© 2019 Deutscher Bundestag WD 7 - 3000 - 063/19 Einrichtung eines besonderen elektronischen Anwaltspostfaches Sachstand Wissenschaftliche Dienste Die Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestages unterstützen die Mitglieder des Deutschen Bundestages bei ihrer mandatsbezogenen Tätigkeit. Ihre Arbeiten geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Arbeiten der Wissenschaftlichen Dienste geben nur den zum Zeitpunkt der Erstellung des Textes aktuellen Stand wieder und stellen eine individuelle Auftragsarbeit für einen Abgeordneten des Bundestages dar. Die Arbeiten können der Geheimschutzordnung des Bundestages unterliegende, geschützte oder andere nicht zur Veröffentlichung geeignete Informationen enthalten. 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Einleitung Das besondere elektronisches Anwaltspostfach (beA) ist gemäß § 31a Bundesrechtsanwaltsordnung (BRAO)1 von der Bundesrechtsanwaltskammer für jedes im Gesamtverzeichnis eingetragene Mitglied einer Rechtsanwaltskammer empfangsbereit einzurichten. Damit wird die Grundlage gelegt für die Digitalisierung des Rechtsverkehrs. Dies wirft Fragen hinsichtlich der passiven Nutzungspflicht sowie der Finanzierung des beA durch die Rechtsanwaltschaft auf. 2. Das besondere elektronische Anwaltspostfach Der Gesetzgeber hat 2013 durch das Gesetz zur Förderung des elektronischen Rechtsverkehrs mit den Gerichten (ERVGerFöG)2 den rechtlichen Rahmen für die Einführung einer elektronischen Kommunikation zwischen Rechtsanwälten und den Gerichten geschaffen. § 31 Abs. 6 BRAO verpflichtet Rechtanwälte, Mitteilungen, die in das beA gelangen, zur Kenntnis zu nehmen (sog. passive Nutzungspflicht). Diese ergibt sich auch aus § 174 Abs. 3 Satz 3 und 4 Zivilprozessordnung (ZPO)3. § 174 ZPO nimmt Bezug auf § 130a ZPO, welcher in Absatz 4 sichere elektronische Übertragungswege aufzählt. Eine aktive Nutzungspflicht tritt kraft Gesetzes durch Art. 26 Nr. 7 ERVGerFöG4 ein. Zum 01. 01. 2022 tritt dieser Norm gemäß der neue § 130d ZPO in Kraft.5 Detaillierte Regelungen finden sich in der gemäß der Ermächtigung des § 31c Nr. 3 BRAO erlassenen Verordnung über die Rechtsanwaltsverzeichnisse und die besonderen elektronischen Anwaltspostfächer (RAVPV)6. Die Bundesrechtsanwaltskammer bestreitet ihre Ausgaben durch die Erhebung von Beiträgen, welche zu erheben ihr gemäß § 178 BRAO gestattet ist. Die Bereitstellung des beA gemäß § 31a BRAO ist eine ihr durch § 177 Abs. 2 Nr. 7 BRAO zugewiesene Aufgabe. Daher werden Beiträge 1 Bundesrechtsanwaltsordnung in der im Bundesgesetzblatt Teil III, Gliederungsnummer 303-8, veröffentlichten bereinigten Fassung, zuletzt geändert durch Artikel 3 des Gesetzes vom 30. 10. 2017 (BGBl. I S. 3618); abrufbar unter: http://www.gesetze-im-internet.de/brao/ (Letzter Abruf: 23. 04. 2019). 2 Gesetz zur Förderung des elektronischen Rechtsverkehrs mit den Gerichten vom 10. Oktober 2013 (BGBl. I S. 3786), zuletzt geändert durch Artikel 31 des Gesetzes vom 05. 07. 2017 (BGBl. I S. 2208); abrufbar unter https://www.gesetze-im-internet.de/ervgerf_g/BJNR378600013.html (Letzter Abruf: 23. 04. 2019). 3 Zivilprozessordnung in der Fassung der Bekanntmachung vom 5. Dezember 2005 (BGBl. I S. 3202; 2006 I S. 431; 2007 I S. 1781), zuletzt geändert durch Artikel 1 des Gesetzes vom 31. 01. 2019 (BGBl. I S. 54); abrufbar unter: http://www.gesetze-im-internet.de/zpo/ (Letzter Abruf: 23. 04. 2019). 4 Gesetz zur Förderung des elektronischen Rechtsverkehrs mit den Gerichten vom 10. 10. 2013, BGBl. I S. 3786 (3798). 5 Gesetz zur Förderung des elektronischen Rechtsverkehrs mit den Gerichten vom 10. 10. 2013, BGBl. I S. 3786 (3786). 6 Rechtsanwaltsverzeichnis- und -postfachverordnung vom 23. 09. 2016 (BGBl. I S. 2167), zuletzt geändert durch Artikel 19 des Gesetzes vom 12. 05. 2017 (BGBl. I S. 1121); abrufbar unter: https://www.gesetze-im-internet .de/ravpv/BJNR216700016.html (Letzter Abruf: 23. 04. 2019). Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 7 - 3000 - 063/19 Seite 5 nach § 178 BRAO auch für das beA erhoben. Die Beitragserhebung ist nicht davon abhängig gemacht , dass der Rechtsanwalt das beA tatsächlich nutzt. 3. Rechtlicher Maßstab für die Beurteilung Die Einführung des beA verändert den rechtlichen Rahmen für die anwaltliche Kommunikation mit Gerichten. Es handelt sich daher um Regelungen, welche den Schutzbereich der Berufsfreiheit (Art. 12 Grundgesetz (GG)7) der Rechtsanwälte berühren. Es ist anerkannt, dass Art. 12 ein einheitliches Grundrecht der Berufsfreiheit gewährleistet.8 Eingriffe in dieses werden im Rahmen der sog. Drei-Stufen-Theorie differenziert: Auf der ersten Stufe stehen Berufsausübungsregelungen, auf der zweiten subjektive Berufszulassungsregeln und auf der dritten Stufe objektive Berufszulassungsregeln.9 Nach der Drei-Stufen-Theorie gilt für die verfassungsrechtliche Rechtfertigung von Eingriffen in die Berufsfreiheit ein differenzierter Maßstab. Berufsausübungsregelungen können durch vernünftige Gründe des Gemeinwohls gerechtfertigt werden.10 Subjektive Berufszugangsregelungen sind nur zulässig, soweit der Schutz besonders wichtiger Gemeinschaftsgüter es zwingend erfordert .11 Objektive Berufszulassungsregelungen sind im Allgemeinen nur zur Abwehr nachweisbarer und höchstwahrscheinlicher schwerer Gefahren für ein überragend wichtiges Gemeinschaftsgut zulässig.12 Die Dogmatik der Berufsfreiheit weicht hier von dem sonst üblichen Maßstab ab, der Eingriffe in Freiheitsrechte dem allgemeinen Verhältnismäßigkeitsgrundsatz unterwirft. Die Zweckmäßigkeit von Regelungen zu beurteilen obliegt zuvörderst dem Gesetzgeber, der insoweit einen Einschätzungs- und Prognosespielraum besitzt.13 Auch der Begriff des Gemeinwohls ist stark wertungsoffen. Es ist der Gesetzgeber, der entscheidet, was das Gemeinwohl im konkreten Fall darstellt.14 Soweit die tatsächlichen Grundlagen einer Begründung in Zweifel stehen, gilt 7 Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland in der im Bundesgesetzblatt Teil III, Gliederungsnummer 100- 1, veröffentlichten bereinigten Fassung, zuletzt geändert durch Artikel 1 des Gesetzes vom 28. 03. 2019 (BGBl. I S. 404); abrufbar unter http://www.gesetze-im-internet.de/gg/BJNR000010949.html (Letzter Abruf: 23. 04. 2019). 8 BVerfG, Urteil vom 11. 06. 1958, 1 BvR 596/56, Neue Juristische Wochenschrift (NJW) 1958, 1035; Scholz, in: Maunz/Dürig, Stand: 85. Ergänzungslieferung, November 2018, GG Art. 12 Rn. 25. 9 BVerfG, Urteil vom 11. 06. 1958, 1 BvR 596/56, Neue Juristische Wochenschrift (NJW) 1958, 1035; Scholz, in: Maunz/Dürig, GG Art. 12 Rn. 335. 10 BVerfG, Urteil vom 11. 06. 1958, 1 BvR 596/56, Neue Juristische Wochenschrift (NJW) 1958, 1035; Scholz, in: Maunz/Dürig, GG Art. 12 Rn. 335. 11 BVerfG, Urteil vom 11. 06. 1958, 1 BvR 596/56, Neue Juristische Wochenschrift (NJW) 1958, 1035; Scholz, in: Maunz/Dürig, GG Art. 12 Rn. 335. 12 BVerfG, Urteil vom 11. 06. 1958, 1 BvR 596/56, Neue Juristische Wochenschrift (NJW) 1958, 1035; Scholz, in: Maunz/Dürig, GG Art. 12 Rn. 335. 13 Scholz, in: Maunz/Dürig, GG Art. 12 Rn. 336. 14 Scholz, in: Maunz/Dürig, GG Art. 12 Rn. 336. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 7 - 3000 - 063/19 Seite 6 auch insoweit ein Einschätzungs- und Prognosespielraum des Gesetzgebers.15 Die Gerichte haben grundsätzlich nicht die Aufgabe, ihre eigene Bewertung an die Stelle des Gesetzgebers zu setzen .16 Die Grenze des gesetzgeberischen Einschätzungs- und Prognosespielraums liegt dort, wo sich deutlich erkennbar abzeichnet, dass eine Fehleinschätzung vorgelegen hat.17 Grundrechtseinschränkungen bedürfen grundsätzlich einer Angabe des eingeschränkten Grundrechtsartikels in dem einschränkenden Gesetz. Dieses Zitiergebot findet seine Grundlage in Art. 19 Abs. 1 Satz 2 GG. 4. Zur passiven Nutzungspflicht Die Zulassung der anwaltlichen Tätigkeit ist an die Zulassung als Rechtsanwalt durch die Rechtsanwaltskammern geknüpft. Regelungen zur Ausgestaltung des Rechtsverkehrs betreffen erst die Tätigkeit des zugelassenen Rechtsanwaltes. Subjektive Berufszugangsregelungen dagegen knüpfen schon die Aufnahme eines Berufes an das Vorliegen persönlicher Eigenschaften, Fähigkeiten oder Leistungsnachweise.18 Es handelt sich bei den Regelungen zum beA um Berufsausübungsregelungen .19 Die passive Nutzungspflicht wird mit einer Reihe von Erwägungen begründet.20 Von einer elektronischen Kommunikation werden Rechts- und Verwaltungsvereinfachungen erwartet. Die Kommunikation zwischen dem Gericht und den Verfahrensbeteiligten sowie zwischen Gerichten soll verbessert und beschleunigt werden. Die Übertragung elektronischer Dokumente soll schneller, sicherer und kostengünstiger werden.21 Verwiesen wird namentlich auch auf den Wegfall von Portokosten.22 15 BVerfG, Urteil vom 11. 07. 2017, 1 BvR 1571/15, 1 BvR 1588/15, 1 BvR 2883/15, 1 BvR 1043/16, 1 BvR 1477/16, Neue Juristische Wochenschrift (NJW) 2017, 2523; BVerfG, Urteil vom 15. 1. 2002 - 1 BvR 1783/99, Neue Juristische Wochenschrift (NJW) 2002, 663. 16 BGH, Beschluss vom 28. 06. 2018, AnwZ (Brfg) 5/18, Neue Juristische Wochenschrift (NJW) 2018, 2645. 17 BVerfG, Urteil vom 11. 07. 2017, 1 BvR 1571/15, 1 BvR 1588/15, 1 BvR 2883/15, 1 BvR 1043/16, 1 BvR 1477/16, Neue Juristische Wochenschrift (NJW) 2017, 2523; BVerfG, Urteil vom 04. 07. 1995, 1 BvF 2/86, 1 BvF 1/87, 1 BvF 2/87, 1 BvF 3/87, 1 BvF 4/87, 1 BvR 1421/86, Neue Juristische Wochenschrift (NJW) 1996, 185. 18 BVerfG, Beschluss vom 20. 12. 2017, 1 BvR 2233/17, Neue Juristische Wochenschrift (NJW) 2018, 288; Scholz, in: Maunz/Dürig, GG Art. 12 Rn. 351. 19 So auch BVerfG, Beschluss vom 20. 12. 2017, 1 BvR 2233/17, Neue Juristische Wochenschrift (NJW) 2018, 288. 20 Siehe den Gesetzentwurf der Bundesregierung vom 06. 03. 2013, Entwurf eines Gesetzes zur Förderung des elektronischen Rechtsverkehrs mit den Gerichten, BT-Drs. 17/12634. 21 Gesetzentwurf der Bundesregierung vom 06. 03. 2013. BT-Drs. 17/12634, S. 2. 22 Gesetzentwurf der Bundesregierung vom 06. 03. 2013, BT-Drs. 17/12634, S. 3. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 7 - 3000 - 063/19 Seite 7 Unter Beachtung des verfassungsrechtlichen Maßstabes, dass vernünftige Erwägungen des Gemeinwohls zur Rechtfertigung ausreichen, haben die Gerichte bisher keine Verletzung der Berufsfreiheit angenommen. Der Bundesgerichtshof (BGH) hat die Begründung des Gesetzgebers ohne weitere Argumentation als vernünftige Erwägung bezeichnet.23 Das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) hat eine Verfassungsbeschwerde mit der Begründung zurückgewiesen, dass die Beschwerdeschrift nicht erkennen lasse, dass es an vernünftigen Erwägungen des Gemeinwohls fehlen könnte.24 Besonders erörtert worden ist die technische Sicherheit der Kommunikation. Teilweise werden der Bundesrechtsanwaltskammer schwere Mängel vorgeworfen.25 Die Ausführungen von sich gegen das beA wendenden Anwälte sind jeweils allgemein gehalten, etwa unter Verweis auf negative Erfahrungen mit anderen IT-Systemen 26 oder auf Zeitungsausschnitte, welche auf die Gefahren der Digitalisierung verweisen.27 Gerügt wurde insoweit eine Verletzung des von Art. 10 GG geschützten Telekommunikationsgeheimnisses.28 Der BGH hat keinen Anlass gesehen, die Einschätzung des Gesetzgebers gerichtlicher Nachprüfung zu unterziehen.29 Das BVerfG hat darauf hingewiesen, dass ein Angriff auf übermittelte Daten ein stets verbleibendes Risiko sei.30 Die Festlegung von Formvorschriften ist der Rechtsordnung und insbesondere dem Rechtsverkehr eigen. Auch die Festlegung der Schriftform – mit der Folge anfallender Druck- und Portokosten – ist eine Berufsausübungsregelung. Der Postverkehr bringt ebenfalls Sicherheitsrisiken mit sich. Die Beschränkung der Kommunikationsformen zwischen Rechtsanwälten und Gerichten auf bestimmte formalisierte Verfahren wie den Briefverkehr oder einen elektronischen Rechtsverkehr begegnen damit nach summarischer Prüfung keinen durchgreifenden Bedenken. Für eine Bewertung des beA fehlt es an substantiierten Darlegungen zur Verfassungswidrigkeit. Insbesondere sind die geltend gemachten Sicherheitsbedenken nicht näher ausgeführt. Die Vorschriften zum beA enthalten keinen Hinweis auf eine Einschränkung des Art. 12 GG. Allerdings soll das Zitiergebot auf Art. 12 GG gar keine31 und im Übrigen nur dann Anwendung finden , wenn das streitgegenständliche Gesetz ein Grundrecht über die in ihm selbst angelegten 23 BGH, Urteil vom 11. 01. 2016, AnwZ (Brfg) 33/15, Neue Juristische Wochenschrift (NJW) 2016, 1025. 24 BVerfG, Beschluss vom 20. 12. 2017, 1 BvR 2233/17, Neue Juristische Wochenschrift (NJW) 2018, 288. 25 Löschhorn, Pflicht zur Nutzung des besonderen elektronischen Anwaltspostfachs (beA) und zur anwaltlichen Verschwiegenheit, MultiMedia und Recht (MMR) 2018, 204. 26 BVerfG, Beschluss vom 20. 12. 2017, 1 BvR 2233/17, Neue Juristische Wochenschrift (NJW) 2018, 288. 27 BGH, Urteil vom 11. 01. 2016, AnwZ (Brfg) 33/15, Neue Juristische Wochenschrift (NJW) 2016, 1025. 28 BGH, Beschluss vom 28. 06. 2018, AnwZ (Brfg) 5/18 , Neue Juristische Wochenschrift (NJW) 2018, 2625. 29 BGH, Urteil vom 11. 01. 2016, AnwZ (Brfg) 33/15, Neue Juristische Wochenschrift (NJW) 2016, 1025. 30 BVerfG, Beschluss vom 20. 12. 2017, 1 BvR 2233/17, Neue Juristische Wochenschrift (NJW) 2018, 288. 31 BVerfG, Beschluss vom 04. 05. 1983, 1 BvL 46/80, 1 BvL 47/80, Neue Juristische Wochenschrift (NJW) 1983, 2869; Remmert, in: Maunz/Dürig, GG Art. 19 Abs. 1 Rn. 54 f. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 7 - 3000 - 063/19 Seite 8 Grenzen hinaus einschränkt.32 Da nur Art. 12 GG eingeschränkt wird, fehlt es hier schon an der tatbestandlichen Anwendbarkeit. Ob § 31a BRAO eine über die in Art. 12 GG selbst angelegten Grenzen hinausgehende Einschränkung enthält,33 kann dahinstehen. 5. Zur Verwendung von Mitgliedsbeiträgen der Bundesrechtsanwaltskammer Die Frage, ob den Rechtsanwalt eine passive Nutzungspflicht des beA trifft, ist von derjenigen zu unterscheiden, ob er die Bereitstellung des beA auch finanzieren muss. Die Übertragung von Aufgaben durch den Gesetzgeber auf Selbstverwaltungskörperschaften ist grundsätzlich zulässig. Der Gesetzgeber hat durch die §§ 31a, 177 Abs. 2 Nr. 7 BRAO der Bundesrechtsanwaltskammer ausdrücklich die Aufgabe übertragen, das beA einzurichten. Die Finanzierung erfolgt nicht darüber, dass der einzelne Rechtsanwalt als solcher die Kosten zu tragen hat. Vielmehr liegt die Finanzierung zunächst bei der Bundesrechtsanwaltskammer, die diese Kosten dann gemäß § 178 BRAO in Form von Beiträgen einzieht. Der Rechtsanwalt wird als in seiner Eigenschaft als Kammermitglied verbeitragt. Damit hängt die Rechtmäßigkeit der Beitragspflicht letztlich an der Rechtmäßigkeit der Pflichtmitgliedschaft in der Rechtsanwaltskammer. Pflichtmitgliedschaften in öffentlich-rechtlichen Körperschaften unterfallen nach der Rechtsprechung des BVerfG Artikel 2 Abs. 1, nicht Artikel 9 GG.34 Dabei hat das Bundeserfassungsgericht betont, der Vorteil der Pflichtmitgliedschaft liege schon in der Gesamtheit der Mitgliedschaftsrechte , nicht in einzelnen Leistungen, deren Fehlen dann einer Beitragszahlung die Grundlage nähme.35 Auf dieser Linie – wenn auch ohne weitere Begründung – hat der BGH die Verbeitragung nicht davon abhängig gemacht, ob das beA tatsächlich genutzt werde.36 Die Beitragspflicht gegenüber öffentlich-rechtlichen Selbstverwaltungskörperschaften ist auch grundsätzlich verfassungsgemäß .37 Verfassungswidrig wäre die Beitragserhebung dann, wenn der Bundesrechtsanwaltskammer Aufgaben zugewiesen würden, die überflüssige Kosten nach sich zögen, oder finanzielle Beiträge auf andere Weise mit geringerer Eingriffswirkung gleichermaßen verlässlich von den Betroffenen erhoben werden könnten.38 32 BVerfG, Beschluss vom 18. 02. 1970, 2 BvR 531/68, Neue Juristische Wochenschrift (NJW) 1970, 1268; BVerfG, Beschluss vom 04. 05. 1983, 1 BvL 46/80, 1 BvL 47/80, Neue Juristische Wochenschrift (NJW) 1983, 2869; Remmert , in: Maunz/Dürig, GG Art. 19 Abs. 1 Rn. 54 f. 33 So BGH, Beschluss vom 28. 06. 2018, AnwZ (Brfg) 5/18, Neue Juristische Wochenschrift (NJW) 2018, 2625. 34 BVerfG, Beschluss vom 12. 07. 2017, 1 BvR 2222/12, 1 BvR 1106/13, Neue Juristische Wochenschrift (NJW) 2017, 2744. 35 BVerfG, Beschluss vom 12. 07. 2017, 1 BvR 2222/12, 1 BvR 1106/13, Neue Juristische Wochenschrift (NJW) 2017, 2744. 36 BGH, Beschluss vom 25. 06. 2018, AnwZ (Brfg) 23/18, Neue Juristische Wochenschrift (NJW) 2018, 2644. 37 BVerfG, Beschluss vom 12. 07. 2017, 1 BvR 2222/12, 1 BvR 1106/13, Neue Juristische Wochenschrift (NJW) 2017, 2744. 38 BVerfG, Beschluss vom 12. 07. 2017, 1 BvR 2222/12, 1 BvR 1106/13, Neue Juristische Wochenschrift (NJW) 2017, 2744. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 7 - 3000 - 063/19 Seite 9 Die Arbeit eines Rechtsanwaltes setzt den Informationsaustausch mit den Gerichten zwingend voraus. Gegenwärtig findet dieser durch die gesetzlichen Regelungen postalisch statt. Die Kosten fallen direkt beim Rechtanwalt an. Im Zuge der Umstellung auf das beA fallen keine Portokosten mehr an; das Empfangen und Versenden von Nachrichten durch das beA ist nicht gebührenpflichtig . Stattdessen hat der Rechtsanwalt über seinen an die Rechtsanwaltskammer abzuführenden Beitrag das System des beA als solches mitzufinanzieren. Es ist nicht ersichtlich, dass die Rechtanwaltschaft durch diesen Systemwechsel im Ergebnis finanziell benachteiligt wird. Dass die Rechtsanwälte auf irgendeine Weise zur Finanzierung des Rechtsverkehrs beitragen müssen, ist soweit ersichtlich noch nicht in Zweifel gezogen worden. Anderenfalls wären auch die Portound Druckkosten nach bisheriger Rechtslage zu Unrecht von den Rechtsanwälten zu tragen gewesen . Anhaltspunkte für eine übermäßige Belastung oder eine willkürliche Höhe der Beiträge ergeben sich nicht. 6. Fazit Der Gesetzgeber hat bei der Festlegung von Formvorschriften für den Rechtsverkehr einen weiten Einschätzungs- und Prognosespielraum. Die grundsätzliche Inanspruchnahme der Rechtsanwaltschaft für die Kosten des Rechtsverkehrs begegnet keinen verfassungsrechtlichen Bedenken. Die passive Nutzungspflicht des beA sowie seine Finanzierung sind von der Rechtsprechung als verfassungsgemäß beurteilt worden. ***