entscheidungserheblichen Sachverhalts zur Folge haben. Eine abschließende Beurteilung, ob hierdurch tatsächlich eine Änderung der Sachlage vorliegt, kann jedoch nicht vorgenommen werden, sondern liegt im pflichtgemäßen Ermessen der zuständigen Behörde , das sich vor allem an den Landesentwicklungsplänen Flughafenstandortentwicklung vom 30. 58 Peine, Allgemeines Verwaltungsrecht, 9. Auflage 2008, Rdnr. 543. 59 Schmitz, in: Stelkens/Bonk/Sachs, Verwaltungsverfahrensgesetz, 7. Auflage 2008, § 22 Rdnr. 79: Ebenso ist eine Anfechtung des Antrages ausgeschlossen, da die Anfechtung verfahrensrechtlicher Anträge nicht zulässig ist. 60 Sachs, in: Stelkens/Bonk/Sachs, Verwaltungsverfahrensgesetz, 7. Auflage 2008, § 51 Rdnr. 4. 61 Vgl. Falkenbach, in: Bader/Ronellenfitsch (Hrsg.), Beck'scher Online-Kommentar zum Verwaltungsverfahrensgesetz , 18. Edition 2013, § 51 Vorbemerkung. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 7 – 3000 – 066/13 Seite 25 Mai 2006 orientieren wird. Problematisch erscheint zudem die Fristberechnung für die Antragsfrist von drei Monaten nach Kenntnis des Wiederaufgreifensgrundes. 5.3. Anspruch auf fehlerfreie Ermessensentscheidung Ein rechtmäßiger nicht begünstigender Verwaltungsakt kann, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft widerrufen werden (vgl. § 49 Abs. 1 VwVfG). Diese Regelung ermöglicht die Anpassung eines durch einen rechtmäßigen Verwaltungsakt geschaffenen Zustands an veränderte Umstände und soll einerseits die Effizienz der Verwaltung sichern, andererseits Rechtssicherheit und Rechtsfrieden gewährleisten. Für nicht begünstigende (belastende) Verwaltungsakte besteht dabei eine weitgehend freie Widerruflichkeit durch die Verwaltung. Grundsätzlich kann damit der Adressat eines belastenden Verwaltungsaktes auch einen Antrag auf dessen (teilweise) Aufhebung oder Modifizierung stellen. Hierbei besteht für den Antragsteller ein Anspruch auf fehlerfreie Ermessensentscheidung.62 Ein Antrag der BFG auf (teilweise) Aufhebung setzt mithin voraus, dass es sich bei dem Widerrufsbescheid vom 29. Juli 2004 um einen belastenden Verwaltungsakt handelt. Auch wenn in diesem Bescheid dem Antrag der BFG voll entsprochen wurde, handelt es sich gleichwohl nicht um einen begünstigenden Verwaltungsakt. Auch ein Verwaltungsakt, der dem Antrag des Betroffenen entspricht, kann belastend sein.63 Generell ist ein Verwaltungsakt belastend, soweit er die Rechtstellung des Adressaten gegenüber dem bisherigen Status quo verschlechtert.64 Dies ist bei dem Bescheid über den Widerruf der Betriebsgenehmigung für den Flughafen Berlin-Tegel der Fall. Denn hierdurch verschlechtert sich die Rechtsposition der BFG dergestalt, dass sie ab einem ungewissen Zeitpunkt nicht mehr berechtigt ist, Luftverkehr zu betreiben. Demnach kann dieser belastende Bescheid Gegenstand eines Antrages der BFG auf (teilweise) Aufhebung sein. Diese Antragsbefugnis steht auch nicht in einem Wertungswiderspruch zum Rechtsinstitut des Wiederaufgreifens des Verfahrens; auch kann sich die Antragsgegnerin nicht auf die Bindungswirkung (Bestandskraft) des zu widerrufenden Bescheides vom 29. Juli 2004 berufen. Denn der Anspruch der BFG auf fehlerfreie Ermessensentscheidung über die Aufhebung des Bescheides vom 29. Juli 2004 besteht „auch nachdem er unanfechtbar geworden ist“ (vgl. § 49 Abs. 1, erster Halbsatz VwVfG). 62 Statt aller, Sachs, in: Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 7. Auflage 2008, § 49 Rdnr. 26; Gayer, in: Bader/ Ronellenfitsch (Hrsg.), Beck'scher Online-Kommentar zum Verwaltungsverfahrensgesetz, 18. Edition 2013, § 49 Rdnr. 20. 63 Gayer, in: Bader/Ronellenfitsch (Hrsg.), Beck'scher Online-Kommentar zum Verwaltungsverfahrensgesetz, 18. Edition 2013, § 49 Rdnr. 15 unter Hinweis auf BVerwGE 25, 191 (194). 64 Kopp/Ramsauer, VwVfG, 13. Auflage 2013, § 49 Rdnr. 21, 48, 65 ff. mit weiteren Nachweisen. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 7 – 3000 – 066/13 Seite 26 Ein Anspruch auf fehlerfreie Ermessensentscheidung besteht nur dann nicht, „wenn ein Verwaltungsakt gleichen Inhalts erneut erlassen werden müsste oder aus anderen Gründen ein Widerruf unzulässig ist“ (§ 49 Abs. 1, letzter Halbsatz VwVfG). Die (teilweise) Aufhebung des Widerrufs- Bescheides vom 29. Juli 2004 würde die zuständige Landesbehörde nicht berechtigen und erst recht nicht verpflichten, einen Verwaltungsakt (Widerruf der Betriebsgenehmigung) gleichen Inhalts erneut zu erlassen. Für einen entsprechenden Widerruf der Betriebsgenehmigung würde bereits der Antrag hierfür (teilweise) entfallen. Ungeachtet dessen erfolgt auch der derzeitige Flugbetrieb auf dem Flughafen Berlin-Tegel auf der Grundlage alliierten Rechts und auf der Sonderregelung des § 2 Abs. 5 des Sechsten Überleitungsgesetzes . Er gilt als genehmigt sowie als planfestgestellt und genießt insoweit Bestandsschutz . Aus Anlass eines Widerrufs der Betriebsgenehmigung kann die zuständige Behörde nicht höhere Anforderungen oder solche wie für eine vollständig neue Planfeststellung zu Grunde legen . Sie kann sich nicht darauf berufen, dass sie unter diesen Anforderungen einen erneuten Widerruf der Betriebsgenehmigung erlassen müsste. Das Prinzip der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung wäre nur dann beeinträchtigt, wenn durch die Aufhebung des Widerrufs eine zu diesem Zeitpunkt rechtswidrige Lage geschaffen würde. Ein Verwaltungsakt, der durch den zweiten Widerruf auflebt, muss deshalb allen materiellrechtlichen Anforderungen genügen, insbesondere denen, die die Ermächtigungsgrundlage für den ursprünglichen Verwaltungsakt aufstellt.65 Als Ermächtigungsgrundlage für den Betrieb des Flughafens Berlin-Tegel ist § 2 Abs. 5 des Sechsten Überleitungsgesetzes zu betrachten, nach der nach wie vor Flugbetrieb auf der Grundlage einer rechtmäßigen Genehmigung erfolgt. Diese Genehmigung, die durch die Aufhebung des Widerrufsbescheides vom 19. Juli 2004 wieder auflebt bzw. fortgilt, würde auch zu diesem Zeitpunkt keine rechtswidrige Lage schaffen, da sie den materiell-rechtlichen Anforderungen ihrer Ermächtigungsgrundlage in vollem Umfang entspricht. Nach § 49 Abs. 1 VwVfG darf eine Aufhebung oder Modifizierung (Widerruf) des Bescheides vom 29. Juli 2004 auch „aus anderen Gründen“ nicht unzulässig sein. Die Unzulässigkeit kann sich aus ausdrücklichen gesetzlichen Bestimmungen, aus dem Sinn und Zweck gesetzlicher Regelungen oder aus allgemeinen Rechtsgrundsätzen ergeben.66 Der Aufhebung des Widerrufsbescheides könnte der gemeinsame Landesentwicklungsplan Flughafenstandortentwicklung entgegenstehen, der die Schließung des Flughafens Berlin-Tegel vorsieht. Zweifelhaft ist, ob die zuständige Behörde sich hierauf berufen kann. Obwohl die entsprechende Rechtsverordnung geltendes Recht darstellt, führt sie nicht dazu, dass der Flughafen Berlin-Tegel rechtswidrig betrieben wird. Aus Gründen der Rechtssicherheit empfiehlt es sich gleichwohl, dem in dieser Rechtsverordnung zum Ausdruck gebrachten Bedarf einer Überprüfung zuzuführen . 65 Ilber, Kann der Widerruf eines Verwaltungsaktes widerrufen werden?, NVwZ 1993, S. 451 (453) mit weiteren Nachweisen; Vgl. auch Sachs, in: in: Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 7. Auflage 2008, § 49 Rdnr. 22/23; Kopp/Ramsauer, VwVfG – Kommentar, 13. Auflage 2012, § 49 Rdnr. 2/3. 66 Sachs, in: in: Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 7. Auflage 2008, § 49 Rdnr. 24. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 7 – 3000 – 066/13 Seite 27 In welcher Art und Weise die zuständige Landesbehörde dann ihr Ermessen fehlerfrei ausübt, braucht an dieser Stelle nicht im Einzelnen erörtert zu werden. Die Ermessensausübung ist aber im Zweifel einer gerichtlichen Überprüfung voll zugänglich. 5.4. Handlungsmöglichkeiten von Amts wegen Der Widerruf oder die Aufhebung eines Verwaltungsaktes ex nunc zielt anders als die Rücknahme nicht darauf ab, Verletzungen der Rechtsordnung zu beseitigen, sondern dient im Wesentlichen der Anpassung der durch den Verwaltungsakt geregelten Lage an veränderte Umstände.67 Von Amts wegen steht daher der zuständigen Behörde des Landes Berlin gemäß § 49 Abs. 1 VwVfG das Recht zu, einen belastenden Verwaltungsakt zu modifizieren oder zu widerrufen. Für belastende Verwaltungsakte besteht dabei eine weitgehend freie Widerruflichkeit.68 Die Voraussetzungen entsprechen im Wesentlichen denen, wie sie oben unter Ziffer 5.3. aufgeführt sind. Zur Vermeidung von Wiederholungen wird hierauf verwiesen. 6. Die Planfeststellung des Flughafens Berlin-Tegel Zum Betrieb eines Flughafens ist gemäß § 8 f. LuftVG ein Planfeststellungsbeschluss notwendig. 6.1. Widmung und Planfeststellung Wie bereits festgestellt, liegt eine Besonderheit des Flughafens Berlin-Tegel darin, dass ursprünglich kein Planfeststellungsverfahren durchgeführt worden ist. Vielmehr gilt der Flughafen nach dem Sechsten Überleitungsgesetz zur Überleitung von Bundesrecht nach Berlin (West) vom 25. September 1990 nach Übergabe durch die Alliierten als genehmigt und rechtskräftig planfestgestellt . Auf Antrag der BFG wurde der Flughafen Berlin-Tegel mit Bescheid vom 2. Februar 2006 aus der luftverkehrsrechtlichen Zweckbestimmung entlassen. Der Bescheid über die Entlassung aus der luftverkehrsrechtlichen Zweckbestimmung beinhaltet zwei verschiedene Regelungen. Einerseits die Aufhebung der gesetzlich fingierten Planfeststellung und andererseits die Entwidmung des Flughafens aus dem öffentlichen Verkehr (Verkehrsflughafen ). Die Aufhebung der Betriebsgenehmigung ist nicht Bestandteil des Bescheids vom 2. Februar 2006. Hintergrund der Entwidmung und der Aufhebung des Planfeststellungsbeschluss innerhalb eines Bescheids ist, dass im Luftverkehrsrecht regelmäßig die Widmung im Rahmen der Planfeststel- 67 Sachs, in: Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 7. Auflage 2008, § 49 Rdnr. 2. 68 Gayer, in: Bader/Ronellenfitsch (Hrsg.), Beck'scher Online-Kommentar zum Verwaltungsverfahrensgesetz, 18. Edition 2013, § 49 Vorbemerkung. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 7 – 3000 – 066/13 Seite 28 lung verfügt wird.69 Anders als im Straßenverkehrsrecht oder im Eisenbahnrecht existiert im Luftverkehrsrecht keine Rechtsgrundlage für die Widmung eines Flughafens als öffentlicher Verkehrsflughafen .70 Während die Widmung die öffentlich-rechtlichen Eigenschaften einer Sache regelt, stellt die Planfeststellung eine Sonderform der sicherheits- und ordnungsrechtlichen Genehmigung (quasi „Baugenehmigung des Vorhabens“) dar, dessen Zulässigkeit im Hinblick auf die Belange anderer Beteiligter beurteilt wird. Widmung und Planfeststellungsbeschluss sind nur insoweit miteinander verknüpft, als der Widmungszweck bei der Planfeststellung zugleich Rechtfertigungsgrund für die Überwindung entgegenstehender Belange Dritter ist. Insofern dürfte der Bescheid vom 2. Februar 2006 zwei Verwaltungsakte, nämlich die Entwidmung der Flächen als öffentlicher Verkehrsflughafen und die Aufhebung der diesbezüglichen Planfeststellung, beinhalten. 6.2. Änderungsmöglichkeiten des Bescheides vom 2. Februar 2006 Für den Weiterbetrieb des Flughafens Berlin-Tegel sind ein rechtskräftiger Planfeststellungsbeschluss und die Widmung als Verkehrsflughafen erforderlich. Im Hinblick auf den bestandskräftigen Bescheid vom 2. Februar 2006 stellt sich auch hier die Frage, wie die aufschiebend bedingte Entlassung aus der luftverkehrsrechtlichen Zweckbestimmung rückgängig gemacht, oder aufgehoben werden kann. Die Entlassung aus der Planfeststellung beruht auf einem Antrag der BFG vom 16. November 2001. Da der Bescheid vom 2. Februar 2006 bestandskräftig ist, scheidet auch hier eine Antragsrücknahme durch die BFG aus. Hinsichtlich eines Antrages auf Wiederaufgreifens des Verfahrens nach § 51 VwVfG ist auf die Ausführungen zum Bescheid über den Widerruf der Betriebsgenehmigung für den Flughafen Berlin-Tegel vom 29. Juli 2004 zu verweisen (Ziffer 5.2.). Auch der Bescheid über die Entlassung der Anlagen und Flächen des Flughafens Berlin-Tegel aus der luftverkehrsrechtlichen Zweckbestimmung (Planfeststellung) vom 2. Februar 2006 dürfte einen belastenden Verwaltungsakt darstellen, da durch ihn bestehende Rechtspositionen aufgehoben werden. Als belastender Verwaltungsakt ist dieser Bescheid deshalb ebenfalls einer Aufhebung nach § 49 Abs. 1 VwVfG zugänglich. Insofern kann hier ebenfalls im Wesentlichen auf die Ausführungen zum Widerrufsbescheid vom 29. Juli 2004 verwiesen werden (Ziffer 5.3.). Eine (teilweise oder befristete) Aufhebung des Bescheides vom 2. Februar 2006 von Amts wegen dürfte insbesondere dann erforderlich werden, wenn aufgrund geänderter tatsächlicher Verhältnisse eine Änderung oder Modifizierung des gemeinsamen Verkehrsentwicklungsplanes Flughafenentwicklungsstandorte erforderlich wird. 69 Giemulla/Rathgeb, in: Giemulla/Schmid, Luftverkehrsgesetz, 59. Aktualisierung, München/Unterschleißheim 2010, § 6 Rn. 5b: Die Widmung eines Flughafens erfolgt regelmäßig in der Genehmigung oder im Planfeststellungsbeschluss . 70 Giemulla/Rathgeb, in: Giemulla/Schmid, Luftverkehrsgesetz, 59. Aktualisierung, München/Unterschleißheim 2010, § 6 Rdnr. 5b. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 7 – 3000 – 066/13 Seite 29 7. Fazit Im Kern geht es um Fragen, die im Rahmen von (nachvollziehbaren) Verkehrsprognosen und Wirtschaftlichkeitsberechnungen zu beantworten sind. Hierbei sollte im Vordergrund der Betrachtungen stehen, ob es einen Bedarf für zwei Flughafenstandorte in der Region Berlin – Brandenburg gibt und diese wirtschaftlich betrieben werden können. Im Hinblick auf das ungewisse Ereignis eines Volllastbetriebes des Flughafens BER wäre es zur Gewährleistung von Planungssicherheit für alle Beteiligten auch denkbar, zunächst in einem Moratorium die Frist von sechs Monaten zumindest mittelfristig zu erweitern, um die Wirtschaftlichkeit beider Standorte zu erproben oder um in diesem Zeitraum beispielsweise eine Kapazitätserweiterung des BER herbeizuführen. Eine Überprüfung des gemeinsamen Landesentwicklungsplanes Flughafenstandortentwicklung kann von Amts wegen herbeigeführt werden. Dies gilt auch für die bestandskräftigen Bescheide vom 29. Juli 2004 (Widerruf der Betriebsgenehmigung) und 2. Februar 2006 (Aufhebung der Planfeststellung ). Hierbei sind auch die überörtlichen Interessen der Öffentlichkeit im gesamtstaatlichen Gefüge für den Bereich des Luftverkehrs sicherzustellen. Als Grundlage für eine Überprüfung der Flughafenstandorte in der Region Berlin und Brandenburg kommen auch parlamentarische Initiativen auf Bundes- und Landesebene in Betracht.