© 2016 Deutscher Bundestag WD 7 - 3000 - 064/16 Die Öffentlichkeitsbeteiligung zum Bundesverkehrswegeplan Ausarbeitung Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitungen und andere Informationsangebote der Wissenschaftlichen Dienste geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Der Deutsche Bundestag behält sich die Rechte der Veröffentlichung und Verbreitung vor. Beides bedarf der Zustimmung der Leitung der Abteilung W, Platz der Republik 1, 11011 Berlin. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 7 - 3000 - 064/16 Seite 2 Die Öffentlichkeitsbeteiligung zum Bundesverkehrswegeplan Aktenzeichen: WD 7 - 3000 - 064/16 Abschluss der Arbeit: 12. Mai 2016 Fachbereich: WD 7: Zivil-, Straf- und Verfahrensrecht, Umweltschutzrecht, Verkehr, Bau und Stadtentwicklung Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 7 - 3000 - 064/16 Seite 3 Inhaltsverzeichnis 1. Einleitung 4 2. Europarechtliche Rahmenbedingungen 5 3. Öffentlichkeitsbeteiligung beim BVWP 2030 6 4. Fazit 6 Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 7 - 3000 - 064/16 Seite 4 1. Einleitung Nach dem Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung (UVPG)1 wird eine Strategische Umweltprüfung (SUP) zum Entwurf des Bundesverkehrswegeplans 2030 (BVWP 2030) durchgeführt und zusammen mit dem entsprechenden Umweltbericht öffentlich ausgelegt. Der Entwurf des BVWP 2030 ist aktuell Gegenstand zahlreicher parlamentarischer Anfragen2 und wohl auch Stellungnahmen gegenüber den zuständigen Behörden. Das Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur (BMVI) verweist darauf, dass die Aufstellung des Bundesverkehrswegeplans 2030 (BVWP 2030) unter einer deutlichen Ausweitung der Öffentlichkeitsbeteiligung erfolge.3 Während des sechswöchigen Beteiligungsverfahrens hätten alle Interessierten die Möglichkeit, sich zum BVWP 2030 zu äußern. Dieses Konsultationsverfahren erfülle die gesetzlichen Anforderungen einer Strategischen Umweltprüfung (SUP) gemäß den §§14h-j des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung (UVPG)4. Gleichzeitig stellt das BMVI mit dem Projektinformationssystem (PRINS) ein interaktives Medium zur Verfügung, mit dem die Öffentlichkeit die Möglichkeit erhalten soll, per Mausklick die den unterschiedlichen Projekten zu Grunde liegenden Dossiers aufzurufen. Diese sollen die erforderlichen Planungsunterlagen, den Trassenverlauf und auch die Ergebnisse der Umweltverträglichkeitsprüfungen enthalten. Die Bereitstellung eines derartigen Dossiers erfolgt allerdings nicht für alle Projekte. Während im zurzeit gültigen BVWP beispielweise der Bundesautobahn A100 in Berlin der 16. und der 17. Bauabschnitt noch getrennt ausgewiesen waren, werden sie im aktuellen Entwurf des BVWP 2030 als ein Abschnitt der Kategorie „fest disponiert“ und „im Bau“ befindlich ausgewiesen.5 Dies ist für den 16. Bauabschnitt zutreffend, da für diesen ein gültiger Planfeststellungsbeschluss vorliegt, er sich tatsächlich im Bau befindet und der Haushaltsgesetzgeber auch die entsprechenden Mittel etatisiert hat. Hingegen liegt für den 17. Bauabschnitt noch kein bestandkräftiger Planfeststellungsbeschluss vor, auch eine Etatisierung von Haushaltsmitteln ist noch nicht erfolgt. Dies bietet Veranlassung die grundsätzliche Frage zu erörtern, welcher Rechtscharakter mit gegebenenfalls welchen rechtlichen Bindungswirkungen der Öffentlichkeitsbeteiligung zum BVWP 2030 beizumessen ist. Dabei ist zu klären, inwieweit die Auslegungsfrist gesetzlichen Vorgaben entspricht und gegebenenfalls welche rechtliche Wirkung eine nicht angemessene Frist hätte. 1 In der Fassung der Bekanntmachung vom 24.02.2010 (BGBl. I S. 94), zuletzt geändert durch Art. 2 des Gesetzes zur Änderung von Bestimmungen des Rechts des Energieleitungsbaus vom 21.12.2015 (BGBl. I S. 2490). 2 Vgl. bspw. BT-Drucks. 18/8120, 18/8134. 3 Vgl. BMVI, Konzept zur Öffentlichkeitsbeteiligung im Rahmen der Erarbeitung des Bundesverkehrswegeplans, zuletzt abgerufen am 26.04.2016: http://www.bmvi.de/DE/VerkehrUndMobilitaet/Verkehrspolitik/Verkehrsinfrastruktur /Bundesverkehrswegeplan2030/StellungnahmeAbgeben/stellungnahme_node.html. 4 In der Fassung der Bekanntmachung vom 24.02.2010 (BGBl. I S. 94), zuletzt geändert durch Art. 2 des Gesetzes zur Änderung von Bestimmungen des Rechts des Energieleitungsbaus vom 21.12.2015 (BGBl. I S. 2490). 5 Entwurf des BVWP 2030, S. 98. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 7 - 3000 - 064/16 Seite 5 Von Interesse ist hierbei, wie ist der Umstand rechtlich zu würdigen ist, dass für bestimmte Projekte keine oder nur unvollständige Informationen bereitgestellt werden. 2. Europarechtliche Rahmenbedingungen Gemäß Art. 191 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV)6 beruht die Umweltpolitik der Union auf den Grundsätzen der Vorsorge und Vorbeugung und auf dem Grundsatz, Umweltbeeinträchtigungen mit Vorrang an ihrem Ursprung zu bekämpfen, sowie auf dem Verursacherprinzip. Bei allen technischen Planungs- und Entscheidungsprozessen sollten die Auswirkungen auf die Umwelt so früh wie möglich berücksichtigt werden. Durch die UVP-Richtlinie7 wird eine Harmonisierung der Grundsätze für die Umweltverträglichkeitsprüfung angestrebt, insbesondere hinsichtlich der Art der zu prüfenden Projekte, der Hauptauflagen für den Projektträger und des Inhalts der Prüfung. Die Mitgliedstaaten können darüber hinaus strengere Umweltschutzvorschriften festlegen. Die Umweltverträglichkeitsprüfung ist in das Zulassungsverfahren für konkrete Industrieanlagen und Infrastrukturprojekte oder andere Vorhaben integriert. Demgegenüber wird eine Strategische Umweltprüfung (SUP) nach der entsprechenden Richtlinie8 bereits bei der Aufstellung bestimmter Pläne und Programme durchgeführt . Der Öffentlichkeit ist hierbei innerhalb ausreichend bemessener Fristen frühzeitig und effektiv Gelegenheit zu geben, vor der Annahme des entsprechenden Plans zu dessen Entwurf sowie zum begleitendenden Umweltbericht Stellung zu nehmen. Unter welchen Voraussetzungen eine erneute Öffentlichkeitsbeteiligung nach einer Änderung des jeweiligen Plans oder Programms erforderlich wird, enthält die UVP-Richtlinie keine Regelungen. Die Einzelheiten der Öffentlichkeitsbeteiligung werden im Übrigen nicht durch die SUP-Richtlinie, sondern von die jeweiligen Mitgliedstaaten festgelegt (vgl. Art. 6 Abs. 2 und 5 der SUP Richtlinie). Nach §14i Abs. 2 und 3 UVPG gilt für die Auslegung der Unterlagen sowie für die Abgabe von Stellungnahmen jeweils eine Mindestfrist von einem Monat. 6 In der Fassung der Bekanntmachung vom 09.05.2008 (ABl. Nr. C 115 S. 47), zuletzt geändert durch Art. 2 des Beschlusses 2012/419/EU vom 11.07.2012 (ABl. Nr. L 204 S. 131). 7 Richtlinie 2011/92/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13.12.2011 über die Umweltverträglichkeitsprüfung bei bestimmten öffentlichen und privaten Projekten (ABl. 2012 Nr. L 26 S. 1), zuletzt geändert durch Art. 1 der Richtlinie 2014/52/EU vom 16.04.2014 (ABl. Nr. L 124 S. 1). 8 Richtlinie 2001/42/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 27.06.2001 über die Prüfung der Umweltauswirkungen bestimmter Pläne und Programme (ABl. Nr. L 197 S. 30). Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 7 - 3000 - 064/16 Seite 6 3. Öffentlichkeitsbeteiligung beim BVWP 2030 Der Bund ist nach dem Grundgesetz (GG)9 verantwortlich für den Bau und die Erhaltung der Bundesverkehrswege. Diese bestehen aus den Bundesschienenwegen (Artikel 87e GG), den Bundeswasserstraßen (Artikel 89 Absatz 2 GG) und den Bundesfernstraßen (Artikel 90 GG). Grundlage für die Erhaltung, Entwicklung und den Ausbau der Verkehrsinfrastruktur ist der BVWP. Er wird vom Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur (BMVI) aufgestellt und vom Bundeskabinett beschlossen. Im Anschluss an die Beschlussfassung durch das Bundeskabinett stellt der Deutsche Bundestag auf Grundlage des BVWP in den sogenannten Ausbaugesetzen den Ausbaubedarf für die Verkehrsinfrastruktur gesetzlich fest. Zum Entwurf des BVWP 2030 und zum Umweltbericht führte das BMVI eine Öffentlichkeitsbeteiligung gemäß § 14i UVPG in der Zeit vom 21. März 2016 bis 2. Mai 2016 durch. Ziel der Öffentlichkeitsbeteiligung ist die fachliche Überprüfung der im Entwurf des BVWP 2030 getroffenen grundsätzlichen Festlegungen, insbesondere im Hinblick auf die aus dem Gesamtplan resultierenden Auswirkungen auf die Umwelt. Auf die Öffentlichkeitsbeteiligung findet § 14i Abs. 1 UVPG in Verbindung mit § 9 Abs. 1 bis 1b UVPG Anwendung. Ändert der Träger des Vorhabens die nach § 6 UVPG erforderlichen Unterlagen im Laufe des Verfahrens, so kann von einer erneuten Beteiligung der Öffentlichkeit abgesehen werden, soweit keine zusätzlichen oder anderen erheblichen Umweltauswirkungen zu besorgen sind (§ 9 Abs. 1 Satz 4 UVPG). In entsprechender Anwendung dieser Vorschrift , wäre eine erneute Öffentlichkeitsbeteiligung dann durchzuführen, wenn mit der Planänderung zusätzliche oder andere erhebliche Umweltauswirkungen zu besorgen sind. Der BVWP entfaltet keine rechtlichen Außenwirkungen und ist nicht selbständig durch Dritte anfechtbar . Der BVWP stellt ohne konkrete Details, wie zum Beispiel die Trassenführung, die überregionalen Bauvorhaben zusammen. Diese sind Gegenstand der sich anschließenden eigenständiges Planungsverfahren (z.B. Planfeststellungsverfahren). Der BVWP hat deshalb nur eine vorbereitende und politische Bedeutung für die Ausbaugesetze und der Zulassungsentscheidungen der Projekte. Der BVWP hat dabei keine rechtlichen Bindungswirkungen. 4. Fazit Der Rechtscharakter der Öffentlichkeitsbeteiligung korrespondiert im Wesentlichen mit dem des BVWP, der keine rechtlichen Bindungswirkungen entfaltet. Verfahrensmängel bei der Öffentlichkeitsbeteiligung können gegebenenfalls im Planfeststellungsverfahren geltend gemacht werden. Dies gilt wohl auch für unvollständig bereitgestellte Informationen im Rahmen einer Öffentlichkeitsbeteiligung zum BVWP. 9 Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland vom 23.05.1949 (BGBl. S. 1, zuletzt geändert durch Art. 1 des Gesetzes (Art. 91b) vom 23 12.2014 (BGBl. I S. 2438). Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 7 - 3000 - 064/16 Seite 7 §14i Abs. 2 und 3 UVPG nennt für die Auslegung der Unterlagen sowie für die Abgabe von Stellungnahmen jeweils eine Mindestfrist von einem Monat. Um eine wirksame und angemessene Beteiligung zu ermöglichen, wendet das BMVI diese Vorgabe derart an, dass für die Öffentlichkeitsbeteiligung insgesamt (d.h. Auslegung der Unterlagen und Frist zur Abgabe einer Stellungnahme ) 6 Wochen zur Verfügung stehen. Soweit ersichtlich hat der Bund deutlich gemacht, dass der nachgewiesene verkehrliche Nutzen nur durch die Fertigstellung des kompletten zweiteiligen A-100-Projektes „Verlängerung der Stadtautobahn in die östlichen Stadtbezirke“ erreicht wird. Hieraus begründet er wohl auch die – zusätzlich zum in Bau befindlichen 16. Bauabschnitt (BA) – vorab getätigten Aufwendungen für die im Bedarfsplan 2004 enthaltenen Vorleistungen im 17. BA beim laufenden Umbau des Bahnhofes Ostkreuz (sog. Vorsorgemaßnahmen). Ende der Bearbeitung