© 2020 Deutscher Bundestag WD 7 - 3000 - 062/20 Die Pflicht von Gewerbemietern zur Mietzahlung während der COVID-19-Pandemie Sachstand Wissenschaftliche Dienste Die Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestages unterstützen die Mitglieder des Deutschen Bundestages bei ihrer mandatsbezogenen Tätigkeit. Ihre Arbeiten geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Arbeiten der Wissenschaftlichen Dienste geben nur den zum Zeitpunkt der Erstellung des Textes aktuellen Stand wieder und stellen eine individuelle Auftragsarbeit für einen Abgeordneten des Bundestages dar. Die Arbeiten können der Geheimschutzordnung des Bundestages unterliegende, geschützte oder andere nicht zur Veröffentlichung geeignete Informationen enthalten. 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Einleitung Infolge der Covid-19-Pandemie wurden Verfügungen und Verordnungen erlassen, die zahlreiche Gewerbebetriebe zwingen, ihre Geschäfte zu schließen, was teilweise zu schwerwiegenden wirtschaftlichen Folgen für diese führt.1 Mit dem Gesetz zur Abmilderung der Folgen der COVID-19-Pandemie im Zivil-, Insolvenz- und Strafverfahrensrecht (im Folgenden „COVID-19-Gesetz“)2 wurden auch Regelungen zur Beschränkung der Kündigung von Miet- und Pachtverhältnissen geschaffen: Nach Art. 240 § 2 Abs. 1 Satz 1 des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuche (EGBGB)3 kann der Vermieter ein Mietverhältnis über Grundstücke oder über Räume nicht allein aus dem Grund kündigen, dass der Mieter im Zeitraum vom 1. April 2020 bis 30. Juni 2020 trotz Fälligkeit die Miete nicht leistet , sofern die Nichtleistung auf den Auswirkungen der COVID-19-Pandemie beruht. Im Folgenden soll erörtert werden, inwieweit Gewerbemieter, die von den Schließungsmaßnahmen betroffen sind und daher ihr Geschäft nicht betreiben können, möglicherweise unter Berufung auf § 134 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB)4 (2.), §§ 275, 326 Abs. 1 BGB (3.), § 536 BGB (4.) oder § 313 BGB (5.) Mietzahlungen verweigern können. Im Hinblick auf die folgenden Ausführungen wird betont, dass stets die Regelungen des jeweiligen Mietvertrags zu beachten sind und letztlich eine Einzelfallbetrachtung auch bezüglich der Interessen der Mietvertragsparteien zu erfolgen hat, die zu abweichenden Ergebnissen führen kann. 2. § 134 BGB Grundsätzlich besteht für Mieter gemäß § 535 Abs. 2 BGB die Pflicht zur Entrichtung der Miete. Vereinzelt wird in der Literatur beispielsweise bei einem temporären, durch Rechtsverordnung aufgrund der COVID-19-Pandemie angeordneten Verbot unter anderem von Flohmärkten diskutiert , ob eine Mietzahlungspflicht aus einem Mietvertrag über einen Flohmarktstand aufgrund des 1 Auswirkungen der Corona-Krise auf die Pflicht zur Mietzahlung, Artikel vom 19.03.2020, abrufbar unter https://www.noerr.com/de/newsroom/news/auswirkungen-der-corona-krise-auf-die-pflicht-zur-mietzahlung, letzter Abruf – auch für alle weiteren Internetlinks – 02.06.2020. 2 Gesetz zur Abmilderung der Folgen der COVID-19-Pandemie im Zivil-, Insolvenz- und Strafverfahrensrecht vom 27. März 2020, abrufbar unter https://www.bmjv.de/SharedDocs/Gesetzgebungsverfahren/Dokumente /Bgbl_Corona-Pandemie.pdf?__blob=publicationFile&v=1. 3 Einführungsgesetz zum Bürgerlichen Gesetzbuche in der Fassung der Bekanntmachung vom 21. September 1994 (BGBl. I S. 2494; 1997 I S. 1061), das zuletzt durch Artikel 1 des Gesetzes vom 15. Mai 2020 (BGBl. I S. 948) geändert worden ist. 4 Bürgerliches Gesetzbuch in der Fassung der Bekanntmachung vom 2. Januar 2002 (BGBl. I S. 42, 2909; 2003 I S. 738), das zuletzt durch Artikel 1 des Gesetzes vom 19. März 2020 (BGBl. I S. 541) geändert worden ist. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 7 - 3000 - 062/20 Seite 5 § 134 BGB nicht besteht.5 Dabei wird vertreten, dass im Falle des Inkrafttretens des Verbots nach Vertragsschluss „§ 134 BGB nicht unmittelbar zur Nichtigkeit“ führe, sondern lediglich eine „Auslegungsregel“ aufstelle, wobei vorliegend eine Mietzahlungspflicht und die Verpflichtung zur „Gewährung des vertragsgemäßen Gebrauchs“ für den Zeitraum des Verbots nicht bestünden .6 Eine Verpflichtung zur Überlassung der Mietsache und „Obhutspflichten des Mieters“ blieben in diesem Fall aber unberührt; sofern eine Nutzung durch den Mieter erfolge, sei eine Vergütung nach §§ 812 ff., 818 Abs. 2 BGB geschuldet.7 3. §§ 275, 326 Abs. 1 BGB Sofern man § 134 BGB nicht für einschlägig hält, könnte eine Pflicht zur Mietzahlung von durch Schließungsmaßnahmen betroffenen Gewerbemietern aufgrund einer Anwendung der §§ 275, 326 Abs. 1 Satz 1 BGB entfallen. Entsprechend dem Grundsatz „Geld hat man zu haben“ dürfte eine Pflicht zur Mietzahlung wohl in der Regel nicht aufgrund einer Unmöglichkeit der Zahlung nach § 275 Abs. 1 BGB ausgeschlossen sein.8 Allerdings könnte ein Recht zur Verweigerung von Mietzahlungen aufgrund der §§ 275 Abs. 1, 326 Abs. 1 Satz 1 BGB bestehen. Danach entfällt der Anspruch auf die Gegenleistung, sofern die Leistung unmöglich ist. Als Leistungspflicht kommt die Pflicht des Vermieters nach § 535 Abs. 1 Satz 2 BGB in Betracht, die Mietsache dem Mieter in einem zum vertragsgemäßen Gebrauch geeigneten Zustand zu überlassen und sie während der Mietzeit in diesem Zustand zu erhalten. In der Literatur wird teilweise angeführt, nach Überlassung der Mietsache seien die Regelungen zur Unmöglichkeit durch die Vorschriften des mietrechtlichen Sachmängelgewährleistungsrechts nach §§ 536 ff. BGB verdrängt.9 Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs sollen die eine „Haftung für Sachmängel“ betreffenden mietrechtlichen Vorschriften grundsätzlich nur anwendbar sein, wenn eine Übergabe der Mietsache 5 Götz/Leo, Fälle und Lösungen zum Schicksal der Mietzahlungspflicht des Gewerberaummieters in COVID-19- Zeiten, Zugleich zur temporären Suspendierung vertraglicher Pflichten infolge hoheitlicher Eingriffe in die Nutzung von bestimmten Mieträumen, NZM 2020, 402, 403, 404. 6 Götz/Leo, Fälle und Lösungen zum Schicksal der Mietzahlungspflicht des Gewerberaummieters in COVID-19- Zeiten, Zugleich zur temporären Suspendierung vertraglicher Pflichten infolge hoheitlicher Eingriffe in die Nutzung von bestimmten Mieträumen, NZM 2020, 402, 404, mit Verweis auf BGH, Urteil vom 25.06.2014, Az. VIII ZR 344/13, NJW 2014, 3016, 3019, Rn 33, wonach § 134 BGB „auf den Fall zugeschnitten“ sein soll, „dass ein gesetzliches Verbot schon bei Abschluss des Rechtsgeschäfts eingreift“ und „deshalb nur eine Auslegungsregel“ aufstelle, nach der zu prüfen sei, „ob das Verbotsgesetz seinem Sinn und Zweck nach auch eine erst nach Vertragsschluss im Verlauf der Vertragsdurchführung nachträglich eintretende Unvereinbarkeit einer Vertragsbestimmung mit der Verbotsnorm überhaupt und, wenn ja, durch eine rückwirkende Nichtigkeit dieser Bestimmung von Anfang an oder, dem Regelfall entsprechend, durch eine erst für die Zukunft eintretende Nichtigkeit ex nunc – unter Umständen auch nur für die Dauer des verbotswidrigen Zustands – sanktionieren will“. 7 Götz/Leo, Fälle und Lösungen zum Schicksal der Mietzahlungspflicht des Gewerberaummieters in COVID-19- Zeiten, Zugleich zur temporären Suspendierung vertraglicher Pflichten infolge hoheitlicher Eingriffe in die Nutzung von bestimmten Mieträumen, NZM 2020, 402, 404. 8 Ernst, in: Limperg/Oetker/Rixecker/Säcker (Hrsg.), Münchener Kommentar zum BGB, 8. Auflage 2019, § 275 Rn 13. 9 Sittner, Mietrechtspraxis unter Covid-19, NJW 2020, 1169, 1171. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 7 - 3000 - 062/20 Seite 6 an den Mieter erfolgt ist, während in Bezug auf den Zeitraum vor Übergabe die „allgemeinen Regeln des Schuldrechts über Leistungsstörungen“ Anwendung fänden.10 Andererseits wird vertreten , im Falle der Schließungsmaßnahmen wegen der COVID-19-Pandemie sei eine Unmöglichkeit aufgrund einer fehlenden Anwendbarkeit von § 536 BGB nicht ausgeschlossen.11 Mitunter wird für die Annahme einer Unmöglichkeit angeführt, eine Überlassung der Mietsache in einem zum vertragsgemäßen Gebrauch geeigneten Zustand im Sinne des § 535 Abs. 1 Satz 2 BGB sei im Falle der Vereinbarung eines konkreten Mietzwecks nicht mehr möglich, da eine Nutzung zum vertraglich festgesetzten Zweck durch staatliche Regelungen untersagt sei.12 Hiergegen wird angeführt, dass selbst bei Vereinbarung der Ausübung eines konkreten Gewerbes § 275 Abs. 1 BGB nicht einschlägig sei, da die staatlichen Schließungsanordnungen lediglich zu einer vorübergehenden Zweckstörung, nicht aber zu einem „vollständigen Zweckfortfall“ führten.13 Es wird vertreten, es handle sich lediglich um eine „Störung des Verwendungszwecks“.14 Sofern man der Auffassung ist, dass die staatlichen Schließungsanordnungen nicht auf die konkrete Beschaffenheit der Mietsache zurückzuführen sind, sondern an den Betrieb anknüpfen und daher nach der Rechtsprechung 15 keinen Sachmangel im Sinne des § 536 Abs. 1 BGB darstellen16, könnte dies dafür sprechen , auch eine Unmöglichkeit aufgrund einer Übertragung dieser Risikoverteilung abzulehnen. In Bezug auf § 275 Abs. 2 BGB wird vertreten, die Vorschrift sei nicht einschlägig, da sie „das Verhältnis zwischen Schuldneraufwand und Gläubigerinteresse“ betreffe, hier aber „das Verhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung“ gestört sei.17 4. § 536 BGB Sofern man §§ 275, 326 Abs. 1 Satz 1 BGB ebenfalls nicht für einschlägig hält, könnten die Mieten für Gewerbemieter, die von den Schließungsmaßnahmen betroffen sind, möglicherweise nach § 536 Abs. 1 BGB gemindert sein. 10 BGH, Urteil vom 18.06.1997, Az. XII ZR 192/95, NJW 1997, 2813, 2814. 11 Götz/Leo, Fälle und Lösungen zum Schicksal der Mietzahlungspflicht des Gewerberaummieters in COVID-19- Zeiten, Zugleich zur temporären Suspendierung vertraglicher Pflichten infolge hoheitlicher Eingriffe in die Nutzung von bestimmten Mieträumen, NZM 2020, 402, 403, 405. 12 Götz/Leo, Fälle und Lösungen zum Schicksal der Mietzahlungspflicht des Gewerberaummieters in COVID-19- Zeiten, Zugleich zur temporären Suspendierung vertraglicher Pflichten infolge hoheitlicher Eingriffe in die Nutzung von bestimmten Mieträumen, NZM 2020, 402, 404, 405. 13 Warmuth, § 313 BGB in Zeiten der Corona-Krise – am Beispiel der Gewerberaummiete, COVuR 2020, 16, 17. 14 Schiewek/Weidt, Geschäftsschließungen wegen Corona – mietrechtlich ein Fall des § 313 BGB?, NJOZ 2020, 481, 482. 15 Vgl. BGH, Urteil vom 13.07.2011, Az. XII ZR 189/09, NJW 2011, 3151 Rn 8 (in Bezug auf einen Pachtvertrag) und die Ausführungen unter Gliederungspunkt 4.1. dieses Sachstands. 16 Sittner, Mietrechtspraxis unter Covid-19, NJW 2020, 1169, 1171. 17 Warmuth, § 313 BGB in Zeiten der Corona-Krise – am Beispiel der Gewerberaummiete, COVuR 2020, 16, 17. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 7 - 3000 - 062/20 Seite 7 4.1. Mangel Hat die Mietsache zur Zeit der Überlassung an den Mieter einen Mangel, der ihre Tauglichkeit zum vertragsgemäßen Gebrauch aufhebt, oder entsteht während der Mietzeit ein solcher Mangel, so ist der Mieter nach § 536 Abs. 1 Satz 1 BGB für die Zeit, in der die Tauglichkeit aufgehoben ist, von der Entrichtung der Miete befreit. Für die Zeit, während der die Tauglichkeit gemindert ist, hat er nach § 536 Abs. 1 Satz 2 BGB nur eine angemessen herabgesetzte Miete zu entrichten. Ein Mangel besteht „bei einer für den Mieter nachteiligen Abweichung“ des Ist-Zustands von dem vertraglich geschuldeten Soll-Zustand der Mietsache, wobei tatsächliche Umstände und rechtliche Verhältnisse einen Mangel begründen können.18 Mitunter wird die Frage des Mangels im Falle der staatlichen Schließungsanordnungen unter dem Stichwort der sogenannten Umweltbeziehungsweise Umfeldmängel erörtert.19 Bei diesen soll der Mangel dem Mietobjekt nicht unmittelbar anhaften; vielmehr sei „das Mietobjekt als solches gebrauchstauglich“, der Mietgebrauch aber durch „die Situation im Umfeld des Mietobjekts“ beeinträchtigt.20 „Öffentlich-rechtliche Gebrauchshindernisse und -beschränkungen“ sollen einen Sachmangel darstellen, „wenn sie unmittelbar auf der konkreten Beschaffenheit der Mietsache beruhen und ihre Ursache nicht in persönlichen oder betrieblichen Umständen des Mieters haben“.21 Gebrauchsbeschränkungen durch hoheitliche Maßnahmen „könnten daher nur dann einen Mangel begründen, wenn sie unmittelbar mit der konkreten Beschaffenheit, dem Zustand oder der Lage der konkreten Mietsache in Zusammenhang stehen“.22 Das Verwendungsrisiko soll aber grundsätzlich der Mieter tragen.23 Hierzu wird vertreten, die Schließungsmaßnahmen aufgrund der Covid-19-Pandemie seien nicht unmittelbar auf die konkrete Beschaffenheit der Mietsache zurückzuführen, sondern knüpften an den Betrieb an.24 Die Maßnahmen stellten „auf die Nutzungsart“ und nicht „die konkreten baulichen Gegebenheiten ab“.25 Teilweise wird die Auffassung vertreten, eine Betriebsuntersagung für Gaststätten nach § 2 Abs. 2 Satz 1 der Bayerischen Verordnung über Infektionsschutzmaßnahmen 18 Sittner, Mietrechtspraxis unter Covid-19, NJW 2020, 1169, 1171; vgl. in Bezug auf einen Pachtvertrag BGH, Urteil vom 13.07.2011, Az. XII ZR 189/09, NJW 2011, 3151 Rn 8. 19 Schiewek/Weidt, Geschäftsschließungen wegen Corona – mietrechtlich ein Fall des § 313 BGB?, NJOZ 2020, 481, 482. 20 Fritz, Umwelt- und Umfeldmängel im Gewerberaummietrecht, NZM 2008, 825. 21 Sittner, Mietrechtspraxis unter Covid-19, NJW 2020, 1169, 1171; vgl. auch in Bezug auf einen Pachtvertrag BGH, Urteil vom 13.07.2011, Az. XII ZR 189/09, NJW 2011, 3151 Rn 8. 22 Sittner, Mietrechtspraxis unter Covid-19, NJW 2020, 1169, 1171; vgl. in Bezug auf einen Pachtvertrag BGH, Urteil vom 13.07.2011, Az. XII ZR 189/09, NJW 2011, 3151 Rn 9. 23 Vgl. BGH, Urteil vom 16.02.2000, Az. XII ZR 279/97, NJW 2000, 1714, 1716; Sittner, Mietrechtspraxis unter Covid -19, NJW 2020, 1169, 1171, 1172. 24 Sittner, Mietrechtspraxis unter Covid-19, NJW 2020, 1169, 1171; auch Warmuth hält § 536 BGB nicht für einschlägig , vgl. zur Begründung Warmuth, § 313 BGB in Zeiten der Corona-Krise – am Beispiel der Gewerberaummiete , COVuR 2020, 16, 17. 25 Sittner, Mietrechtspraxis unter Covid-19, NJW 2020, 1169, 1171. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 7 - 3000 - 062/20 Seite 8 anlässlich der Corona-Pandemie (BayIfSMV)26 knüpfe „an die Mietsache selbst an und“ treffe diese unmittelbar.27 4.2. Ausschluss der Anwendbarkeit? Selbst wenn man zu dem Ergebnis käme, dass aufgrund der Schließungsmaßnahmen ein Mangel an der Mietsache vorliege, stellt sich die Frage, ob die Regelungen des Art. 240 §§ 1-4 EGBGB nicht die spezielleren Vorschriften darstellen und insoweit die Geltendmachung des Mangels ausschließen sollen. Als Argument für einen solchen Ausschluss wird teilweise angeführt, dass die Begründung des Entwurfs des COVID-19-Gesetzes in Bezug auf die Kündigungsbeschränkung des Art. 240 § 2 EGBGB Folgendes ausführt: „Die Verpflichtung der Mieter zur Zahlung der Miete bleibt im Gegenzug im Grundsatz bestehen“ (Bundestags-Drucksache 19/18110, S. 18).28 Es sei der gesetzgeberische Wille erkennbar, dass im Mietrecht lediglich die Kündigungsbeschränkung den in wirtschaftlicher Not befindlichen Personen zu Hilfe kommen solle.29 „Ein allgemeines pandemiebedingtes Leistungsverweigerungsrecht“ sei wohl vom Gesetzgeber nicht gewollt und die Ablehnung eines solchen Rechts vertretbar.30 Dagegen könnte beispielsweise angeführt werden , dass der Gesetzgeber eine Kündigungsbeschränkung bei Mietverträgen schaffen wollte, aber sich aus dem Entwurf des COVID-19-Gesetzes in Bezug auf die Möglichkeit zur Geltendmachung von Mängeln zumindest nicht explizit der Wille zur Änderung (sofern man grundsätzlich vom Vorliegen eines Mangels ausgeht) ergibt.31 Weiterhin könnte argumentiert werden, die Regelung des Art. 240 § 1 EGBGB über Leistungsverweigerungsrechte gelte nach Art. 240 § 1 Abs. 4 Nr. 1 EGBGB gerade nicht im Zusammenhang mit Mietverträgen im Sinne des Art. 240 § 2 EGBGB.32 26 Bayerische Verordnung über Infektionsschutzmaßnahmen anlässlich der Corona-Pandemie vom 27. März 2020, abrufbar unter https://www.verkuendung-bayern.de/baymbl/2020-158/. 27 Krepold, Gewerbemietverträge in Zeiten der Corona-Pandemie, WM 2020, 726, 730. 28 Drygala, Corona und ausbleibende Gewerbemieten, Handelt Adidas juristisch vertretbar?, Legal Tribune Online- Artikel vom 30.03.2020, abrufbar unter https://www.lto.de/recht/hintergruende/h/adidas-deichmann-coronagewerbe -miete-april-aussetzung-vertrag/. 29 Drygala, Corona und ausbleibende Gewerbemieten, Handelt Adidas juristisch vertretbar?, Legal Tribune Online- Artikel vom 30.03.2020, abrufbar unter https://www.lto.de/recht/hintergruende/h/adidas-deichmann-coronagewerbe -miete-april-aussetzung-vertrag/. 30 Drygala, Corona und ausbleibende Gewerbemieten, Handelt Adidas juristisch vertretbar?, Legal Tribune Online- Artikel vom 30.03.2020, abrufbar unter https://www.lto.de/recht/hintergruende/h/adidas-deichmann-coronagewerbe -miete-april-aussetzung-vertrag/. 31 Vergleiche zur ähnlichen Argumentation in Bezug auf die Anwendbarkeit von § 313 BGB Gliederungspunkt 5.1. dieses Sachstands sowie Sittner, Mietrechtspraxis unter Covid-19, NJW 2020, 1169, 1172. 32 Drygala, Corona und ausbleibende Gewerbemieten, Handelt Adidas juristisch vertretbar?, Legal Tribune Online- Artikel vom 30.03.2020, abrufbar unter https://www.lto.de/recht/hintergruende/h/adidas-deichmann-coronagewerbe -miete-april-aussetzung-vertrag/. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 7 - 3000 - 062/20 Seite 9 5. § 313 BGB Sofern man davon ausgeht, dass die §§ 134, 275, 326 Abs. 1 Satz 1 BGB und 536 BGB den von den Schließungsmaßnahmen betroffenen Gewerbemietern kein Recht zur Nichtzahlung der Miete gewähren, könnten diese möglicherweise nach § 313 Abs. 1 BGB eine Anpassung des Vertrages verlangen. Haben sich Umstände, die zur Grundlage des Vertrags geworden sind, nach Vertragsschluss schwerwiegend verändert und hätten die Parteien den Vertrag nicht oder mit anderem Inhalt geschlossen, wenn sie diese Veränderung vorausgesehen hätten, so kann nach § 313 Abs. 1 BGB Anpassung des Vertrags verlangt werden, soweit einem Teil unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls, insbesondere der vertraglichen oder gesetzlichen Risikoverteilung, das Festhalten am unveränderten Vertrag nicht zugemutet werden kann. 5.1. Nachrangigkeit von § 313 BGB Zu beachten ist, dass mietvertragliche Regelungen und eine ergänzende Vertragsauslegung gegenüber einer Anwendung des § 313 BGB Vorrang haben.33 Sollte ein Mietvertrag beispielsweise eine Verlagerung des Verwendungsrisikos auf den Vermieter vorsehen, wäre diese Regelung zu beachten.34 Die Anwendung des § 313 BGB könnte auch ausgeschlossen sein, da § 313 BGB grundsätzlich gegenüber anderen gesetzlichen Regelungen nachrangig sein soll.35 Als vorrangige Regelungen kommen die Vorschriften des COVID-19-Gesetzes in Betracht.36 Wiederum könnte angeführt werden , es enthalte in Bezug auf Mietverträge zwingende Vorschriften zur Risikoverteilung (vgl. insbesondere Art. 240 § 2 EGBGB).37 Das Moratorium des Art. 240 § 1 EGBGB ist nach Art. 240 § 1 Abs. 4 Nr. 1 EGBGB gerade nicht auf Mietverträge anzuwenden. Es wird argumentiert, Mieter seien nach der gesetzgeberischen Entscheidung „nicht berechtigt, dieses Leistungsverweigerungsrecht geltend zu machen“ und „im Grundsatz“ (vgl. auch Bundestags-Drucksache 19/18110, S. 18) weiterhin zur Zahlung verpflichtet.38 Dagegen wird wiederum angeführt, dass der Gesetzgeber durch Art. 240 § 2 EGBGB den Mieter vor einer Kündigung schützen wollte.39 Aus den Gesetzgebungsmaterialien ergebe sich nicht, 33 Sittner, Mietrechtspraxis unter Covid-19, NJW 2020, 1169, 1171. 34 Sittner, Mietrechtspraxis unter Covid-19, NJW 2020, 1169, 1171, 1172. 35 Sittner, Mietrechtspraxis unter Covid-19, NJW 2020, 1169, 1172. 36 Sittner, Mietrechtspraxis unter Covid-19, NJW 2020, 1169, 1172. 37 Sittner, Mietrechtspraxis unter Covid-19, NJW 2020, 1169, 1172. 38 Vgl. zu dieser Argumentation auch Sittner, Mietrechtspraxis unter Covid-19, NJW 2020, 1169, 1172. 39 Sittner, Mietrechtspraxis unter Covid-19, NJW 2020, 1169, 1172; auch Warmuth geht (wohl zumindest bei Mietverhältnissen ) von einer Anwendbarkeit von § 313 BGB neben Art. 240 EGBGB aus, vgl. Warmuth, § 313 BGB in Zeiten der Corona-Krise – am Beispiel der Gewerberaummiete, COVuR 2020, 16, 17. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 7 - 3000 - 062/20 Seite 10 dass dem Gesetzgeber eine Ausschlusswirkung in Bezug auf § 313 BGB bewusst war.40 Dabei wird auch die kurze Erarbeitungszeit in Bezug auf das Gesetz betont.41 5.2. Reales Element Sofern man grundsätzlich von einer Anwendbarkeit des § 313 BGB ausgeht, müssten sich Umstände , die zur Grundlage des Vertrags geworden sind, nach Vertragsschluss schwerwiegend verändert haben. Man könnte vertreten, die COVID-19-Pandemie stelle grundsätzlich (vorbehaltlich einer Einzelfallprüfung) eine „schwerwiegende Änderung von Umständen“ dar, „die zur Geschäftsgrundlage geworden sind“.42 Teilweise wird zwischen der großen und der kleinen Geschäftsgrundlage unterschieden. Die große Geschäftsgrundlage soll die Erwartung umfassen, „dass sich die grundlegenden politischen , wirtschaftlichen und sozialen Rahmenbedingungen des Vertrags nicht etwa durch Revolution , Krieg, Vertreibung, Hyperinflation oder eine (Natur-)Katastrophe ändern, dass die Sozialexistenz nicht erschüttert werde“.43 In allen anderen Fällen, wenn also nur die Umstände des konkreten Vertrages betroffen sind, greife die kleine Geschäftsgrundlage.44 Hier könnte erwogen werden, bei der COVID-19-Pandemie die große Geschäftsgrundlage als betroffen anzusehen, da eine Nähe zu Naturkatastrophen oder kriegsähnlichen Zuständen vorliege .45 Allerdings wird vertreten, dass § 313 BGB nicht herangezogen werden könne, um eine „allgemeine Not“, die „durch wirtschaftliche oder soziale Katastrophen“ hervorgerufen wird sowie die damit einhergehenden Probleme zu lösen.46 Es wird teilweise angenommen, dass für die Möglichkeit einer Vertragsanpassung nach § 313 Abs. 1 BGB zusätzlich zur Situation der COVID- 19-Pandemie „Umstände hinzukommen“ müssten, „die einen konkreten Bezug zu der Vertragspartei haben“, welche sich auf den Wegfall der „Geschäftsgrundlage berufen möchte“.47 Das sei der Fall, sofern zur COVID-19-Pandemie eine „Betroffenheit durch Stilllegungsverfügung […], Auflagen oder anderweitige direkte Betroffenheit infolge staatlicher Maßnahmen“ hinzutrete.48 40 Sittner, Mietrechtspraxis unter Covid-19, NJW 2020, 1169, 1172. 41 Sittner, Mietrechtspraxis unter Covid-19, NJW 2020, 1169, 1172. 42 Warmuth, § 313 BGB in Zeiten der Corona-Krise – am Beispiel der Gewerberaummiete, COVuR 2020, 16, 17. 43 Finkenauer, in: Limperg/Oetker/Rixecker/Säcker (Hrsg.), Münchener Kommentar zum BGB, 8. Auflage 2019, § 313 Rn 17. 44 Finkenauer, in: Limperg/Oetker/Rixecker/Säcker (Hrsg.), Münchener Kommentar zum BGB, 8. Auflage 2019, § 313 Rn 17. 45 Warmuth, § 313 BGB in Zeiten der Corona-Krise – am Beispiel der Gewerberaummiete, COVuR 2020, 16, 18. 46 Grüneberg, in: Palandt (Hrsg.), Bürgerliches Gesetzbuch, 78. Auflage 2019, § 313 Rn 5. 47 Warmuth, § 313 BGB in Zeiten der Corona-Krise – am Beispiel der Gewerberaummiete, COVuR 2020, 16, 18. 48 Warmuth, § 313 BGB in Zeiten der Corona-Krise – am Beispiel der Gewerberaummiete, COVuR 2020, 16, 18. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 7 - 3000 - 062/20 Seite 11 Mitunter wird in der Literatur in Bezug auf die COVID-19-Pandemie vertieft auf Fallgruppen der Äquivalenzstörung, der Leistungserschwerung, des hoheitlichen Eingriffs und der Störung des Verwendungszwecks eingegangen, wobei vertreten wird, dass vorliegend wohl eine Dauerhaftigkeit der Störung der Geschäftsgrundlage erforderlich sei.49 5.3. Hypothetisches Element Ob die Parteien den Vertrag nicht oder mit anderem Inhalt geschlossen hätten, wenn sie diese Veränderung vorausgesehen hätten, ist unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls zu entscheiden.50 5.4. Normatives Element Inwieweit einem Teil das Festhalten am unveränderten Vertrag nicht zugemutet werden kann, ist ebenfalls unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls zu prüfen.51 Nach der Rechtsprechung ist „für eine Berücksichtigung der Regelungen über die Störung der Geschäftsgrundlage […] grundsätzlich insoweit kein Raum, als es um Erwartungen und um Umstände geht, die nach den vertraglichen Vereinbarungen in den Risikobereich einer der Parteien fallen sollen“.52 Der Mieter trägt jedoch grundsätzlich das Verwendungsrisiko im Hinblick auf die Mietsache, was bei gewerblicher Miete auch die Unsicherheit umfasst, Gewinne erwirtschaften zu können.53 Eine Ausnahme von dem Grundsatz der Orientierung „an der vertraglichen Risikoverteilung “ für eine „Anwendbarkeit von § 313 BGB“54 soll wohl nach der Rechtsprechung für extreme Ausnahmefälle gelten, „in denen eine unvorhergesehene Entwicklung mit unter Umständen existenziell bedeutsamen Folgen für eine Partei eintritt“.55 Teilweise wird in der Literatur eine mögliche konkretisierende Auslegung dahingehend aufgezeigt, dass die „eingetretenen Umstände […] deutlich über das hinausgehen, was die Parteien als übliche Verantwortungsbereiche definiert haben, und zwar so, dass vernünftigerweise keine der Vertragsparteien es akzeptiert 49 Schiewek/Weidt, Geschäftsschließungen wegen Corona – mietrechtlich ein Fall des § 313 BGB?, NJOZ 2020, 481, 483, 484. 50 Warmuth, § 313 BGB in Zeiten der Corona-Krise – am Beispiel der Gewerberaummiete, COVuR 2020, 16, 19. 51 Warmuth, § 313 BGB in Zeiten der Corona-Krise – am Beispiel der Gewerberaummiete, COVuR 2020, 16, 19. 52 BGH, Urteil vom 23.10.2019, Az. XII ZR 125/18, NJW 2020, 331, 334 Rn 37; Warmuth, § 313 BGB in Zeiten der Corona-Krise – am Beispiel der Gewerberaummiete, COVuR 2020, 16, 19. 53 BGH, Urteil vom 21.09.2005, Az. XII ZR 66/03, NJW 2006, 899, 901 Rn 30; Freigang/Kluth, Wirtschaftliches Risiko und Äquivalenzstörung - Zum Wegfall der Geschäftsgrundlage bei langfristigen Gewerberaummietverträgen , NZM 2006, 41, 42, 43. 54 Warmuth, § 313 BGB in Zeiten der Corona-Krise – am Beispiel der Gewerberaummiete, COVuR 2020, 16, 19. 55 BGH, Urteil vom 23.10.2019, Az. XII ZR 125/18, NJW 2020, 331, 334 Rn 37; BGH, Urteil vom 16.02.2000, Az. XII ZR 279/97, NZM 2000, 492, 495; Warmuth, § 313 BGB in Zeiten der Corona-Krise – am Beispiel der Gewerberaummiete , COVuR 2020, 16, 19. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 7 - 3000 - 062/20 Seite 12 hätte, hierfür qua Vertrag oder Gesetz das Risiko zu tragen“.56 Ob der Fall, dass Gewerbebetriebe wegen Schließungsmaßnahmen aufgrund der COVID-19-Pandemie ihr Geschäft nicht betreiben können, von dieser Ausnahme umfasst sein soll, ist eine Wertungsfrage und dürfte einzelfallabhängig zu entscheiden sein; diese Frage wird in der Literatur aber wohl teilweise bejaht57. Weiterhin wird vertreten, dass im Rahmen der Frage, ob einem Teil das Festhalten am Vertrag „nicht zugemutet werden kann“, auch geprüft werden müsse, inwieweit es dem Mieter zuzumuten ist, sich trotzdem Einnahmequellen – beispielsweise durch das Anbieten von „Essen to go“ bei Restaurants – zu schaffen.58 5.5. Rechtsfolge Sofern man § 313 Abs. 1 BGB für anwendbar und dessen Voraussetzungen für gegeben hält, kann nach § 313 Abs. 1 BGB grundsätzlich eine Vertragsanpassung verlangt werden. Welchen Inhalt diese hat, dürfte jedoch einzelfallabhängig zu entscheiden sein. In Betracht kommt beispielsweise eine Reduzierung der Miethöhe.59 Ist eine Anpassung des Vertrags nicht möglich oder einem Teil nicht zumutbar, so kann der benachteiligte Teil bei Dauerschuldverhältnissen nach § 313 Abs. 3 BGB kündigen. 6. Fazit Ob Gewerbemieter, die aufgrund der COVID-19-Pandemie von Schließungsmaßnahmen betroffen sind und daher ihr Geschäft nicht betreiben können, unter Berufung auf §§ 134, 275, 326 Abs. 1 Satz 1 BGB, § 536 BGB oder § 313 BGB Mietzahlungen verweigern dürfen, bleibt fraglich. Zweifelhaft und wohl am konkreten Einzelfall zu prüfen ist, ob bei nach Vertragsschluss in Kraft getretenen Verordnungen, die beispielsweise die Durchführung von Flohmärkten untersagen, eine im Lichte des § 134 BGB erfolgende Auslegung dazu führt, dass Mietzahlungsverpflichtungen entfallen. Unsicherheit dürfte für Gewerbemieter insbesondere auch hinsichtlich der Fragen bestehen , ob aufgrund der Schließungsanordnungen eine Unmöglichkeit im Sinne der §§ 275 Abs. 1, 326 Abs. 1 Satz 1 BGB vorliegt und ob ein Mangel im Sinne des § 536 Abs. 1 BGB gegeben ist. Inwieweit eine Berufung auf § 313 BGB für die Gewerbemieter erfolgsversprechend ist, kann hier ebenfalls nicht abschließend beurteilt werden. Soweit ersichtlich, ist durch die Rechtsprechung bislang nicht eindeutig geklärt worden, ob sich im besonderen Fall der Schließungsmaßnahmen aufgrund der COVID-19-Pandemie eine Risikoverteilung zu Lasten der Gewerbemieter oder der Vermieter auswirkt. Sofern man der Auffassung ist, dass Gewerbemietern bei der staatlichen An- 56 Warmuth, § 313 BGB in Zeiten der Corona-Krise – am Beispiel der Gewerberaummiete, COVuR 2020, 16, 20. 57 Warmuth, § 313 BGB in Zeiten der Corona-Krise – am Beispiel der Gewerberaummiete, COVuR 2020, 16, 20. 58 Sittner, Mietrechtspraxis unter Covid-19, NJW 2020, 1169, 1172. 59 Vgl. zum möglichen Inhalt einer Vertragsanpassung Schiewek/Weidt, Geschäftsschließungen wegen Corona – mietrechtlich ein Fall des § 313 BGB?, NJOZ 2020, 481, 484; Sittner, Mietrechtspraxis unter Covid-19, NJW 2020, 1169, 1172; Warmuth, § 313 BGB in Zeiten der Corona-Krise – am Beispiel der Gewerberaummiete, COVuR 2020, 16, 20. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 7 - 3000 - 062/20 Seite 13 ordnung einer vollständigen Schließung keine Rechte zur (teilweisen) Verweigerung der Mietzahlung zustehen, dürfte dies im Falle von staatlichen Gebrauchsbeschränkungen wohl erst Recht gelten. ***